24.03.2025

Haltungs- und Betreuungsverbot für Hunde

Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt

Haltungs- und Betreuungsverbot für Hunde

Beschluss des Oberverwaltungsgerichts des Landes Sachsen-Anhalt

Von einer negativen Zukunftsprognose kann nicht ausgegangen werden, wenn ein „nachhaltiger Reifeprozess“ des betroffenen Tierhalters erkennbar sei.  | © DoraZett – stock.adobe.com
Von einer negativen Zukunftsprognose kann nicht ausgegangen werden, wenn ein „nachhaltiger Reifeprozess“ des betroffenen Tierhalters erkennbar sei. | © DoraZett – stock.adobe.com

Mit ihrer Beschwerde beim Oberverwaltungsgereicht des Landes Sachsen-Anhalt (OVG) verfolgte eine Hundehalterin unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Magdeburg (VG) zum einen ihr sinngemäßes Rechtschutzziel weiter, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die sofort vollziehbaren Anordnungen in den Ziffern 1 (Haltungs- und Betreuungsverbot für Hunde) und 3 (Duldung der Veräußerung in Form des freihändigen Verkaufs der unter Ziffer 2 fortgenommenen Hunde) des Bescheides der Tierschutzbehörde vom 20.09.2023, soweit der Hund „S.“ betroffen ist, wiederherzustellen und der Tierschutzbehörde im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den am 15.11.2023 fortgenommenen Hund „S.“ an sie zurückzugeben. Zum anderen ergänzte sie nach der zwischen den Instanzen erfolgten Veräußerung des Hundes durch die Tierschutzbehörde am 11.06.2024 ihr Rechtsschutzbegehren um die Anträge, festzustellen, dass die von der Tierschutzbehörde durchgeführte Veräußerung des Hundes „S.“ rechtswidrig war, und die Tierschutzbehörde zu verpflichten, die Veräußerung rückgängig zu machen.

„VG habe zu Unrecht festgestellt, dass bei der Hundehalterin die erforderliche Einsicht und Änderung nicht vorliege“

Die Beschwerde machte im Hinblick auf das verfügte Haltungs- und Betreuungsverbot für Hunde geltend, das VG habe zu Unrecht festgestellt, dass bei der Hundehalterin die erforderliche Einsicht und Änderung nicht vorliege, und die negative Prognose im Hinblick auf eine weitere Hundehaltung der Hundehalterin bestätigt. Das VG räume selbst ein, dass von einer negativen Zukunftsprognose dann nicht auszugehen sei, wenn ein „nachhaltiger Reifeprozess“ des betroffenen Tierhalters erkennbar sei. Ob dies bei der Hundehalterin der Fall sei, prüfe es jedoch nicht, obgleich diese im Laufe des Verfahrens glaubhaft und nachvollziehbar einen Einstellungswandel und einen inneren Lernprozess durchlaufen habe. Sie habe dargelegt und glaubhaft gemacht, wie und warum sich in der Zukunft ihre Einstellung und ihre Hundehaltung zu Gunsten des Tierwohls ändern werde. Denn in ihrem Leben habe sich eine Zäsur ereignet. Sie habe ihr Leben wieder im Griff, gehe einer geordneten Arbeit nach, habe einen geregelten Tagesablauf und lebe an der Seite ihrer Eltern in einem stabilen Lebenskonstrukt.

„…sie habe die Vorfälle weder bagatellisiert noch verharmlost, sondern die volle Verantwortung für ihr Handeln übernommen“

Sie habe die Vorfälle weder bagatellisiert noch verharmlost, sondern die volle Verantwortung für ihr Handeln übernommen, auch wenn sie auf die toxische Beziehung zu Herrn K. verweise. Dies erkläre lediglich den Grund für die Geschehnisse und berühre ihre Einsichtsfähigkeit und -willigkeit nicht. Dies spreche gegen die Annahme, dass sie weiterhin gegen das Tierschutzrecht verstoßen werde und nur ein umfassendes Haltungs- und Betreuungsverbot Abhilfe schaffen könne. Das VG hat nach den Feststellungen des OVG zu Recht den Antrag der Hundehalterin, die aufschiebende Wirkung ihres Widerspruchs gegen die sofort vollziehbaren Anordnungen in der Ziffer 1, soweit der Hund „S.“ betroffen ist, abgelehnt. Das auch den Hund S. umfassende Haltungs- und Betreuungsverbot für Hunde wird sich aller Voraussicht nach als rechtmäßig erweisen. Die von der Beschwerde gegen die Bewertung des VG vorgetragenen Erwägungen rechtfertigen eine Abänderung des Beschlusses jedenfalls nicht. In der Vergangenheit wurden zahlreiche und/oder schwerwiegende Tierhaltungsverstöße begangen, wobei ein unter Druck des laufenden Verfahrens beabsichtigtes oder an den Tag gelegtes Wohlverhalten grundsätzlich nicht geeignet ist, die Gefahrenprognose zu erschüttern.


Für einen nachhaltigen Reifeprozess ist hier jedoch nichts zu erkennen

Gegenteiliges ist allenfalls dann anzunehmen, wenn ein nachhaltiger Reifeprozess erkennbar ist. Für einen nachhaltigen Reifeprozess ist hier jedoch nichts zu erkennen. Die von der Hundehalterin behauptete Zäsur geht ausweislich deren eidesstattlicher Versicherung auf den Zeitraum Ende 2022/Frühjahr 2023 und damit auf einen Zeit-punkt zurück, in dem der Verursachungsbeitrag der Hundehalterin noch fortgesetzt und zwar bis zum Zeitpunkt der Durchsuchungsmaßnahme und Fortnahme der Tiere am 15.11.2023 andauerte. Obgleich die Hundehalterin vorgibt, ab Ende 2022/Frühjahr 2023 wieder in einem stabilen Lebenskonstrukt an der Seite ihrer Eltern gelebt zu haben und einer geregelten Tätigkeit nachgegangen zu sein, war sie weiterhin Halterin aller am 15.11.2023 fortgenommenen 26 Hunde und hat die zahlreichen und schwerwiegenden Tierhaltungsverstöße mitverantwortet. Sie hat trotz der veränderten Lebensumstände die mitgetragenen Haltungsbedingungen nicht als problematisch angesehen, sondern im Rahmen ihrer Anhörung angegeben, sich der Tierschutzwidrigkeit der Hundehaltung „nicht so bewusst gewesen“ zu sein. Das Bemühen der Hundehalterin, ihre Einsichtigkeit und ihren Willen zur Veränderung zu beweisen, indem sie ihre Bereitschaft zum Erwerb der Sachkunde angezeigt und einen Termin zur Absolvierung des Hundesachkundelehrgangs erhalten habe, rechtfertigt keine abweichende Bewertung.

Jetziges Verhalten der Hundehalterin ist auch auf den Druck des laufenden Verfahrens zurückzuführen

Dieses Verhalten ist jedenfalls auch auf den Druck des laufenden Verfahrens zurückzuführen, was grundsätzlich nicht geeignet ist, die Gefahrenprognose zu erschüttern. Für eine etwaige Ausnahme aufgrund eines nachhaltigen, d.h. eines lange nachwirkenden Reifeprozesses, ist nichts erkennbar. Von einem Reifeprozess kann angesichts der Kürze des Zeitablaufs seit den zuletzt festgestellten Tierhaltungsverstößen bei der Fortnahme der Hunde am 15.11.2023 ebenfalls nicht ausgegangen werden, zumal die Hundehalterin bislang keinen Sachkundenachweis i.S.d. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TierSchG erbracht hat. Das VG hat in seiner Entscheidung umfangreich ausgeführt, dass die Tierschutzbehörde ihr Auswahlermessen voraussichtlich rechtsfehlerfrei ausgeübt habe. Hierbei hat es u.a. darauf abgestellt, dass das Interesse am Tierschutz das Interesse der Hundehalterin an einer Fortsetzung der Hundehaltung und -betreuung überwiege.

Es ist von einer erheblichen Dauer gravierender Haltungsverstöße auszugehen

Nach den amtstierärztlichen Feststellungen deuteten die fehlende Leinenführigkeit der Tiere, die fehlende Stubenreinheit, und die herabgesetzte Reaktion auf Umweltreize darauf hin, dass die Tiere über einen längeren Zeitraum ohne das erforderliche Tageslicht oder den erforderlichen Auslauf in den viel zu kleinen Transportboxen und Zwingern gehalten worden seien. Es sei von einer erheblichen Dauer gravierender Haltungs-verstöße auszugehen. Diese Haltungsverstöße würden schwerer als der Freiheitseingriff wiegen, den die Hundehalterin erleide. Soweit sich die Beschwerde gegen die Ablehnung des Antrags, der Tierschutzbehörde m Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, den Hund „S.“ an sie zurückzugeben, wendet, ist ihr, ungeachtet des Umstands, dass der Hund bereits zwischen den Instanzen veräußert wurde, deshalb der Erfolg versagt, da das nach summarischer Prüfung aller Voraussicht nach rechtmäßige sofort vollziehbare Haltungs- und Betreuungsverbot für Hunde einer Herausgabe entgegensteht. Nach alledem konnte die Beschwerde keinen Erfolg haben.

Entnommen aus der Kommunalverwaltung Sachsen-Anhalt Heft 11/12 2024.

 

Andreas Raab

Oberbürgermeister a. D., Dinkelsbühl
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