05.08.2020

Corona im Steuerrecht

Verwaltungsschreiben im Überblick (Teil III)

Corona im Steuerrecht

Verwaltungsschreiben im Überblick (Teil III)

Liegt ein unter dem Schutz der Unfallversicherung stehender Arbeitsunfall vor, wenn sich ein Versicherter auf einer Baustelle mit Covid-19 infiziert hat?  | © rcfotostock - stock.adobe.com
Liegt ein unter dem Schutz der Unfallversicherung stehender Arbeitsunfall vor, wenn sich ein Versicherter auf einer Baustelle mit Covid-19 infiziert hat?  | © rcfotostock - stock.adobe.com

Der Ausbruch der Corona-Krise hat zu massiven Einschränkungen im Privat- und im Wirtschaftsleben geführt. Zur Abmilderung der erheblichen wirtschaftlichen Schäden sind europäische und nationale Unterstützungsmaßnahmen getroffen worden. Der vorliegende Beitrag  – ein Auszug aus dem Lademann-EStG-Kommentar – erläutert die bislang zu dieser Thematik veröffentlichten Verwaltungsschreiben des Bundesfinanzministeriums.

Teil I gab einen  Gesamtüberblick über die Maßnahmen (A, B) und erläuterte die Steuerbefreiungen für Beihilfen und Unterstützungen für Arbeitnehmer (C).

Teil II befasste sich mit Spenden, freigiebigen Zuwendungen und steuerbegünstigte Körperschaften (D) sowie den Möglichkeiten von Stundungen, Vorauszahlungen, Vollstreckungsmaßnahmen (E) in den BMF-Schreiben.


Der vorliegende Teil III widmet sich den Möglichkeiten von Stundungen, Vorauszahlungen, Vollstreckungsmaßnahmen (F) sowie den nun zu realisierenden Fristverlängerungen für Lohnsteuer-Anmeldungen (G).

F. Stundungen, Vorauszahlungen, Vollstreckungsmaßnahmen

Für den Veranlagungszeitraum 2020 können Stpfl., die nachweislich unmittelbar und nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffen sind, einen Antrag auf Herabsetzung der Vorauszahlungen und Stundung der bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern stellen. Anträge für Stundungen und Herabsetzung der Vorauszahlungen für Zeiträume nach dem 31.12.2020 sind gesondert zu begründen.

Voraussetzungen bei Stundungen – keine strengen Anforderungen

Die Bearbeitung der Anträge soll „großzügig“ behandelt werden. So sind die Anträge nicht deshalb abzulehnen, weil die Stpfl. die entstandenen Schäden wertmäßig nicht im Einzelnen nachweisen können. An die Voraussetzungen für die Stundung sind keine strengen Anforderungen zu stellen. Weil für nur mittelbar Betroffene aber die allgemeinen Regeln gelten, kommt der Abgrenzung zu den unmittelbar Betroffenen besondere Bedeutung zu. Unmittelbar betroffen sind jedenfalls diejenigen, die ihren Betrieb auf Grund behördlicher Anordnung schließen müssen oder nur noch zeitlich eingeschränkt offen halten können, ebenso Betriebe, deren Lieferketten unterbrochen sind oder die durch behördliche Import- oder Exportverbote Handelsbeschränkungen unterworfen sind. Unmittelbar betroffen sind auch Betriebe, deren Leistungen wegen der Kontaktbeschränkungen nicht mehr nachgefragt werden, so z. B. Tourismus einschließlich Verkehrsbetrieben (Bus, Bahnen, Flug), Hotel- und Gaststättengewerbe, Reiseveranstalter, Eventveranstaltungsbranche, Sportvereine und vergleichbare sportliche Einrichtungen, gesamter Einzelhandel außer lebensnotwendigen Artikeln. Landwirte sind unmittelbar betroffen, wenn sie die Ernte wegen fehlenden Personals („Erntehelfer“) nicht oder nicht vollständig einbringen können, aber auch dadurch, dass sie etwa im Rahmen von Lieferverträgen ihre Produkte nicht mehr an (geschlossene) Restaurants oder an Verarbeitungsbetriebe liefern können. Vermieter von Gewerbe- oder Wohnimmobilien sind unmittelbar – und nicht nur mittelbar – betroffen, wenn ihre Mieter wegen Umsatzausfällen oder Verdienstausfällen nicht in der Lage sind, den geschuldeten Mietzins zu erbringen. Nur vorgezogene Betriebsferien, mit denen gleichzeitig auch die Urlaubsansprüche der Mitarbeiter abgegolten werden, begründen keinen (unmittelbaren) Schaden, da die Betriebsferien auch ohne die Corona-Krise stattgefunden hätten.

Schäden dürfen nicht unerheblich sein – branchenspezifische Umsatzeinbußen als Nachweis genügen

Die Schäden dürfen auch „nicht unerheblich“ sein. Außerdem müssen sie „nachweislich“ eingetreten sein. Da die Anträge aber nicht schon deshalb abgelehnt werden sollen, weil der Stpfl. die Schäden nicht im Einzelnen nachweisen kann, dürfte der Nachweis für die Stundung erbracht sein, wenn die branchenspezifischen Umsatzeinbußen oder gestörte Zahlungsflüsse wegen der Corona-Krise dargelegt werden; ein Liquiditätsstatus braucht wohl nicht erbracht zu werden. Die Antrags- formulare der Landesfinanzverwaltungen sehen vor, dass für Zwecke der Stundung die Corona-Krise selbst bereits eine „erhebliche Härte“ begründet; der Stpfl. muss lediglich erklären, ob eine Ratenzahlung möglich ist oder nicht. Für Zwecke der Herabsetzung der Vorauszahlungen braucht sich der Stpfl. nur auf die Corona-Krise zu berufen.

Keine Stundung der Lohnsteuer

Die Lohnsteuer darf nicht gestundet werden (§ 222 Satz 3 AO).

Verzicht auf Stundungszinsen

Auf die Erhebung von Stundungszinsen kann i. d. R. verzichtet werden.

Herabsetzung von Vorauszahlungen – Voraussetzungen

Für die Anträge auf Herabsetzung der Vorauszahlungen gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei der Stundung. Eine Änderung der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 führt zu einem Erstattungsanspruch (dazu i.E. BMF-Schreiben vom 24.4.2020 IV C 8 – S 2225/20/10003:010, BStBl I 2020 S. 496). Das Finanzamt kann auch die Herabsetzung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen veranlassen; der Stpfl. hat hierfür einen Antrag auf Herabsetzung des Gewerbesteuermessbetrags zu stellen. Wird der Gewerbesteuermessbetrag für Zwecke der Vorauszahlungen herabgesetzt, ist die Gemeinde für die Festsetzung der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen daran gebunden (§ 19 Abs. 3 Satz 4 GewStG).

Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Unternehmen, aber Zuschüsse sind zu erfassen!

Ungeachtet der vereinfachten Antragsverfahren und dem weitgehenden Verzicht auf Nachweise dürfen aber die Überbrückungshilfen für kleine und mittlere Unternehmen nicht außer Acht gelassen werden. Diese Zuschüsse sind als steuerbarer Ertrag im Wirtschaftsjahr/Kalenderjahr des Zuflusses zu erfassen und erhöhen den Gewinn oder den Überschuss. Die Finanzverwaltung hat es (zutreffend) nicht zugelassen, für Zwecke der Stundung oder Herabsetzung der Vorauszahlungen aus Billigkeitsgründen auf die Erfassung dieser Erträge zu verzichten. Da sie aber die aus gefallenen Gewinne oder Überschüsse nicht kompensieren, bleibt weiterhin Raum für die Herabsetzung der Vorauszahlungen.

Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen

Auf Vollstreckungsmaßnahmen soll bis zum 31.12.2020 bei allen rückständigen oder bis zu diesem Zeitpunkt fällig werdenden Steuern verzichtet werden, wenn der Vollstreckungsschuldner unmittelbar und nicht unerheblich von der Corona-Krise betroffen ist.

G. Fristverlängerung für Lohnsteuer-Anmeldungen

Nach § 41a Abs. 1 EStG hat der Arbeitgeber spätestens am zehnten Tag nach Ablauf eines jeden Lohnsteuer-Anmeldungszeitraums die einbehaltene und übernommene Lohnsteuer dem zuständigen Betriebsstättenfinanzamt anzumelden und abzuführen. Auf Antrag kann diese Frist verlängert werden, soweit der Arbeitgeber selbst oder der mit der Lohnbuchhaltung oder der mit der Lohnsteuer-Anmeldung Beauftragte nachweislich unverschuldet daran gehindert ist, die Anmeldung fristgerecht abzugeben. Die Fristverlängerung darf maximal zwei Monate betragen. An den Nachweis dürften – wie auch bei der Stundung und der Herabsetzung der Vorauszahlungen – keine strengen Anforderungen gestellt werden. Es dürfte für die Begründung des Antrags ausreichen, darzulegen, dass der Betrieb von der Corona- Krise unmittelbar betroffen ist. Die Fristverlängerung schafft dem Arbeitgeber auch zusätzliche Liquidität während der Krise.

H. Antrag auf pauschalierte Herabsetzung bereits geleisteter Vorauszahlungen für 2019 – Erläuterungen zum BMF-Schreiben vom 24.4.2020 IV C 8 – S 2225/20/10003:010, BStBl I 2019 S. 496

Verlustrücktrag von 2020 nach 2019 möglich – Vorauszahlungen mindern

Die Corona-Krise wird nach den bisherigen Erkenntnissen der Wirtschaftsforschungsinstitute zu erheblichen Einbrüchen der Volkswirtschaften führen. Unternehmen werden im Geschäftsjahr 2020 und wohl auch darüber hinaus hohe Verluste erleiden. Ertragsteuerlich können sich diese Verluste erst auswirken, wenn die Veranlagung 2020 durchgeführt worden ist; das wird frühestens im Jahr 2021 sein. Die Vorauszahlungen für 2020 können aber „unbürokratisch“ bereits jetzt schon herabgesetzt werden, wenn der Stpfl. unmittelbar und nachweislich von der Corona-Krise betroffen ist (BMF-Schreiben vom 19.3.2020 IV A 3 – S 0336/19/ 10007:002, BStBl I 2020 S. 262). Zur weiteren Verbesserung der Liquidität der Unternehmen ist zunächst auf Verwaltungsebene durch BMF-Schreiben vom 24.4.2020 IV C 8 – S 2225/20/10003:010, BStBl I 2020 S. 496 zugelassen worden, auch die Vorauszahlungen für den bereits abgelaufenen Vorauszahlungszeitraum 2019 herabzusetzen, indem Verluste aus dem Jahr 2020 in das Jahr 2019 zurückgetragen werden können. Zu viel gezahlte Vorauszahlungen für 2019 würden dadurch erstattet. Durch das Zweite Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise vom 29.6.2020, BGBl I 2020 S. 1512 wird diese Billigkeitsmaßnahme gesetzlich abgesichert verbunden mit einer befristeten Erhöhung des Verlustrücktrags für die Jahre 2020 und 2021 auf 5 Mio Euro/10 Mio Euro bei Zusammenveranlagung. Zweck dieses vorläufigen Verlustrücktrags ist es, dass die Stpfl. im – noch nicht abgelaufenen – Veranlagungszeitraum 2020 einen zu erwartenden pauschalierten Verlust des Jahres 2020 in das Jahr 2019 zurücktragen können. Veranlagungen für 2019 werden bei Stpfl. mit betrieblichen Einkünften noch kaum vorliegen, zumal die Steuererklärungen für das Jahr 2019 erst bis zum 31.7.2020 abzugeben sind (§ 149 Abs. 2 Satz 1 AO). Deshalb soll der Verlustrücktrag schon bei der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 berücksichtigt werden. Da es dem Stpfl. aber i. d. R. im gegenwärtigen Zeitpunkt nicht möglich ist, angesichts der Unsicherheiten der wirtschaftlichen Entwicklung die Höhe seiner Verluste zu prognostizieren, wird der Verlustrücktrag pauschal ermittelt werden.

Hinweise zur Anwendung – Antrag, Antragsberechtigte

Die Herabsetzung der Vorauszahlungen setzt einen Antrag des Stpfl. beim zuständigen Finanzamt voraus. Antragsberechtigt sind nur Stpfl., die im Veranlagungszeitraum 2020 betriebliche Einkünfte und/oder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt haben. Sind dem Stpfl. daneben noch Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, Kapitaleinkünfte oder sonstige Einkünfte zugeflossen, sind diese für die Inanspruchnahme des pauschalierten Verlustrücktrags aus dem Jahr 2020 unschädlich. Auf den vertikalen Verlustausgleich wird in diesem pauschalierten Verfahren verzichtet. Dies scheint gerechtfertigt, da die Höhe dieser im laufenden Jahr zufließenden Einkünfte vor Ablauf des Veranlagungszeitraums noch nicht feststeht, kann aber andererseits zu einer Erhöhung der Abschlusszahlung führen. Für die Inanspruchnahme des pauschalierten Verlustrücktrags muss der Stpfl. unmittelbar und nachweislich nachteilig von der Corona-Krise betroffen sein. Hierfür reicht es aus, dass bereits die Vorauszahlungen für 2020 auf Null herabgesetzt sind (dazu BMF-Schreiben vom 19.3.2020 IV A 3 – S 0336/19/10007:002, BStBl I 2020 S. 262), denn schon in diesem Verfahren hat der Stpfl. seine unmittelbare Betroffenheit dargelegt. Außerdem hat er zu versichern, dass er für den Veranlagungszeitraum 2020 eine nicht unerhebliche negative Summe der Einkünfte auf Grund der Corona-Krise erwartet. In welcher Weise diese „Versicherung“ abzugeben ist, ist nicht ausdrücklich geregelt. Da aber in sämtlichen Billigkeitsmaßnahmen der Finanzverwaltung im Zusammenhang mit der Corona-Krise auf detaillierte Nachweise verzichtet wird, dürften vorläufige Verlustschätzungen auf Grund betriebswirtschaftlicher Auswertungen ausreichen.

Hinweise zur Anwendung – Vorauszahlungsbescheid 2019

Verfahrensgegenstand des pauschalierten Verlustrücktrags ist der Vorauszahlungsbescheid für 2019. Der pauschalierte Verlustrücktrag aus dem Veranlagungszeitraum 2020 beträgt 15 v. H. der Summe aller betrieblichen Einkünfte des Stpfl. und/oder der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, die der Festsetzung der Vorauszahlungen für 2019 zugrunde gelegt worden sind. Auf welchen Berech- nungsgrundlagen der Wert von 15 v. H. als Bemessungsgrundlage für den pauschalierten Verlust ermittelt worden ist, ist nicht erkennbar. Dem Stpfl. ist allerdings unbenommen, unter Vorlage detaillierter Unterlagen einen höheren rücktragsfähigen Verlust darzulegen. Der Betrag von 15 v. H. der betrieblichen Einkünfte und der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung ist sodann bis zu einem Betrag von 1 Mio Euro, bei Zusammenveranlagung bis zu 2 Mio Euro nach § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG abzuziehen. Auf der Grundlage des pauschal ermittelten Verlustrücktrags aus 2020 sind die Vorauszahlungen für den Veranlagungszeitraum 2019 neu zu berechnen. Eine Herabsetzung der Festsetzungen der Vorauszahlungen für 2019 führt zu einem Erstattungsanspruch.

Hinweise zur Anwendung – Stundungszeitraum

Der Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheid für den Veranlagungszeitraum 2019 kann frühestens im Jahr 2020 erlassen werden. In diesem Bescheid kann der Verlustrücktrag aus dem Jahr 2020 erst nach Durchführung der Veranlagung 2020, also frühestens im Jahr 2021, berücksichtigt werden. Die Veranlagung für 2019 ohne den Verlustrücktrag aus 2020 wird daher dann zu einer Nachzahlung führen, wenn die Vorauszahlungen für 2019 den pauschalierten Verlustrücktrag aus 2020 berücksichtigt haben. Diese auf den im Vorauszahlungsverfahren berücksichtigten Verlustrücktrag entfallende Nachzahlung für 2019 ist befristet bis spätestens einen Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheids 2020 zu stunden. Die Stundung wird unter dem Vorbehalt des Widerrufs und unter dem Vorbehalt der Zinsfestsetzung ausgesprochen. Sie wird nur auf Antrag des Stpfl. gewährt, wenn der Stpfl. zum Zeitpunkt der Abgabe der Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2019 weiterhin von einer nicht unerheblichen negativen Summe der Einkünfte für den Veranlagungszeitraum 2020 ausgehen kann. Im Stundungsbescheid wird der Stpfl. darüber belehrt, dass die gestundete Steuer einen Monat nach Bekanntgabe des Einkommen- oder Körperschaftsteuerbescheides für den Veranlagungsraum 2020 fällig wird, soweit sich im Jahr 2020 kein – ausreichender – Verlustrücktrag und damit keine entsprechende Herabsetzung der Steuerfestsetzung für 2019 ergibt. Beruht die erste Festsetzung für 2020 auf einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen nach § 162 AO, sind für den Stundungszeitraum nachträglich Stundungszinsen festzusetzen.

Hinweise zur Anwendung – wann sind rücktragsfähige Verluste gegeben?

Ob sich im Rahmen der Einkommen- und Körperschaftsteuerveranlagung für 2020 ein rücktragsfähiger Verlust ergibt, hängt davon ab, wie sich der horizontale und vertikale Verlustausgleich und die Verlustausgleichsbeschränkungen, z. B. § 15 Abs. 4 EStG, § 15a EStG im Einzelfall auswirken. Da sie im pauschalierten Vorauszahlungsverfahren nicht berücksichtigt werden, kann sich der pauschale Verlust vermindern. Führt die Einkommen- oder Körperschaftsteuerfestsetzung für 2020 zu einem Verlustrücktrag gemäß § 10d Abs. 1 Satz 1 EStG, entfällt insoweit die bisher festgesetzte und gestundete Nachzahlung für 2019. Ergibt sich hingegen bei der Veranlagung für 2020 kein Verlustrücktrag nach 2019, ist die bislang gestundete Nachzahlung für 2019 innerhalb eines Monat nach Bekanntgabe des Steuerbescheides für 2020 zu entrichten. Entsprechendes gilt, wenn auf einen Verlustrücktrag nach 2019 gem. § 10d Abs. 1 Satz 5 EStG verzichtet wurde. Ist die Steuerminderung aber nach der – geänderten – Veranlagung für 2019 geringer als der bislang gestundete Betrag, weil der Verlustrücktrag niedriger als der pauschalierte Betrag von 15 v. H. der Bemessungsgrundlage ist, ist die verbleibende Nachzahlung für 2019 innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des berichtigten Steuerbescheides für 2019 zu entrichten. Stundungen nach dem BMF-Schreiben vom 19.3.2020 IV A 3 – S 0336/19/10007:002, BStBl I 2020 S. 262 bleiben in diesen Fällen jedoch zulässig.

Hinweise zur Anwendung – Verzicht auf Stundungszinsen

Der Nachzahlungsbetrag kann nach den Nebenbestimmungen zum Stundungsbescheid 2019 zwar auch verzinst werden. Da aber nach dem BMF-Schreiben vom 19.3.2020 IV A 3 – S 0336/19/10007:002, BStBl I 2020 S. 262 auf die Erhebung von Stundungszinsen verzichtet werden soll, wird es nur in dem Ausnahmefall der Schätzung der Besteuerungsgrundlagen (§ 162 AO) zu einer Zinsfestsetzung kommen. Hohe Verluste des Jahres 2020 führen auch zu niedrigeren Vorauszahlungen für 2021. Ist für den Veranlagungszeitraum 2019 bereits ein Steuerbescheid ergan- gen (etwa weil der Stpfl. nur Überschusseinkünfte erzielt), kann von dem pauschalierten Verlustrücktrag aus 2020 kein Gebrauch gemacht werden. Dem Stpfl. droht damit aber kein ungerechtfertigter Nachteil, denn er kann nach dem BMF-Schreiben vom 19.3.2020 IV A 3 – S 0336/19/10007:002, BStBl I 2020 S. 262 die Stundung der Abschlusszahlung für 2019 und/oder eine Herabsetzung der Vorauszahlungen für 2020 beantragen. Erkennt der Stpfl., dass die tatsächlichen Verluste im Jahr 2020 niedriger sind als der pauschalierte Wert von 15 v. H. der Bemessungsgrund- lage, bietet es sich an, die Steuererklärung für den Veranlagungszeitraum 2020 frühzeitig abzugeben, um Nachzahlungen gering zu halten.

Gesetzliche Absicherung durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 29.6.2020

Durch das Zweite Corona-Steuerhilfegesetz vom 29.6.2020, BGBl I 2020 S. 1512 wird der vorläufige pauschale Verlustrücktrag im Vorauszahlungsverfahren ausdrücklich gesetzlich abgesichert (§ 110 EStG); das bisherige BMF-Schreiben vom 24.4.2020, a. a. O. wird mit Inkrafttreten des Gesetzes aufgehoben. Statt der bisherigen 15 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte darf nunmehr gesetzlich ein Wert von 30 v. H. (ausgenommen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) als vorläufiger Verlustrücktrag angesetzt werden; bei nachweislich höheren Verlusten auch der nachgewiesene höhere Betrag. Die Verdoppelung dürfte auch mit der Erhöhung des Verlustrücktrags zu begründen sein. Kommt es auf Grund der – abgesenkten – Vorauszahlungen bei der Veranlagung 2019 zu einer Nachzahlung, ist diese zinslos zu stunden.

Für die Veranlagungszeiträume 2020 und 2021 werden auch die Grenzen für den Verlustrücktrag auf maximal 5 Mio. Euro/10 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung) angehoben. Diese Erhöhung soll schon im Veranlagungszeitraum 2019 finanzwirksam werden. Deshalb wird ein ergänzender „Mechanismus“ eingeführt, nach dem ein vorläufiger Verlustrücktrag in Höhe von 30 v. H. des Gesamtbetrags der Einkünfte – ausgenommen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) – schon in der Veranlagung 2019 berücksichtigt werden kann (§ 111 EStG). Der „Mechanismus“ der Berücksichtigung des pauschalierten Verlustrücktrags entspricht der Technik des BMF-Schreibens von 20.4.2020. Sollte die Veranlagung für 2019 bereits bestandskräftig sein, wird dem Stpfl. ein eigenständiges Antragsrecht auf Änderung des Steuerbescheids eingeräumt; der Steuerbescheid 2019 ist insoweit zu ändern.

Gewerbesteuer

Für die Herabsetzung der Vorauszahlungen zur Gewerbesteuer ist der pauschalierte Verlustrücktrag nicht möglich, da Gewerbeverluste nur vorgetragen werden können (§ 10a Satz 2 GewStG). Überhöhte Vorauszahlungen werden nach Erlass des Gewerbesteuerbescheids durch Aufrechnung oder Zurückzahlung ausgeglichen (§ 20 Abs. 3 GewStG).

 

Ingetraut Meurer

Referatsleiterin im Bundesministerium der Finanzen (i.R.), Berlin
n/a