Erfolgsfaktor Digitales Wissensmanagement
Mitarbeiterwechsel in der öffentlichen Verwaltung aktiv begleiten
Erfolgsfaktor Digitales Wissensmanagement
Mitarbeiterwechsel in der öffentlichen Verwaltung aktiv begleiten

Die Generation der sogenannten „Babyboomer“ ist dabei, sich bis Ende dieses Jahrzehntes vollständig in den Ruhestand zu verabschieden. Damit einher geht für die öffentliche Verwaltung nicht selten auch der Verlust vieler wertvoller Erfahrungen sowie von Wissen, sofern nicht aktiv gegengesteuert wird. Aber auch bei Mitarbeiterwechseln zwischen Verwaltungseinheiten oder hin in die freie Wirtschaft gilt es, das vorhandene Wissen für die jeweilige Organisation zu sichern. Eine Maßnahme, um den Verlust dieser Erfahrungen und des nicht selten über Jahrzehnte angesammelten Wissens zu vermeiden, ist ein effizientes digitales Wissensmanagement.
Fachkräftemangel verschärft sich bis 2030
Bereits heute ist in der öffentlichen Verwaltung ein starker Fachkräftemangel zu spüren. Dieser Trend dürfte sich in absehbarer Zukunft eher noch verschärfen: Das Ende dieses Jahrzehnts markiert auch den Zeitpunkt, an dem die geburtenstarken Jahrgänge sich in Deutschland in den Ruhestand verabschiedet haben werden. Diese sowie weitere Entwicklungen erzeugen Handlungsbedarf. Gemäß einer Studie aus dem Jahr 2022 von PricewaterhouseCoopers (PWC) und deren globaler Strategieberatung „Strategy&“ zum Fachkräftemangel im Öffentlichen Sektor in Deutschland wird die Fachkräftelücke – also die Differenz zwischen benötigten und vorhandenen Fachkräften – bis zum Jahr 2030 im Öffentlichen Sektor auf 1,07 Millionen Mitarbeiter ansteigen.
Wissensverluste der Verwaltung verhindern
Ist die Entwicklung bezüglich der zur Verfügung stehenden Fachkräfte in der öffentlichen Verwaltung schon angespannt genug, so kann sich diese zusätzlich noch dadurch erheblich verschärfen, dass mit den Austritten von Mitarbeitern aus der Verwaltung – sei es durch Eintritt in den Ruhestand oder Stellenwechsel in eine andere Verwaltungseinheit oder die freie Wirtschaft – auch wertvolle Erfahrungen und Wissen verloren gehen. Um zumindest das Wissen dieser Mitarbeiter weiterhin in der Organisation zu halten, benötigt es ein effizientes (digitales) Wissensmanagement. Es gilt, sogenanntes „implizites“ Wissen Einzelner durch geeignete Maßnahmen und Prozesse in „explizites“ Wissen für die gesamte jeweilige Verwaltung umzuwandeln. Und damit das Wissen der ausscheidenden Mitarbeiter zu halten.
Maßnahmen im Bereich Wissensmanagement
Um dieses Ziel zu erreichen, sind mehrere Maßnahmen denkbar, notwendig und zielführend. Dazu gehören sowohl Maßnahmen, die zunächst eine grundlegende Übersicht über den in einer Verwaltung vorhandenen Wissensstand betreffen, als auch Maßnahmen, welche eine laufende Dokumentation von neu erworbenem Wissen betreffen sowie Maßnahmen, die nach Feststehen des Wechsels eines Mitarbeiters oder einer Mitarbeiterin anstehen. Solche potenziellen Maßnahmen werden im Folgenden dargestellt.
- Bestehende Erfahrungen, Wissen und Kompetenzen erfassen
Oftmals haben Organisationen – Verwaltungen sind da keine Ausnahme – keine strukturierte Übersicht darüber, welche Erfahrungen, welches Wissen und welche Kompetenzen bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorhanden sind. Diese gilt es unter Beachtung von Datenschutzaspekten sowie Vereinbarungen mit den Mitarbeiter-/ Personalvertretungen zunächst einmal elektronisch zu erfassen und zentral verfügbar zu machen. Neben dem Stand bei Eintritt in die jeweilige Verwaltung ist es wichtig, diesen Stand dann auch kontinuierlich weiter fortzuschreiben, um jeweils über eine aktuelle Übersicht zu verfügen. Denkbar ist hier beispielsweise, neu erworbene Erfahrungen, Wissen und Kompetenzen im Rahmen von Fortbildungen, der Mitwirkung an Projekten, und vielem mehr, zu erfassen. Eine aktuelle und umfassende Übersicht kann dabei helfen, durch Wechsel entstehende Wissenslücken frühzeitig zu identifizieren und durch adäquate Maßnahmen auszugleichen. Und zugleich auch aufzuzeigen, welches Wissen in Zukunft benötigt wird und in welchen Bereichen für diese Verwaltung Handlungsbedarf resultiert.
- Leistungsanreize für kontinuierlichen Wissens-Transfer etablieren
Die nach wie vor weit verbreitete Philosophie von „Wissen ist Macht“ gilt es, in öffentlichen Verwaltungen durch die Erkenntnis, dass Wissen zunimmt, wenn es geteilt wird, zu ersetzen. Um dieses zu erreichen, müssen auch in Verwaltungen entsprechende Anreize etabliert und institutionalisiert werden. Dort, wo es in öffentlichen Verwaltungen die Option gibt, finanzielle Anreize zu setzen, müssen diese so ausgerichtet werden, dass das Teilen von Wissen gefördert wird. Da dieses oftmals in vielen öffentlichen Verwaltungen derzeit eher schwierig ist, müssen andere Leistungsanreize zum Zuge kommen, welche ebenfalls sehr wirksam sein können – beispielsweise die Vorbildfunktion: Wenn sich Führungskräfte in einer öffentlichen Verwaltung entsprechend verhalten und diejenigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bei Beförderungen zum Zuge kommen, die Wissen kontinuierlich mit anderen teilen und dieses nicht für sich behalten, dann prägt dieses die Kultur innerhalb dieser Verwaltung nachhaltig und kann zukünftig die gewünschte Wirkung entfalten.
- Die strategische Bedeutung von Wissensmanagement erkennen
Gerade die zunehmende Digitalisierung von Gesellschaft, Verwaltung und Wirtschaft bietet auch für das Wissensmanagement enorme Potenziale. Die Transaktion von Wissen wird beschleunigt, die Transaktionskosten dafür sind zunehmend marginal. Der große amerikanisch-österreichische Ökonom, Managementdenker und -pionier Peter Ferdinand Drucker hielt bereits 1993 in einer Analyse fest, dass Wissensproduktivität in zunehmendem Maße bestimmender Faktor für die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, einer Branche oder eines Unternehmens ist. Dies gilt im übertragenen Sinne sicherlich auch für öffentliche Verwaltungen. Diese sollten sich daher die strategische Bedeutung eines effizienten und effektiven Wissensmanagements bewusst machen, dieses auch gegenüber den Mitarbeitern kommunizieren und aktuelle digitale Wissensmanagement-Werkzeuge wie Datenbanken, E-Learning, Intranet, Soziale Plattformen oder Wikis nutzen.
- Wissensverluste durch rechtzeitige Maßnahmen vermeiden
Eintritte von Mitarbeitern in den Ruhestand sind einer Verwaltung naturgemäß in der Regel bereits einige Zeit davor bekannt. Und selbst bei Wechseln von Mitarbeitern in andere Verwaltungen oder die freie Wirtschaft gibt es eine Vorlaufzeit. Diese Zeit gilt es intensiv dafür zu nutzen, Wissensverluste durch rechtzeitige Übertragung auf andere Mitarbeiter oder die gesamte Verwaltung als Organisation zu vermeiden. Hierfür ist eine ganze Reihe von Maßnahmen denkbar: Beispielsweise, dass der „Vorgänger“ seinen „Nachfolger“ noch direkt selbst „einlernt“. Und idealerweise bei Eintritt in den Ruhestand – eventuell gefördert durch eine kleine Nebentätigkeit – auch für eine Übergangszeit danach noch für Rückfragen zur Verfügung steht. Oder dadurch, dass der ausscheidende Mitarbeiter möglichst viel seines bisherigen Wissens noch so dokumentiert, dass es in der jeweiligen Verwaltung auch danach noch abgerufen werden kann („implizites Wissen zu explizitem Wissen machen“). Da diese Maßnahmen oft auch stark davon abhängig sind, dass der in den Ruhestand oder zu einem andern Arbeitgeber wechselnde Mitarbeiter das dann auch wirklich mit dem notwendigen Engagement macht, sollten begleitend zudem auch ablauf-organisatorische Maßnahmen zum Zuge kommen: Die Zwangsläufigkeit der Wissensweitergabe im Alltag sollte durch klare organisatorische Maßnahmen oder die Einbindung der ausscheidenden Person in Arbeitsgruppen sichergestellt werden. Zudem sollte die ausscheidende Person befragt werden, was er oder sie gerne noch umgesetzt hätte, wenn sie noch Zeit gehabt hätte, und wo sie weitere Chancen für die Zukunft sieht. Durch den damit verbundenen Respekt, der der ausscheidenden Person damit gezollt wird, erhöht dieses auch die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person sich mit der wichtigen Aufgabe der Wissensweitergabe stark identifiziert und hohes Engagement an den Tag legt.
Fazit: Digitales Wissensmanagement ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für Organisationen wie öffentliche Verwaltungen. Insbesondere bei Wechseln von Mitarbeitern – ob in den Ruhestand oder zu anderen Verwaltungseinheiten sowie in die freie Wirtschaft – ist sicherzustellen, dass deren Erfahrungen und Wissen auch in Zukunft für die jeweilige Verwaltung erhalten bleiben.