20.07.2017

Was lange währt …

Neue Regelungen für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Was lange währt …

Neue Regelungen für Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen

Zum Schutz der Gewässer: neue Verordnung für Anlagen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird. | © maconga - stock.adobe.com
Zum Schutz der Gewässer: neue Verordnung für Anlagen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird. | © maconga - stock.adobe.com

Nach fast zehnjähriger Vorbereitungszeit hat die Bundesregierung nunmehr die Verordnung über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffe (AwSV) beschlossen und bekanntgemacht (vgl. Verordnung vom 18. 04. 2017, BGBl I 2017 S.  905). Die Verordnung tritt zum 01. 08. 2017 in Kraft. Die AwSV löst für neue Anlagen die Verordnungen der Länder über Anlagen zum Umgang mit wassergefährdenden Stoffen und über Fachbetriebe (VAwS) ab. Für im Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Anlagen gelten Übergangsvorschriften, die im Wesentlichen auf eine Fortgeltung des bisherigen Landesrechts hinauslaufen.

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AwSV

Struktur und Gliederung der AwSV

Die AwSV ist in fünf Kapitel und 7 Anlagen unterteilt. Dabei enthält Kapitel  1 eine Angabe des Verordnungszwecks, die Regelung des Anwendungsbereichs sowie Begriffsbestimmungen. Kapitel  2 regelt die Einstufung der Wassergefährlichkeit von Stoffen und Gemischen. Kapitel  3 der Verordnung gibt die technischen und organisatorischen Anforderungen vor. Von diesen Anforderungen werden bestimmte Anlagen zur Lagerung von Abfällen ausgenommen. Für aufschwimmende flüssige Stoffe und Gemische gilt Kapitel  3 nur dann, wenn diese Stoffe in der Nähe von Gewässern verwendet werden. Für JGS- Anlagen wird der Anwendungsbereich in Kapitel  3 auf wenige beschränkt. Anforderungen an Errichtung, Beschaffenheit und Betrieb von JGS-Anlagen sind in Anlage  7 zur AwSV zusammengefasst. Kapitel  4 der AwSV regelt die Anforderungen an Sachverständigenorganisationen und Sachverständige, an Güte- und Überwachungsgemeinschaften und Fachprüfer sowie an Fachbetriebe. Kapitel  5 enthält umfangreiche Bußgeldbestimmungen sowie die notwendigen Übergangsvorschriften für die bisher bereits nach altem Recht eingestuften wassergefährdenden Stoffe und Gemische und für den Übergang vom Landesrecht zum Bundesrecht. Die Anlagen  1 und 2 legen die Art und Weise der Einstufung von Stoffen und Gemischen sowie die erforderliche Dokumentation dazu fest. Anlage  3 und 4 enthalten Merkblätter zu Betriebs- und Verhaltensvorschriften für Heizölverbraucheranlagen und für Anlagen, die nicht der Verpflichtung zur Aufstellung einer gesonderten Betriebsanweisung unterliegen. Die Anlagen  5 und 6 fassen die Prüfzeitpunkte und -intervalle für die von der Verordnung geforderten Sachverständigenprüfungen als Fremdüberwachung zusammen, wobei zwischen Anlagen innerhalb und außerhalb von Schutzgebieten und vorläufig gesicherten oder festgesetzten Überschwemmungsgebieten unterschieden wird.

Anwendungsbereich der AwSV

Die Verordnung regelt Anforderungen zum Schutz der Gewässer für alle Anlagen, in denen mit wassergefährdenden Stoffen umgegangen wird. Ausgenommen sind lediglich Anlagen zum Umgang mit als nicht wassergefährdend eingestuften Stoffen, nicht ortsfeste oder ortsfestbenutzte Anlagen, Untergrundspeicher im Anwendungsbereich des Bundesberggesetzes sowie Anlagen mit einem Rauminhalt kleiner 0,22m³ oder 0,2 Tonnen.


Einstufung von Stoffen und Gemischen

Die Einstufung von Stoffen und Gemischen wird nunmehr normativ geregelt. Die Vorschriften der AwSV lösen insoweit die Regelungen der Verwaltungsvorschrift wassergefährdende Stoffe ab. Danach hat der Betreiber einer Anlage grundsätzlich alle Stoffe und Gemische, mit denen in seinen Anlagen umgegangen wird, zu bewerten und in eine der drei Wassergefährdungsklassen (WGK) oder als nicht wassergefährdend einzustufen (Selbsteinstufung). Durch Anlage  1 AwSV werden die Einstufungsgrundlagen konkretisiert und ausgefüllt. Die mit der Selbsteinstufung für Stoffe ermittelten Wassergefährdungsklassen werden vom Umweltbundesamt geprüft und unter der Datei »Rigoletto« im Internet veröffentlicht. Bei flüssigen und gasförmigen Gemischen hat der Betreiber seine Einstufung der zuständigen Landesbehörde vorzulegen.

Technische und organisatorische Anforderungen

Alle in den Anwendungsbereich der Verordnung und des Kapitels  3 AwSV fallenden Anlagen müssen in Umfang, Zweck und Ausmaß präzise definiert und von anderen Anlagen abgegrenzt werden. Die so definierten Anlagen müssen bestimmte Grundsatzanforderungen insbesondere für die Rückhaltung von aus den Anlagen austretenden Stoffen einhalten. Spezielle Rückhalteregelungen gelten für besondere Anlagen ( z.B. u.a. für Fass- und Gebindelager oder Heizölverbraucheranlagen ). Für alle Anlagen gilt, dass der Betreiber besondere Sicherheitsvorschriften bei der Befüllung und Entleerung einhalten muss und dass er größere Betriebsstörungen anzuzeigen und erforderliche Gegenmaßnahmen zu treffen hat. Für Instandsetzungen einer Anlage ist neu die Erstellung eines Instandsetzungskonzepts auf der Grundlage einer Zustandsbegutachtung vorgegeben. Zur Differenzierung der Anforderungen an Anlagen werden diese in vier Gefährdungsstufen ( A bis D ) eingeteilt. Die Einstufungen entsprechen weitgehend den bisherigen nach Landesrecht. Die Anzeige-, die Eignungsfeststellungs- wie auch die Prüfpflicht richten sich nach diesen Gefährdungsstufen. Zum sicheren Betrieb einer Anlage gehört eine Betriebsanweisung, Errichtung und Wartung müssen durch Fachbetriebe, die Prüfung nur durch einen unabhängigen Sachverständigen erfolgen. Der Sachverständige hat die Prüfungsergebnisse unverzüglich der zuständigen Behörde mitzuteilen, bei erheblichen oder gefährlichen Mängeln sind Nachprüfungen erforderlich. Für Anlagen in Wasserschutz- und Überschwemmungsgebieten gelten erhöhte Anforderungen. Die technischen und organisatorischen Anforderungen an JGS-Anlagen sind in Anlage  7 zur AwSV zusammengefasst.

Anforderungen an Sachverständigenorganisationen und Sachverständige

Die AwSV führt das bereits von den Ländern eingeführte Prinzip der Überwachung durch einen »Umwelt-TÜV« fort. Hierzu werden besondere Voraussetzungen für die behördliche Zulassung der Sachverständigenorganisation und besondere Anforderungen an die Zuverlässigkeit und Fachkunde der von diesen zu bestellenden Sachverständigen gestellt. Sachverständigenorganisationen sind verpflichtet, zum Nachweis der Bestellung ein Bestellungsschreiben auszuhändigen, die Sachverständigen ihrerseits sind verpflichtet, ein Prüftagebuch zu führen sowie Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt zu offenbaren oder zu verwerten.

Anforderungen an Güte- und Überwachungsgemeinschaften

Wie bereits nach §  19l WHG (a.F.) bedürfen Fachbetriebe für ihre Tätigkeiten an bestimmten Anlagen der Zertifizierung. Diese kann durch hierfür anerkannte Sachverständigenorganisationen oder über anerkannte Güte- und Überwachungsgemeinschaften erfolgen. Die Anerkennung dieser Güte- und Überwachungsgemeinschaften erfolgt nunmehr auf der Grundlage der AwSV, da das bisher regelnde Bauordnungsrecht die Anerkennung von Güte- und Überwachungsgemeinschaften nicht mehr kennt. Die Güte- und Überwachungsgemeinschaften stellen den Fachbetrieben eine Urkunde über die Zertifizierung aus, die gegenüber den Betreibern von Anlagen als Nachweis der Fachbetriebseigenschaft dient.

Anforderungen an Fachbetriebe

Die bisherigen Regelungen, dass bestimmte Arbeiten an bestimmten Anlagen nur von Fachbetrieben vorgenommen werden dürfen, werden fortgeführt. Das Errichten, innen Reinigen, Instandsetzen und Stilllegen bestimmter Anlagen ist nur zertifizierten und laufend überwachten Fachbetrieben gestattet. Zertifiziert werden können nur Betriebe, die eine betrieblich verantwortliche Person mit ausreichender Fachkunde bestellt haben und über ausreichende Geräte, Ausstattung und fachkundiges Personal für ihre Tätigkeiten verfügen. Betrieblich verantwortliche Person und das sonst eingesetzte Personal sind alle zwei Jahr zu schulen.

Übergangsbestimmungen für Anlagen

Für die Bestimmung und Einstufung von wassergefährdenden Stoffen werden die bisherigen Ergebnisse auf der Grundlage der VwVwS übernommen. Anforderungen die sich aus Änderungen der Einstufung von Stoffen und Gemischen nach den Bestimmungen der AwSV für im Zeitpunkt des Inkrafttretens der Verordnung bereits bestehende Anlagen neu ergeben, müssen erst auf Anforderung durch die zuständige Behörde umgesetzt werden. Wesentliche Bedeutung für die Praxis kommt den Vorschriften zu, die den Übergang von den landesrechtlichen Vorgaben zu den nunmehr bundesrechtlichen Regelungen bewerkstelligen sollen. Die einschlägigen §§  68 und 69 AwSV unterscheiden dabei zwischen bestehenden wiederkehrend prüfpflichtigen Anlagen und bestehenden nicht wiederkehrend prüfpflichtigen Anlagen. Die Pflicht zur wiederkehrenden Prüfung ergibt sich dabei aus den Anlagen  5 und 6 AwSV und umfasst die dort in Spalte  3 genannten Anlagen. Für wiederkehrend prüfpflichtige wie für nicht wiederkehrend prüfpflichtige Anlagen werden die in der AwSV geregelten Pflichten beim Befüllen und Entleeren, Melde- und Außerbetriebnahmeverpflichtungen, Pflichten bei der Instandsetzung von Anlagen, Anzeige- und Prüfpflichten unmittelbar mit Inkrafttreten der Regelungen für anwendbar erklärt. Im Übrigen gelten für nicht wiederkehrend prüfpflichtige Anlagen die beim Inkrafttreten der Verordnung geltenden landesrechtlichen Regelungen, vorbehaltlich besonderer Festlegungen der zuständigen Behörden im Einzelfall, unverändert fort. Für wiederkehrend prüfpflichtige Anlagen hat der Sachverständige bei der ersten wiederkehrenden Prüfung nach Inkrafttreten der AwSV die Übereinstimmung der Anlagen mit den bisher bestehenden landesrechtlichen Regelungen zu prüfen. Des Weiteren hat er festzustellen, inwieweit die AwSV Anforderungen enthält, die über die bisherigen Anforderungen nach Landesrecht hinausgehen. Diese Feststellungen sind zu dokumentieren und mit dem Prüfbericht der zuständigen Behörde zu übermitteln. Die zuständige Behörde kann dann technische und organisatorische Anpassungsmaßnahmen anordnen, jedoch können die Stilllegung oder Beseitigung der Anlage oder Anpassungsmaßnahmen, die der Neuerrichtung einer Anlage gleichkommen, nicht verlangt werden.

Bestehende Anlagen mit erheblichen oder gefährlichen Mängeln sind unter Berücksichtigung der Vorgaben der AwSV instand zu setzen. Gleiches gilt für wesentliche Änderungen an bestehenden Anlagen. Bestehende Biogasanlagen mit Gärsubstraten ausschließlich landwirtschaftlicher Herkunft sind innerhalb von fünf Jahren mit einer Umwallung zu versehen, die in der Lage ist, das in der Anlage vorhandene Volumen an wassergefährdenden Stoffen zurückzuhalten. Die Frist für die wiederkehrende Prüfung wird vom Zeitpunkt der letzten Prüfung nach landesrechtlichen Vorgaben berechnet. Müssen Anlagen gegenüber dem bisher geltenden Landesrecht erstmals wiederkehrend geprüft werden, so gelten nach dem Errichtungsdatum dieser Anlagen gestaffelte Übergangsfristen von zwei bis zehn Jahren für die erstmalige Durchführung der wiederkehrenden Prüfung.

Übergangsbestimmungen für Sachverständigenorganisationen, für Fachbetriebe und Güte-und Überwachungsgemeinschaften

Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der AwSV bestehende Anerkennungen von Sachverständigenorganisationen gelten bis zum festgesetzten Fristablauf der Anerkennung fort. Ab dem 01. 10. 2017 sind von diesen jedoch gegenüber dem bisherigen Landesrecht zusätzliche Anforderungen zu erfüllen. Endet eine Befristung der Anerkennung vor dem 01. 02. 2018, so gilt die erteilte Anerkennung bis zu diesem Termin fort. Vor dem 21. 04. 2017 zertifizierte Fachbetriebe gelten bis zum 21. 04. 2019 als solche fort, solange die Anforderungen an Fachbetriebe eingehalten werden und eine Überwachung durch die Güte- und Überwachungsgemeinschaft oder eine Technische Überwachungsorganisation im Sinne des bisherigen Landesrechts erfolgt. Bestehende bisher baurechtlich anerkannte Güte- und Überwachungsgemeinschaften müssen sich nach den Maßgaben der AwSV erstmalig anerkennen lassen. Hierzu wird das Inkrafttreten dieser Bestimmungen auf den 21. 04. 2017 festgelegt.

Ulrich Drost

Ulrich Drost

Ministerialrat a.D. im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz, Weilheim
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