01.07.2019

Kein Grund zur Entwarnung

Die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik des Berichtsjahres 2018

Kein Grund zur Entwarnung

Die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik des Berichtsjahres 2018

Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) enthält die den Polizeien bekannt gewordenen Straftaten
Die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) enthält die den Polizeien bekannt gewordenen Straftaten

Die aktuelle Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) enthält die den Polizeien bekannt gewordenen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche, die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen und eine Reihe weiterer Angaben zu Fällen, Opfern oder Tatverdächtigen. In der aktuellen PKS ist die Zahl der Straftaten im Jahr 2018 weiter zurückgegangen, so gab es eine Abnahme um 3,6 Prozent auf 5,55 Millionen.

Hintergründe der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS)

Der Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) stellte am 2.4.2019 die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) für das Jahr 2018 vor. Diese wird vom Bundeskriminalamt auf Grundlage der von den Polizeibehörden der Bundesländer zur Verfügung gestellten Landesdaten erstellt. Die PKS beinhaltet bekannt gewordene Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche, die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen und eine Reihe weiterer Angaben. Die PKS enthält die der Polizei bekannt gewordenen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche, die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen und eine Reihe weiterer Angaben zu Fällen, Opfern oder Tatverdächtigen.

Zahl der Straftaten zurückgegangen

Der PKS zufolge ist die Zahl der Straftaten im Jahr 2018 weiter zurückgegangen. So gab es eine Abnahme um 3,6 Prozent auf 5,55 Millionen. Staatsschutz- und Verkehrsdelikte, Steuerstraftaten sowie Ordnungswidrigkeiten sind in der PKS allerdings nicht enthalten. Dazu gibt die Polizei in der PKS nur Straftaten an, die angezeigt wurden. Damit gibt sie kein genaues Bild über die tatsächliche Kriminalität in Deutschland und auch nicht über ihre genaue Entwicklung. Gehen die angezeigten Fälle zurück, kann das einerseits an weniger Kriminalität liegen, andererseits aber auch an einer geringeren Verfolgungsintensität der Polizei oder einfach an weniger Anzeigen. Dies ist vor allem beim Diebstahl wichtig, weil diese Fälle meist erst durch eine Anzeige bekannt werden.


In der PKS werden nicht alle Verstöße aufgelistet, die die Polizei innerhalb eines Jahres dokumentiert hat. So fehlen im zugehörigen Straftatenkatalog beispielsweise einige Verkehrsdelikte. Auch Ordnungswidrigkeiten, Finanz- und Steuerdelikte sowie Straftaten, die unmittelbar bei der Staatsanwaltschaft angezeigt werden, sind in der PKS nicht enthalten. Politisch motivierte Straftaten – und damit auch Terrorismus – werden gesondert erfasst.

Raum für Interpretationen

So bietet die Polizeiliche Kriminalstatistik alljährlich Raum für viele Interpretationen. Doch nicht alle Vergleiche und Rückschlüsse lassen sich mit der PKS wirklich belegen. So lassen sich einzelne Städte beispielsweise mit den Zahlen der PKS nur schwer vergleichen. Dies liegt unter anderem an der Infrastruktur einer Stadt: So werden in Frankfurt am Main sämtliche Vergehen am größten deutschen Flughafen der Stadt Frankfurt zugeordnet. Dadurch kommen auf die Zahl der Einwohner gerechnet in Frankfurt am Main verhältnismäßig sehr viele Straftaten. Ob die Stadt Frankfurt am Main unsicherer ist als andere, belegen diese Zahlen aber nicht.

Keine Aussage trifft die die PKS über das sog. Dunkelfeld von Straftaten, also Straftaten, die nicht von der Polizei festgestellt oder bei ihr angezeigt werden. So wird einer Dunkelfeldstudie des Landeskriminalamtes Niedersachsen zufolge in einigen Deliktsbereichen – beispielsweise bei Sexualdelikten oder Betrug – die Mehrzahl der Straftaten nicht bei der Polizei angezeigt. So dass die PKS in diesen Bereichen also nur einen kleinen Ausschnitt der Realität widerspiegelt. Auch müssen steigende Fallzahlen in der PKS – als Hellfeld-Statistik – nicht bedeuten, dass Deutschland unsicherer wird. Möglich ist auch, dass die Polizeien verstärkt ermitteln oder Bürgerinnen und Bürger bestimmte Straftaten häufiger anzeigen als zuvor.

Folgende mögliche Aspekte können die Entwicklung der Zahlen in der PKS beeinflussen:

  • Anzeigeverhalten,
  • polizeiliche Kontrollintensität,
  • Änderung der statistischen Erfassung,
  • Änderung des Strafrechts,
  • echte Kriminalitätsänderung.

Zusammengefasst: Die jährliche PKS der Polizeien ist kein exaktes, vollständiges Abbild der tatsächlichen Kriminalität, sondern eine mehr oder weniger genaue Annäherung an die Realität.

Überblick 2018 – Analysierte Straftaten

Seit 2017 ist die Fallzahl bei „Straftaten insgesamt“ rückläufig. So wurden im Berichtsjahr 2018 bundesweit insgesamt 5.555.520 Fälle registriert und damit ein Rückgang von -3,6 % verzeichnet.

Anstiege (mindestens +5,0 %) wurden erfasst bei:

  • Widerstand gegen und tätlicher Angriff auf die Staatsgewalt (+39,9 %)
  • Verbreitung pornografischer Schriften (+13,6 %)
  • Straftaten nach dem Arzneimittelgesetz (+8,3 %)
  • Rauschgiftdelikte insgesamt (+6,1 %)
  • Straftaten gegen das Waffengesetz (+5,5 %)

Rückgänge (mindestens -5,0 %) wurden erfasst bei:

  • Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschließlich mit Todesfolge (-18,2 %)
  • Wohnungseinbruchdiebstahl (-16,3 %)
  • ausländerrechtlichen Verstößen (-9,3 %)
  • Betrug insgesamt (-7,6 %)
  • Diebstahl insgesamt (-7,5 %)
  • Straßenkriminalität (-6,0 %)
  • Raubdelikten (-5,4 %)

Nahezu unverändert (zwischen -5,0 % und +5,0 %) blieben die Werte bei:

  • Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen (+3,9 %)
  • Straftaten auf dem Umwelt- und Verbraucherschutzsektor (+3,4 %)
  • Wettbewerbs-, Korruptions- und Amtsdelikte (+3,1 %)
  • Beleidigung (+1,8 %)
  • Computerkriminalität (+1,8 %)
  • gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weiblicher Genitalien (-0,2 %)
  • Straftaten gegen die persönliche Freiheit (-0,3 %)
  • Vorsätzliche einfache Körperverletzung (-1,2 %)
  • Gewaltkriminalität (-1,9 %)
  • Betrug bzw. Computerbetrug mittels rechtswidrig erlangter unbarer Zahlungsmittel
    (-2,9 %)

Beim Delikt „Widerstand gegen die Staatsgewalt“, beispielsweise gegen Polizeivollzugsbeamte und Vollstreckungsbeamte verzeichnet die PKS für 2018 sogar eine Zunahme um 39,9% auf 34.168 bekannte Fälle. Allerdings muss hierbei berücksichtigt werden, dass im Mai 2017 neue Straftatbestände geschaffen wurden und sich die Zahl deshalb mit der Zeit davor kaum vergleichen lässt.

Deutlich mehr Straftaten registrierten die Polizeien in verschiedenen Bereichen, zum Beispiel  bei der Verbreitung pornografischer Schriften, wo 13,6% mehr Fälle registriert wurden. Hierbei geht es hauptsächlich um Kinderpornografie. Deutlich mehr Straftaten wurden auch in der Rauschgiftkriminalität (+6,1%) und bei Straftaten gegen das Waffengesetz (+5,5 %) verzeichnet.

Fazit und Ausblick

Die Zahl der polizeilich erfassten Straftaten ist laut Polizeilicher Kriminalstatistik in Deutschland weiter rückläufig. Die Aufklärungsquote ist dagegen gestiegen. Trotz der weiter sinkenden Zahl von Straftaten sieht der Bundesinnenminister keinen Grund zur Entwarnung: „Die Zahlen sind erfreulich, aber es ist noch kein nachhaltiger Erfolg“, sagte Seehofer bei der Vorstellung der Polizeilichen Kriminalstatistik für das Jahr 2018.

Das Gefühl der Verunsicherung habe bei vielen Bürgern zugenommen, was sich ändern müsse. Dies könne „nur gelingen, wenn wir die personelle und sachliche Ausstattung der Sicherheitsbehörden weiter verbessern“, sagte der Bundesinnenminister. Weiter führte er aus, dass die personelle und sachliche Ausstattung der Polizei „unzureichend“ sei. Außerdem müssten die rechtlichen Grundlagen der Polizeiarbeit zum Teil verbessert werden, beispielsweise  um zu verhindern, dass Ermittlungen „aus falsch verstandenem Schutz der Daten“ behindert würden. Die Polizeiarbeit müsse modernisiert werden.

Verwendete/in den Text eingeflossene Quellen:

Bundesministerium des Innern (2019): Polizeiliche Kriminalstatistik 2018. Ausgewählte Zahlen im Überblick; 2.4.2019.

Frankfurter Allgemeine Zeitung (2019): Kriminalstatistik 2018: Seehofer sieht keinen Grund zur Entwarnung; 2.4.2019.

MDR Sachsen-Anhalt (2019): Fünf Fragen und Antworten Was die Kriminalstatistik aussagt – und was nicht; 2.4.2019.

ZDF (2019): Polizeiliche Kriminalstatistik – Zahl der Straftaten sinkt weiter; 2.4.2019.

 

Prof. Dr. Stefan Goertz

­Professor für Sicherheitspolitik, Schwerpunkt Extremismus- und Terrorismusforschung, Hochschule des Bundes, Fachbereich Bundespolizei, Lübeck

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