23.04.2021

Artenvielfalt im neuen Licht

Bund will Insekten besser schützen und fördert LED-Außenbeleuchtung

Artenvielfalt im neuen Licht

Bund will Insekten besser schützen und fördert LED-Außenbeleuchtung

Nachhaltige Beleuchtungslösungen für Mensch und Umwelt sind auch politisch gewünscht. Zahlreiche Förderprogramme erleichtern Kommunen und Unternehmen die Finanzierung bei einem Neubau- oder Sanierungsprojekt. © licht.de/Trilux
Nachhaltige Beleuchtungslösungen für Mensch und Umwelt sind auch politisch gewünscht. Zahlreiche Förderprogramme erleichtern Kommunen und Unternehmen die Finanzierung bei einem Neubau- oder Sanierungsprojekt. © licht.de/Trilux

Insekten bestäuben Pflanzen, reinigen Gewässer und sind ein wichtiger Teil der Nahrungskette. Eine Welt ohne sie hätte drastische ökologische und ökonomische Folgen: Allein für die maschinelle Bestäubung von Nutzpflanzen müsste die Menschheit Unsummen aufbringen. Das Insektensterben zu stoppen, ist in unser aller Interesse. Mit den geplanten Änderungen zum Bundesnaturschutzgesetz sollen Regelungen zum Schutz von Insekten aufgenommen werden, unter anderem mit dem Ziel, Lichtimmissionen zu reduzieren. Es sieht vor:

  • in Naturschutzgebieten und Nationalparks die Neuerrichtung bestimmter Beleuchtungen zu verbieten,
  • den Einsatz von Himmelsstrahlern (Skybeamern) zu reduzieren und
  • bei speziellen Beleuchtungen Grenzwerte für Lichtemissionen festzulegen.

Außenleuchten locken Insekten an – viele von ihnen verenden daraufhin. Künstliches Licht stört zudem den Lebensrhythmus nachtaktiver Arten – etwa bei Nahrungssuche und Fortpflanzung. Lichtimmissionen sind aber nur eine von vielen Ursachen des Insektensterbens. Problematisch sind auch der Verlust ihrer Lebensräume und der Strukturvielfalt der Landschaft, die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln sowie Schadstoffe in Böden und Gewässern.

Besser um- statt abschalten

Um die Klimaziele zu erreichen, soll die Außenbeleuchtung heute möglichst energieeffizient sein. Sie soll auch zum Arten- und Umweltschutz beitragen und dabei finanzierbar sein. Dafür nutzt moderne Lichttechnologie die Möglichkeiten der Digitalisierung. Denn das Licht einfach nur abzuschalten, ist keine Lösung, weil Menschen es nachts zur Orientierung und Verkehrssicherheit brauchen.


Adaptive Straßenbeleuchtung schaltet um: Das Licht wird gedimmt oder gelöscht, wenn es nicht gebraucht wird. Das steuern intelligente Lichtmanagementsysteme mithilfe von Sensoren und Software entsprechend der Tages- und Nachtzeit. Bewegungssensoren erfassen zudem Passanten, Radfahrer oder Fahrzeuge. Das Licht wird hochgefahren, wenn sich ein Verkehrsteilnehmer nähert, und anschließend wieder auf ein Minimum gedimmt – es „läuft“ mit.

Moderne Leuchten

Straßenbeleuchtung macht durchschnittlich ein Drittel des Stromverbrauchs einer Stadt oder Gemeinde aus. Lichtmanagement und energieeffiziente LED-Beleuchtung senken Energieverbrauch und Kosten: Durch Umrüstung mit geregelten LED-Leuchten können gegenüber einer Altanlage bis zu 80 Prozent Strom gespart werden. Eine hohe Lebensdauer und der niedrige Wartungsaufwand verbessern ebenfalls ihre Bilanz, sodass sich die Investition schon bald amortisiert.

LED-Leuchten lenken ihr Licht präzise dorthin, wo es hell sein muss, ohne dass Licht nach oben abstrahlt. Das erreichen ihre Bauart und Linsen mit unterschiedlichem Strahlungswinkel. Zusätzlich können rückseitige Abschirmreflektoren dafür sorgen, dass das Licht nach vorn und somit zum größten Teil nur auf die zu beleuchtende Fläche strahlt. 50 Prozent des rückwärtigen Lichtanteils lassen sich auf diese Weise bereits mit geringem Aufwand reduzieren.

Lichtspektrum beachten

LEDs emittieren auch keine UV-Strahlung und locken dadurch weniger Insekten an als herkömmliche Beleuchtung. Hersteller bieten ihre Leuchten beispielsweise in der Sonderlichtfarbe Amber an. Das bernsteinfarbene gelbe Licht hat eine Farbtemperatur von 1.800 Kelvin und emittiert ausschließlich im Bereich zwischen 500 und 700 Nanometer. Möglicherweise haben amberfarbene LEDs eine noch deutlich niedrigere Anlockwirkung auf Insekten. Wissenschaftliche Studien müssen diese Erwartung indes noch bestätigen.

Das als warm und behaglich empfundene Licht ist auch bei der Beleuchtung touristischer Orte oder von Parkanlagen beliebt. In Hafengebieten verbessert es sogar die Sicht wegen der geringeren Lichtstreuung. In verkehrsarmen Bereichen kann es zur Sicherheit beitragen und an Fußgängerüberwegen mit der farblichen Abhebung Aufmerksamkeit wecken.

Straßenbeleuchtung nur zum Teil für Lichtimmissionen verantwortlich

Eine Untersuchung in Tucson belegt: Nur etwa 20 Prozent des Lichts auf den Satellitenbildern der US-amerikanischen Stadt kommen von Straßenleuchten. Weil Straßenbeleuchtung nur für einen Teil der Lichtimmissionen verantwortlich ist, gehört auch die Außenbeleuchtung von Gebäuden, Werksgeländen und Sportplätzen auf den Prüfstand. Laut Naturschutzbund haben künstliche Lichtquellen an Siedlungsrändern, Stadtparks und außerhalb von Ortschaften – etwa in Gewerbegebieten oder an Schlossruinen – eine hohe Anziehungskraft auf Insekten. Gerade bei freistehenden Bauwerken, die weit sichtbar in den Abendhimmel ragen, gilt es, hohe Kontraste zwischen hell und dunkel zu vermeiden. Probebeleuchtungen vor Ort sind sinnvoll an Objekten, die sich von der Umgebung abheben sollen.

Gute Planung ist das A und O

Professionelle Lichtplanung ist die Grundlage für gute Beleuchtung. Sie baut auf der Analyse auf, welches Licht wo, wann und in welchem Maß gebraucht wird. Eine durchdachte Planung vermeidet unerwünschte Wirkungen wie Streulicht an Gebäuden oder Lichtimmissionen. Lichtplanende beachten auch den Kontrast zur Umgebung, die Lichtpunkthöhe und den Abstrahlwinkel der Leuchte, der die sichtbare leuchtende Fläche bestimmt. Sie wählen dann geeignete Leuchten, die richtige Lichtverteilung, Lichtfarbe und Spektrum. Zudem definieren die Experten die Anlagengeometrie und entscheiden über Beleuchtungsniveau sowie Lichtsteuerung.

Planungen neuer Lichtanlagen oder von Sanierungsprojekten sollten die „Richtlinie zur Messung und Beurteilung von Lichtimmissionen“ (Licht-Richtlinie) und die Empfehlungen der Deutschen Lichttechnischen Gesellschaft einbeziehen. Eine Ermächtigungsverordnung zum Insektenschutzgesetz liegt noch nicht vor. Auch anerkannte Regeln der Technik fehlen bislang. In der Praxis folgen daher einige Bundesländer wie etwa Baden-Württemberg den in Bayern bereits gültigen Handlungsempfehlungen.

Bund fördert Straßenbeleuchtung

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit (BMU) unterstützt im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) bis 2022 Kommunen und kommunale Akteure, auf energieeffiziente LED-Beleuchtung mit Steuer- und Regelungstechnik umzusteigen. Die adaptive Straßenbeleuchtung etwa wird bis Jahresende mit Zuschüssen bis 35 Prozent und für finanzschwache Kommunen sogar bis zu 40 Prozent gefördert.

Neben der Finanzierbarkeit ist die Zukunftsfähigkeit der Beleuchtungsanlage ein wichtiger Punkt für kommunale Entscheider. Denn die durchschnittliche Standzeit einer Straßenleuchte liegt bei 30 Jahren. Modular aufgebaute und erweiterungsfähige Anlagen sind daher in vielen Fällen die richtige Wahl.

In ihrem neuen Heft licht.forum 58 „Nachhaltigkeit und Ökologie in der Außenbeleuchtung“ erklärt die Brancheninitiative licht.de kompakt auf zwölf Seiten, wie Lichtimmissionen reduziert und Insekten geschont werden. Sie gibt kommunalen Entscheidern einen aktuellen Überblick und zeigt mit Best-Practice-Beispielen Chancen für eine nachhaltige und umweltgerechte Beleuchtung auf. Freier Download auf www.licht.de

 

Dr. Jürgen Waldorf

Geschäftsführung licht.de – eine Brancheninitiative des ZVEI – Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie e.V. Frankfurt am Main
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