20.05.2020

Islamischer Religionsunterricht

Hessen setzt Kooperation mit Ditib aus

Islamischer Religionsunterricht

Hessen setzt Kooperation mit Ditib aus

Die Mitwirkung der Ditib im Hessischen Islamunterricht ist zunächst ausgesetzt. | © michaeljung - stock.adobe.com
Die Mitwirkung der Ditib im Hessischen Islamunterricht ist zunächst ausgesetzt. | © michaeljung - stock.adobe.com

Im April 2020 beendete die hessische Landesregierung vorläufig die Zusammenarbeit mit dem türkischen Moscheeverband Ditib zum Erteilen des islamischen Religionsunterrichts an Schulen. Ursächlich waren die schon lange gehegten Zweifel an der grundsätzlichen Unabhängigkeit von der türkischen Regierung, die immer wieder für Kritik sorgten. Die Aussetzung der Zusammenarbeit bedeutet jedoch nicht, dass die Diskussion um den islamischen Religionsunterricht damit vorbei ist.

Die Mitwirkung der Ditib im hessischen Religionsunterricht

Die Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion e. V.; türkisch: Diyanet İşleri Türk İslam Birliği) ist die größte sunnitische Religionsorganisation in Deutschland. Sie ist dem türkischen Präsidium für Religionsangelegenheiten der Diyanet und dies ist wiederum dem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan unterstellt. Im Jahr 2013 hat das Land Hessen den Islamunterricht an Schulen eingeführt und als Partner zur Durchführung sowohl die Ditib, als auch die Religionsgemeinde der Ahamdiyya (ebenfalls sunnitisch geprägt, ihre Anhänger werden von Sunniten jedoch großflächig als Sektierer betrachtet) ausgewählt.

Die Medien titelten, dass Hessen die Zusammenarbeit mit der Ditib beendet habe. Ganz so endgültig äußert sich die Landesregierung nicht, sondern spricht von einem Aussetzen der Zusammenarbeit und dass der bekenntnisorientierte islamische Religionsunterricht von Ditib ab dem neuen Schuljahr 2020/2021 bis auf Weiteres nicht mehr erteilt wird. Betroffen sind von dieser Entscheidung alle bisherigen 56 Standorte in der Grundschule sowie zwölf weiterführende Schulen, in denen in der 5. und 6. Jahrgangsstufe der bekenntnisorientierte Islamunterricht erteilt wurde.


Ganz überraschend kam dieser Schritt nicht, denn Bedenken an dem Engagement gab es schon länger. Nach dem Putschversuch im Sommer 2016 mehrten sich die Vorwürfe, dass sich die Ditib immer stärker als verlängerter Arm des türkischen Präsidenten Erdogan erweise. Die finanzielle Abhängigkeit von Ankara, aber auch die aus der Türkei gesteuerte Personalpolitik und die mit der türkischen Regierung propagierten Ziele des konservativen Religionsverbandes sorgten für einen Anstieg des Unmutes in Deutschland. Vertreter der Ditib nahmen sich daraufhin keineswegs zurück, vielmehr versuchten sie, die türkische Doktrin durchzusetzen und unter anderem auch in die Islamkonferenz zu tragen.

Die politische Landschaft in Deutschland zeigt sich nicht einig darüber, wie mit dieser Einflussnahme umgegangen werden kann. Hessen ist allerdings nicht das erste Bundesland, das die Zusammenarbeit mit der Ditib beim islamischen Unterricht auf den Prüfstand stellt: Auch Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz befassen kritisch sich mit diesem Thema. Unterdessen scheint die Stellung des Verbandes in den konfessorischen Beiräten der Zentren für islamische Theologie noch intakt: In den Universitäten Münster, Tübingen und Osnabrück sind weiterhin drei beziehungsweise zwei Ditib-Vertreter in den Entscheidungsgremien für Berufungen und Studiengänge mitwirkend.

Ausblick

Die Mitwirkung der Ditib im Hessischen Islamunterricht ist zunächst ausgesetzt, die Diskussionen werden weitergehen. Ab dem nächsten Schuljahr 2020/2021 soll der bekenntnisorientierte muslimische Religionsunterricht nur noch mit der Religionsgemeinde der Ahmadiyya erteilt werden. Auch dieser Partner wird nicht ausschließlich unkritisch in Hinblick auf seine mitunter sehr strikten Regeln für die Anhänger und sein patriarchales Familienbild gesehen. Das Land Hessen könnte also noch einen Schritt weitergehen und die die Frage diskutieren, ob es wirklich eines bekenntnisorientierten Islamunterrichtes bedarf, in dem die reine Glaubensvermittlung federführend durch eine Glaubensgemeinschaft betrieben wird, oder ob das Land sich alleinig auf ein Unterrichtsangebot zur Vermittlung von Wissen über den Islam beschränken sollte.

 

Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl

Professorin an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) Nordrhein Westfalen
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