10.10.2022

Entschädigung wegen Corona-Pandemie

BFH, Urteil vom 27.10.2021 – X K 5/20

Entschädigung wegen Corona-Pandemie

BFH, Urteil vom 27.10.2021 – X K 5/20

Ein Beitrag aus »RdW – Das Recht der Wirtschaft« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »RdW – Das Recht der Wirtschaft« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Der Steuerpflichtige S erhob im Rahmen seiner gegen Umsatzsteuerbescheide gerichteten Klage zwei Jahre nach Klageeingang beim Finanzgericht eine Verzögerungsrüge wegen der Besorgnis, dass das Verfahren nicht in angemessener Zeit abgeschlossen wird. Das Klageverfahren wurde acht Monate später – nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung – mit Zustellung des Urteils beendet.

Danach folgte eine Klage von S auf Entschädigung wegen überlanger Verfahrensdauer in Höhe von mindestens 600 €. Sachliche Gründe für die Dauer des frühzeitig entscheidungsreifen Verfahrens von insgesamt 31 Monaten seien nicht gegeben.

Soweit sich das Finanzamt auf Einschränkungen des Gerichtsbetriebs infolge der Corona-Pandemie berufe, hätten die vom Finanzamt selbst verordneten sitzungsfreien Zeiten und die Umbaumaßnahmen im Finanzgericht weder zu einem Stillstand der Rechtspflege führen dürfen noch könnten sie zum Nachteil des S gewertet werden. Da es sich um einen sehr einfachen Fall gehandelt habe, hätte das Finanzgericht zur Beschleunigung den Rechtsstreit einem seiner Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen können. Darüber hinaus hätte das Finanzgericht jederzeit die Beteiligten zum Verzicht auf eine Verhandlung auffordern oder auch selbst durch Gerichtsbescheid entscheiden können.


Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass die mehrmonatige Verzögerung des Ausgangsverfahrens auf Einschränkungen des finanzgerichtlichen Sitzungsbetriebs ab März 2020 beruhe. Diese seien eine Folge der Corona-Pandemie und der zu ihrer Eindämmung ergriffenen Schutzmaßnahmen. Es handele sich nicht um ein spezifisch die Justiz betreffendes Problem, weil andere öffentliche und private Einrichtungen und Betriebe ebenso betroffen gewesen seien. Die Corona-Pandemie sei – jedenfalls zu Beginn – als außergewöhnliches Ereignis anzusehen, das weder in seinem Eintritt noch in seinen Wirkungen vorhersehbar gewesen sei.

Von einem Organisationsverschulden der Justizbehörden im Hinblick auf die Vorsorge für die Aufrechterhaltung einer stets uneingeschränkten Rechtspflege könne daher ebenfalls nicht ausgegangen werden. Eine Verzögerung beim Sitzungsbetrieb eines Finanzgerichts, die durch den Beginn der Corona-Pandemie verursacht würde, führe nicht zur Unangemessenheit der gerichtlichen Verfahrensdauer. Daher bestehe kein Entschädigungsanspruch für eine infolge der Corona-Pandemie verursachte Verlängerung eines finanzgerichtlichen Verfahrens.

Das Finanzamt bekam beim Bundesfinanzhof Recht.

BFH, Urteil vom 27.10.2021 – X K 5/20

 

Entnommen aus RdW-Kurzreport, Heft 13/2022, S. 586.

 

Marcus Preu

Ltg. Lektorat und Redaktion, Rechtsanwalt
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