24.07.2017

KG Berlin zum digitalen Nachlass

Kein Zugriff auf Facebook-Account für Eltern verstorbener Kinder

KG Berlin zum digitalen Nachlass

Kein Zugriff auf Facebook-Account für Eltern verstorbener Kinder

Berliner U-Bahn | © htpix - stock.adobe.com
Berliner U-Bahn | © htpix - stock.adobe.com

Das KG Berlin hat entschieden, dass die Eltern eines verstorbenen 15-jährigen Mädchens keinen Zugriff auf den Facebook-Account ihrer Tochter erhalten. Damit urteilte das Gericht zugunsten von Facebook und wies die Klage der Eltern ab. Zuvor hatte das LG Berlin noch im Sinne der Eltern geurteilt.

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Eltern dürfen nicht in die Chatprotokolle verstorbener Kinder schauen!

Die Mutter eines verstorbenen 15-jährigen Mädchens hatte zunächst vor dem Landgericht (LG) Berlin auf Zugang zu dem Facebook-Konto ihrer Tochter geklagt. Sie und der Vater des Kindes als Erben besaßen zwar die Zugangsdaten, konnten jedoch auf das in den »Gedenkzustand« gesetzte Konto nicht zugreifen. Facebook verweigerte ihnen den Zugriff auf das Konto. Dies war in diesem Fall besonders tragisch, da das junge Mädchen auf ungeklärte Weise auf den Gleisen der U-Bahn umgekommen war und die Eltern entsprechende Hinweise durch den Zugriff auf das Konto und die dort ausgetauschten Nachrichten und Posts erwarteten. Die Hoffnung war, zu klären, ob es sich um einen Selbstmord gehandelt haben könnte. Dies sei außerdem deshalb von Bedeutung gewesen, weil der U-Bahn-Fahrer gegen die Eltern ein Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen Verdienstausfalls geltend gemacht hatte.

Nachdem das Landgericht (LG) Berlin zunächst zugunsten der Mutter entschieden hatte, hat nun das Kammergericht (KG) Berlin in zweiter Instanz für Facebook entschieden und die Klage abgewiesen (Urteil vom 31. 05. 2017, Az. 21 U 9/16). Der Schutz des Fernmeldegeheimnisses stehe dem Anspruch der Erben entgegen, Einsicht in die Kommunikation der Tochter mit Dritten zu erhalten. Die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) wurde aber zugelassen.


Die Entscheidung des KG Berlins ist nachvollziehbar, auch wenn das Ergebnis wenig wünschenswert ist. Die Richter sind Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gefolgt und haben E-Mails und Chat-Protokolle, die noch auf einem Server im Internet liegen unter den Schutz des Fernmeldegeheimnisses gestellt. Es ist davon auszugehen, dass auch der Bundesgerichtshof in einem möglichen Revisionsverfahren dieser Entscheidung folgen wird.

Die Entscheidung des KG Berlin betrifft allerdings nicht die Befugnisse von Staatsanwaltschaften und anderen Behörden in Deutschland. Hätte die Staatsanwaltschaft Berlin im vorliegenden Fall den Verdacht gehabt, das verstorbene Mädchen sei gemobbt oder bewusst getötet worden, hätte sie die Chatprotokolle von Facebook verlangen können.

LG Berlin 2015: Eltern haben Recht auf Zugang zum Konto der verstorbenen Tochter

2015 hatte das Landgericht (LG) Berlin noch Facebook dazu verpflichtet, den Eltern der verstorbenen Facebook-Nutzerin als deren Erben Zugang zu dem Benutzerkonto und dessen Kommunikationsinhalten zu gewähren (Urteil vom 17. 12. 2015, Az. 20 O 172/15). Facebook hatte dagegen Berufung eingelegt.

Bislang bestimmen die AGB von Facebook, dass beliebige Personen der Facebook-Freundesliste beantragen können, was mit ihrem Profil nach dem Ableben geschieht. Entweder wird das Konto vollständig gelöscht oder in den »Gedenkzustand« versetzt, sodass Angehörige und Freunde weiterhin Erinnerungen des Verstorbenen teilen können. Eine Anmeldung über das Profil ist im Gedenkzustand nicht mehr möglich. Diese Regelung von Facebook, nach der die Versetzung in den Gedenkzustand durch Dritte veranlasst und nicht mehr durch die Erben rückgängig gemacht werden kann, stelle nach Ansicht des LG Berlin eine unangemessene Benachteiligung dar und sei daher unwirksam.

Der Nutzungsvertrag mit Facebook, den die Tochter abgeschlossen hatte, sei als schuldrechtlicher Vertrag auf die Erben übergegangen. Dabei sei eine unterschiedliche Behandlung des digitalen und sonstigen Vermögens nicht gerechtfertigt.

Facebook könne dagegen keine schutzwürdigen Interessen vorbringen. Auch das postmortale Persönlichkeitsrecht der verstorbenen Tochter stehe einer Zugangsgewährung nicht entgegen, denn die Eltern seien für den Schutz des Persönlichkeitsrechts ihrer minderjährigen Tochter zuständig. Jedenfalls dann, wenn es in diesem besonderen Fall darum ging, die ungeklärte Todesursache zu erforschen, dürften sich die Eltern Kenntnis darüber verschaffen, was ihre Tochter im Internet geäußert habe. Schließlich stehe auch das Datenschutzrecht dem Anspruch nicht entgegen. Denn für digitale Daten gelte nichts anderes als für vertrauliche Briefe von Dritten, die nach dem Tod des Empfängers von den Erben gelesen werden können, ohne dass ein Eingriff in die Rechte dieser Dritten vorliege.

Das LG Berlin vergleicht den Zugang zum Facebook-Account mit dem Zugang zu einer Wohnung. Auch ein Vermieter müsse den Erben Zugang zur Wohnung des Verstorbenen verschaffen, ohne zuvor die Gegenstände der Wohnung zu durchsuchen und einzuteilen in persönliche und vermögensrechtliche Werte.

LG Berlin entscheidet sich für die Vererbbarkeit digitaler Güter

Anders als nun das KG Berlin hatte sich damals das LG Berlin auch zur juristisch umstrittenen Frage der Vererbbarkeit digitaler Güter äußern müssen. Einige Juristen sind der Ansicht, dass bei einem digitalen Nachlass, wie beispielsweise Zugangsdaten, nur vermögensrechtliche Teile vererbbar seien. Digitale Teile, die hingegen keinen Vermögenswert haben (z.B. Kommunikationsinhalte bei Facebook), sollen nicht vererbbar sein.

Dieser Auffassung erteilte das LG Berlin eine klare Absage. Demnach seien auch nicht vermögensrechtliche Teile vererbbar. Grundsätzlich gehören zum Erbe alle vermögensrechtlichen Teile, aber auch alle nicht vermögensrechtlichen Werte. Auch höchstpersönliche Daten, wie digitale Zugangsdaten des Nachlasses eines Erblassers, gehen danach im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nach §  1922 BGB auf die Erben über.

Dies ist eine richtige Entscheidung, wenn man bedenkt, dass die Unterscheidung zwischen den verschiedenen digitalen Daten und die Zuordnung zu einem Vermögenswert mitunter sehr schwierig ist. Der digitale Nachlass soll nach dieser Entscheidung genauso behandelt werden, wie der analoge Nachlass. Ein Tagebuch wird ebenfalls samt seinem Inhalt vererbt. Hier bestünde kein Unterschied zu dem Kommunikationsinhalt bei Facebook. Das Facebook Konto wird damit als digitales Gut nicht anders behandelt als materielle Güter, die gesetzlich auf die Erben übergehen. Das Urteil hat ein wichtiges und längst überfälliges Zeichen in Bezug auf den digitalen Nachlass gesetzt.

Darüber hinaus hatte das LG Berlin entschieden, dass auch die früheren Facebook-Freunde der Verstorbenen es hinnehmen müssen, dass die Erben nun Zugriff auf die gesamte bislang geschützte Kommunikation erhalten. Die jetzt auch in Deutschland eingeführte Facebook-Funktion des »Gedenkzustandes«, wonach jeder Nutzer zu Lebzeiten einen Nachlasskontakt bestimmen kann, der sich um das Konto kümmert, dürfte mit diesem Urteil wohl überflüssig sein und wurde vom Gericht als unrechtmäßig eingestuft.

Fazit: Eine Entscheidung, die einen wichtigen Meilenstein für das sehr aktuelle und wichtige Thema des digitalen Nachlasses gesetzt hat. Ob die Entscheidung auch auf volljährige Facebook-Nutzer übertragbar ist, ist noch unklar.

Verhandlung vor dem KG Berlin

Doch diese Entscheidung wurde nicht rechtskräftig –  Facebook legte dagegen Berufung ein. Das Kammergericht (KG) Berlin hatte in der Berufungsverhandlung über das »virtuelle Erbe« zunächst eine außergerichtliche Einigung vorgeschlagen, bevor es zur aktuellen Entscheidung kam.

Der vorsitzende Richter hatte in der Verhandlung am 25.  April  2017 geäußert, der Senat sei offen im Ergebnis. Man müsse noch darüber nachdenken, ob das digitale Erbe des Inhalts eines Facebook-Accounts überhaupt zu vererben sei. Grundsätzlich rückt der Erbe in die Position des Verstorbenen, hieß es. Das betreffe aber nicht alle Verträge. Der Vorsitzende verwies auf eine Vereinsmitgliedschaft, die mit dem Tode erlischt. Wie sei nun mit Facebook umzugehen, ein Netzwerk, das sich selbst als »digitaler Schatten« des Menschen sehe? Es sei nicht auszuschließen, dass mit dem Tod des Nutzers auch die Zugangsberechtigung enden müsse.

Selbst wenn die Erblichkeit generell verneint werden würde, bleibe aber noch die Besonderheit des konkreten Falls, da es sich um eine Minderjährige handelt. Es gebe zwar Schutzpflichten der Eltern im Sinne der Sorgeberechtigung, allerdings könnten diese Schutzpflichten auch mit dem Tod erlöschen, sodass diese besonderen Umstände möglicherweise keinen Einfluss hätten.

Facebook hatte außerdem damit argumentiert, dass von der Offenlegung von Nachrichten auch andere Nutzer betroffen wären, die mit der damals 15-Jährigen gechattet hätten –  in der Annahme, dass die Inhalte privat bleiben. Die Richter schlugen deshalb für die Vergleichsverhandlungen vor, die Chatverläufe mit geschwärzten Namen an die Eltern herauszugeben. In welcher Art und Weise – etwa ausgedruckt oder als Datei  – blieb zunächst offen. Es hätte auch sein können, dass Facebook nicht nur Namen, sondern auch relevante Textpassagen, die nach Ansicht des Netzwerks möglicherweise Rückschlüsse auf die Personen zulassen, unkenntlich gemacht hätte.

Letztlich kam es jedoch nicht zu einem Vergleich. Auch über den größten Teil der in der Berufungsverhandlung angesprochenen Aspekte wurde letztlich nicht entschieden.

Urteil des KG Berlin: Nicht über Vererbbarkeit des Facebook-Accounts entschieden

Das Kammergericht ließ in seiner am 31.  Mai  2017 getroffenen Entscheidung offen, ob die klagende Mutter und der Vater als Erben in den Vertrag eingerückt seien, den die verstorbene Tochter mit Facebook geschlossen hatte. So bleibt in dem weltweit ersten vergleichbaren Fall, der vor die Gerichte gekommen ist, die Frage offen, ob ein Facebook-Account vererbt werden kann.

Es sei zwar grundsätzlich möglich, dass die Erben in die Rechte und Pflichten dieses Vertrages eingetreten seien, und zwar nicht im Sinne der aktiven Fortführung dieses Vertrages, sondern um passive Leserechte zu erhalten, so die Bundesrichter. In den von Facebook gestellten Nutzungsbedingungen sei nicht geregelt, ob Rechte aus dem Vertrag im Falle des Todes des Nutzers auf seine Erben übergehen könnten. Auch der Grundgedanke des Vertrages spreche nicht generell dagegen, dass er nicht vererblich sei. Facebook wolle den Nutzern nur eine Kommunikationsplattform zur Verfügung stellen und Inhalte vermitteln. Durch eine Änderung in der Person des Vertragspartners würden die Leistungen in ihrem Charakter nicht verändert.

Andererseits regele das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) nicht, ob höchstpersönliche Rechtspositionen (ohne vermögensrechtliche Auswirkungen) vererbbar seien, sondern setze für eine Vererbung voraus, dass sie in irgendeiner Form im Eigentum des Verstorbenen verkörpert seien und nicht nur virtuell existierten. Um zu klären, ob es sich bei –  nicht verkörperten  – E-Mails um solche handele, die aufgrund ihres höchstpersönlichen Inhalts nicht vererbbar seien, oder um solche, die aufgrund ihres wirtschaftlichen Bezuges vererbbar seien, würde man in der Praxis auf erhebliche Probleme und Abgrenzungsschwierigkeiten stoßen.

Zugang zum Account steht das Fernmeldegeheimnis entgegen

Der Senat müsse jedoch die Frage der Vererbbarkeit des Facebook-Accounts nicht entscheiden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass dieser Account in das Erbe falle und die Erbengemeinschaft Zugang zu den Account-Inhalten erhalten müsse, stehe das Fernmeldegeheimnis nach dem Telekommunikationsgesetz entgegen.

Dieses Gesetz sei zwar ursprünglich für Telefonanrufe geschaffen worden. Das Fernmeldegeheimnis werde jedoch in Art.  10 Grundgesetz geschützt und sei damit eine objektive Wertentscheidung der Verfassung. Daraus ergebe sich eine Schutzpflicht des Staates und auch die privaten Diensteanbieter müssten das Fernmeldegeheimnis achten. Nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 16. 6. 2009, 2 BvR 902/06, BVerfGE 124, 43) erstrecke sich das Fernmeldegeheimnis auch auf E-Mails, die auf den Servern von einem Provider gespeichert seien. Denn der Nutzer sei schutzbedürftig, da er nicht die technische Möglichkeit habe, zu verhindern, dass die E-Mails durch den Provider weitergegeben würden. Dies gelte entsprechend für sonstige bei Facebook gespeicherte Kommunikationsinhalte, die nur für Absender und Empfänger oder jedenfalls einen beschränkten Nutzerkreis bestimmt sind.

Die nach dem Telekommunikationsgesetz vorgesehenen Ausnahmen würden entgegen der Auffassung des LG nicht greifen. Zwar sehe das Gesetz vor, dass einem Dritten Kenntnisse vom Inhalt der Kommunikation verschafft werden dürfe, wenn dies erforderlich sei. Als erforderlich könne jedoch nur angesehen werden, was dazu diene, den Dienst technisch zu ermöglichen oder aufrechtzuerhalten. Da Facebook jedoch seine Dienste nur beschränkt auf die Person des Nutzers angeboten habe, sei es auch aus der Sicht der ebenfalls schutzbedürftigen weiteren Beteiligten am Kommunikationsvorgang (Chat) in technischer Hinsicht nicht erforderlich, einem Erben nachträglich Zugang zum Inhalt der Kommunikation zu verschaffen.

Auch Zugangsdaten führen nicht zum Verzicht auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses

Ebenso wenig existiere eine andere gesetzliche Vorschrift, die erlaube, von dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses eine Ausnahme zu machen (sogenanntes »kleines Zitiergebot«). Insbesondere das Erbrecht nach dem BGB lasse nicht erkennen, dass der Gesetzgeber den Willen gehabt habe, das Fernmeldegeheimnis einzuschränken. Auch aus sonstigen Gründen sei es nicht geboten, ohne gesetzliche Regelung Ausnahmen zuzulassen und von dem sogenannten »kleinen Zitiergebot« abzuweichen.

Schließlich komme nicht in Betracht, von einem Verzicht auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses auszugehen, indem die klagende Mutter sich darauf berufen hatte, die Zugangsdaten von der Tochter überlassen bekommen zu haben. Dieser Umstand war zwischen den Parteien streitig. Eine Beweisaufnahme sei jedoch nicht erforderlich gewesen, da nicht nur die Verstorbene als Nutzerin des Accounts und Vertragspartnerin von Facebook, sondern zumindest auch alle diejenigen, die in einem Zwei-Personen-Verhältnis mit der Verstorbenen kommuniziert haben, auf den Schutz des Fernmeldegeheimnisses verzichtet haben müssten. Aus der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) ( vgl. insb. Urteil vom 27. 2. 2008,  1 BvR 370/07,  BVerfGE 120,274, Rz 290 bis 293 ) folge für den vorliegenden Fall im Endergebnis nichts Abweichendes. Die somit erforderliche Zustimmung dieser anderen Kommunikationspartner liege jedoch nicht vor.

Der BGH hat ferner geprüft, ob zugunsten der Mutter außerhalb des Erbrechts ein Anspruch auf Zugang zu dem Account bestehe, dies aber verneint. Insbesondere das Recht der elterlichen Sorge verhelfe nicht zu einem solchen Anspruch. Dieses Recht erlösche mit dem Tod des Kindes. Das den Eltern noch zufallende Totenfürsorgerecht könne nicht dazu dienen, einen Anspruch auf Zugang zu dem Social-Media-Account des verstorbenen Kindes herzuleiten. Auch das eigene Persönlichkeitsrecht der Mutter sei nicht geeignet, einen Anspruch auf diesen Zugang zu begründen. Als ein Teilbereich des Persönlichkeitsrechts sei z.B. anerkannt, seine eigene Abstammung zu kennen. Trotz des verständlichen Wunsches der Eltern, die Gründe für den tragischen Tod ihres Kindes näher zu erforschen, lasse sich hieraus kein Recht auf Zugang zu dem Account ableiten. Auch wenn eine verbleibende Unkenntnis darüber die Persönlichkeitsentfaltung der Eltern massiv beeinträchtigen könne, gebe es auch vielfältige andere Ereignisse, die die gleiche Wirkung zeigen könnten. Dadurch würde das allgemeine Persönlichkeitsrecht zu einem konturenlosen und nicht mehr handhabbaren Grundrecht führen.

Das Urteil des KG ist nicht rechtskräftig, da der Senat die Revision zum BGH zugelassen hat.

Der Gesetzgeber ist gefragt

Letztlich ist nunmehr der Gesetzgeber gefragt. Es ist wichtig, dass das digitale Erbe künftig genauso wie das analoge Erbe behandelt wird. Wenn Eltern Briefe und Tagebücher ihrer Kinder erben und lesen dürfen, muss das auch in der online Welt möglich sein. Nach jetziger Gesetzeslage verhindert das Fernmeldegeheimnis einen solchen Einblick. Dies gilt allerdings nur, sofern E-Mails und Chats noch auf dem Server liegen. Abgerufene Chats und E-Mails hingegen unterliegen nicht mehr dem Fernmeldegeheimnis und dürften gelesen werden. In Zeiten von Cloud-Computing ist diese Rechtsprechung nicht mehr zeitgemäß. Künftig werden Daten nie mehr lokal, sondern immer auf einem entfernten Server liegen. Insofern müssen Gesetze geschaffen werden, die zumindest für Erben eine Lockerung des Fernmeldegeheimnisses vorsehen. Genau wie beim Versenden von Briefen müssten dann auch Chatpartner künftig damit rechnen, dass die erfolgte Kommunikation später von den Erben wahrgenommen werden kann.

 

Christian Solmecke

LL.M, Rechtsanwalt und Partner, Medienkanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE, Köln
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