05.04.2021

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kommunalfinanzen (3)

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Teil 3

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kommunalfinanzen (3)

Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Teil 3

Ein Beitrag aus »Die Gemeindekasse Baden-Württemberg« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Die Gemeindekasse Baden-Württemberg« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Die Bundesregierung hat mit der Drucksache 19/23514 vom 20.10.2020 ausführlich auf eine Kleine Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Kommunalfinanzen geantwortet. Teil 3 der Reihe beschäftigt sich mit der Mindestausstattung der Kommunen, der Anpassung der Förderprogramme, dem Durchgriffsverbot und der Konnexität.

Mindestausstattung der Kommunen

Der Frage nach der finanziellen Mindestausstattung der Kommunen weicht die Bundesregierung etwas aus und erklärt, dass den Gemeinden und Gemeindeverbänden nach Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz (GG) das Recht zur kommunalen Selbstverwaltung zu gewährleisten sei und dies auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung umfasse. In diesem Rahmen liege die Gewährleistung einer aufgabenadäquaten Finanzausstattung im zweistufigen Staatsaufbau der BRD in der Verantwortung der jeweiligen Länder, die entsprechende Ansprüche ihrer Kommunen in ihren jeweiligen Landesverfassungen präzisierten. Der einfache Verweis der Bundesregierung auf die Präzisierung durch die Landesverfassungen greift jedoch zu kurz, wenn gerade diese etwa einen Leistungsfähigkeitsvorbehalt formulieren, den Art. 28 Abs. 2 GG eben nicht enthält.

Anpassung auf Förderprogramme

a) Bund-Länder-Programm Städtebauförderung


Mit der Weiterentwicklung 2020 bietet das Bund-Länder-Programm Städtebauförderung einen flexiblen Instrumentenbaukasten, der auf die aktuellen Herausforderungen angepasste Förderschwerpunkte setzt. Dies gilt auch für die Problemlagen infolge der COVID-19-Pandemie. So kann bspw. das neue Programm „Lebendige Zentren“ einen wichtigen Beitrag für die Rettung der Innenstädte leisten. Zudem können Kommunen in Haushaltsnotlage durch eine Reduzierung ihres Eigenanteils gezielt unterstützt werden. Um den Ländern und Kommunen die Umsetzung in 2020 zu erleichtern, wurden bei Bedarf Verfahrenserleichterungen und Fristverlängerungen gewährt. Für die Förderung ab 2021 wird in Abstimmung mit den Ländern geprüft, ob aufgrund der Erfahrungen der vergangenen Monate ggf. Feinjustierungen erforderlich sind.

b) Bundesprogramm „Demokratie leben!“

Das Bundesprogramm „Demokratie leben!“ ist seit seinem Start in 2015 als lernendes, d. h. auf Veränderung angelegtes Programm konzipiert. Insbesondere mit Blick auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen und auf Grundlage der gewonnenen Erfahrungen wird das Programm stetig weiterentwickelt. Auch auf die Folgen der COVID-19-Pandemie wurde mit verschiedenen Maßnahmen reagiert. So erhielten alle derzeit geförderten Partnerschaften für Demokratie (PfD) kürzlich die Möglichkeit, bis zu 20 000 € zusätzliche Mittel zu beantragen, um konkrete, zusätzliche Maßnahmen zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Pandemie mit Bezug zu den Zielstellungen des Bundesprogramms (z. B. zum Umgang mit Verschwörungsmythen und -ideologien oder zu aktuellen Rassismus-Phänomenen, etc.) planen und umsetzen zu können. Darüber hinaus gab und gibt es im gesamten Bundesprogramm administrative Anpassungen, mit denen auf die Folgen der Pandemie reagiert wird.

c) Förderprogramme der Nationalen Klimaschutzinitiative

In den Förderprogrammen der Nationalen Klimaschutzinitiative „Kommunalrichtlinie“, „Klimaschutz durch Radverkehr“ und „Kommunale Klimaschutz Modellprojekte“ wurden zum 01.08.2020 erhebliche Verbesserungen im Zuge des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakets der Bundesregierung in Kraft gesetzt. Insbesondere wurden in den drei Förderprogrammen die Förderquoten erhöht. Der Mindesteigenanteil wurde um zehn Prozentpunkte gesenkt. Finanzschwache Kommunen sind von der Pflicht, einen Eigenanteil zu leisten, befreit. Zudem wurde die Definition von finanzschwachen Kommunen erweitert. Als finanzschwach gelten demnach künftig alle Kommunen, die an einem landesrechtlichen Hilfs- oder Haushaltssicherungsprogramm teilnehmen oder denen die Finanzschwäche durch die Kommunalaufsicht bescheinigt wird. Die geänderten Förderbedingungen gelten bis zum 31.12.2021.

d) Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“

Für die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) gelten zur Verstärkung der Investitionsanreize von Unternehmen und Kommunen befristet erleichterte Förderbedingungen. Bis 31.12.2021 können auch gewerbliche Investitionen gefördert werden, mit denen die Arbeitsplatzzahl in der betreffenden Betriebsstätte um mindestens 5%erhöht wird oder deren Investitionsvolumen die durchschnittlichen Abschreibungen der Betriebsstätte um mind. 25 % übersteigt. Die geforderte sog. besondere Anstrengung der Unternehmen wurde damit jeweils halbiert. Für Investitionen in die wirtschaftsnahe Infrastruktur wurde bis Ende 2023 der GRW-Höchstfördersatz auf 95 % heraufgesetzt, sodass der kommunale Eigenanteil gegenüber dem bisherigen Status quo halbiert werden kann. Dies stärkt die Investitionsmöglichkeiten in die Attraktivität der regionalen Wirtschaftsstandorte und entlastet die Kommunen finanziell. Außerdem wurden zur Unterstützung der regionalen Wirtschaftsstrukturen in der Pandemie die Bundesmittel für die GRW für 2020 und 2021 um je 250Mio. € aufgestockt.

e) KfW-Programm „Investitionskredit Kommunale und Soziale Unternehmen“

Das Eigenprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau „Investitionskredit Kommunale und Soziale Unternehmen (IKU)“ ermöglicht seit 01.04.2020 kommunalen Unternehmen und gemeinnützigen Organisationen eine zinsgünstige und langfristige Finanzierung von Investitionen in die kommunale und soziale Infrastruktur sowie, befristet bis 30.12.2020, auch die Finanzierung von Betriebsmitteln.

f) DigitalPakt Schule und OpenEduHub

Der DigitalPakt Schule wurde unter dem Eindruck der Pandemie mit Wirkung vom 04.07.2020 durch die Zusatzvereinbarung (ZV) „Sofortausstattungsprogramm“ ergänzt. Hierfür stellt der Bund zusätzliche Finanzhilfen i. H. v. 500 Mio. € für digitale Endgeräte bereit, die von den Schulen an bedürftige Schüler/-innen ausgegeben werden können. Bund und Länder haben darüber hinaus eine derzeit zur Unterschrift durch die Kultusministerinnen und Kultusminister der Länder sowie durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) vorliegende weitere Zusatzvereinbarung „Administration“ erarbeitet. Das BMBF für Bildung und Forschung fördert überdies als Sofortmaßnahme das Projekt „OpenEduHub“ bis Jahresende 2020. Im Rahmen von OpenEduHub wird die HPI Schul-Cloud zeitlich befristet für Schulen in ganz Deutschland geöffnet, sofern diese auf keine adäquaten Lösungen zurückgreifen können.

g) Verkehr und Infrastruktur

Im Bereich Verkehr und Infrastruktur ist eine Vielzahl von Corona-bedingten Anpassungsmaßnahmen vorgenommen worden, die individuell nach Fördervorhaben ausgestaltet wurden. Die in Umsetzung befindlichen Corona-bedingten Anpassungen erstrecken sich u. a. auf die Verlängerung der Projektlaufzeiten und Einreichfristen, die Vereinfachung der Beleg- und Berichtspflichten sowie des Abruf- und Vergabeverfahrens, die Priorisierung von Auszahlungen, die vereinfachte Handhabung fachlicher und administrativer Projektanpassungen, das proaktive Informieren der Zielgruppen sowie die Anerkennung von Umrüstungskosten zur virtuellen Kommunikation. Die in Planung befindlichen Maßnahmen umfassen Sonderaufrufe innerhalb bestehender Förderprogramme und die Corona-bedingte Verlängerung der Förderrichtlinien. In den folgenden Förderprogrammen wurden entsprechende Anpassungen vorgenommen oder sind in Vorbereitung:

  • Förderung zur Unterstützung des flächendeckenden Breitbandausbaus in der BRD
  • Umrüstung des GSM-R-Funksystems zur Erhöhung der Störfestigkeit
  • 5G-Innovationsprogramm: 5G-Forschungsförderung
  • 5G-Innovationsprogramm: 5G-Konzeptförderung
  • 5G-Innovationsprogramm: 5G-Umsetzungsförderung
  • Mobilfunkförderung
  • Ideen- und Förderaufruf zum Thema unbemannte Luftfahrtanwendungen und individuelle Luftmobilitätslösungen (UAS, Flugtaxis)
  • De-minimis-Beihilfe zur Computerspieleentwicklung des Bundes/ Modernitätsfonds (mFUND)
  • Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen der Lärmminderung an Bestandsgüterwagen i. R. d. Einführung eines lärmabhängigen Trassenpreissystems auf Schienenwegen der Eisenbahninfrastrukturunternehmen des Bundes (Förderrichtl. laTPS)
  • Zuwendungen an Kommunen/Landkreise zur Förderung der Städtischen Logistik
  • Zuschüsse an private Unternehmen für Investitionen in den Kombinierten Verkehr
  • Kommunale Modellvorhaben 2018 bis 2020 im Öffentlichen Personennahverkehr ergänzend zum Sofortprogramm Saubere Luft
  • Förderrichtlinie „Betriebliches Mobilitätsmanagement“
  • Förderrichtlinie für die Nachrüstung von Diesel-Bussen der Schadstoffklassen EURO III, IV, V und EEV im Öffentlichen Personennahverkehr / Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme / Förderprogramm zur Aus- und Umrüstung von Seeschiffen auf Nutzung von LNG als Schiffskraftstoff
  • Richtlinie über Zuwendungen zur Marktaktivierung alternativer Technologien für die umweltfreundliche Bordstrom- und mobile Landstromversorgung von See- und Binnenschiffen
  • Luftfahrt Kraftstoffe und Antriebe
  • Kraftstoffe (strombasiert, Bio) / Kraftstoffe (regenerativ)
  • Anschaffung Nutzfahrzeuge mit alternativen Antrieben
  • Nationales Innovationsprogramm Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie Phase II
  • Batterie-Elektromobilität
  • Ladeinfrastruktur
  • Richtlinie zur Förderung von nicht investiven Maßnahmen zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans (öffentliches Recht)
  • Richtlinie zur Förderung von nicht investiven Maßnahmen zur Umsetzung des Nationalen Radverkehrsplans (privates Recht)
  • Förderrichtlinie für die Ausrüstung von Kraftfahrzeugen mit Abbiegeassistenzsystemen
  • Förderrichtlinie Digitale Testfelder in Häfen
  • Nachhaltige Modernisierung von Binnenschiffen
  • Innovative Hafentechnologien IHATEC I
  • Innovative Hafentechnologien IHATEC II Richtlinie zur Förderung der Aus- und Weiterbildung in der deutschen Binnenschifffahrt

Durchgriffsverbot und Konnexität

Die Bundesregierung wird auch ausführlich nach den Folgen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom07.07.2020 (2 BvR 696/12) zum Durchgriffsverbot nach Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG gefragt (Frage 50 ff.). Bezogen auf Konsequenzen des Urteils auf Gesetzesvorhaben der Bundesregierung, z. B. den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter oder weitere Gesetzesvorhaben, legt sie dar, dass sich Konsequenzen auf Gesetzgebungsvorhaben sich nur dann ergeben könnten, wenn dadurch neue Aufgaben bundesgesetzlich den Kommunen übertragen werden sollten. Aus dem Beschluss des BVerfG ergäben sich allerdings keine Konsequenzen für das Achte Buch Sozialgesetzbuch (SGB VIII) bzw. für die in der Frage zitierten Vorhaben.

Das Durchgriffsverbot des Art. 84 Abs. 1 Satz 7 GG sichere, dass eine Zuweisung von Aufgaben ausschließlich durch die Länder erfolgen könne. Maßgeblich für die Zuständigkeit und die Leistungspflicht für die Leistungen des SGB VIII sei ausschließlich das Landesrecht. Die Antwort ist zwar für sich zutreffend, geht aber an den Inhalten des BVerfG-Beschlusses insoweit vorbei, als diese insbesondere sich mit Aufgabenerweiterungen, neuen Standards und der wesentlichen Veränderung bestehender Bundesgesetze befassen.

 

Deutscher Bundestag

Gemeindekasse BW 2021/1

Die Gemeindekasse Baden-Württemberg

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Fachzeitschrift für das kommunale Finanzwesen
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