14.06.2018

Makake Naruto und die Urheberrechte am Affen-Selfie

US-Gericht hat geurteilt

Makake Naruto und die Urheberrechte am Affen-Selfie

US-Gericht hat geurteilt

Die Urheberrechte dieses Selfies liegen nicht bei Makake Naruto. | © picture alliance / Photoshot
Die Urheberrechte dieses Selfies liegen nicht bei Makake Naruto. | © picture alliance / Photoshot

Wer hat das Recht am Affen-Selfie des Makaken Naruto? Ein US-Gericht hatte 2015 auf Klage der Tierschutzorganisation PETA hin entschieden, dass die Urheberrechte jedenfalls nicht beim Makaken Naruto liegen. Allerdings auch nicht beim Fotografen David Slater, dessen Kamera der Affe für seine Selfies nutzte. Es folgte ein erbitterter Streit. Dieser hat nun ein Ende gefunden. Ein US-Berufungsgericht in San Francisco urteilte, dass der Makake Naruto kein Recht habe, auf Urheberrechtsschutz zu klagen. Die Rechte liegen nun doch beim Fotografen. Wir haben uns zudem gefragt, ob ein solcher Fall auch in Deutschland denkbar wäre?

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Affen-Selfie vom Makaken Naruto – Wer ist der Urheber?

Wer erinnert sich an das Affen-Selfie des Makaken Naruto? In den Jahren 2014 und 2015 ging das Foto um die Welt. In der Folge entbrannte ein heftiger Streit um die Urheberrechte an dem Foto. Hält sie der Fotograf, dessen Kamera der Affe nutzte? Kann womöglich der Affe selbst Urheber des Fotos werden? Die Tierschutzorganisation PETA jedenfalls hatte eine Copyright-Klage im Namen des Makaken-Affen Naruto bei einem US-amerikanischen Gericht eingereicht. PETA forderte in der Klageschrift, dass der Affe Naruto zum Urheber eines von ihm angefertigten Selfies erklärt werden müsse. Die Tierschutzorganisation argumentierte, dass das amerikanische Gesetz einem Tier nicht die Wahrnehmung von Urheberrechten verbiete.

Nun entschied ein US-Gericht zugunsten des Fotografen. Doch der Reihe nach:


Indonesischer Affe Naruto macht Selfie

Fotograf David Slater reiste 2011 nach Indonesien und fotografierte auf der Insel Sulawesi eine Reihe von verschiedenen Tieren. Im Laufe des Projektes hatte er die aufgebauten Kameras mehrmals für einige Minuten alleine gelassen. Zuvor war ihm eine Affenhorde um den Affen Naruto mehrere Tage durch den Dschungel gefolgt. Während die Artgenossen Narutos wild den Waldboden oder verwackelte Artgenossenbilder knipsten, fotografierte Naruto im Planet-der-Affen-Stil hervorragende Selbstporträts. Der Affe Naruto nutzte diese Zeit, um mit der Kamera des Fotografen einige Selfies anzufertigen. Nach Ansicht Slaters war dies jedoch alles andere als ein Zufall und weniger Narutos Fotografie-Talent als vielmehr seine minutiös geplante Vorbereitung. „Ich musste lange warten, bis der Affe das Selfie mit meiner Kamera gemacht hat“, erklärte der Fotograf so auch später.

Erstes Urteil: Weder Fotograf noch Affe sind Urheber

Das Affen-Selfie wurde nach Veröffentlichung hunderttausende Male im Internet geteilt. Ein weltweiter-Foto-Hit war entstanden. Kaum eine Zeitung oder Webseite, die nicht über das süße Selfie des Affen berichtete. Es schien ein Erfolg für Slater zu werden. Doch der wirtschaftliche Erfolg blieb ihm verwehrt. Denn nach der Veröffentlichung der Bilder begann die Diskussion, ob dem Affen eigene Urheberrechte an dem angefertigten Selfie zustehen können oder nicht.

David Slater ist verständlicherweise bis heute der Ansicht, dass das Urheberrecht an den Affen-Selfies ihm zustehe. Er habe die Kameras aufgebaut und ihm sei durch die virale Verbreitung des Bildes nach der Veröffentlichung seines Buches auch der größte wirtschaftliche Schaden entstanden. Zunächst versuchte Slater der Wikimedia Foundation zu untersagen, das Selfie des breit grinsenden Makaken in ihre Datenbank gemeinfreier Werke (Wikimedia Commons) aufzunehmen. Jedoch mit wenig Erfolg. Später hatte PETA die bereits beschriebene Klage bei einem US-amerikanischen Gericht eingereicht. Noch im Jahr 2014 hatte das US Copyright Office darauf hingewiesen, dass kein Fotograf die Urheberrechte an Bildern haben könne, die durch die Natur, Tiere oder Pflanzen entstanden seien.

Das US-Gericht hatte die rechtliche Situation jedoch anders eingeschätzt. Bundesrichter WIlliam Orrick aus San Francisco entschied, dass dem Affen Naruto kein Urheberrecht an dem angefertigten Selfie zustehe. Nach Ansicht des US-Richters sei zwar die Ausweitung bestehender Gesetze auf Tiere denkbar. Nötig seien dann jedoch Schritte des US-Kongresses oder des amerikanischen Präsidenten. Nach Ansicht Orricks war nicht erkennbar, dass eine Ausweitung des Urheberschutzes auch auf Tiere angestrebt sei. Daher könne Naruto auch nicht Urheber des Fotos sein. Da auch Slater nicht Urheber war, könne das Foto jeder frei veröffentlichen.

PETA ging in Berufung

Doch das reichte PETA nicht. PETA beharrte darauf, dass das Urheberrecht dem Affen gehöre und somit auch alle Einnahmen aus dem Verkauf des Fotos. Das Geld könne dem Schutz der bedrohten Tierart zugutekommen. Und so ging PETA in Berufung.

Der Fotograf David Slater hingegen scheint derweil ruiniert. Das Foto, das ihn weltweit berühmt machte ist nun, rund drei Jahre nach Bekanntwerden, vielmehr Fluch als Segen für Slater. Rund 40 Millionen Euro hätte Slater verdient, wenn er pro Veröffentlichung einen Dollar erhalten hätte. Stattdessen floss nahezu nichts in seine Kasse. Weder kann er mittlerweile seinen Anwalt zahlen, noch konnte er der letzten Verhandlungssitzung in San Francisco beiwohnen – ihm fehlte schlicht das Geld für den Flug. Und so musste er dem Verfahren per Livestream beiwohnen. Selbst seine defekte Kamera könne er laut eigener Aussage nicht mehr zahlen. Zu kostspielig war offensichtlich der Kampf um die Urheberrechte und die Gier nach den damit verbundenen Millionen von Dollar.

Immerhin erschien es bereits im Juli 2017 wieder möglich, den Kampf gegen PETA doch noch zu gewinnen. In der zuvor erfolgten Berufungsverhandlung widersprach Richter Randy Smith erneut der Beweisführung der Tierschutzorganisation: „Ein Affe kann die Erlöse aus dem Urheberrecht weder erwerben noch behalten.“

Zunächst kam es jedoch nicht zu einem Urteil durch das US-Gericht, da der über Jahre dauernde Rechtsstreit, der weltweit immer wieder für Aufsehen sorgte, überraschend beendet schien. Wie 2017 bekannt wurde, einigte sich PETA mit dem Fotografen David Slater außergerichtlich. Verwunderlich, waren doch beide Seiten zuvor unerbittlich und die Fronten schienen mehrere Jahre völlig verhärtet zu sein. Doch der Fotograf erklärte sich offenbar dazu bereit, 25% seiner künftigen Einnahmen aus den Selfies gemeinnützigen Organisationen zu stiften, die sich für den Schutz des Makaken Naruto und seiner Artgenossen in Indonesien einsetzen. Damit sind die Affen die heimlichen Gewinner. In einer gemeinsamen Erklärung teilten PETA und Slater gar mit, dass der Gerichtsstreit dafür gesorgt habe, dass wichtige Fragen aufgeworfen wurden, die die rechtlichen Interessen von “nicht-menschlichen Tieren“ betreffen, um diese auszubauen.

Klageabweisung durch den US Court of Appeals for the Ninth Circuit

Den erwähnten Vergleich lehnte jedoch nun das Berufungsgericht in San Francisco ab und bestätigte damit zugleich eine erstinstanzliche Entscheidung (Az. 16-15469). Der US Court of Appeals for the Ninth Circuit wies am 23. April 2018 die Klage von PETA ab und sprach dem britischen Fotografen David Slater die Vermarktungsrechte an den Bildern zu. Affen hätten nicht den Status, so das Gericht, um gegen den Urheberrechtsschutz zu klagen. Urheberrechtsverletzungen könnten nur im Auftrag von Menschen geltend gemacht werden. An die Tierschutzorganisation PETA hatte der zuständige Richter darüber hinaus deutliche Worte gerichtet und die Organisation als unseriös bezeichnet. PETA hätte zunächst einen Vergleich mit Slater geschlossen und sodann vergeblich versucht, das Gerichtsverfahren einstellen zu lassen. An diesem Vergleich jedoch sei der Affe Naruto ausdrücklich nicht beteiligt gewesen. Da sich für PETA bereits zuvor eine Niederlage abzeichnete, gab das Gericht dem Vergleich vermutlich nicht statt, da man PETA nicht durch Taktieren davonkommen lassen wollte. Denn PETA habe die eigenen Interessen vor die des Affen gestellt. Zudem wurde PETA dazu verpflichtet, die Anwaltsrechnung Slaters für das Berufungsverfahren zu tragen, was einen in den USA eher ungewöhnlicher Schritt bedeutet.

Das Urteil gibt Fotograf Slater nun nicht nur das Recht, die Bilder zu verkaufen, sondern auch das Recht, Urheberrechtsverletzungen einzuklagen. Dies ist nicht ganz unerheblich, da sich die Bilder von Naruto im Internet rasend schnell verbreiteten. Vielleicht naht nun für den finanziell arg gebeutelten Fotografen Slater eine bessere Zukunft.

Auch in Deutschland wäre keine Schutzfähigkeit des Selfies gegeben

In Deutschland wäre der gesamte Streit um die Feststellung, dass der Affe Naruto der Urheber des Selfies ist, in dieser Art und Weise nicht möglich.

Mögliche Urheberrechte des Affen Naruto würden nach deutschem Recht bereits an seiner fehlenden Rechtsfähigkeit scheitern. Zwar steht das Recht der Veröffentlichung nach § 15 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. §19 a des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) dem Urheber zu. Die Frage also: „Kann Naruto Urheber sein?“ Die Antwort: „Nein.“ Denn: Nach § 7 UrhG muss der Urheber stets Schöpfer des eigenen Werkes sein. Nach § 2 Abs. 2 UrhG sind zudem nur persönliche geistige Schöpfungen geschützt. Eine persönliche geistige Schöpfung kann jedoch nur von einem Menschen stammen. Darüber herrscht Einigkeit. Tiere werden nicht als fähig erachtet, die für eine Werkschöpfung nötigen Leistungen zu erbringen. Naruto hätte damit nach deutschem Recht keine Urheberrechte an dem Selfie.

Hingegen wären Urheberrechte Slaters zumindest denkbar. Jedoch darf auf Grundlage der bisherigen Äußerungen Slaters in der Öffentlichkeit stark bezweifelt werden, dass alle wesentlichen Aufnahmebedingungen, insbesondere Motiv, Entfernung und Blickwinkel der Fotografie im Einzelnen von ihm vorab und abschließend festgelegt wurden, um eventuelle Urheber- oder Leistungsschutzrechte zu begründen. Dies wäre jedoch nötig. Denn entscheidend für die Annahme eines Urheberrechts an einem „automatisiert“ aufgenommenen Selfie wäre es, dass Fotograf Slater die gesamte Kontrolle über die Bedingungen besaß, unter denen die konkrete Selfie-Aufnahme entstand, auch wenn der Aufnahmevorgang selbst automatisiert durch ein „Hilfsmittel“ erfolgte. Als „Hilfsmittel“ käme dabei dann durchaus auch eine tierische Leistung des Affen Naruto infrage.

Die Frage, die sich hier jedoch unweigerlich aufdrängt, ist, ob der Makake die Kamera selbstständig bediente, oder dieser nur als Hilfsmittel Slaters eingesetzt wurde und das Selfie insofern bereits vom Fotografen in den wesentlichen Einzelheiten vorgeplant war. Sollte in dem selbstständigen Bedienen der Kamera durch Naruto eine Abweichung von dem vom Fotografen eigentlich beabsichtigten Verlauf liegen, indem Naruto beispielsweise eigene Gestaltungsakzente in die Selfie-Erstellung einbrachte, so müsste dem Fotografen jegliches Recht an den auf diese Weise entstandenen Selfies und Fotos abgesprochen werden.

Somit wären die Affen-Selfies auch nach deutschem Urheberrechtsgesetz gemeinfrei.

 

Christian Solmecke

LL.M, Rechtsanwalt und Partner, Medienkanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE, Köln

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