10.11.2016

Erbbaurechte extern betreuen lassen

Spezialdienstleister als Unterstützung – eine Option für Kommunen?

Erbbaurechte extern betreuen lassen

Spezialdienstleister als Unterstützung – eine Option für Kommunen?

Einnahmen aus Erbbauzinsen können für Kommunen die Basis für eine langfristige und sichere Rendite sein. | © electriceye - Fotolia
Einnahmen aus Erbbauzinsen können für Kommunen die Basis für eine langfristige und sichere Rendite sein. | © electriceye - Fotolia

Viele Städte und Gemeinden in Deutschland besitzen Grundstücke, auf denen Erbbaurechte vergeben wurden. Beim Kauf eines Erbbaurechts erwirbt der Käufer entweder das Recht, auf einem fremden Grundstück ein Bauwerk zu errichten, oder er kauft ein bereits errichtetes Gebäude ohne das Grundstück. Für die Nutzung des Grundstücks zahlt der Käufer in der Regel einen Erbbauzins.

Der Zweck eines Erbbaurechts hat seinen Ursprung in bodenpolitischen und sozialen Zielsetzungen. Es soll

  • den Wohnungsbau fördern,
  • den Zugang zu Wohneigentum erleichtern und
  • Bodenspekulationen bekämpfen.

Alle diese Ziele scheinen angesichts der Lage auf dem Immobilienmarkt aktueller denn je. Das rückt das Erbbaurecht verstärkt in den Fokus vieler Bestandshalter und Investoren.


Der Vorteil auf Seiten der Erbbaurechtsnehmer besteht darin, dass der Kaufpreis um den Grundstücksanteil gemindert ist. Somit wird die Investition für einen größeren Interessentenkreis möglich.

Auf der anderen Seite profitieren Städte und Gemeinden von konstanten und regelmäßigen Einnahmen in Form von Erbbauzinsen, ohne dass weitere Aufwendungen für die Immobilie nötig sind. Die langfristig angelegten Erbbaurechtsverträge und der im Grundbuch eingetragene, häufig inflationsgesicherte Erbbauzins sind die Basis für eine langfristige und sichere Rendite.

Verwaltung durch externe Dienstleister

Doch Erbbaurechte brauchen eine fortlaufende Betreuung – zum Teil mit beträchtlichem Verwaltungsaufwand. Städte und Gemeinden als Grundstückseigentümer können deshalb die Bearbeitung ihrer Erbbaubestände an externe Dritte vergeben. Diese verwalten dann die Grundstücke auf Basis des geschlossenen Erbbaurechtsvertrags für den Grundstückseigentümer. Die Verwaltung umfasst neben dem Forderungsmanagement der Erbbauzinsen auch die Wahrnehmung aller anderen Rechte und Pflichten des Grundstückseigentümers. Hierunter fallen zum Beispiel die Durchführung von im Erbbaurechtsvertrag vereinbarten Anpassungen der Erbbauzinsen oder der Wechsel von Erbbauberechtigten. Der Erbbaurechtsnehmerwechsel, insbesondere im Wege der Zwangsvollstreckung, erfordert Fachkunde, um die Rechte des Erbbaurechtsgebers bei diesen langfristig eingegangenen Bindungen zu sichern. Ebenso ist die Anpassung von Erbbauzinsen bei älteren und nicht standardisierten Erbbaurechtsverträgen komplex und kann schnell zu Rechtsstreitigkeiten führen.

Die Vergabe an einen spezialisierten Dienstleister stellt eine professionelle Verwaltung von Erbbaugrundstücksbeständen durch ein breit aufgestelltes Team sicher. Dem operativen Managementrisiko von personellen und fachlichen Engpässe kann so sicher begegnet werden.

Welche Aspekte sind zu berücksichtigen?

Die Grundlage für die Kalkulation einer externen Verwaltung bilden die im Erbbaurechtsvertrag vereinbarten Rechte und Pflichten, die der Grundstückseigentümer wahrzunehmen hat. Die Vertragsgestaltung beeinflusst maßgeblich den Aufwand der Verwaltung und damit auch die Kosten. Diese setzen sich üblicherweise aus festen und variablen Anteilen zusammen.

Weitere wesentliche Gesichtspunkte der Zusammenarbeit sind die Zahl und der Umfang der zu verwaltenden Erbbaurechte und der dahinterliegenden Grundstücke.

Auch die Qualität der vorhandenen Daten spielt bei der Übergabe der Verwaltung eine wichtige Rolle. Hierbei sind folgende Punkte in die Überlegungen einzubeziehen:

  • In welcher Art und Weise werden die Daten geliefert und wie sind sie aufbereitet?
  • Wie kann eine Migration effizient und effektiv durchgeführt werden?
  • Welche Voraussetzungen sind erforderlich? – Technik, Fachlichkeit, Ressourcen
  • Welche Anforderung bestehen auf der Seite des Auftraggebers?
  • Liegen die aktuellen Vertragsgrundlagen umfänglich vor? – Grundstücksgrundbuch, Erbbaurechtsgrundbuch, Erbbaurechtsvertrag, gegebenenfalls Ergänzungsverträge et cetera
  • Gibt es eine einheitliche Vertragsgestaltung zu den Erbbaurechtsverträgen und auf welcher gesetzlichen Grundlage wurde sie geschlossen?
  • Wo sind die Erbbaurechtsgrundstücke geografisch gelegen? – Streuung

Es hat sich deshalb bewährt, ein Inventarisierungsprojekt voranzustellen, wenn die Verwaltung an einen externen Dienstleister vergeben werden soll. So werden Lücken in der Datenlage und der Dokumentation geschlossen. Die Transparenz über die Vertragsgrundlagen verringert langfristig den Aufwand der Verwaltung und schafft schnell Sicherheit bei der Beurteilung von Sachverhalten.

Welche grundlegenden Themen sind im Rahmen der externen Verwaltung wichtig?

Im Rahmen einer externen Verwaltung von Erbbaurechten spielen folgende Aufgaben eine wichtige Rolle:

  • Zahlungsverkehr: einziehen, verbuchen, überwachen und mahnen der Erbbauzinszahlungen
  • Intensivbetreuung: Regelung zur Begleichung von Rückständen treffen und unter Abwägung der Interessen gegebenenfalls weiterführende Maßnahmen einleiten
  • Nutzen- und Lastenwechsel: Prüfung der Verträge aus Sicht des Grundstückseigentümers und Erteilung der notwendigen Zustimmungen beim Wechsel des Erbbaurechtsnehmers, beziehungsweise Verkauf des Erbbaurechts
  • Erbbauzinserhöhung: regelmäßige Durchführung der vereinbarten Erbbauzinserhöhungen
  • Datenaktualität: laufende Aktualisierung der Daten zu den Erbbaurechtsnehmern
  • Datenhaltung: Aufbewahrung und Verfügbarkeit aller notwendigen Unterlagen
  • Berichterstattung: regelmäßige Berichte für den Auftraggeber
  • Relationship-Management
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Für die buchhalterische und rechtliche Bearbeitung von Erbbaurechten sind qualifizierte Mitarbeiter notwendig, um den vertraglich vereinbarten Pflichten ordnungsgemäß nachzukommen und operative Risiken zu erkennen und zu minimieren. Bei einem Portfolio mit älteren Erbbaurechten sind beispielsweise durch aktives Vertragsmanagement auch im Nachhinein Anpassungen möglich, die für den Grundstückseigentümer und den Erbbauberechtigten Vorteile bringen, zum Beispiel hinsichtlich der Beleihbarkeit.

In der Praxis geht es darum, einen ausgewogenen Rahmen der Standardisierung und Einzelbearbeitung zu schaffen, um auch individuellen Anforderungen nachkommen zu können. Hierbei unterstützt der Einsatz einer modernen IT- und Software.

Die externe Vergabe der Verwaltung ist nicht zuletzt Vertrauenssache. Auftraggeber werden regelmäßig vollständig beziehungsweise individuell über ihre Erbbaugrundstücke informiert.

Zusammenfassung

Erbbaurechte in Deutschland bieten Städten und Gemeinden

  • eine langfristige, stabile inflationssichere Rendite,
  • grundbuchlich gesicherte Rechte und
  • im Verhältnis zum Property-Management einen geringeren Verwaltungsaufwand.

Doch die Verwaltung von Erbbaurechten bindet auch Kapazitäten, zumal hierfür Fachwissen erforderlich ist. Spezialdienstleister können in dieser Situation eine wertvolle Unterstützung sein. Die Grundlage der Zusammenarbeit ist eine genaue Kenntnis des Bestandes und der Datenlage.

Hinweis der Autoren: Die IMMOFORI AG hat zur Bearbeitung und Verwaltung von Erbbaurechten das Deutsche Erbbaurechts-Zentrum gegründet. Hier bearbeitet sie aktuell rund 10.000 Erbbaurechte für Auftraggeber aus ganz Deutschland. Dabei kommen moderne Technologien, wie eine nahezu papierlose Akte, ein auf die speziellen Erfordernisse angepasste Buchhaltungssoftware, Tools für eine weitgehend automatische Erbbauzinserhöhung und individuelle gestaltbare Reportinglösungen zum Einsatz.

Kay Pollner, MRICS,
Leiter Real Estate Management,
IMMOFORI AG,
Hamburg

info@erbbauonline.de
www.erbbauonline.de

 

Kay Pollner

MRICS, Leiter Real Estate Management, IMMOFORI AG, Hamburg
 

Sibylle Wilcke

Dipl. Kauffrau, Leiterin Deutsches Erbbaurechts-Zentrum, IMMOFORI AG, Hamburg
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