22.04.2024

Wie kann man „die Schuldenbremse aussetzen“? Und was haben Sondervermögen damit zu tun?

Folgen des zweiten Nachtragshaushalts 2021

Wie kann man „die Schuldenbremse aussetzen“? Und was haben Sondervermögen damit zu tun?

Folgen des zweiten Nachtragshaushalts 2021

Ein Beitrag aus »Niedersächsische Verwaltungsblätter« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Niedersächsische Verwaltungsblätter« | © emmi - Fotolia / RBV

Mit seinem Urteil vom 15.11.2023 – 2 BvF 1/22 – hat das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 des Bundes vom 18.02.2022 für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Im Ergebnis folgt aus diesem Urteil, dass der Bund nicht – wie geplant – ermächtigt ist, Kredite in Höhe von 60 Mrd. € aufzunehmen und mit den Einnahmen aus diesen Krediten Ausgaben des Sondervermögens „Klima- und Transformationsfonds“ – früher: „Energie- und Klimafonds“ – zu decken. In der öffentlichen Diskussion hieß es, zur Deckung des durch das Urteil verursachten zusätzlichen Finanzbedarfs solle „die Schuldenbremse“ zumindest für das Haushaltsjahr 2023 (erneut) „ausgesetzt“ werden. Auch wird gelegentlich kolportiert, das BVerfG habe entschieden, dass die Errichtung und Nutzung von Sondervermögen – zumindest im Zusammenhang mit der „Schuldenbremse“ – unzulässig sei. Nachfolgend soll versucht werden, die rechtlichen Tatsachen etwas zu entwirren und zu verdeutlichen, was das BVerfG im Einzelnen entschieden hat – und was nicht.

I. Zum Sachverhalt

1. Die Verfassungsrechtslage im Bund

Durch Gesetz vom 29.07.20091BGBl. I S. 2248. Der Gesetzentwurf dazu findet sich in der BT-Drs. 16/12410, die Beschlussempfehlung und der Bericht in BT-Drs. 16/13221. fügte der Bund in Art. 109 des Grundgesetzes (GG) einen neuen Absatz 3 ein und fasste Art. 115 Abs. 2 GG neu. Diese Regelungen über die sog. „Schuldenbremse“ lauten (seither unverändert):

– Art. 109 Abs. 3 GG:


„(3) Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Bund und Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen. Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Die nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dass Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen aus Krediten zugelassen werden.“

– Art. 115 Abs. 2 GG:

„(2) Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Diesem Grundsatz ist entsprochen, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Zusätzlich sind bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen. Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme von der nach den Sätzen 1 bis 3 zulässigen Kreditobergrenze werden auf einem Kontrollkonto erfasst; Belastungen, die den Schwellenwert von 1,5 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt überschreiten, sind konjunkturgerecht zurückzuführen. Näheres, insbesondere die Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen und das Verfahren zur Berechnung der Obergrenze der jährlichen Nettokreditaufnahme unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung auf der Grundlage eines Konjunkturbereinigungsverfahrens sowie die Kontrolle und den Ausgleich von Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme von der Regelgrenze, regelt ein Bundesgesetz. Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können diese Kreditobergrenzen auf Grund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages überschritten werden. Der Beschluss ist mit einem Tilgungsplan zu verbinden. Die Rückführung der nach Satz 6 aufgenommenen Kredite hat binnen eines angemessenen Zeitraumes zu erfolgen.“

2. Die Verfassungsrechtslage in Niedersachsen

Durch Gesetz vom 23.10.20192Nds. GVBl. S. 288. Der Gesetzentwurf dazu findet sich in der LT-Drs. 18/3258, die Beschlussempfehlung in LT-Drs. 18/4850 und der schriftliche Bericht in LT-Drs. 18/4899. fasste das Land Niedersachsen Art. 71 der Niedersächsischen Verfassung (NV) neu. Dessen Absätze 2 bis 5 lauten (seither unverändert):

„(2) Der Haushalt ist ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.

(3) Bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sind die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen. Soweit sich eine solche Entwicklung negativ auf den Haushalt auswirkt, ist der Ausgleich des Haushalts durch Einnahmen aus Krediten abweichend von Absatz 2 zulässig. Soweit sich eine solche Entwicklung positiv auf den Haushalt auswirkt, sind vorrangig nach Satz 2 aufgenommene Kredite zu tilgen und ist im Übrigen Vorsorge dafür zu treffen, dass keine Kredite nach Satz 2 aufgenommen werden müssen.

(4) Im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, kann abweichend von Absatz 2 aufgrund eines Beschlusses des Landtages der Haushalt durch Einnahmen aus Krediten ausgeglichen werden. Der Beschluss bedarf für die Aufnahme von Krediten in Höhe von über 0,5 vom Hundert des zuletzt festgestellten Haushaltsvolumens der Zustimmung von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtages, im Übrigen der Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Landtages. Nach Satz 1 aufgenommene Kredite müssen binnen eines angemessenen Zeitraums getilgt werden. Der Beschluss des Landtages (Sätze 1 und 2) ist mit einem entsprechenden Tilgungsplan zu verbinden.

(5) Das Nähere regelt ein Gesetz.“3Die näheren gesetzlichen Regelungen im Sinne des Artikels 71 Abs. 5 NV finden sich in den §§ 18 a bis 18 f der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO). Der Niedersächsische Landtag fasste bisher nur zwei Beschlüsse nach Artikel 71 Abs. 4 Satz 1 NV, und zwar am 25.03.2020 (LT-Drs. 18/6160) sowie am 15.07.2020 (LT-Drs. 18/7042), jeweils bezogen auf das Haushaltsjahr 2020; durch den zweiten wurde der erste Beschluss ersetzt. Der zweite Beschluss sah eine auf Art. 71 Abs. 4 Satz 1 NV gestützte Kreditaufnahme wegen der COVID-19-Pandemie in Höhe von insgesamt 7,361 Mrd. € vor. Siehe in diesem Zusammenhang auch das (Erste) Nachtragshaushaltsgesetz 2020 vom 25.03.2020 (Nds. GVBl. S. 41), das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2020 vom 15.07.2020 (Nds. GVBl. S. 239) sowie dazu den Gesetzentwurf in der LT-Drs. 18/6800, die Vorlage 1 des GBD zu dieser Drucksache sowie den mündlichen Bericht, Stenografischer Bericht über die 81. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtages der 18. Wahlperiode, S. 7720 ff. (7722). Durch das COVID-19-Sondervermögensgesetz, Artikel 2 des Gesetzes vom 12.05.2020 (Nds. GVBl. S. 108) – siehe dazu auch die Vorlage 2 des GBD zu LT-Drs. 18/6350 –, geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15.07.2020 (Nds. GVBl. S. 236) und Artikel 3 des Gesetzes vom 30.11.2022 (Nds. GVBl. S. 732), hat das Land das COVID-19-Sondervermögen errichtet. Diesem Sondervermögen wurden zunächst 480 Mio. € aus dem Jahresabschluss 2019 und dann mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2020 mit Einnahmen aus Krediten nach Artikel 71 Abs. 4 Satz 1 NV weitere 6,481 Mrd. € zugeführt. Nach Zusammenführung mit bisher nicht verausgabten Mitteln aus dem (Ersten) Nachtragshaushalt im Dezember 2020 hatte das Sondervermögen schließlich am Ende des Haushaltsjahres 2020 einen Bestand von 7,07 Mrd. € erreicht (siehe zum Ganzen die von der Landesregierung am 11.07.2021 beschlossene Mittelfristige Planung Niedersachsen 2021 – 2025, dort S. 9 ff., sowie den Entwurf der Landesregierung für das Haushaltsgesetz 2022/2023, LT-Drs. 18/9720 neu, dort Einzelplan 13 Kapitel 5135, S. 105 zum Einzelplan 13).

3. Die Beschlüsse des Bundestages für das Haushaltsjahr 2021

Nachdem der Bundestag bereits am 25.03.2020 sowie am 02.07.2020 jeweils bezogen auf das Haushaltsjahr 2020 Beschlüsse nach Art. 115 Abs. 2 Sätze 6 und 7 GG gefasst hatte, fasste er am 08.12.2020 auch bezogen auf das Haushaltsjahr 2021 einen solchen Beschluss.4Antrag in der BT-Drs. 19/22887, Beschlussempfehlung und Bericht in der BT-Drs. 19/24940, Beschluss in der 197. Sitzung des Deutschen Bundestages am 08.12.2020 (Stenografischer Bericht S. 24863). Einen weiteren solchen Beschluss fasste er am 23.04.2021.5Antrag in der BT-Drs. 19/28464, Beschlussempfehlung und Bericht in der BT-Drs. 19/28740, Beschluss in der 225. Sitzung des Deutschen Bundestages am 23.04.2021 (Stenografischer Bericht S. 28661). Mit den beiden zuletzt genannten Beschlüssen wurde festgestellt, dass die Corona- (bzw. COVID- 19-)Pandemie auch im Jahr 2021 weiterhin eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne des Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG sei. Die Beschlüsse sahen deswegen jeweils vor, zur Finanzierung der Maßnahmen, die erforderlich seien, „um die unmittelbaren gesundheitlichen Gefahren der Pandemie zu bekämpfen, die Folgen für die Betroffenen abzufedern und die Volkswirtschaft schnell wieder auf einen nachhaltigen Wachstumspfad zu führen“, Kredite oberhalb der „Regelgrenze“ nach Art. 115 Abs. 2 Sätze 2 und 3 GG aufzunehmen. Auf Grundlage des Beschlusses vom 23.04.2021 erhöhte der Bundestag mit dem (Ersten) Nachtragshaushaltsgesetz 2021 vom 03.06.20216BGBl. I S. 1410. die auf Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG gestützte Kreditermächtigung um weitere rund 60 Mrd. €. Im Laufe des Jahres 2021 stellte sich allerdings heraus, dass diese zusätzlichen Kredite in Höhe von 60 Mrd. € nicht zur Finanzierung der in den Beschlüssen vom 08.12.2020 und vom 23.04.2021 genannten Maßnahmen benötigt wurden.

Im Zusammenhang mit dem am 18.02.2022 beschlossenen Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 20217BGBl. I S. 194. Der Gesetzentwurf dazu findet sich in der BT-Drs. 20/300. führte der Bund dann mehrere Buchungen durch:

– Er buchte im Kreditfinanzierungsplan bezogen auf das Sondervermögen „Energie- und Klimafonds“ (EKF) für das Haushaltsjahr 2021 „[n]icht kassenwirksame, NKA-erhöhende Haushaltsausgaben zur Finanzierung der Zuführung zum Sondervermögen“ in Höhe von zusätzlichen 60 Mrd. €.8BGBl. I S. 194 (206, dort unter Nummer 3.12.1). Die Kreditaufnahme wurde also bereits als Nettokreditaufnahme (NKA) für das Jahr 2021 gebucht, obwohl kassenwirksam in diesem Jahr noch keine Kredite aufgenommen werden sollten.

– Ferner buchte er im Einzelplan 60 des Haushaltsplans eine globale Mehreinnahme in Höhe von 25 Mrd. € und eine globale Minderausgabe in Höhe von 35 Mrd. € sowie als zusätzliche Ausgabe in entsprechendem Umfang eine Zuführung an das Sondervermögen EKF in Höhe von 60 Mrd. €.9Anlage zu BT-Drs. 20/300, S. 2 bis 4. In der Erläuterung dazu heißt es: „Die mit dem Zweiten Nachtragshaushalt 2021 zur Überwindung der Pandemiefolgen zusätzlich ausgewiesenen Mittel werden für zusätzliche Maßnahmen zur Bewältigung des Klimawandels und Maßnahmen zur Transformation der deutschen Wirtschaft verwendet.“10Anlage zu BT-Drs. 20/300, S. 4.

– Im Wirtschaftsplan des EKF wurde die Zuführung aus dem Haushalt in Höhe von 60 Mrd. € zum einen als Einnahme des Sondervermögens sowie zum anderen dort zugleich als Ausgabe in Form einer Zuführung an die Rücklage des EKF gebucht.11Anlage zu BT-Drs. 20/200, S. 5 und 6.

Bis hierher war keine „echte“, kassenwirksame Verlagerung von „Mitteln“ aus dem Haushalt in das Sondervermögen erfolgt, es handelte sich vielmehr um reine Buchungsvorgänge. Eine auch kassenwirksame Kreditaufnahme, also die Realisierung von Einnahmen aus Krediten, sollte erst später, und zwar in dem Zeitpunkt erfolgen, in dem im Sondervermögen eine „Einnahme“ in Form einer „Entnahme“ aus der (nicht werthaltigen) Rücklage erfolgt, um entsprechende Ausgaben des Sondervermögens zu decken.12Dies kommt in der Begründung des Gesetzentwurfs nur ansatzweise zum Ausdruck. Zwar wird dort (BT-Drs. 20/300, S. 6) eine Änderung der Buchungstechnik bei Sondervermögen erwähnt. Dass die kassenwirksame Aufnahme von Krediten erst im Zeitpunkt einer „Entnahme“ aus der „Rücklage“ des Sondervermögens realisiert werden sollte, lässt sich daraus aber nicht unmittelbar ersehen. Siehe dazu aber den Bericht des Bundesrechnungshofs (BRH) nach § 88 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages „Analyse zur Lage der Bundesfinanzen für die Beratungen zum Bundeshaushalt 2023“ vom 01.09.2022 (S. 13 f.) sowie den Bericht des BRH nach § 88 Abs. 2 BHO an das Bundesministerium der Finanzen „über die Sondervermögen des Bundes und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Haushaltstransparenz sowie die Funktionsfähigkeit der Schuldenregel“ vom 25.08.2023 (S. 16 ff.). Auf diese Weise sollte also im Ergebnis die für das Haushaltsjahr 2021 auf Grundlage des Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG erteilte Kreditermächtigung zur Finanzierung der in den Beschlüssen des Bundestages vom 08.12.2020 und vom 23.04.2021 aufgeführten Maßnahmen zur Bewältigung der COVID-19-Pandemie für Ausgaben des EKF in späteren Haushaltsjahren nutzbar gemacht werden. Der Zweck des EKF bestand zu diesem Zeitpunkt im Wesentlichen darin, „zusätzliche Programmausgaben zur Förderung einer umweltschonenden, zuverlässigen und bezahlbaren Energieversorgung sowie zum Klimaschutz“ zu ermöglichen.13§ 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ vom 08.12.2010 (BGBl. I S. 1807), zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bundestages über das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 14.07.2020 (BGBl. I S. 1683); diese Fassung galt vom 17.07.2020 bis zum 21.07.2022. Erst durch Gesetz vom 12.07.2022 (BGBl. I S. 1144) änderte der Bund das Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie und Klimafonds“. Durch diese Änderung wurde das Sondervermögen u. a. zum einen in „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) umbenannt. Zum anderen wurde ein neuer § 2 a eingefügt, der eine von der allgemeinen Zweckbindung der Mittel des Sondervermögens nach § 2 des Gesetzes abweichende Zweckbindung für die mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 „zugeführten“ 60 Mrd. € regelt.

Nach seinem Artikel 2 sollte das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 rückwirkend zum 01.01.2021 in Kraft treten.

[…]

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in der Niedersächsischen Verwaltungsblättern Heft 4/2024, S. 97 ff.

 

Dr. Dirk Oppenborn-Reccius

Parlamentsrat, Mitglied des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes beim Niedersächsischen Landtag
----------
  • 1
    BGBl. I S. 2248. Der Gesetzentwurf dazu findet sich in der BT-Drs. 16/12410, die Beschlussempfehlung und der Bericht in BT-Drs. 16/13221.
  • 2
    Nds. GVBl. S. 288. Der Gesetzentwurf dazu findet sich in der LT-Drs. 18/3258, die Beschlussempfehlung in LT-Drs. 18/4850 und der schriftliche Bericht in LT-Drs. 18/4899.
  • 3
    Die näheren gesetzlichen Regelungen im Sinne des Artikels 71 Abs. 5 NV finden sich in den §§ 18 a bis 18 f der Niedersächsischen Landeshaushaltsordnung (LHO). Der Niedersächsische Landtag fasste bisher nur zwei Beschlüsse nach Artikel 71 Abs. 4 Satz 1 NV, und zwar am 25.03.2020 (LT-Drs. 18/6160) sowie am 15.07.2020 (LT-Drs. 18/7042), jeweils bezogen auf das Haushaltsjahr 2020; durch den zweiten wurde der erste Beschluss ersetzt. Der zweite Beschluss sah eine auf Art. 71 Abs. 4 Satz 1 NV gestützte Kreditaufnahme wegen der COVID-19-Pandemie in Höhe von insgesamt 7,361 Mrd. € vor. Siehe in diesem Zusammenhang auch das (Erste) Nachtragshaushaltsgesetz 2020 vom 25.03.2020 (Nds. GVBl. S. 41), das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2020 vom 15.07.2020 (Nds. GVBl. S. 239) sowie dazu den Gesetzentwurf in der LT-Drs. 18/6800, die Vorlage 1 des GBD zu dieser Drucksache sowie den mündlichen Bericht, Stenografischer Bericht über die 81. Plenarsitzung des Niedersächsischen Landtages der 18. Wahlperiode, S. 7720 ff. (7722). Durch das COVID-19-Sondervermögensgesetz, Artikel 2 des Gesetzes vom 12.05.2020 (Nds. GVBl. S. 108) – siehe dazu auch die Vorlage 2 des GBD zu LT-Drs. 18/6350 –, geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 15.07.2020 (Nds. GVBl. S. 236) und Artikel 3 des Gesetzes vom 30.11.2022 (Nds. GVBl. S. 732), hat das Land das COVID-19-Sondervermögen errichtet. Diesem Sondervermögen wurden zunächst 480 Mio. € aus dem Jahresabschluss 2019 und dann mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2020 mit Einnahmen aus Krediten nach Artikel 71 Abs. 4 Satz 1 NV weitere 6,481 Mrd. € zugeführt. Nach Zusammenführung mit bisher nicht verausgabten Mitteln aus dem (Ersten) Nachtragshaushalt im Dezember 2020 hatte das Sondervermögen schließlich am Ende des Haushaltsjahres 2020 einen Bestand von 7,07 Mrd. € erreicht (siehe zum Ganzen die von der Landesregierung am 11.07.2021 beschlossene Mittelfristige Planung Niedersachsen 2021 – 2025, dort S. 9 ff., sowie den Entwurf der Landesregierung für das Haushaltsgesetz 2022/2023, LT-Drs. 18/9720 neu, dort Einzelplan 13 Kapitel 5135, S. 105 zum Einzelplan 13).
  • 4
    Antrag in der BT-Drs. 19/22887, Beschlussempfehlung und Bericht in der BT-Drs. 19/24940, Beschluss in der 197. Sitzung des Deutschen Bundestages am 08.12.2020 (Stenografischer Bericht S. 24863).
  • 5
    Antrag in der BT-Drs. 19/28464, Beschlussempfehlung und Bericht in der BT-Drs. 19/28740, Beschluss in der 225. Sitzung des Deutschen Bundestages am 23.04.2021 (Stenografischer Bericht S. 28661).
  • 6
    BGBl. I S. 1410.
  • 7
    BGBl. I S. 194. Der Gesetzentwurf dazu findet sich in der BT-Drs. 20/300.
  • 8
    BGBl. I S. 194 (206, dort unter Nummer 3.12.1).
  • 9
    Anlage zu BT-Drs. 20/300, S. 2 bis 4.
  • 10
    Anlage zu BT-Drs. 20/300, S. 4.
  • 11
    Anlage zu BT-Drs. 20/200, S. 5 und 6.
  • 12
    Dies kommt in der Begründung des Gesetzentwurfs nur ansatzweise zum Ausdruck. Zwar wird dort (BT-Drs. 20/300, S. 6) eine Änderung der Buchungstechnik bei Sondervermögen erwähnt. Dass die kassenwirksame Aufnahme von Krediten erst im Zeitpunkt einer „Entnahme“ aus der „Rücklage“ des Sondervermögens realisiert werden sollte, lässt sich daraus aber nicht unmittelbar ersehen. Siehe dazu aber den Bericht des Bundesrechnungshofs (BRH) nach § 88 Abs. 2 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) an den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages „Analyse zur Lage der Bundesfinanzen für die Beratungen zum Bundeshaushalt 2023“ vom 01.09.2022 (S. 13 f.) sowie den Bericht des BRH nach § 88 Abs. 2 BHO an das Bundesministerium der Finanzen „über die Sondervermögen des Bundes und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Haushaltstransparenz sowie die Funktionsfähigkeit der Schuldenregel“ vom 25.08.2023 (S. 16 ff.).
  • 13
    § 2 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie- und Klimafonds“ vom 08.12.2010 (BGBl. I S. 1807), zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bundestages über das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 zuletzt geändert durch Artikel 4 des Gesetzes vom 14.07.2020 (BGBl. I S. 1683); diese Fassung galt vom 17.07.2020 bis zum 21.07.2022. Erst durch Gesetz vom 12.07.2022 (BGBl. I S. 1144) änderte der Bund das Gesetz zur Errichtung eines Sondervermögens „Energie und Klimafonds“. Durch diese Änderung wurde das Sondervermögen u. a. zum einen in „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) umbenannt. Zum anderen wurde ein neuer § 2 a eingefügt, der eine von der allgemeinen Zweckbindung der Mittel des Sondervermögens nach § 2 des Gesetzes abweichende Zweckbindung für die mit dem Zweiten Nachtragshaushaltsgesetz 2021 „zugeführten“ 60 Mrd. € regelt.
n/a