02.12.2025

Erfolgsfaktoren neuer Arbeitswelten in den Kommunen

Digitalisierung, Personalmangel, Homeoffice

Erfolgsfaktoren neuer Arbeitswelten in den Kommunen

Digitalisierung, Personalmangel, Homeoffice

Eine zukunftsorientierte Personalentwicklung ist auch im öffentlichen Dienst von herausragender Bedeutung.  | © Olivier Le Moal - Fotolia
Eine zukunftsorientierte Personalentwicklung ist auch im öffentlichen Dienst von herausragender Bedeutung. | © Olivier Le Moal - Fotolia

Arbeitsabläufe in den Kommunen verändern sich aktuell rasant. Dabei hat die Coronapandemie eingeleitete Prozesse beschleunigt und die Digitalisierung in den Kommunen vorangetrieben. Die veränderten Arbeitsabläufe fordern jetzt auch andere Ausstattungen der Verwaltungsgebäude und der Arbeitsplätze ein.
Aussitzen hilft nicht, auch nicht der Verweis auf angespannte Haushaltssituationen. Wird jetzt nicht (endlich) in die Verwaltungsgebäude investiert, die Arbeitsflächen umgebaut sowie die neuen Arbeitswelten erfolgreich implementiert, funktionieren die Kommunalverwaltungen selbst dann nicht mehr, wenn andere zentrale Herausforderungen wie chronische Unterfinanzierung und Personalmangel gelöst werden.

Ausgangslage: Investitionsbedarfe in öffentlichen Verwaltungsgebäuden

Die kommunalen Verwaltungsgebäude in Deutschland befinden sich in einem desolaten Zustand. Dabei sind unter Verwaltungsgebäude die Gebäude zu verstehen, die der Unterbringung der Verwaltung dienen.1Rathäuser, Landratsämter, räumlich ausgelagerte Dienststellen/Ämter bzw. Nebenstellen der Landkreis-, Stadt- oder Gemeindeverwaltungen, Bürgerämter, Bauhöfe, kommunale Jobcenter. Nicht zu subsumieren sind: Schulen, Kitas, Kultur- und Sporteinrichtungen, Feuerwehr-häuser. Trotz der hohen Bedeutung zur Sicherstellung der kommunalen Selbstverwaltung ist die kommunalpolitische Priorität des Themas als gering einzustufen. Zustand und Ausstattung der Verwaltungsgebäude stellen – in Politikersprache – kein „Gewinnerthema“ dar. Nach aktuellen Befragungen liegen kommunalpolitische Investitionsprioritäten zuerst bei Kinderbetreuung und Schulen, abgeschlagen sind die kommunalen Verwaltungsgebäude bei nur 9 %im Vergleich der politischen Prioritäten kommunaler Investitionsbereiche.2KfW-Kommunalpanel 2024, S. 30, online abrufbar: https://www.kfw. de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumen te-KfW-Kommunalpanel/KfW-Kommunalpanel-2024.pdf, zuletzt abgerufen: 23.09.2024. Dabei sind Zustand und Ausstattung der Verwaltungsgebäude wichtig. Sie sind Grundvoraussetzung für das Funktionieren von Verwaltungen und repräsentieren kommunale Selbstverwaltung.

Die beschriebene und bereits jahrzehntelang anhaltende fehlende lokalpolitische Priorität der baulichen Investitionen in Kommunalverwaltungen ist in den Orten sichtbar. Es besteht ein erheblicher investiver Nachholbedarf zur Beseitigung von technischen und baulichen Mängeln in den kommunalen Verwaltungsgebäuden. Dieser wird mit fast 20 Mrd. € beziffert.3KfW-Kommunalpanel 2024, S. 29, a. a. O.


Neben dem investiven Nachholbedarf können investive Mehrbedarfe in den Kommunen prognostiziert werden. Diese folgen nicht nur aus veränderten rechtlichen Anforderungen an die Gebäude. Nur beispielhaft sei diesbezüglich auf die EU-Gebäuderichtlinie zur Steigerung der Energieeffizienzklasse hingewiesen. Ferner sind die kommunalen Verwaltungsgebäude, wohl weit über 25 000 in Deutschland, wichtiger Baustein der politisch gewollten Energie- und Wärmewende. Investive Mehrbedarfe sind aber auch mit wachsenden Flächenbedarfen zu begründen. Immerhin 21 %der Kommunen gehen nach einer Untersuchung von KfW Research4Volkswirtschaftliches Kompetenzzentrum der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW). und dem Deutschen Institut für Urbanistik (Difu) von weiter steigenden Flächenbedarfen aus, begründet insbesondere für die Anforderungen in den Bereichen Soziales, Jugend und Kitas.5Sonderauswertung des KFW-Kommunalpanels 2024: „Hohe kom-munale Investitionsbedarfe in öffentlichen Verwaltungsgebäuden“, online abrufbar: https://backend.repository.difu.de/server/api/core/bitstreams/d61a37b6-bc27-4d18-adec-b4e1b80ed3d5/content, zuletzt abgerufen am 23.09.2024.

Arbeitgeberattraktivität

Neben diesen bestehenden investiven Nach- und Mehrbedarfen müssen aber die Verwaltungsgebäude auch aus einem anderen Aspekt in den (finanziellen) Blick genommen worden. Die Kommunen sind aufgefordert, attraktive Angebote zu machen, um im Wettbewerb um Köpfe zu bestehen. Auch der interkommunale Wettbewerb um Fachkräfte hat jedenfalls an Dynamik gewonnen. Ferner ist die Wechselbereitschaft der Beschäftigten angestiegen. Die Aufgabenzufriedenheit ist jedenfalls höher als die Arbeitgeberzufriedenheit. 80 % der Beschäftigten im öffentlichen Dienst können sich einen Wechsel vorstellen.6Studie Bleibebarometer Öffentlicher Dienst, S. 9, online abrufbar: https://nextpublic.de/bleibebarometer-oeffentlicher-dienst/, zuletzt abgerufen am 23.09.2024. Und in diesem Wettbewerb um die klugen Köpfe spielen die Verwaltungsgebäude eine nicht zu unterschätzende Rolle.7Hauser u. a., Büro als Treiber von Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterengagement, in: Klaffke, Arbeitsplatz der Zukunft, Berlin 2016, 75 % der befragten Kom-unen stimmen der Aussage zu, wonach der Gebäudezustand Einfluss auf die Produktivität und Arbeitsmotivation hat.8KfW-Kommunalpanel 2024, S. 32, a. a. O. Zudem hat der äußere Zustand der Gebäude einen Einfluss darauf, wie die Kommunen von Einwohnern und Bürgern wahrgenommen werden.

Umbauzwänge durch veränderte Arbeitsprozesse

Das alles sind keine überraschenden Feststellungen, und trotzdem hat dies in der Vergangenheit nicht zur Bereitstellung von hinrei-chenden Budgets für Verwaltungsgebäude geführt. Das wird nun anders, der Veränderungsdruck steigt. Neben investiven Mehr- und Nachholbedarfen sowie der Steigerung der Arbeitgeberattraktivität kommt ein Treiber, der in der massiven Veränderung der Arbeitsprozesse in den Verwaltungen selbst liegt. Und diese zwingen zu baulichen Veränderungen, zu neuen kommunalen Arbeitswelten. Die massiven Veränderungen und die Digitalisierung von Arbeitsprozessen während der Coronapandemie waren dazu geeignet, bestehende Probleme zu verschärfen, Defizite noch besser und genauer zu sehen. Zugleich wurden Chancen sichtbar, die aus dieser Reallabor-Situation entsprungen sind. Neue Technologien, neue Führungsinstrumente und neue Arbeitsprozesse wurden eingesetzt und probiert.

Diese Veränderungen müssen nun lokalpolitische Prioritäten in Richtung von Ausstattung und baulichen Veränderungen der Rathäuser, Landratsämter und Verwaltungsgebäude lenken. Und die Veränderungen sollten auch keine Ängste bei den Beschäftigten auslösen. Mitarbeiter von Kommunalverwaltungen beweisen ohnehin schon seit Jahren und Jahrzehnten, dass sie Veränderungsprozesse tragen können. Organisationsstrukturen, Arbeitsweisen und Stellenbeschreibungen wurden in der Vergangenheit – auch ganz analog und ohne Pandemie – permanent angepasst und verändert.

Neu ist nur das „Wording“. „Change“–so werden die aktuellen Verwaltungsveränderungen genannt und durch Veränderungsmanagement (Change-Management) mehr oder minder erfolgreich gesteuert. „Change“ meint dabei zunächst, dass es kein Zurück in die Vor-Coronazeit gibt. Mobile Arbeit und hybride Arbeitsformen sind gekommen, um zu bleiben. Das Homeoffice hat sich in Kommunalverwaltungen nach den Coronajahren fest verankert. Ein „Return to office“ ist jedenfalls nicht feststellbar, auch wenn das Softwareunternehmen SAP, Amazon und die Deutsche Bank aktuell ihre Mitarbeiter zurück in die Büros holen.9Vgl. „Das Home-Office stirbt nicht aus“, SZ vom 23.09.2024, S. 15. In den Kommunalverwaltungen werden die Uhren nicht zurückgedreht, und der Umfang von Homeoffice wird nicht zurückgehen. Das Thema Homeoffice ist aber nur ein Bereich der Veränderung. Treiber sind neben der Implementierung von Homeoffice, exakter formuliert der mobilen Arbeit, der Personalmangel bei immer komplexeren Aufgaben, der Druck zum serviceorientieren Handeln, die Digitalisierung von Bürgerkontakten, verstärkte interkommunale Zusammenarbeit sowie auch die Steigerung der Zufriedenheit von Mitarbeitern.

Den gesamten Beitrag lesen Sie in unserer apf Heft 01/2025.

 

Prof. Dr. Oliver Junk

Professor für Verwaltungsrecht, Schwerpunkt Kommunalrecht, Fachbereich Verwaltungswissenschaften, an der Hochschule Harz.
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  • 1
    Rathäuser, Landratsämter, räumlich ausgelagerte Dienststellen/Ämter bzw. Nebenstellen der Landkreis-, Stadt- oder Gemeindeverwaltungen, Bürgerämter, Bauhöfe, kommunale Jobcenter. Nicht zu subsumieren sind: Schulen, Kitas, Kultur- und Sporteinrichtungen, Feuerwehr-häuser.
  • 2
    KfW-Kommunalpanel 2024, S. 30, online abrufbar: https://www.kfw. de/PDF/Download-Center/Konzernthemen/Research/PDF-Dokumen te-KfW-Kommunalpanel/KfW-Kommunalpanel-2024.pdf, zuletzt abgerufen: 23.09.2024.
  • 3
    KfW-Kommunalpanel 2024, S. 29, a. a. O.
  • 4
    Volkswirtschaftliches Kompetenzzentrum der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW).
  • 5
    Sonderauswertung des KFW-Kommunalpanels 2024: „Hohe kom-munale Investitionsbedarfe in öffentlichen Verwaltungsgebäuden“, online abrufbar: https://backend.repository.difu.de/server/api/core/bitstreams/d61a37b6-bc27-4d18-adec-b4e1b80ed3d5/content, zuletzt abgerufen am 23.09.2024.
  • 6
    Studie Bleibebarometer Öffentlicher Dienst, S. 9, online abrufbar: https://nextpublic.de/bleibebarometer-oeffentlicher-dienst/, zuletzt abgerufen am 23.09.2024.
  • 7
    Hauser u. a., Büro als Treiber von Arbeitgeberattraktivität und Mitarbeiterengagement, in: Klaffke, Arbeitsplatz der Zukunft, Berlin 2016,
  • 8
    KfW-Kommunalpanel 2024, S. 32, a. a. O.
  • 9
    Vgl. „Das Home-Office stirbt nicht aus“, SZ vom 23.09.2024, S. 15.