10.08.2013

Lebenspartnerschaft und Familienzuschlag

Die zeitnahe Geltendmachung im Lichte des Europarechts

Lebenspartnerschaft und Familienzuschlag

Die zeitnahe Geltendmachung im Lichte des Europarechts

Keine Nachzahlung erhöhten Familienzuschlags ohne zeitnahe Geltendmachung? | © 1234567831 - Fotolia
Keine Nachzahlung erhöhten Familienzuschlags ohne zeitnahe Geltendmachung? | © 1234567831 - Fotolia

Die zunehmende Europäisierung der Rechtsordnung macht auch vor dem deutschen Beamtenrecht nicht Halt. Immer häufiger ergeben sich vermeintliche oder tatsächliche Widersprüche zwischen dem über Jahrzehnte gewachsenen deutschen Beamtenrecht und europäischem Primär- oder Sekundärrecht. Dies hat in der jüngeren Vergangenheit zu einer Reihe von Vorabentscheidungsersuchen deutscher Verwaltungsgerichte an den Europäischen Gerichtshof geführt. Dabei steht unter anderem die Frage zur Klärung an, ob der vom Bundesverfassungsgericht entwickelte Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung von Besoldungsansprüchen auch vor dem Europarecht Bestand hat. Die nachstehenden Ausführungen bejahen dies für den Anspruch auf Familienzuschlag von Beamten in eingetragenen Lebenspartnerschaften. Die Erwägungen gelten aber gleichermaßen für andere besoldungsrechtliche Ansprüche, etwa für Ansprüche im Zusammenhang mit der vermeintlich altersdiskriminierenden Wirkung des früheren Besoldungsdienstalters (BDA).

Problemaufriss

In seinem Beschluss vom 19. 06. 2012 hat das Bundesverfassungsgericht festgestellt, dass die Nichtberücksichtigung von Lebenspartnern beim Familienzuschlag der Stufe 1 seit Einführung des Instituts der Lebenspartnerschaft zum August 2001 gegen Artikel 3 Absatz 1 GG verstoßen hat. Hinsichtlich der in diesem Zusammenhang relevanten (vgl. dazu Schollendorf, § 17 b Rn. 4 ff. in Clemens/Millack/Lantermann/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar) EU-Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG bedeutet dies, dass sich verheiratete und verpartnerte Beamte bereits seit Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie zum 03. 12. 2003 in einer vergleichbaren Situation befanden, sodass Besoldungsempfängern in einer Lebenspartnerschaft in Folge des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 19. 06. 2012 für den Zeitraum ab Dezember 2003 ein unmittelbarer europarechtlicher Anspruch auf Zahlung des Familienzuschlags in seiner jeweiligen Höhe zusteht.


Hinsichtlich dieses Anspruchs stellt sich die Frage, ob er, ebenso wie der Anspruch aus § 74 a Abs. 3 BBesG, vom Besoldungsempfänger zeitnah geltend gemacht werden muss bzw. ob ein solches Erfordernis europarechtlich zulässig ist. Wäre dies nicht der Fall, wäre der europarechtliche Anspruch insofern weitergehend als der Anspruch nach § 74 a Abs. 3 BBesG und die vom Bundesverfassungsgericht unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Beamtenverhältnisses und die Eigenart der Alimentation eingeführte Beschränkung des Anspruchs hinfällig.

Europarechtliche Bewertung

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es grundsätzlich Sache der Mitgliedstaaten, die Verfahrensmodalitäten für Klagen festzulegen, die den Schutz der dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen. Voraussetzung ist allerdings, dass diese Modalitäten den Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz wahren (vgl. EuGH, Urt. v. 25. 11. 2010 – C-429/09 [Fuß II], juris Rn.72, m. w. N.).

Äquivalenzprinzip

Das Äquivalenzprinzip fordert, dass die Voraussetzungen für die Durchsetzung europarechtlicher Ansprüche nicht weniger günstig sein dürfen als bei ähnlichen Ansprüche, die nur nationales Recht betreffen (EuGH, Urt. v. 24. 3. 2009 – C-445/06 [Danske Slagterier] = NVwZ 2009, 771, 773, Rn. 31, m. w. N.).

Im Kern ist hier die Frage zu beantworten, ob die Rechtsfigur der zeitnahen Geltendmachung, die das Bundesverfassungsgericht zunächst im Zusammenhang mit seiner Rechtsprechung zur Unteralimentierung kinderreicher Beamter entwickelt hat und die das Bundesverwaltungsgericht in diesem Kontext aufgegriffen hat, auf den unmittelbar auf die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie gestützten Anspruch übertragbar ist.

Wie das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 19. 06. 2012 in Erinnerung gerufen hat, ist der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung auf einige zentrale Argumente zu stützen (vgl. zum Folgenden BVerfG, Beschl. v. 22. 3. 1990 – 2 BvL 1/86 = BVerfGE 81, 363, 384 f.):

  • Das Beamtenverhältnis ist ein wechselseitiges Treueverhältnis, in dem beiden Seiten füreinander Verantwortung tragen und einander zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind. Die Verantwortung des Beamten auch für den Dienstherrn und die Pflicht, auf dessen Belange Rücksicht zu nehmen, sprechen gegen die Annahme, dass der Dienstherr voraussetzungslos verpflichtet ist, für beliebig weit in die Vergangenheit reichende Zeiträume Nachzahlungen zu leisten.
  • Die Alimentation dient der Befriedigung des jeweils gegenwärtigen Bedarfs. Der Beamte kann nicht erwarten, dass er ohne eigenes Zutun, d. h. ohne dass er dem Dienstherrn angezeigt hat, dass er die Alimentation zum Bestreiten seines Bedarfs für zu niedrig erachtet, rückwirkend von verfassungsrechtlich gebotenen Korrekturen profitiert.
  • Beamte, Richter und Soldaten werden aus staatlichen Mitteln alimentiert. Der Gesamtumfang der Mittel wird jährlich im Haushaltsplan festgelegt und vom Haushaltsgesetzgeber beschlossen. Der Grundsatz der Jährlichkeit des Haushaltsplans (Art. 110 Abs. 2 GG) spricht dagegen, aus dem Haushalt, in den nur Mittel für die Besoldung im laufenden Haushaltsjahr eingestellt sind, auch Zahlungen für die je nach Fallgestaltung weit zurückliegende Vergangenheit zu leisten, soweit diese nicht vom Anspruchsteller angemeldet worden sind, so dass insoweit Haushaltsvorsorge hätten getroffen werden können.
  • Schließlich schafft der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung wie alle Verjährungs- und Ausschlussfristen binnen kurzer Zeit Rechtssicherheit und Rechtsfrieden, indem er langwierige gerichtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden hilft.

Während das Bundesverfassungsgericht den Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung zunächst auf die Verpflichtung des Gesetzgebers zur rückwirkenden Korrektur verfassungswidriger Besoldungsvorschriften beschränkt hat, hat das Bundesverwaltungsgericht diesen Grundsatz auch auf Ansprüche von Besoldungsempfängern gegen den Dienstherrn auf Grund der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts in seinem Beschluss vom 24. 11. 1998 (BVerfG, Beschl. v. 24. 11. 1998 – 2 BvL 26/91 u. a. = BVerfGE 99, 300) übertragen. Dort hatte das Bundesverfassungsgericht Besoldungsempfängern einen unmittelbaren Anspruch auf erhöhten Familienzuschlag für das dritte und jedes weitere Kind zugesprochen, falls der Gesetzgeber innerhalb der vom Verfassungsgericht gesetzten Frist keine verfassungskonforme Rechtslage schaffen würde (a.a.O. S. 304). Nachdem das Bundesverfassungsgericht dabei die Frage, ob auch dieser Anspruch unter der Bedingung einer zeitnahen Geltendmachung steht, unbeantwortet gelassen hat, hat das Bundesverwaltungsgericht dies bejaht und dabei ausführlich dargelegt, dass die vom Bundesverfassungsgericht im Hinblick auf den Gesetzgeber angestellten Überlegungen auch für die Durchsetzung der Vollstreckungsanordnung durch die Fachgerichte gelten (BVerwG, Urt. v. 13. 11. 2008 – 2 C 16/07 = NVwZ-RR 2009, 249 = BeckRS 2009, 30114).

Grundsätze anwendbar auf EU-Richtlinie

Die den Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung stützenden Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts sind auch anwendbar auf die gerichtliche Durchsetzung des unmittelbar auf die – nicht umgesetzte – Richtlinie 2000/78/EG gestützten Anspruchs auf Familienzuschlag von Beamten in einer Lebenspartnerschaft (vgl. VG Frankfurt, Urt. v. 05. 03. 2013 – 9 K 4475/12.F, juris Rn. 47): Dienstherr und Beamter stehen in einem wechselseitigen Treueverhältnis, das den Beamten zur Rücksichtnahme auf den Dienstherrn verpflichtet, die sich darin manifestiert, dass der Dienstherr erwarten darf, dass der Beamte ihm den vermeintlichen Anspruch innerhalb des Haushaltsjahres, in dem dieser Anspruch entsteht, auch anzeigt. Dies wird unterstützt durch die Erwägung, dass Alimentation (auch der Familienzuschlag der Stufe 1 für den Besoldungsempfänger in einer Lebenspartnerschaft ist eine Besoldungsleistung und Teil der Alimentation) die Befriedigung eines gegenwärtigen Bedarfs aus gegenwärtig zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln ist. Aus dem Aspekt der Gegenwärtigkeit resultiert die Verpflichtung, den Anspruch im zeitlichen Zusammenhang zu der vermeintlich zu geringen Besoldungsleistung geltend zu machen. Den zeitlichen Rahmen dafür gibt der Grundsatz der Jährlichkeit des Haushalts vor. Der hinreichende zeitliche Zusammenhang ist nur dann gegeben, wenn der Anspruch innerhalb der Geltungsdauer des jeweiligen Haushalts angemeldet wird.

Darüber hinaus zeigen sich auch Parallelen zu den weiteren Gründen, die das Bundesverwaltungsgericht seinerzeit bewogen haben, den aus der Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts resultierenden Zahlungsanspruch der Bedingung einer zeitnahen Geltendmachung zu unterwerfen. Insoweit war Ausgangspunkt der Überlegungen des Bundesverwaltungsgerichts die unbestrittene Tatsache, dass der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung nicht für gesetzliche Ansprüche gilt, was sich aus dem Umstand begründet, dass der Haushaltsgesetzgeber für im Besoldungsgesetz festgeschriebene Ansprüche Haushaltsvorsorge treffen kann. Bei nicht gesetzlich festgeschriebenen Ansprüchen ist Haushaltsvorsorge hingegen kaum möglich, jedenfalls dann nicht, wenn der Haushaltsgesetzgeber – mangels Anzeige der Betroffenen – die Anzahl der Zahlfälle und die Höhe der vermeintlichen Ansprüche nicht kennt.

Vor dem Hintergrund dieser Differenzierung hat das Bundesverwaltungsgerichts ausgeführt, dass die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts Ansprüche jenseits des gesetzlichen normierten Besoldungsrechts begründe, ohne den Gesetzgeber aus der Pflicht zu entlassen, eine gesetzliche Regelung zu treffen. Ziel der Vollstreckungsanordnung sei es gewesen, den Besoldungsempfängern für den Fall der Untätigkeit des Gesetzgebers ein Instrument an die Hand zu geben, mit dessen Hilfe sie ohne erneute Anrufung des Bundesverfassungsgerichts zu ihrem Recht gelangen könnten (BVerwG, Urt. v. 13. 11. 2008 – 2 C 16/07 = NVwZ-RR 2009, 249 = BeckRS 2009, 30114).

Parallen zu Vollstreckungsanordnung

Der aus der unmittelbaren Wirkung der nicht umgesetzten Richtlinie 2000/78/EG resultierende Anspruch weist starke Parallelen zur Vollstreckungsanordnung auf. Ebenso wie die Vollstreckungsanordnung des Bundesverfassungsgerichts zielt die vom Europäischen Gerichtshof entwickelte unmittelbare Wirkung nicht umgesetzter Richtlinien darauf ab, dem Einzelnen ein Instrument zur effektiven gerichtlichen Durchsetzung seiner Rechte zu geben. Auf diese Weise soll verhindert werden, dass dem Einzelnen aus der Untätigkeit des Gesetzgebers – sei es, dass dieser den Regelungsauftrag des Bundesverfassungsgerichts unbeachtet lässt, sei es, dass dieser die Verpflichtung zur Umsetzung einer Richtlinie nicht oder nicht zeitgerecht erfüllt – ein Nachteil erwächst. Ebenso wenig wie die Vollstreckungsanordnung an die Stelle des vom Gesetzgeber geschuldeten Gesetzes tritt, tritt der unmittelbar auf die Richtlinie gestützte Leistungsanspruch an die Stelle der weiterhin geschuldeten Richtlinienumsetzung (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11. 12. 2012 – 1 L 9/12, juris Rn. 182).

Insgesamt sprechen daher gute Gründe dafür, dass auch unmittelbar auf die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG gestützte Ansprüche auf Familienzuschlag für Beamte in einer Lebenspartnerschaft dem Erfordernis einer zeitnahen Geltendmachung unterliegen (im Ergebnis ebenso: OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11. 12. 2012 – 1 L 9/12, juris Rn. 182; VG Trier, Urt. v. 25. 9. 2012 – 1 K 858/12.TR, juris Rn. 35 ff; beide Urteile im Hinblick auf einen Anspruch aus der Richtlinie wegen vermeintlicher Altersdiskriminierung).

Gegenansicht VGH BW

Gegen diese Auffassung hat der VGH Baden-Württemberg (VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 06. 11. 2012 – 4 S 797/12, juris Rn. 48 f.) eingewendet, dass es bei der Frage der Gewährung des Familienzuschlags an Beamte in einer Lebenspartnerschaft anders als in den der Rechtsprechung von Bundesverfassungsgericht und Bundesverwaltungsgericht zugrunde liegenden Fällen nicht um die Geltendmachung einer Unteralimentierung gehe, sondern um das Vorenthalten eines dem Kläger zustehenden Besoldungsanspruchs. Dieser Einwand erscheint primär semantischer Natur zu sein. Er verkennt im Übrigen insbesondere, dass die Interessenlage – bezogen auf die Fundierung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung – vergleichbar ist. Der Besoldungsempfänger verlangt von seinem Dienstherrn ein Mehr an Besoldung. Diesen Besoldungsbestandteil hat der Dienstherr in Gestalt der Exekutive nicht zum Gegenstand seines Vorschlags des Haushaltsplans gemacht, so dass der Haushaltsgesetzgeber darüber nicht entschieden hat.

Wenig überzeugend ist auch die Ansicht, dass der Gesetzgeber sich seinerseits treuwidrig verhalten habe, indem er es unterlassen hat, den Besoldungsempfängern in einer Lebenspartnerschaft den Familienzuschlag für den Zeitraum ab Ablauf der Umsetzungsfrist der Richtlinie durch eine entsprechende gesetzliche Regelung zu gewähren, und dass er wegen dieser (angeblichen) Treuwidrigkeit nicht berechtigt sei, dem Beamten unter Hinweis auf den aus diesem Treueverhältnis entwickelten Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung den rückwirkend beanspruchten Familienzuschlag zu verweigern (in diesem Sinne VG Frankfurt, Urt. v. 20. 08. 2012 – 9 K 1175/11.F = BeckRS 2012, 55917 sowie Urt. v. 05. 03. 2013 – 9 K 4475/12.F, juris Rn. 49). Unabhängig von der Frage, ob sich eine unterbliebene Neuregelung überhaupt als ein die Berufung auf das Treueverhältnis ausschließendes treuwidriges Verhalten werten lässt (dagegen OVG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 11. 12. 2012 – 1 L 188/11, juris Rn. 92), war verfassungsrechtlich ungeklärt, seit wann sich verheiratete und verpartnerte Beamte im Hinblick auf den Familienzuschlag in einer vergleichbaren Situation befanden. Noch im Oktober 2010 hatte das Bundesverwaltungsgericht insofern den Juli 2009 für entscheidend erachtet (vgl. dazu Schollendorf, § 17 b Rn. 12 ff. in Clemens/Millack/Lantermann/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar). Angesichts der Unsicherheit der Rechtslage kann es dem Gesetzgeber auch kaum als treuwidrig angelastet werden, eine im Hinblick auf die Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie möglicherweise überobligationsmäßige Regelung nicht getroffen zu haben.

Effektivitätsprinzip

Nach dem Grundsatz der Effektivität dürfen nationale Regelungen wie der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung die Ausübung der durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (vgl. EuGH, Urt. v. 08.07.2010 – C-246/09 [Bulicke] = NZA 2010, 869, 870; BVerwG, Urt. v. 31. 01. 2013 – 2 C 10/12, juris Rn. 29 m. w. N.).

Im Recht der Mitgliedstaaten geregelte Ausschlussfristen – als eine solche ist der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung rechtstechnisch zu behandeln – sind nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs grundsätzlich mit EU-Recht vereinbar,

„weil eine solche Festsetzung ein Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit ist. Denn derartige Fristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. Mit diesem Vorbehalt ist es den Mitgliedstaaten unbenommen, mehr oder weniger lange Fristen festzulegen. Der EuGH hat zu Ausschlussfristen außerdem entschieden, dass es Sache der Mitgliedstaaten ist, für nationale Regelungen, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechts fallen, Fristen festzulegen, die insbesondere der Bedeutung der zu treffenden Entscheidungen für die Betroffenen, der Komplexität der Verfahren und der anzuwendenden Rechtsvorschriften, der Zahl der potenziell Betroffenen und den anderen zu berücksichtigenden öffentlichen oder privaten Belangen entsprechen“ (EuGH, Urt. v. 08. 07. 2010 – C-246/09 [Bulicke] = NZA 2010, 869, 871).

In der Rechtssache Bulicke hat der Europäische Gerichtshof schließlich sogar eine zweimonatige Ausschlussfrist als ausreichend erachtet. Vor diesem Hintergrund ist der Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung mit den Vorgaben des Effektivitätsgrundsatzes vereinbar.

Fazit

Auch der unmittelbar auf die EU-Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG gestützte Anspruch von Besoldungsempfängern in einer Lebenspartnerschaft auf Zahlung des Familienzuschlags unterliegt dem Grundsatz der zeitnahen Geltendmachung. Der Anspruch ist mithin nicht weitergehend als der vom Gesetzgeber in Umsetzung des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts vom 19. 06. 2012 geschaffene Anspruch aus § 74 a Abs. 3 BBesG.

Hinweis der Redaktion: Bei dem Beitrag, der die persönliche Auffassung des Autors wiedergibt, handelt es sich um einen Auszug aus der Kommentierung zu § 74 a BBesG in Clemens/Millack/Lantermann/Henkel, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, Kommentar, herausgegeben vom Richard Boorberg Verlag, edition moll. Weiterführende Hinweise und Erläuterungen finden Sie dort.

 

Dr. Kai Schollendorf

Oberregierungsrat im Bundesministerium des Innern, Berlin
n/a