15.07.2015

Jetzt informieren und mitmachen!

Nachhaltige Stadtentwicklung: EU-Programm URBACT für Kommunen

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Nachhaltige Stadtentwicklung: EU-Programm URBACT für Kommunen

Im Förderprogramm URBACT arbeiten 8 bis 12 Partner aus ganz Europa in thematischen Netzwerken zusammen. | © Catherine CLAVERY - Fotolia
Im Förderprogramm URBACT arbeiten 8 bis 12 Partner aus ganz Europa in thematischen Netzwerken zusammen. | © Catherine CLAVERY - Fotolia

Für eine nachhaltige, integrierte Stadtentwicklung ist es entscheidend, die Belange und Interessen der betroffenen Anwohner, Institutionen und Unternehmen zu berücksichtigen und auszugleichen. Bei integrierten Quartierskonzepten hat es sich deshalb bewährt, alle Akteure von Beginn an in einer Gruppe zusammenzubringen und in die Erarbeitung der gemeinsamen städtischen Strategie einzubeziehen. Dies gilt für die unterschiedlichsten Themen, sei es die lokale Wirtschaftsförderung, der innerstädtische Klimaschutz oder eine altersgerechte Quartiersentwicklung. Vorhaben dieser Art erfordern eine umfangreiche und gut moderierte Vorbereitung. Nur so können unterschiedliche Interessenlagen und Spannungen in der späteren Umsetzungsphase minimiert werden. Genau hier setzt das EU-Förderprogramm URBACT an.

Die URBACT Methodik – partizipative Stadtentwicklungsprozesse fördern

URBACT richtet sich insbesondere an Städte und Kommunen und fördert die Vorbereitung und Umsetzung von partizipativen Stadtentwicklungsprozessen in unterschiedlichen Bereichen. Das Programm für nachhaltige Stadtentwicklung geht im Förderzeitraum 2014–2020 bereits in seine dritte Periode. Für die kommenden sieben Jahre hat es ein Budget von 96 Millionen Euro, davon werden 74 Millionen Euro im Rahmen der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) finanziert.

URBACT fördert nicht die Umsetzung von investiven Maßnahmen, wie etwa Infrastrukturmaßnahmen im Wohnumfeld, sondern setzt wesentlich früher an. Es unterstützt die Entwicklung, Anpassung und Optimierung integrierter Entwicklungsstrategien, die politische Willensbildung, Teilhabe-Prozesse sowie die Erstellung lokaler Aktionspläne. Es ist somit in erster Linie ein Programm, mit dessen Hilfe größere Investitionsvorhaben initiiert und vorbereitet werden können.


Ein grundlegendes Merkmal von URBACT besteht darin, von Anfang an die unterschiedlichsten Akteure in einer Stadt (Ressorts der Verwaltung, lokale Agenturen, Unternehmen, Forschungsinstitutionen, politische Entscheidungsträger, Zivilgesellschaft etc.) in einer lokalen Arbeitsgruppe zusammenzubringen und in den Lern- und Entwicklungsprozess einzubinden. Gemeinsam wird dann bis zum Ende der Projektlaufzeit ein integrierter lokaler Aktionsplan für die Stadt oder auf Stadtteilebene erarbeitet. Dies wird ergänzt durch einen intensiven Erfahrungsaustausch mit Städten aus anderen europäischen Ländern, die sich mit der gleichen Problemstellung beschäftigen. Das heißt, die EFRE-Mittel können nur im Netzwerk-Zusammenschluss beantragt werden. Für die gesamte Projektlaufzeit wird zudem jedem Städtenetzwerk ein Experte zur Verfügung gestellt, der einen inhaltlichen Input liefert und die Netzwerkpartner gleichzeitig bei der Aufstellung ihrer lokalen Aktionsgruppe und der Erstellung des Aktionsplanes berät und begleitet.

URBACT Logo

Breites Themenspektrum für URBACT Projekte

Inhaltlich stehen bei URBACT alle zehn thematischen Ziele offen, die in Artikel 9 der Allgemeinen Verordnung über die Strukturfonds erläutert sind. Der größte Teil der Projekte (ca. 70 Prozent) soll jedoch unter einem der folgenden prioritären Bereiche umgesetzt werden:

  • Forschung, technologische Entwicklung und Innovation: u. a. bedarfsgerechte Weiterentwicklung des Forschungs-standortes und Unterstützung von wissensbasierten Unternehmen
  • Umstellung auf eine CO?-arme Wirtschaft: u. a. Verringerung von CO?-Emissionen im Gebäude-, Verkehrs- und Industriebereich
  • Umweltschutz und Ressourceneffizienz: u. a. Entwicklung kompakter Siedlungsstrukturen, nachhaltige Nutzung der Ressource Boden, Mischnutzung von Siedlungsgebieten, Entwicklung grüner Infrastruktur
  • Soziale Integration und Armutsbekämpfung: u. a. sozial- integrative Maßnahmen in benachteiligten Stadtvierteln, Maßnahmen um Zugang zum Arbeitsmarkt, Gesundheitsdiensten und digitalen Anbindung zu ermöglichen
  • Beschäftigungsförderung und Arbeitskräftemobilität: u. a. Aktivierung der Arbeitskräftemobilität, Fortbildungsmaßnahmen, gemeinsame Kooperationen zwischen Schulen und Unternehmen.

Wie kann man bei URBACT mitmachen?

Das Programm richtet sich ausschließlich an Städte und Gemeinden, bzw. kommunale Entwicklungsagenturen, Forschungseinrichtungen sowie nationale oder regionale Institutionen für Städtebau. Die konkrete Zusammenarbeit der Städte erfolgt im Rahmen von thematischen Netzwerken, an denen jeweils maximal 8-12 Partner aus ganz Europa mitarbeiten. Dazu gibt es drei verschiedene Netzwerk-Typen:

  • Aktionsplanungs-Netzwerke: Lokale Aktionspläne /-strategien werden im Rahmen des Projektes mithilfe der lokalen Aktionsgruppe erstellt oder weiterentwickelt.
  • Transfer-Netzwerke: Im Mittelpunkt steht die Übertragbarkeit guter Praxisbeispiele im Bereich der nachhaltigen Stadtentwicklung. Die Städte tauschen sich aus und unterstützen sich gegenseitig bei der Umsetzung bzw. dem Transfer.
  • Umsetzungs-Netzwerke: Städte die bereits über lokale Aktionspläne verfügen, tauschen sich zu Schlüsselfaktoren einer erfolgreichen Umsetzung aus.

Die Mittelbeantragung erfolgt über spezifische Projektaufrufe („Calls”), die zentral vom URBACT-Sekretariat in Paris lanciert und abgewickelt werden. Der erste Call für die Aktionsplanungsnetzwerke der neuen Programmperiode endete am 16. Juni 2015. Doch auch zum jetzigen Zeitpunkt gibt es noch zahlreiche Möglichkeiten, sich an einem URBACT-Aktionsplanungs-Projekt zu beteiligen. Die Antragstellung erfolgt nämlich in einem zweistufigen Verfahren. Nach der Genehmigung der ersten Kurz-Bewerbung gibt es eine zweite, sechsmonatige Antragsphase, in der das Projekt fortentwickelt wird und in der weitere Städte zum Netzwerk hinzustoßen können. Für Transfer- und Umsetzungsnetzwerke erfolgt der Projektaufruf erst Anfang 2016. Es werden bis 2020 aber noch mindestens ein bis zwei weitere allgemeine Calls stattfinden.

Das Gesamtprojektbudget kann bis zu 750.000 Euro betragen, zusätzlich gibt es noch Geld für Expertise. Die Ko-Finanzierung erfolgt aus dem EFRE und liegt bei 70 Prozent für besser entwickelte Regionen sowie 85 Prozent für Übergangs- und weniger entwickelte Regionen. Das heißt, für jede Stadt stehen ca. 50.000 Euro an Fördermittel für die gesamte Projektlaufzeit zur Verfügung. Eine Stadt übernimmt jeweils als „leitender” Partner die Projektkoordination und erhält ein entsprechend höheres Budget.

Welchen Mehrwert bringt URBACT?

Aus der Programmperiode 2007 – 2013 gibt es zahlreiche erfolgreich abgeschlossene Projekte, von deren Ergebnissen die Städte auch heute noch profitieren. So hat beispielsweise die Stadt Leipzig einen städtischen Mikrofinanzfonds im Rahmen des URBACT-Projektes „FIN-URB-ACT” vorbereitet. Die Stadt Regensburg erarbeitete im Rahmen des Projektes „HeRO” nachhaltige Managementpläne für ihre historischen Welterbe-Stätten.

Die Verbesserung von Arbeitsstrukturen auf verschiedenen Verwaltungsebenen stand beim Projekt „RegGov” im Fokus, an dem die Stadt Duisburg mitwirkte. Dabei ging es vor allem um eine besser aufeinander abgestimmte Stadtteilarbeit in benachteiligten Quartieren.

URBACT ermöglicht das Ausprobieren neuer Ansätze für integrierte nachhaltige Stadtentwicklungsprojekte. Investive Maßnahmen können somit besser vorbereitet und Strategien durch Pilotmaßnahmen getestet werden. Durch den Ansatz der lokalen Arbeitsgruppen besteht die Möglichkeit, Netzwerke vor Ort zu gründen bzw. bestehende Vereinigungen zu festigen und zu institutionalisieren.

Gleichzeitig beteiligen sich die Städte an einem europaweiten Austausch mit anderen Netzwerkpartnern. Zudem erhalten sie fachlichen Input durch das URBACT-Programm und können ihre eigenen Projekte im Vergleich besser einschätzen.

Städte, die an einem URBACT-Projekt teilnehmen, lenken die Aufmerksamkeit auf ihre Kommune und die dort vorhandene Problemstellung. Auch die Einbindung in ein internationales, europäisches Projekt erhöht die Sichtbarkeit. Die Städte profitieren in der Regel auch noch Jahre nach Projektende von den erarbeiteten Ergebnissen, den neuen Kontakten und Erfahrungen.

Beim Deutschen Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. ist eine deutschsprachige Anlaufstelle eingerichtet, über die weitere Informationen zur Antragstellung und Methodik von URBACT bezogen werden können (Kontakt: Tel.: 0049 30 206 13 41 6992 oder 0032 2 550 1610; E-Mail: h.mages@deutscher-verband.org bzw. j.scholze@deutscher-verband.org).

Hinweis der Redaktion: Jonas Scholze leitet seit 2011 das EU-Büro des Deutschen Verbandes für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V. in Brüssel und beschäftigt sich hauptsächlich mit der Förderung einer nachhaltigen integrierten Stadtentwicklung durch die Europäischen Strukturfonds. Er vertritt u. a. den deutschsprachigen National Dissemination Point für das URBACT-Programm.

Jonas Scholze

Jonas Scholze

Deutscher Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung e.V., Berlin
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