Entlastungen und Investitionsanreize
Wachstumschancengesetz im Detail
Entlastungen und Investitionsanreize
Wachstumschancengesetz im Detail

Nach langem Hadern und ausführlichen Diskussionen beschloss der Bundestag Ende März das Wachstumschancengesetz, das kürzlich in Kraft trat. Einige Komponenten mussten im Zuge der Kompromissfindung zwar weichen, dennoch enthält das Gesetz weiterhin ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Unterstützung der hiesigen Wirtschaft.
Am 27. März verabschiedete der Deutsche Bundestag nach langwierigen, intensiven Debatten das dringend ersehnte Wachstumschancengesetz (WCG). Durch Verkündung im Bundesgesetzblatt trat es offiziell am 28. März in Kraft. Trotz Streichung einiger Subventionen während des Gesetzgebungsverfahrens soll das neue Gesetz neben steuerlichen Erleichterungen auch die Digitalisierung vorantreiben und bürokratische Hürden abbauen. Welche Schlüsselmaßnahmen bietet das WCG, um Unternehmen zu entlasten und Investitionen zu fördern?
Degressiv statt linear
Nach ihrer offiziellen Abschaffung 2008 führt das WCG temporär begrenzt die degressive Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter wieder ein. Künftig lässt sich diese Methode auf Vermögensgegenstände anwenden, die zwischen dem 1. April und dem 31. Dezember 2024 erworben oder hergestellt wurden. Der degressive Abschreibungssatz beträgt das Doppelte des linearen, maximal jedoch 20 Prozent. Unternehmen können jedoch jederzeit zur linearen Methode zurückwechseln, die im letzten Abschreibungsjahr verpflichtend ist. Zudem erhöht das WCG seit dem Beginn des Jahres den Prozentsatz der Sonderabschreibung gemäß § 7g EStG von 20 auf 40 Prozent, was zu einer verkürzten Abschreibungsdauer führt, wodurch Unternehmen schneller über liquide Mittel für weitere Investitionen verfügen. Diese Sonderabschreibung ist jedoch weiterhin nur für Unternehmen mit einem Vorjahresgewinn unterhalb der Höchstgrenze von 200.000 Euro möglich.
Attraktivität des Wohnungsbaus steigern
Zusätzlich zur degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter führt das WCG eine solche Methode auch für den Wohnungsneubau ein. Sie gilt für Gebäude, deren Erwerbs- oder Fertigstellungsdatum zwischen dem 1. Oktober 2023 und dem 30. September 2029 liegt. Durch den höheren Abschreibungssatz von fünf Prozent (im Vergleich zur linearen Abschreibung mit drei Prozent) soll der Wohnungsbau als Kapitalanlage attraktiver werden. Unternehmen können weiterhin zur linearen Abschreibung zurückkehren, was sich insbesondere dann als sinnvoll erweist, wenn der Abschreibungswert bei der linearen Methode gleich hoch wie oder höher ist als bei der degressiven.
Investitionsförderung durch Thesaurierung
Für Unternehmen bildet die Thesaurierung eine beliebte Methode, um Steuern einzusparen und ausreichend Liquidität für zukünftige Investitionen sicherzustellen. Gewinne, die ein Betrieb nicht ausschüttet, sondern im Unternehmen behält, unterliegen anstatt dem regulären Einkommensteuertarif dem niedrigeren Thesaurierungssteuersatz von 28,25 Prozent. Bisher mussten vom Gesamtvolumen allerdings alle entnommenen Steuern inklusive der Gewerbesteuer abgezogen werden. Mit dem WCG schafft der Gesetzgeber diese Regelung ab und sorgt dafür, dass Unternehmen die volle steuerliche Vergünstigung der Thesaurierung erhalten. Dadurch sollen Investitionen stärker steuerlich gefördert werden, um die Konjunktur anzukurbeln.
Steuerliche Entlastung für KMU
Inhaber von kleinen und mittelständischen Familienbetrieben wählen oft die Rechtsform eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft. Gewinne solcher Unternehmen unterliegen üblicherweise dem persönlichen Einkommensteuersatz der Gesellschafter beziehungsweise Unternehmer, der meist zwischen 35 und 45 Prozent liegt. Im Gegensatz dazu zahlen Kapitalgesellschaften nur etwa 30 Prozent Steuern, bestehend aus Körperschaft- und Gewerbesteuer plus Solidaritätszuschlag. Das Gesetz zur Modernisierung des Körperschaftsteuerrechts (KöMoG) von 2021 glich die Steuerbehandlung der verschiedenen Gesellschaftsformen an, allerdings nur für bestimmte Arten von Personengesellschaften. Das WCG erweitert diese Möglichkeit auf alle Personengesellschaften, einschließlich eingetragener Gesellschaften bürgerlichen Rechts (eGbR), was besonders kleine und mittelständische Betriebe (KMU) im internationalen Wettbewerb stärkt.
Vereinfachter Verlustausgleich
Sollte ein Unternehmen Verluste verzeichnen, findet in der Regel eine Verrechnung mit Gewinnen im gleichen Steuerjahr statt. Kommt dabei ein Minus heraus, macht das Unternehmen steuerlich ebenfalls Verluste. Diese kann der Betrieb durch einen Verlustabzug ausgleichen, indem negative Einkünfte mit positivem Einkommen aus anderen Zeiträumen verrechnet werden, was zu einer Verringerung des steuerpflichtigen Gewinns führt. Entweder geschieht dies rückwirkend oder aber als Verlustvortrag in einem zukünftigen Veranlagungszeitraum. Basierend auf der Annahme, dass in späteren Jahren positives Einkommen erzielt wird, lässt sich so die Steuerlast in potenziell ertragsreichen Perioden reduzieren. Für die Steuerjahre 2024 bis 2027 erhöht das WCG die maximale Summe des Verlustvortrags auf eine Million Euro – oder zwei Millionen für zusammenveranlagte Ehepartner – plus 70 Prozent des Gesamteinkommens. Normalerweise liegt die Grenze bei zuzüglich 60 Prozent.
Weniger Bürokratie, mehr Effizienz
Abseits verschiedener Steuererleichterungen bringt das WCG auch bürokratische Vereinfachungen für Unternehmen mit sich. Eine wichtige Änderung bezieht sich auf die Umsatz- und Gewinngrenzen für die Buchführungspflicht, die nun im Vergleich zu den bisherigen 600.000 Euro beziehungsweise 60.000 Euro um jeweils ein Drittel angehoben wurden. Unternehmen, deren Einnahmen unterhalb dieser Schwellen liegen, sind nicht mehr zur Buchführung verpflichtet und können stattdessen eine vereinfachte Einnahmen-Überschuss-Rechnung erstellen, was den zeitlichen und finanziellen Aufwand reduziert.
Als weitere Entlastung entbindet das WCG Kleinunternehmer von der Pflicht, eine Umsatzsteuererklärung abzugeben, solange ihr Vorjahresumsatz 800.000 Euro nicht übersteigt. Außerdem unterliegen sie der Ist- anstelle der Soll-Besteuerung. Unternehmen, deren Umsatzsteuer im vergangenen Kalenderjahr insgesamt nicht mehr als 2.000 Euro betrug, sind künftig gänzlich von der Vorauszahlung befreit.
Ende gut, alles gut?
Verglichen mit dem ursprünglichen Entwurf fielen in der finalen Version des WCG einige Subventionen weg, darunter die Klimaschutzinvestitionsprämie, die bereits im Koalitionsvertrag der Bundesregierung angekündigt war. Weil sich Bund und Länder unter anderem in der Finanzierungsfrage nicht einigen konnten, fand die Prämie letztendlich keine Berücksichtigung in der Beschlussfassung des neuen Gesetzes. Des Weiteren wurden auch einige geplante Freigrenzen und Pauschalen nicht übernommen. Beispielsweise wurde ein neuer Höchstwert von 1000 Euro zur Abschreibung geringwertiger Wirtschaftsgüter und wurden erhöhte Pauschalen für Verpflegungsmehraufwand gestrichen. Dennoch enthält das WCG in seiner finalen Form noch immer ein umfangreiches Maßnahmenpaket zur Entlastung der Wirtschaft: Dank neuer Abschreibungsarten und verbesserter Thesaurierungsbedingungen steht Unternehmen zukünftig potenziell mehr Liquidität für Investitionen zur Verfügung. Vereinfachte Regelungen zur Buchführungspflicht und der Umsatzsteuererklärung sorgen gleichzeitig dafür, dass sich der Bürokratieaufwand für Unternehmen deutlich reduziert. Wie effektiv sich die Maßnahmen in der Praxis erweisen werden, gilt jedoch abzuwarten.