30.05.2019

BFH zur Kapitalertragsteuer…

vGA einer dauerdefizitären kommunalen Eigengesellschaft

BFH zur Kapitalertragsteuer…

vGA einer dauerdefizitären kommunalen Eigengesellschaft

Der BFH wird bald entscheiden müssen, ob der steuerliche Querverbund gegen das unionsrechtliche Beihilferecht verstößt. | ©momius - stock.adobe.com
Der BFH wird bald entscheiden müssen, ob der steuerliche Querverbund gegen das unionsrechtliche Beihilferecht verstößt. | ©momius - stock.adobe.com

Am 11.12.2018 hat der BFH[1] entschieden, dass der Ausschluss der Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) gem. § 8 Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 KStG nicht nur für die begünstigte dauerdefizitäre Eigengesellschaft einer JPdöR gilt, sondern auch für die kapitalertragsteuerlichen Folgen beim unmittelbaren oder mittelbaren Anteilseigner, der die Verluste der Gesellschaft trägt.

Im Entscheidungsfall glich eine kommunale Holdingkapitalgesellschaft die Verluste ihrer Tochter-GmbH aus[2], die ein begünstigtes Dauerverlustgeschäft ausübte. Zwischen den beiden Gesellschaften bestand kein Organschaftsverhältnis i.S.d. § 14 KStG[3]. Die Finanzverwaltung wollte deshalb die handelsrechtliche Gewinnminderung bei der Holding, die sich aus dem Verlustausgleich ergab, bei ihr als vGA gem. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG behandeln.

Nach § 8 Abs. 7 KStG sind die Rechtsfolgen einer vGA bei Kapitalgesellschaften nicht bereits deshalb zu ziehen, weil sie ein Dauerverlustgeschäft ausüben. Ein solches Dauerverlustgeschäft liegt vor, soweit aus verkehrs-, umwelt-, sozial-, kultur-, bildungs- oder gesundheitspolitischen Gründen eine wirtschaftliche Betätigung ohne kostendeckendes Entgelt unterhalten wird oder das Geschäft Ausfluss einer Tätigkeit ist, die bei der jPdöR zu einem Hoheitsbetrieb gehört. Hinzukommen muss, dass die Mehrheit der Stimmrechte bei der defizitären Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar auf jPdöR entfällt und nachweislich ausschließlich diese Gesellschafter die Verluste aus den Dauerverlustgeschäften tragen.


Diese Voraussetzungen lagen bei der dauerdefizitären Tochtergesellschaft, die aus kulturpolitischen Gründen ohne kostendeckende Entgelte tätig war, unstreitig vor. Der BFH bestätigte, dass die Kommune als mittelbarer Anteilseigner die Verluste der Gesellschaft nachweislich wirtschaftlich getragen hatte. Dazu reichte es im Streitfall aus, dass die Kommune ihren Konzern mit entsprechenden Gewinnbetrieben ausgestattet hatte und zugunsten des Verlustausgleichs tatsächlich auf die entsprechende Ausschüttung der erwirtschafteten Gewinne verzichtete[4].

Der BFH musste aber klären, ob auch die den Verlust ausgleichende Holding das Privileg des § 8 Abs. 7 KStG für sich in Anspruch nehmen durfte oder die Gewinnminderung aus der Verlustübernahme als vGA an die Kommune kapitalertragsteuerpflichtig war. Die Finanzverwaltung hatte unter Verweis auf den Wortlaut der Vorschrift und die jüngere Rechtsprechung des BFH[5] vorgetragen, dass die Holding sich nicht auf das Privileg berufen könne, da sie das Dauerverlustgeschäft nicht selbst ausübe. Eine wortlautüberschreitende Interpretation der Begünstigungsvorschrift auf Gewinnminderungen bei der Gesellschaft, die nur den Verlust der Tochter-GmbH ausgleicht, komme nicht in Frage[6].

Der Gesetzgeber hatte die Bestimmung aber gerade unter dem Eindruck des BFH-Urteils vom 22. 8. 2007[7] neu eingeführt. Damals hatte der BFH u.a. entschieden, dass die Übernahme einer Dauerverlusttätigkeit durch eine Gesellschaft einer jPdöR ohne schuldrechtlichen Verlustausgleich in Höhe der operativen Verluste eine vGA an die jPdöR auslöst. Dies war nach Ansicht des BFH nun bei der Auslegung des § 8 Abs. 7 KStG zu berücksichtigen. Da der Gesetzgeber alle Rechtsfolgen sperren wollte, die auf die gesetzlich begünstigte vGA zurückzuführen sind, müsse dies auch für die Besteuerungsebene des Anteilseigners gelten[8].

Der BFH stellte dementsprechend bei der Einordung des Sachverhaltes nicht auf den Ausgleich des Verlustes durch die Holding, sondern allein auf die originäre vGA der Dauerverlustgesellschaft ab. Da diese ihre Verlusttätigkeit auch – so wie vom BFH in seiner jüngeren Rechtsprechung gefordert[9] – selbst ausübte, waren auf allen Ebenen der Beteiligungskette die Rechtsfolgen der vGA nicht zu ziehen. Damit war der Vorgang auch nicht der Kapitalertragsteuer zu unterwerfen.

Bislang ist umstritten gewesen, ob § 8 Abs. 7 KStG zwar die Gesellschaft begünstigt, die den Dauerverlustbetrieb unterhält, es aber auf der Ebene des finanzierenden Gesellschafters gleichwohl zu einer vGA kommt. Dies wäre mit Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung, den steuerlichen Querverbund im bisherigen Umfang erhalten, aber kaum vereinbar gewesen. JPdöR können daher auch in Zukunft ihre begünstigten Dauerverlustbetriebe in Tochter- und Enkel-GmbHs überführen, ohne sogleich in eine Kapitalertragsteuerfalle zu tappen, wenn sie die Verluste der Gesellschaften außerhalb einer Organschaft ausgleichen.

Auch wenn der BFH bzgl. der Reichweite des § 8 Abs. 7 KStG diesmal zugunsten der öffentlichen Hand entschieden hat, so versäumt er jedoch nicht, auf das laufende Revisionsverfahren I R 55/17 zu verweisen. Wenngleich der BFH keine beihilferechtlichen Zweifel wegen der kapitalertragsteuerlichen Folgen der Vorschrift äußerte, so wird er demnächst zu der bedeutsamen Frage ihrer Anwendbarkeit im Rahmen der Körperschaftsteuer darüber entscheiden müssen, ob der steuerliche Querverbund gegen das unionsrechtliche Beihilferecht verstößt[10].

[1] VIII R 44/15, Vorinstanz FG Münster v. 18.05.2015, 10 K 1712/11 Kap, EFG 2015, 2076.

[2] Die (Zwischen-) Holding war ihrerseits Organtochter einer rein kommunalen Holdinggesellschaft.

[3] Dann wäre § 15 S.1 Nr. 4 KStG einschlägig gewesen.

[4] In diesem Sinne Gosch, KStG, 2015, § 8 Rn. 1043g, Schnitger/Fehrenbacher KStG, 2018, § 8 Rn. 848.

[5] BFH v. 9.11.2016, I R 56/15, BStBl. II 2017 S. 498.

[6] So auch Gosch KStG, a.a.O., § 8 Rn. 1043q.

[7] BFH v. 22. 8. 2007, I R 32/06, BStBl. 2007, II 961.

[8] BMF v. 12.11.2009, BStBl. I 2009 S. 1303 Rn. 25; Schnitger/Fehrenbacher KStG, 2018, § 8 Rn. 906.

[9] BFH v. 9.11.2016, I R 56/15, BStBl. II 2017 S. 498.

[10] Näher dazu Hidien/Jürgens, Die Besteuerung der öffentlichen Hand, 2017, § 5 Rn. 776 ff.

 

Eike Christian Westermann

Steuerberater, Fachanwalt für Steuerrecht und für Handels- und Gesellschaftsrecht bei der KPMG AG WPG

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