28.06.2018

Integration erfordert einen langen Atem …

… und geeignete Maßnahmen

Integration erfordert einen langen Atem …

… und geeignete Maßnahmen

Integration erfordert nicht nur einen langen Atem, sondern auch eine langfristige Betrachtungsperspektive. | © Frank Gärtner - stock.adobe.com
Integration erfordert nicht nur einen langen Atem, sondern auch eine langfristige Betrachtungsperspektive. | © Frank Gärtner - stock.adobe.com

Redaktionsvorbemerkung: Die Anregungen der KGSt zum Flüchtlingsmanagement in PUBLICUS 2016.5 finden mit diesem Beitrag ihre Fortsetzung.

KGSt-Berichte 7/2017 und 5/2017

Die hohen Zuzugszahlen seit dem Herbst 2015 haben viele Kommunen genutzt, um die Organisation ihres Integrationsmanagements neu aufzusetzen. Die KGSt hat in Kooperation mit der Bertelsmann Stiftung und Robert Bosch Stiftung GmbH hierzu in ihrem Bericht 7/2017 (Kommunales Integrationsmanagement, Teil 1: Managementansätze und strategische Konzeptionierung) Empfehlungen zu einem Organisationsmodell entwickelt. Allein eine organisatorische Neuaufstellung des Integrationsmanagements ist für erfolgreiche Integration selbstverständlich nicht ausreichend. Entscheidend ist die Fragestellung, wie die Migrantinnen und Migranten in die für die individuelle Situation geeigneten Maßnahmen gelangen. Hierbei handelt es sich um ein komplexes Zusammenspiel aus vielen Faktoren. Denn zum einen geht es darum, die individuellen Bedarfslagen der Migrantinnen und Migranten zu erkennen. Zum anderen muss auch berücksichtigt werden, dass eine vollständige individuelle Integrationsbegleitung auch aus finanziellen Gründen nicht zu gewährleisten ist.

Die KGSt hat sich mit ihren Partnern in ihrem Bericht 15/2017 (Kommunales Integrationsmanagement, Teil 2: Handlungsfelder und Erfolgsfaktoren gestalten) auf die Fragestellung fokussiert, wie Kommunen in den zentralen Handlungsfeldern des Integrationsmanagements zu geeigneten Maßnahmen kommen können. Hierfür hat sie mögliche Maßnahmenansätze in den Handlungsfeldern Wohnen, Sprache, Bildung, Arbeitsmarkt und Wirtschaft, Gesundheit sowie Sport und Kultur zusammengefasst. Die beschriebenen Ansätze können als gute Impulsgeber genutzt werden, um kommunale Maßnahmen zielgerichteter entwickeln zu können.


Dabei sollte dem Grundsatz gefolgt werden, Maßnahmen vorrangig inklusiv ausrichten, also offen mit gleichen Teilhabemöglichkeiten für eine vielfältige Zielgruppe. Sofern Regelangebote, die grundsätzlich allen Bevölkerungsgruppen offenstehen, vorhanden sind, sollte geprüft werden, inwiefern diese auch geeignet sind zur Integrationsförderung oder gegebenenfalls leicht angepasst werden können. Spezifische Lösungen sollten nur angestrebt werden, wenn die Regelangebote nicht ausreichend sind, um die angestrebte Integrationswirkung auch erzielen zu können.

Koordinierung der Sprachförderung von besonderer Bedeutung

Anhand des Handlungsfeldes Sprache wird deutlich, vor welcher komplexen Aufgabe kommunale Integrationsmanager stehen, wenn es gilt, individuelle Bedarfslagen und die zur Verfügung stehenden Sprachkursangebote miteinander in Einklang zu bringen. Häufig gibt es eine Vielzahl an unterschiedlichen Anbietern und zugelassenen Trägern von Integrationskursen und Sprachkursen – den Überblick zu behalten, gestaltet sich schwierig. Informationen zum Sprachstand und damit den individuellen Bedarfslagen zur Sprachförderung liegen häufig in unterschiedlichen Organisationseinheiten der Kommunalverwaltung vor, wie den Ausländerbehörden, den Sozialämtern oder den Jobcentern. Einer kommunalen Koordinierung der Sprachförderung, welche in vielen Kommunen bereits fest etabliert und personell untersetzt ist, kommt daher eine besondere Bedeutung zu.

Um die individuellen Bedarfslagen auch abdecken zu können, sind Angebote zu Spezialkursen erforderlich (z. B. Alphabetisierungskurse oder Frauenkurse). Hier geeignete Maßnahmen zu entwickeln und gleichzeitig ausreichende Belegungszahlen sicherzustellen, erfordert eine enge Abstimmung aller Beteiligten. Zu berücksichtigen sind dabei vor allem unterstützende Angebote, beispielsweise eine zeitlich parallele Kinderbetreuung, um die Hürden für eine erfolgreiche Sprachkursteilnahme so niedrig wie möglich zu halten. Von Vorteil ist es im Handlungsfeld Sprache, wenn die kommunale Volkshochschule als Sprachkursträger des BAMF zertifiziert ist, da hierdurch bessere Einflussmöglichkeiten auf das Angebotsportfolio an Sprachkursen möglich sind.

Rechtskreisübergreifendes Fallmanagement empfohlen

Die KGSt und ihre Partner haben in dem Bericht 7/2017 die vier Denkrichtungen „proaktiv denken“, „abgestimmt denken“, „vernetzt denken“ und „sozialraumorientiert denken“ entwickelt, die auch für die Entwicklung von Maßnahmen zentrale Impulse liefern können. Proaktiv sollten Migrantinnen und Migranten in Maßnahmen des Integrationsmanagements vermittelt werden, um so schnell wie möglich und rechtlich zulässig eine erfolgreiche Integrationskarriere gestalten zu können. Dabei sollte abgestimmt gedacht und gehandelt werden, denn häufig ist eine Vielzahl von Akteuren in einem Handlungsfeld des Integrationsmanagements aktiv. So sind beispielsweise die Industrie- und Handelskammern sowie die Handwerkskammern wichtige Partner bei der berufsbezogenen Integration. Auch sollte vernetzt gedacht und gehandelt werden, da auch unterschiedliche Behörden Integrationsprogramme und Maßnahmen steuern und umsetzen. Das Haus der Integration in Wuppertal zeigt exemplarisch, wie ein erfolgreiches Zusammenspiel des dem kommunalen Ressorts Zuwanderung und Integration, des Jobcenters sowie der Bundesagentur für Arbeit gelingen kann. Diese enge Abstimmung unterschiedlicher Behörden ermöglicht ein rechtskreisübergreifendes Fallmanagement, was einen wichtigen Beitrag dazu leisten kann, Migrantinnen und Migranten in geeignete Maßnahmen zu vermitteln. Auch der sozialraumorientierte Blick ist für erfolgreiche Integration entscheidend. Das örtliche Netzwerk aus Vereinen und bürgerschaftlichen Initiativen ist zu berücksichtigen und bietet die Möglichkeit, Migrantinnen und Migranten niederschwellige Teilhabemöglichkeiten in ihrem örtlichen Bezugsrahmen zu schaffen.

Um Integrationsmaßnahmen eng an den Bedürfnissen auszurichten, kommt neuen Methoden und Managementansätzen ein wachsendes Interesse zu. Die ursprünglich aus dem Bereich der Kreativwirtschaft stammende Methode des Design-Thinking ermöglicht es, Zielgruppen in den Prozess zur Maßnahmenentwicklung einzubeziehen und anhand von sogenannten Personas, konstruierten Persönlichkeiten; die als Beispiel dienen, anschaulich individuelle Bedürfnislagen herauszuarbeiten und Maßnahmen zu entwickeln.

Integrationsmonitoring

Ob eine Maßnahme zur Integrationsförderung auch die gewünschte Wirkung erzielt, ist in der Regel nur unter Betrachtung eines längeren Zeitraums feststellbar. Immer mehr Kommunen entwickeln daher ein sogenanntes Integrationsmonitoring, indem anhand verschiedener Indikatoren gemessen wird, inwiefern die gewünschten Integrationserfolge erzielt werden. Beispielsweise kann bei der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktförderung erst eine Zeitreihenbetrachtung der Beschäftigungsquote von Menschen mit Migrationshintergrund Rückschlüsse zur berufsbezogenen Integrationsförderung bieten. Insbesondere größere Kommunen haben hierzu langjährige Erfahrung. Bereits seit dem Jahr 2003 ist beispielsweise ein Integrationsmonitoring in der Stadt Wiesbaden etabliert. Auch die Stadt Mannheim entwickelt ihr Integrationsmonitoring seit dem Jahr 2015 zu einem wichtigen Steuerungsinstrument ihrer kommunalen Integrationspolitik. Die KGSt hat mit der Materialie 2/2006 ein Kennzahlenset für ein Integrationsmonitoring entwickelt, das aktuell zusammen mit kommunalen Expertinnen und Experten überarbeitet wird und noch im Jahr 2018 den Mitgliedskommunen der KGSt zur Verfügung gestellt werden soll. Auch beabsichtigt die KGSt einen Vergleichsring Integration aufzusetzen, innerhalb dessen Kommunen sich zu verschiedenen Kennzahlen des Integrationsmanagements vergleichen können. Ziel ist es dabei, voneinander zu lernen und aus dem interkommunalen Vergleich, Rückschlüsse für die Entwicklung von geeigneten Maßnahmen des Integrationsmanagements zu erhalten. Der Vergleichsring soll grundsätzlich auf einen längeren Zeitraum ausgerichtet sein, um Entwicklungen in den Handlungsfeldern des Integrationsmanagements auch erkennen zu können. Dies zeigt – Integration erfordert nicht nur einen langen Atem, sondern auch eine langfristige Betrachtungsperspektive.

 

 

Matthias Kreutzer

Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement, Köln
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