21.10.2024

Zuverlässigkeitsvoraussetzungen für Wachpersonen

Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam

Zuverlässigkeitsvoraussetzungen für Wachpersonen

Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam

Das Merkmal der Zuverlässigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. | © Lance Bellers - Fotolia.com
Das Merkmal der Zuverlässigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt. | © Lance Bellers - Fotolia.com

Das Verwaltungsgericht Potsdam hatte über den Antrag eines die Beschäftigung als Wachperson anstrebenden Mannes zu entscheiden, der mit seinem Antrag begehrte, den Antragsgegner zu verpflichten, festzustellen, dass er zuverlässig im Sinne von § 34a GewO ist.

Sachverhalt

Der Antragsteller verfolgt das Ziel, im Gewerbebetrieb der Firma M (vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache) als Wachperson arbeiten zu dürfen. Dazu bedarf es einer positiven Feststellung seiner Zuverlässigkeit durch die zuständige Behörde und Mitteilung hierüber an den Gewerbetreibenden, ohne die der Antragsteller nicht als Wachperson beschäftigt werden darf, vgl. § 34a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 GewO, § 16 Abs. 1, Abs. 2 Satz 3 BewachV.

Statthaft ist insoweit ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 VwGO. Ob es auch der Aufhebung der Mitteilung des Antragsgegners vom 20. September 2023 über die Unzuverlässigkeit des Antragstellers bedarf, ist davon abhängig, ob diese als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist.


Normen und Leitsatz

BewachV – § 16

GewO – § 34a

Von einer im Bewachungsgewerbe tätigen Person muss erwartet werden, dass sie die Rechtsordnung nicht nur während ihrer Berufsausübung, sondern auch im privaten Bereich beachtet (nichtamtlicher Leitsatz).

Verwaltungsgericht Potsdam, Beschl. v. 21.12.2023 – 3 L 857/23

Aus den Gründen

Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis eine einstweilige Anordnung treffen, wenn diese Regelung notwendig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden. Die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) und der geltend gemachte Anspruch (Anordnungsanspruch) sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO).

Begehrt ein Antragsteller die Vorwegnahme der Hauptsache, kommt die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nur in Betracht, wenn ein Obsiegen im Hauptsacheverfahren mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist und dem Rechtsschutzsuchenden andernfalls schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Nachteile entstünden, zu deren nachträglicher Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt.

Kein Anordnungsgrund vorhanden

Der Antragsteller hat bereits das Vorliegen eines Anordnungsgrundes nicht glaubhaft gemacht. Es ist weder vorgetragen, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass die begehrte Mitteilung über die Feststellung der Zuverlässigkeit des Antragstellers zur Abwendung schwerwiegender, irreversibler Nachteile nötig erscheint.

Soweit der Antragsteller lediglich vorträgt, ihm sei einstweiliger Rechtsschutz zu gewähren, damit er seinen Lebensunterhalt verdienen könne, ist ihm zuzumuten, entsprechend der gesetzlichen Konzeption von der begehrten Tätigkeit abzusehen und seinen Lebensunterhalt auf andere Weise zu bestreiten, solange er die erforderliche behördliche Bestätigung nicht erstritten hat.

Ungeachtet dessen hat der Antragsteller auch nicht glaubhaft gemacht, dass ihm mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Anspruch auf Mitteilung einer positiven Beurteilung seiner Zuverlässigkeit gemäß § 34a Abs. 1a Satz 1 Nr. 1 GewO zusteht. Nach dieser Vorschrift dürfen mit der Durchführung von Bewachungsaufgaben nur Personen beschäftigt werden, die die erforderliche Zuverlässigkeit besitzen.

Unzuverlässigkeit im Bewachungsgewerbe

Durch Verweisung in § 34a Abs. 1a Satz 6 auf Abs. 1 Satz 4 GewO werden die dort geregelten Gründe für die Unzuverlässigkeit im Bewachungsgewerbe für das Bewachungspersonal entsprechend für anwendbar erklärt. Zwar liegt hier keiner der in § 34a Abs. 1 Satz 4 GewO genannten Tatbestände vor, bei deren Vorliegen in der Regel die Unzuverlässigkeit anzunehmen ist. Die Vorschrift lässt jedoch die Möglichkeit offen, die Unzuverlässigkeit auf andere, hier nicht ausdrücklich benannte Tatbestände zu stützen.

Nach allgemeinen gewerberechtlichen Grundsätzen ist unzuverlässig, wer nach dem Gesamtbild seines Verhaltens keine Gewähr für eine künftige ordnungsgemäße Ausübung seines Berufs und die Einhaltung der Rechtsordnung bietet. Das Merkmal der Zuverlässigkeit ist ein unbestimmter Rechtsbegriff, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt.

Vorliegend rechtfertigt der der Verurteilung durch das Amtsgericht T wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz zugrunde liegende Sachverhalt die Prognose der Unzuverlässigkeit des Antragstellers für die Tätigkeit als Wachperson.

Mangelnde Impulskontrolle

Nach den Feststellungen des Amtsgerichts T hat dieser entgegen der gegen ihn erlassenen einstweiligen Anordnung Kontakt zu seiner ehemaligen Lebensgefährtin aufgenommen, indem er ihr eine Textnachricht schrieb und sie einen Tag später anrief. Der Antragsteller wurde zu einer Gesamtgeldstrafe von 50 Tagessätzen verurteilt.

Die Tat offenbart, dass es dem Kläger an einer für die Tätigkeit als Bewachungsperson notwendigen Impulskontrolle mangelt. Indem er sich über die gerichtliche Anordnung der Kontaktsperre hinweggesetzt hat, hat er seine Bereitschaft, rechtliche Grenzen zu überschreiten, unter Beweis gestellt.

Deeskalierendes Auftreten unerlässlich

Dies gilt auch vor dem Hintergrund, dass Beziehungskonflikte, die der Tat zugrunde gelegen haben, in besonderer Weise emotionsbeladen sein können. Gerade im Bewachungsgewerbe ist jedoch ein besonnenes, deeskalierendes Auftreten in Konfliktsituationen zum Schutz der Allgemeinheit unerlässlich und potenzielle Gewaltgeneigtheit fehl am Platz.

Von einer im Bewachungsgewerbe tätigen Person muss erwartet werden, dass sie die Rechtsordnung nicht nur während ihrer Berufsausübung, sondern auch im privaten Bereich beachtet. Insofern sind die Tatsachen, die auf die Unzuverlässigkeit schließen lassen, auch gewerbebezogen.

Stalking-Vorwürfe

Allein durch den geltend gemachten Zeitablauf seit der Tat oder durch die behauptete geringe Intensität der Straftat werden die Bedenken gegen die Unzuverlässigkeit des Antragstellers nicht aufgewogen. Vielmehr bestärken die gegen ihn erhobenen Stalking-Vorwürfe im Vorfeld der einstweiligen Anordnung die Zweifel an seiner Fähigkeit zur gewalt- und bedrohungsfreien Konfliktlösung.

So soll er nach den Angaben seiner ehemaligen Lebensgefährtin unter anderem geäußert haben, dass „das Ganze für sie kein gutes Ende nehmen“ würde und sie „für alles bezahlen“ werde. Ausweislich des Schlussberichts der Polizei ging auch diese nach Auswertung des Sachverhalts von einem hohen Gefahrenpotenzial für Leib und Leben der Lebensgefährtin aus.

Soweit der Antragsteller erstmalig in diesem Verfahren ein Fehlverhalten einräumt, ist darin kein nachhaltiger innerer Einstellungswandel erkennbar, nachdem er zuvor jegliches Fehlverhalten von sich wies und seiner ehemaligen Lebensgefährtin vorwarf, in diesem Zusammenhang falsche Angaben getätigt zu haben.

Entnommen aus dem Neuen Polizeiarchiv 07/2024, Lz. 841.

 

Norbert Klapper

Kriminalhauptkommissar a. D., Steinfurt/W.
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