19.02.2020

E-Sport – Die Zukunft der Sportunterhaltung ist digital

Zur wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklung des E-Sports in Deutschland

E-Sport – Die Zukunft der Sportunterhaltung ist digital

Zur wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklung des E-Sports in Deutschland

Maus und Tastatur werden in der Hand des E-Sportlers zu Präzisionsinstrumenten. | © pozitivo - stock.adobe.com
Maus und Tastatur werden in der Hand des E-Sportlers zu Präzisionsinstrumenten. | © pozitivo - stock.adobe.com

E-Sport – ein Millionengeschäft mit gesellschaftlicher Bedeutung

Computerspielen ist längst mehr als eine bloße Freizeitbeschäftigung. E-Sport, gemeinhin das sportwettkampfmäßige Spielen von Video- und Computerspielen, hat sich nicht nur zu einem zentralen Gesellschaftsphänomen, sondern auch zu einem bedeutenden Wirtschaftsfaktor in Deutschland entwickelt. Mit einem Umsatz von 33 Millionen € stellt E-Sport bereits heute einen bedeutenden Bestandteil der Sportunterhaltungsbranche dar. Etwa ein Viertel der 14- bis 49-Jährigen sind laut Umfragen am E-Sport interessiert. Internationale Wettbewerbe, wie die Weltmeisterschaften des Strategiespiels League of Legends oder die ESL One, sind innerhalb von Minuten ausverkauft. Neben den tausenden Fans in den Stadien werden die Wettbewerbe live im Internet über Plattformen wie Twitch und Youtube von Millionen Fans verfolgt. Besonders Berlin als Standort der European Championship Series in League of Legends (vergleichbar mit der Champions League im Fußball) sowie die ESL als marktführender Turnierveranstalter geben Deutschland eine herausragende Bedeutung als Standort. Das explosionsartige Wachstum dieser vielschichtigen Branche, der für 2020 ein weltweiter Umsatz von 1,5 Milliarden vorhergesagt wird, birgt für alle Akteure auf nationaler und internationaler Ebene große rechtliche und tatsächliche Herausforderungen.

Struktur des E-Sports – Von den globalen Spitzenwettbewerben in die lokalen Vereine

E-Sport stellt die traditionellen Strukturen im Sport von lokalen Vereinen bis hin zu internationalen Dachverbänden auf den Kopf: Wettbewerbe fanden bereits vor Jahrzehnten über das Internet statt und vernetzten so die besten Spieler weltweit. E-Sport wuchs somit als globales Phänomen, bevor sich nun nationale und lokale Strukturen Stück für Stück nachbilden. Diese unkonventionelle historische Entwicklung führt zu einer Branchenstruktur, in der die Wettbewerbsformate maßgeblich durch Turnier- und Ligenveranstalter sowie den Spieleherausgebern selbst bestimmt werden. In professionellen Wettbewerbendominieren Teams, die von auf E-Sports spezialisierten Unternehmen aufgestellt und organisiert werden und die so ungewöhnliche Namen tragen wie „Unicorns of Love“ oder „Mysterious Monkeys“. Neben solchen Unternehmen haben nun vor allem Basketball- und Fußballclubs wie etwa die Frankfurt Skyliners oder der FC Schalke 04 das Potenzial von E-Sports erkannt und bauen entsprechende Profi-Abteilungen auf. Daneben erfreut sich das kompetitive Computerspielen jedoch gerade im Breitensport immer größerer Beliebtheit, die sich in einem hohen Zulauf bei den neu gegründeten E-Sport-Vereinen oder entsprechenden Abteilungen in traditionellen Sportvereinen widerspiegelt.

Schaffung einheitlicher Standards – Die Gründung des E-Sport-Bundes Deutschland (ESBD)

Dieses – teilweise verflochtene – Nebeneinander von kommerziellen wie gemeinnützigen Facetten des E-Sports ließ bisher jedoch eine einheitliche Struktur vermissen. Eine solche möchte der neu gegründete „e-Sport Bund Deutschland“ (ESBD) nun mitgestalten. Die einzigartige Struktur des E-Sports aufgreifend, repräsentieren die Gründungsmitglieder den organisierten E-Sport in Deutschland in seiner ganzen Breite: Vereine aus dem Breitensport, Teams des nationalen Spitzensports, Vertreter aus dem Hochschulsport, der Turnierveranstalter ESL sowie der Bundesverband Interaktive Unterhaltungssoftware (BIU). Mit dieser umfassenden Mitgliederbasis möchte der ESBD als Ansprechpartner für alle gesellschaftlichen Stakeholder in Sport, Politik, Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft dienen sowie eine Plattform schaffen, die dem Breiten- wie Spitzensport eine positive Weiterentwicklung nach einheitlichen Standards ermöglicht. In diesem Zusammenhang wird sich der ESBD auch mit der Anerkennung des E-Sport als Sport befassen. Zudem strebt der ESBD eine internationale Vernetzung mit den bereits gegründeten Verbänden wie beispielsweise in der Schweiz, Großbritannien, Frankreich und Italien an, um Wissen zu teilen und notwendige Maßnahmen zum Schutz der wettbewerblichen Integrität zu ergreifen. Relevante Zusammenschlüsse sind hier die International e-Sport Federation (IeSF) sowie die E-Sports Integrity Coalition (ESIC). Während der Schwerpunkt der IeSF vor allem auf der Förderung der sportlichen Aspekte von E-Sport liegen, widmet sich ESIC der Durchführung und Durchsetzung von Antidoping- und Antimatchfixingregeln auf großen, internationalen E-Sportturnieren.


Anerkennung des E-Sports als Sport

Im Gegensatz zu Deutschland gehen Länder wie Brasilien, China und Frankreich mit der Zeit und begreifen E-Sport als Sport. Dies führt zu erheblichen Standortvorteilen: Die Spielermobilität wird durch vereinfachte Visavergabe wesentlich erhöht und Turniere mit internationaler Teilnahme können auch kurzfristig angesetzt werden. Die Anerkennungshoheit in Deutschland liegt dagegen beim Deutschen Olympischen Sportbund (DSOB) und seinen Landesverbänden. Für eine Anerkennung müssen vor allem folgende Kriterien erfüllt sein: (1) die Ausübung einer Sportart muss eine „eigene, sportartbestimmende motorische Aktivität“ aufweisen, (2) die Sportart muss „die Einhaltung ethischer Werte wie Fairplay und Chancengleichheit“ gewährleisten und es muss (3) ein Antrag durch einen Spitzenverband, der entsprechende Vertretungen in mindestens 8 Landessportverbänden und mindestens 10.000 Mitglieder bundesweit aufweist, gestellt werden. In allen E-Sport-Disziplinen nutzt der Spieler die Maus oder den Controller ähnlich wie in anderen Präzisionssportarten wie dem Bogenschießen als Instrument zur Koordination mit dem Spielgeschehen auf dem Bildschirm, sodass eine motorische Aktivität schlechterdings nicht verneint werden kann. Die bisherige Repräsentationslücke wird nun mit dem ESBD und seinen Mitgliedern geschlossen. Es überrascht daher nicht, dass der DSOB eine Arbeitsgruppe gründet, die sich mit den für den Sport relevanten Aspekten beschäftigen wird und sich auf einen intensiven Austausch mit dem ESBD freut.

E-Sport und Gemeinnützigkeit

In Deutschland ist zudem die steuerrechtliche Anerkennung des E-Sports im Rahmen der Gemeinnützigkeit besonders relevant. Die breitensportliche Entwicklung würde dadurch nachhaltig durch finanzielle Vorteile wie die Möglichkeit von Spendenannahmen und die Anerkennung von Trainerpauschalen gefördert. Bereits jetzt vermitteln die Vereine gerade in den Bereichen Jugendarbeit neben der Verbesserung der motorischen und kognitiven Fähigkeiten vor allem auch Sozialkompetenzen. Auf Grundlage seiner exzellenten Jugendarbeit wurde nun zwar zum 1. Januar 2018 die Gemeinnützigkeit des E-Sports Leipzig e. V. anerkannt, jedoch nicht im Rahmen der Sportförderung im Sinne des § 52 Abs. 2 AO. Der ESBD und seine Mitglieder hingegen streben unbedingt eine Anerkennung nach § 52 Abs. 2 AO ausschließlich wegen der Förderung des Sportes an, da nur so gewährleistet werden kann, dass die wettbewerbliche Vereinstätigkeit vollumfänglich von dem gemeinnützigenZweck gedeckt ist.

Rechtliche Herausforderungen im Wettbewerbs- und Arbeitsrecht

Der E-Sport-Sektor wirft viele neue und komplizierte Rechtsfragen auf. Im Gegensatz zum traditionellen Sport verfügt der Spieleherausgeber über umfassende Rechte an den jeweiligen Spielen, die im E-Sport genutzt werden. Als Monopolist bestimmt er daher, unter welchen Bedingungen er Dritten Lizenzen für Turniere sowie zur individuellen Nutzung überlässt. Daneben nutzen Spieleherausgeber diese Rechte, um teilweise sehr komplexe Regelwerke für Ligen und Turniere zu erlassen, inklusive der Sanktionierung einzelner Teilnehmer. Obwohl solche Regeln und deren Umsetzung meistens eine stabilisierende Wirkung haben, zeichnet sich bereits jetzt ab, dass manche dieser Regelungen unter wettbewerblichen Aspekten zu weitgreifend sein könnten. Daneben birgt insbesondere die Vertragsgestaltung mit professionellen Spielern neue Herausforderungen: Die Superstars der Szene punkten vor allem bei Fans durch ständige Nähe über soziale Medien und Streamingplattformen – als würde man einem Lionel Messi Kameras auf den Körper binden, über die der Fan jedes Training live verfolgen kann. Hier bedarf es einer umfassenden Strategie in Bezug auf alle geistigen Eigentumsrechte, die involviert sind. Klassische Fragen aus dem Sportrecht zu Arbeitszeiten, Mindestlohn und Kündigungsschutz dürften dagegen im E-Sport ähnlich zu beantworten sein.

Ausblick – E-Sport als weiterer Pfeiler der Sportunterhaltungsbranche

E-Sport ist mittlerweile vollständig in der Mitte der Gesellschaft angekommen und als Teil der „Lebenswelt von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen“ zu begreifen. Die E-Sportbranche boomt, viele Entwicklungen finden unheimlich schnell und zeitgleich statt, sodass es von zentraler Bedeutung sein wird, dass diese Entwicklungen von Akteuren wie dem ESBD mitgeformt werden. Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass E-Sport neben Sportarten wie Fußball und Basketball sich als ein weiterer starker Pfeiler der Sportunterhaltungsbranche entwickelt.

Hinweis der Redaktion: Der Beitrag entstammt aus dem »Der Wirtschaftsführer für junge Juristen«.

Um den Wirtschaftsführer auch unterwegs bequem lesen zu können, finden Sie hier unsere »Wirtschaftsführer-App«.

 

Anna Baumann

Rechtsanwältin, Edingen
n/a