07.05.2020

Ein langwieriger Prozess

Betätigungsverbot der Hizbollah in Deutschland

Ein langwieriger Prozess

Betätigungsverbot der Hizbollah in Deutschland

Dem Terrorismus Einhalt gebieten. | © drawlab19 - adobe.stock.com
Dem Terrorismus Einhalt gebieten. | © drawlab19 - adobe.stock.com

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hat gegen die libanesische Terrorvereinigung Hizbollah (auch „Hizb Allah“ = „Partei Gottes“) ein Betätigungsverbot in der Bundesrepublik ausgesprochen. Das Verbot verursachte international ein teilweise positives Echo und führte am 30. April 2020 bereits zu ersten Polizeieinsätzen.

Die Hizbollah und ihre Aktivitäten in Deutschland

Die Partei und Miliz wurde 1982 im Libanon zunächst als schiitische Untergrundorganisation gebildet. Mit ihren radikal-islamischen Positionen sind Israel und die USA die erklärten Feinde, während sie unerschütterlich zum Iran stehen. Mittlerweile ist die Hizbollah so mächtig, dass sie ganze Gebiete im Libanon kontrolliert, z.B. vor allem Armenviertel im Süden der Hauptstadt Beirut, in der Bekaa-Ebene im Osten und im Süden des Landes, an der Grenze zum verhassten Nachbarstaat Israel. Die Organisation ist zu einem mächtigen Netzwerk geworden, das großen Einfluss auf die Regierung im Libanon nimmt und Vertreter im Parlament stellt. Offiziell können der Hizbollah nur wenige terroristische Akte nachgewiesen werden, auch bekennt sich das Oberhaupt Hassan Nasrallah nicht zu Anschlägen. Geheimdienste bringen sie und ihre Ableger jedoch immer wieder damit in Verbindung und dies auch in Deutschland. Hier fallen sie vor allem mit ihrem obsessiven Hass gegen Israel bei Demonstrationen auf. Die Zahl der Anhänger beläuft sich nach Verfassungsschutzeinschätzung auf etwa 1.050 Personen im Bundesgebiet. Von hier aus soll die Organisation Gelder für den islamistischen Terrorismus gewaschen und auch einen Anschlag aktiv und mit Unterstützung aus dem Iran vorbereitet haben. Die konkreten Hinweise ausländischer Geheimdienste könnten der Grund für das ausgesprochene Verbot sein, das von Öffentlichkeit und Medien mit Überraschung wahrgenommen wurde.

Das Verbot als langwieriger Prozess

Hinsichtlich eines Verbots der Hizbollah als terroristische Organisation war Deutschland lange zögerlich und beschränkte die Maßnahmen auf die Beobachtung durch den Verfassungsschutz. In den vergangenen Jahren wurden bereits kleineren Strukturen verboten, wie „Al Manar TV“, das „Waisenkinderprojekt Libanon e.V.“ sowie deren Nachfolge-Verein „Farben für Waisenkinder e.V.“. Israel, Kanada, die Vereinigten Staaten, Argentinien und das Vereinigte Königreich hatten bereits ein Verbot gegen die Terrororganisation umgesetzt. Israel und die USA forderten schon seit Jahren, dass auch Deutschland ein Verbot ausspricht.


Im Juni 2019 stellte die Fraktion der AfD im Bundestag einen Verbotsantrag. Dieser wurde abgelehnt und ein neuer Antrag wurde mit den Stimmen von CDU/CSU, SPD und FDP beschlossen. Am 19. Dezember 2019 forderte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung schließlich auf, ein Betätigungsverbot für die islamistische Hizbollah zu erlassen. Das Verbot wurde am 26. März 2020 erlassen und am 30. April 2020 öffentlich verkündet. An diesem Tag durchsuchte die Polizei direkt in Berlin, NRW und Bremen insgesamt 16 Objekte, darunter vier Moscheen und Vereine, die der Bewegung zugerechnet werden: Die Al-Irschad-Moschee in Berlin, die Al-Mustafa-Gemeinschaft in Bremen, das Imam Mahdi Zentrum in Münster und die Vereinsräume der Gemeinschaft libanesischer Emigranten in Dortmund.

Mit dem Verbot geht das Verbot der gelben Hizbollah-Flagge oder andere Symbole der Terroristengruppe einher. Diese dürfen fortan auch nicht mehr durch Mitglieder in den Medien gezeigt werden. Darüber hinaus wird das Vermögen der Hizbollah in Deutschland beschlagnahmt.

Al-Quds-Demo abgesagt

Die Hizbollah ist auch eine der treibenden Kräfte bei der jährlichen Anti-Israel-Demonstration in Berlin, dem so genannten Al-Quds-Tag am Ende des Fastenmonats Ramadan. Die Demonstration und der damit verbundene Marsch hätten dieses Jahr am 16. Mai 2020 stattfinden sollen. Die Veranstalter sagten die Demonstration nach dem ausgesprochenen Betätigungsverbot nun ab. Al Quds ist der arabische Name für Jerusalem und kennzeichnet die Ablehnung des Existenzrechts Israels. Der Al-Quds-Tag wurde 1979 vom damaligen iranischen Revolutionsführer Ajatollah Khomeini als jährliches Datum für Massendemonstrationen gegen Israel und die USA eingeführt und sorgt jedes Jahr in Berlin für antiisraelische und antiamerikanische Parolen durch Menschenmassen. Bei der Demonstration im Juni 2019 skandierten die etwa 1.000 Teilnehmer „Kindermörder Israel“, doch Mitschnitte der Demonstration belegen noch heftigere Aussprüche, die der Hetze im Nationalsozialismus in nichts nachstehen. Zudem wurden bei diesen israelfeindlichen Demonstration immer wieder vereinzelte Neonazis und Linksextremisten registriert, die sich am Al-Quds-Marsch beteiligten.

Das Verbot hat für die Organisation weitreichende Konsequenzen. Es wird sich nun zeigen, wie die Anhänger darauf in Deutschland reagieren.

 

Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl

Professorin an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) Nordrhein Westfalen
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