01.10.2024

Fachkräftemangel im Öffentlichen Dienst

Können Crowdworking-Plattformen Abhilfe schaffen?

Fachkräftemangel im Öffentlichen Dienst

Können Crowdworking-Plattformen Abhilfe schaffen?

© Jürgen Fälchle  – stock.adobe.com
© Jürgen Fälchle – stock.adobe.com

Die Ludwigsburger Digitalisierungsgespräche sind ein Garant für innovative Denkansätze und verdienen das Prädikat „Besonders wertvoll“! In der 5. Runde dieser Veranstaltungsreihe stand erneut ein spannendes Thema auf der Agenda: Können neue digitale Arbeitsmodelle, insbesondere Crowdworking, zur Lösung des Personal- und Fachkräftemangels beitragen?

Prof. Dr. Volkmar Mrass, MBA, von der Fakultät für Management und Recht der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, moderierte die Veranstaltung gewohnt souverän und kompetent. Die namhaften Referentinnen und Referenten aus Wirtschaft und Verwaltung vermittelten den Teilnehmenden mit ihren Statements und Diskussionsbeiträgen einen umfassenden Einblick in das breite Spektrum der Einsatzmöglichkeiten von Crowdworking.

Aktuelle Herausforderungen im Öffentlichen Dienst

Die Diskussion begann mit einer Analyse der gegenwärtigen Situation im öffentlichen Dienst. Im Jahr 2023 waren etwa 5,3 Millionen Menschen im öffentlichen Dienst beschäftigt, was rund 12 % der Gesamtbeschäftigten in Deutschland entspricht. Im internationalen Vergleich ist dieser Anteil relativ niedrig. Ein wesentlicher Punkt der Debatte war der demografische Wandel: Rund 27 % der Beschäftigten im öffentlichen Dienst werden innerhalb der nächsten zehn Jahre in den Ruhestand gehen, was zu einem signifikanten Rückgang der verfügbaren Fachkräfte führen wird.


Fachkräfteengpässe sind nicht nur eine statistische Herausforderung; sie wirken sich direkt auf die Qualität der Dienstleistungen aus, die die öffentliche Verwaltung erbringt. Die Teilnehmer erörterten konkrete Beispiele, bei denen bestehende Personalmangel zu Verzögerungen in der Bearbeitung von Anträgen und einer Abnahme der Servicequalität führte. Die Prognosen deuten darauf hin, dass bis 2030 mehr als 1 Million Fachkräfte im öffentlichen Sektor fehlen könnten, was die Dringlichkeit der Problematik unterstreicht.

Crowdworking als innovative Lösung

Was verbirgt sich nun hinter dem Begriff „Crowdworking“? Beim Crowdworking, auch Crowdsourcing, Clickworking oder Plattformarbeit genannt, werden inhaltlich und zeitlich begrenzte Tätigkeiten über Onlineplattformen vergeben und somit akutem Fachkräftemangel, unerwarteten Krankenständen oder begrenzten Budgetkapazitäten entgegengewirkt.

Beispiele aus der Privatwirtschaft, wie das Projekt von Airbus, das in nur sechs Wochen 425 Designs für Frachtdrohnen durch Crowdworking generierte, wurden angeführt, um das Potenzial dieser Arbeitsweise zu verdeutlichen. Airbus berichtete von einer deutlichen Steigerung der Geschwindigkeit und der Qualität der Ergebnisse, was auf die Diversität der Beiträge von Crowdworkern zurückgeführt wurde. Ein weiterer Vorteil von Crowdworking ist die Möglichkeit, verschiedene Perspektiven und Ideen zu integrieren, was die Innovationskraft steigern kann.

Vorteile von Crowdworking-Plattformen

Die Vorteile von Crowdworking wurden von den Referentinnen und Referenten sowie von den Teilnehmenden eingehend diskutiert:

  1. Flexibilität und Agilität:
    Crowdworking ermöglicht eine schnelle Reaktion auf sich verändernde Anforderungen und kann kurzfristig auf Ressourcenengpässe reagieren.
  2. Zugang zu einem breiten Talentpool:
    Durch die Einbindung von Crowdworkern können Institutionen auf eine große Anzahl von Fachkräften zugreifen, die möglicherweise nicht im traditionellen Arbeitsmarkt verfügbar sind.
  3. Kosteneffizienz:
    Die Auslagerung von Aufgaben an externe Fachkräfte kann die Kosten im Vergleich zu internen Entwicklungen senken, da weniger Personal eingestellt werden muss.
  4. Innovative Lösungsansätze:
    Die Vielzahl an Beiträgen von verschiedenen Experten kann zu kreativen und innovativen Lösungen führen, die innerhalb traditioneller Strukturen möglicherweise nicht entstanden wären.
Herausforderungen und Bedenken

Trotz der vielversprechenden Vorteile wurden auch Herausforderungen angesprochen, die bei der Implementierung von Crowdworking im öffentlichen Dienst berücksichtigt werden müssen:

  • Qualitätssicherung:
    Es besteht die Notwendigkeit, sicherzustellen, dass die Arbeitsergebnisse den Standards des öffentlichen Sektors entsprechen. Die Qualität der Crowdworking-Leistungen muss systematisch überprüft werden.
  • Rechtliche Rahmenbedingungen:
    Die rechtlichen Implikationen von Crowdworking sind komplex. Fragen des Datenschutzes, der Haftung und der Arbeitsrechtlichkeit müssen geklärt werden, bevor eine breite Implementierung stattfinden kann.
  • Akzeptanz im öffentlichen Dienst:
    Die Einführung neuer Arbeitsmodelle stößt oft auf Widerstand innerhalb von Organisationen. Eine Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeiter sind unerlässlich, um die Akzeptanz zu erhöhen.
  • Integration in bestehende Strukturen:
    Crowdworking kann nicht isoliert betrachtet werden; es muss in die bestehenden Prozesse und Strukturen integriert werden, was zusätzliche Herausforderungen mit sich bringen kann.
Fazit und Ausblick

Die Ludwigsburger Digitalisierungsgespräche zeigten, dass Crowdworking als Teil einer umfassenden Strategie zur Bekämpfung des Fachkräftemangels im öffentlichen Dienst betrachtet werden sollte.

Crowdworking-Plattformen bieten eine flexible und innovative Lösung für einige der Probleme, die mit dem Fachkräftemangel im öffentlichen Dienst einhergehen. Sie könnten insbesondere in Bereichen, die schnelle und spezialisierte Lösungen erfordern – wie z. B. der Textprüfung oder der Erstellung von Erklärvideos –, wertvolle Unterstützung leisten.

Allerdings müssen rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen sorgfältig geprüft werden, bevor ein breiter Einsatz im öffentlichen Sektor erfolgen kann.

 
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