06.04.2021

Haftungsrisiken bei Organen in Unternehmen in der öffentlichen Hand

Möglichkeiten zur Haftungsvermeidung und Versicherbarkeit

Haftungsrisiken bei Organen in Unternehmen in der öffentlichen Hand

Möglichkeiten zur Haftungsvermeidung und Versicherbarkeit

Durch den allgemeinen Sorgfaltsmaßstab trägt der Geschäftsleiter für sehr vieles die Verantwortung, was die Gesellschaft angeht. ©magele-picture - stock.adobe.com
Durch den allgemeinen Sorgfaltsmaßstab trägt der Geschäftsleiter für sehr vieles die Verantwortung, was die Gesellschaft angeht. ©magele-picture - stock.adobe.com

Die mit der Tätigkeit von Geschäftsleitern von Unternehmen in der Privatwirtschaft verbundenen persönlichen Haftungsrisiken sind mittlerweile den meisten beteiligten Akteuren bekannt. Bei Unternehmen der öffentlichen Hand hingegen ist dieses Bewusstsein noch deutlich weniger verbreitet. Dabei unterscheiden sich die Regeln bei solchen Unternehmen wenig von denen in privater Hand. Inanspruchnahmen im öffentlichen Bereich nehmen zu, darunter sind auch Fälle von erheblichem wirtschaftlichem Ausmaß. Dieser Beitrag stellt die wesentlichen Haftungsverhältnisse sowie die Möglichkeiten zur Haftungsvermeidung und zur Versicherbarkeit dieses Risikos dar. Eine Einschätzung des Risikos im Vergleich zu anderen öffentlichen Unternehmen erhalten Sie über unseren selbst entwickelten Risikoscore für die Haftung der Geschäftsleitung: www.ku-risikoermittlung.de.

I. Geschäftsleitung

Der Geschäftsleiter hat gegenüber „seinem“ Unternehmen die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes anzuwenden. Durch diesen allgemeinen Sorgfaltsmaßstab trägt der Geschäftsleiter für sehr vieles die Verantwortung, was die Gesellschaft angeht. Im Bereich von Unternehmen in der öffentlichen Hand sind in den letzten Jahren einige Themen besonders relevant geworden.

Der satzungsmäßig bestimmte Unternehmensgegenstand ist nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die äußerste Grenze des Geschäftsleiterhandelns. Er steckt ab, in welchem Bereich die Gesellschaft tätig sein darf. Es ist immer wieder zu beobachten, dass dies überschritten wird. Ein Nahverkehrsunternehmen etwa darf nicht automatisch Daten verarbeiten, um damit weitere Produkte anzubieten, auch wenn das sehr nah an der ursprünglichen Dienstleistung des Unternehmens liegt. Will ein Geschäftsleiter den Geschäftsbereich ausweiten, sollte er auf eine Satzungsänderung hinwirken. In Zweifelsfällen sollte im Vorfeld sowohl die Zustimmung des Beirats/Aufsichtsrats als auch der Gesellschafterversammlung eingeholt werden.


Der Geschäftsleiter hat auch die so genannte Compliance-Verantwortung. Er muss dafür sorgen, dass das Unternehmen alles an das Unternehmen gerichtete Recht einhält und Rechtsverstöße somit vermieden werden. Dazu muss er ab einer bestimmten Unternehmensgröße und Komplexität ein Früherkennungssystem einrichten. Bedeutsame Rechtsgebiete sind Kartellrecht, Anti-Korruptionsrecht sowie der Datenschutz. Im Übrigen gewinnt das Thema Cyberrisiken immens an Bedeutung.

II. Überwachungsorgane

Die Mitglieder eines Beirats oder Aufsichtsrats haben meist umfassende Überwachungs- und Verschwiegenheitspflichten.

Aus der Überwachungspflicht folgt eine grundsätzliche Verfolgungspflicht. Um nicht selbst privat zu haften, muss der Aufsichtsrat eines Unternehmens der öffentlichen Hand grundsätzlich gegen die Geschäftsleitung vorgehen, wenn der Gesellschaft durch deren Pflichtverletzung ein Schaden entstanden ist.

Die Verschwiegenheitspflicht ist oft gänzlich unbekannt. Das könnte daran liegen, dass Beirats- und Aufsichtsratsmitglieder gleichzeitig Mitglied eines Gemeinderates oder Kreistages sind. Sie stufen dann die Funktion als Beirat oder Aufsichtsrat auch nur als ehrenamtliche Tätigkeit ohne entsprechende Haftung ein. Problematisch ist es außerdem, die beiden Pflichtenkreise nicht zu trennen. Dabei gilt hier: Die gesellschaftsrechtlichen Pflichten eines Beirats / Aufsichtsrats bestehen ausschließlich gegenüber der Gesellschaft. Deren Geschäftsgeheimnisse dürfen in der (öffentlichen) Gemeinderatssitzung grundsätzlich nicht thematisiert werden. Die Satzung und sonstiges Recht sind genau zu prüfen und einzuhalten.

III. Rückgriff

Organmitglieder, die aufgrund eines Beamten- oder diesem haftungsrechtlich gleichgestellten Verhältnisses entsendet werden, können sich nicht in jedem Fall auf die Freistellung nach Art. 34 GG, § 839 BGB berufen. Ab grober Fahrlässigkeit und erst recht bei Vorsatz kann bei ihnen Rückgriff genommen werden.

IV. D&O-Versicherung als Rettungsanker?

Auch wenn viele Haftungsfälle unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt werden, so tragen die wenigen öffentlich bekannten Haftungsfälle immer weiter zu einer Sensibilisierung bei. Dadurch nimmt die Beratung zu speziellen Versicherungskonzepten für dieses Risiko eine immer größere Bedeutung in der Beratungspraxis ein. Den Eckpfeiler – die D&O-Versicherung – stellen wir Ihnen im Folgenden vor.

V. Leistungsversprechen der D&O-Versicherung

Im Kern sichert eine D&O-Versicherung gegen eine Inanspruchnahme der Organe für eine vermeintliche Pflichtverletzung ab – sei es durch das Unternehmen selbst oder durch Dritte. Neben der „Freistellung“ von der Begleichung des Schadens nimmt die „passive Rechtsschutzfunktion“ eine bedeutende Funktion in Schadenfällen ein. Spezialmakler stehen den Betroffenen sehr früh im Prozess kompetent zur Seite. Da Fragen im Schadenfall, etwa ob leichte oder grobe Fahrlässigkeit vorliegt oder ob die Pflichtverletzung für den Schaden verantwortlich ist, in der Regel komplex und individuell zu beantworten sind, kann sich die Klärung der Haftungsfrage häufig über Jahre hinziehen. Neben einer erheblichen Kostenbelastung für Anwalts- und Verfahrenskosten ist mit Blick auf die weitere berufliche Laufbahn der versicherten Organe eine erfolgreiche Abwehr des Sachverhalts von hohem Interesser der Betroffenen. Ein Aspekt, dem Freistellungen der Kommunen/Länder in Arbeitsverträgen naturgemäß kaum Rechnung tragen.

Neben dem Schutz des Privatvermögens der Organe ist der Vermögenserhalt für die Gesellschafter ein wichtiger Mehrwert („Bilanzschutzfunktion“). Denn dem Grunde nach bestehende Ansprüche sind wertlos, wenn diese mangels Masse im Privatvermögen nicht vollstreckt werden können. Zwar besteht teilweise Versicherungsschutz über Eigenschadenkonzepte, jedoch sind die hier versicherbaren Summen der Höhe nach limitiert, sodass der D&O-Versicherungsmarkt auch für die öffentliche Hand einen wertvollen Risikotransfer darstellen kann, um Großrisiken abzusichern.

Worauf sollten Sie achten?

Bei Unternehmen der öffentlichen Hand sind aufgrund der Gesellschafterstruktur neben grundsätzlichen Faktoren wie ein leistungsstarkes Bedingungswerk, lange Nachmeldefristen oder stark eingeschränkte Leistungsausschlüsse zugunsten des Versicherers besondere Faktoren im D&O-Konzept zu berücksichtigen. Das Bedingungswerk sollte auch die Regressmöglichkeit der öffentlichen Hand berücksichtigen. Nach unserer Erfahrung werden solche kritischen Besonderheiten bei über 90% der uns zur Prüfung vorgelegten D&O-Konzepte bei Unternehmen der öffentlichen Hand nicht beachtet. In diesen Fällen basiert der Versicherungsschutz ausschließlich auf Bedingungswerken, die mit Fokus auf die Privatwirtschaft formuliert wurden und entsprechende Konsequenzen im Schadenfall mit sich bringen.

Auch sollte die Beratung zu besonderen D&O-Absicherungskonzepten für Beiräte/Aufsichtsräte und möglichen Selbstbehalten der Organe, sofern sich das Unternehmen dem Public Corporate Governance Kodex unterworfen hat, genutzt werden, um im Schadenfall ein stimmiges und funktionierendes D&O-Versicherungskonzept vorzuhalten.

 
 
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