20.02.2020

Der 21-Punkte-Plan der „Bosbach-Kommission“

Bekämpfung der Clan-Kriminalität durch Prävention und Strafverfolgung

Der 21-Punkte-Plan der „Bosbach-Kommission“

Bekämpfung der Clan-Kriminalität durch Prävention und Strafverfolgung

Die Bosbach-Kommission erarbeitete ein 14-seitiges Arbeitspapier. | © DedMityay - stock.adobe.com
Die Bosbach-Kommission erarbeitete ein 14-seitiges Arbeitspapier. | © DedMityay - stock.adobe.com

Die vom nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Armin Laschet (CDU) einberufene Regierungskommission „Mehr Sicherheit für Nordrhein-Westfalen“ hat sich mit dem Thema Clankriminalität auseinandergesetzt. Dabei hat die auch als „Bosbach-Kommission“ bezeichnete Arbeitsgruppe ein 14-seitiges Papier erarbeitet. Viele der in den 21 Empfehlungen aufgelisteten Aspekte sind dabei keineswegs neu, sondern Instrumente und Ansätze, die seit Jahren von Angehörigen aus Sicherheitsbehörden gefordert und die zum Teil sogar schon umgesetzt wurden.

Einberufung und Arbeit der Kommission

Die 16-köpfige Kommission war Ende 2017 unter Leitung des CDU-Politikers Wolfgang Bosbach einberufen worden. Die Experten aus unterschiedlichen Fachkreisen sind thematisch unabhängig und arbeiten ohne Vorgaben. Ihre Aufgabe besteht darin, sicherheitspolitische Defizite aufzuzeigen und der Landesregierung konkrete Verbesserungsvorschläge zu unterbreiten. Der erste Zwischenbericht hatte sich Ende Mai 2019 mit Maßnahmen für einen verbesserten Kinderschutz befasst.

Der im September 2019 veröffentlichte zweite Zwischenbericht mit dem Titel „Bekämpfung der Clan-Kriminalität durch Prävention und Strafverfolgung“ bezieht sich allerdings nicht ausschließlich auf Clankriminalität. Die Kommission weist vielmehr darauf hin, dass Organisierte Kriminalität an sich ein immenses sicherheitspolitisches Problem sei, auch wenn gegenwärtig Clankriminalität im Fokus stehe. Die vorangehende Situationsbeschreibung und Begriffsbestimmung ist an das Lagebild zur Clankriminalität des LKS NRW angelehnt.


Wesentliche Inhalte

Die Kommission sieht einen zentralen Aspekt zur erfolgreichen Bekämpfung von Clankriminalität in den Bereichen Finanzierung und Vermögen. Entsprechend setzen Maßnahmen an der Wegnahme inkriminierter Gelder an. Um diesen zu realisieren, spricht sich die Kommission für einen ganzheitlichen administrativen Bekämpfungsansatz aus, der problematische Clanstrukturen auf den unterschiedlichen Ebenen schwächt und damit die verschiedenen Behörden einbindet. Daneben fordert sie u.a. Schwerpunktstaatsanwaltschaften, die sich ausschließlich mit Straftaten krimineller Clanmitglieder befassen, unabhängig von der zur Last gelegten Straftat. Solche existieren bereits: In Duisburg und Essen wurden sie Anfang 2019 eingerichtet.

Eine weitere Forderung bezieht sich auf die Einrichtung strategischer Informationszentren, in denen die Erkenntnisse der kooperierenden Behörden zu den jeweiligen kriminellen Akteuren und deren Strukturen gebündelt werden können. Zudem muss nach Ansicht der Kommission der Datenaustausch nicht nur zwischen den Staatsanwaltschaften, sondern auch zwischen den kooperierenden Sicherheitsbehörden verbessert werden, um schneller arbeiten zu können.

Auch die Notwendigkeit technischer Verbesserungen für die Strafverfolgungsbehörden wird sehr konkret formuliert, wie beispielsweise die Forderung nach einer verbesserten Ausstattung der Mobilen Einsatzkommandos (MEK) der Polizei und damit verbunden die Ausweitung der Nutzung von IMSI-Catchern (International Mobile Subscriber Identity) zur Ermittlung eines Mobiltelefonstandortes innerhalb einer Funkzelle, sowie die Schaffung einer entsprechenden Datenbank und Kartierung zur verbesserten Nutzung der Funkzellenauswertung. Diese Forderungen sind innerhalb der Polizei kein Novum und sie sind längst nicht nur auf das Phänomen Clankriminalität bezogen.

Möglichkeiten zur Präventionsarbeit werden vor allem im Ausbau von Integrationsbemühungen sowie im Aufbau spezieller Mentoren- und Aussteigerprogramme gesehen. Diese in einer Empfehlung zusammengefassten Aspekte werden jedoch nicht näher ausgeführt und bleiben daher unkonkret.

Fazit

Flexible und hochgradig dynamische Kriminalitätsphänomene bedürfen adäquater Bekämpfungsstrategien. Die im zweiten Zwischenbericht der Bosbach-Kommission niedergelegten Empfehlungen sind nicht nur auf das Phänomen Clankriminalität zu beziehen, sondern auf die Bekämpfung unterschiedlichster Formen organisiert-krimineller – bis hin zu terroristischen Strukturen.

Vertreter aus den unterschiedlichsten Sicherheitsbehörden diskutieren schon lange über notwendige Reformen und technische Anpassungen, um entsprechenden Kriminalitätsphänomenen wirklich habhaft zu werden. In diesem Kontext bestätigt der Bericht der Kommission entsprechende Desiderate.

Die formulierten 21 Empfehlungen und die begleitenden Diskussionen müssen in ihrer Tragweite überprüft werden. Sie sind eine Chance zur notwendigen Erweiterung bestehender operativer Mittel für die Strafverfolgung. Der Aspekt möglicher Präventionsansätze bleibt derweil sehr an der Oberfläche und kann nicht als konkrete Handlungsempfehlung verstanden werden.

Die Inhalte sind nicht zwangsläufig revolutionär und notgedrungen bleiben sie eingeschränkt: Die Vorschläge der Bosbach-Kommission beziehen sich nicht nur auf die bestehende föderale Sicherheitsarchitektur Nordrhein-Westfalens, sondern beispielsweise auch auf das Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) oder die StPO (z.B. die aufgelistete Forderung nach einer Anpassung des Zeugnisverweigerungsrechts für Verlobte nach § 52 Abs.  1 Nr. 1 StPO). Der Aktionsradius der Clans ist zudem nicht nur bundesländerübergreifend, sondern transnational. Entsprechend notwendig ist es, nicht nur in NRW nach konkreten Möglichkeiten zu suchen, sondern auch bundesweit und in Absprache mit weiteren Ländern.

Insgesamt sind die zusammengetragenen Inhalte ein Arbeitsansatz, der im föderalen Austausch weiterentwickelt und auch hinsichtlich seiner Umsetzung evaluiert werden sollte.

 

Prof. Dr. Dorothee Dienstbühl

Professorin an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) Nordrhein Westfalen
n/a