10.07.2013

Technologie mit Ausbaupotenzial

Kommunen setzen verstärkt auf Geoinformationen

Technologie mit Ausbaupotenzial

Kommunen setzen verstärkt auf Geoinformationen

Abb. 1: Aktuelle kommunale GDI-Studie schließt entscheidende Lücke. | © Privat
Abb. 1: Aktuelle kommunale GDI-Studie schließt entscheidende Lücke. | © Privat

Die Kommunen sind beim Aufbau der Geodateninfrastruktur (GDI) wesentlich aktiver als von staatlicher Seite bisher angenommen – so das Fazit einer im März 2013 veröffentlichten neuen Studie, die erstmals Status Quo und Potenziale der Kommunen erfasst (Abb.1). Sie schließt damit eine entscheidende Lücke, da weder der 3. Geo-Fortschrittsbericht der Bundesregierung noch bisherige Veröffentlichungen der Länder-GDI-Geschäftsstellen differenzierte Analysen der Kommunalaspekte enthalten. Feststellbar ist zudem, dass der kommunale Geodatenbereich mittlerweile starke Verknüpfungen mit föderalen IT- und eGovernment-Infrastrukturen aufweist.

Die derzeitige Situation

Der durch das Kommunale Koordinierungsgremium der Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände (KoKo GDI-DE) in Kooperation mit dem „Runder Tisch GIS e.V.“ durchgeführten Studie zufolge haben viele Kommunen bereits die Mehrwerte von Geoinformationen als wichtiges Kommunikations- und Informationsinstrument für Bürger, Politik und Wirtschaft erkannt. Geoinformationen werden demzufolge in diversen Kommunalverwaltungen oftmals schon zur Erläuterung kommunalpolitischer Zielsetzungen, integrativer Planungsprozesse sowie strategischer Entscheidungen genutzt.

An der 2012 durchgeführten bundesweiten GDI-Umfrage beteiligten sich insgesamt 1018 Kommunen, davon 78 kreisfreie Städte, 222 Kreise, 74 Verbandsgemeinden sowie 644 kreisangehörige Gemeinden (Abb.2). 288 von 300 (~95 %) an der Umfrage teilnehmenden Kreise und kreisfreien Städte stellen Geoinformationen (z. B. Bauleitpläne, Geobasis-, Umwelt- Tourismus- und Wirtschaftsdaten) intern und/oder öffentlich bereit. Die derzeit veröffentlichten Geoinformationen bilden einen vergleichsweise geringen Anteil, gemessen an den behördenintern zur Verfügung gestellten Geoinformationen. Die Zurückhaltung resultiert insbesondere aus datenschutzbedingten Unsicherheiten sowie möglichen kommerziellen Interessen. Die Durchdringung der Geodatentechnologie in den Kommunen beinhaltet demzufolge noch erhebliches Ausbaupotenzial. Zudem sind weitere Einsatzmöglichkeiten von Geoinformationen denkbar beispielsweise in den Bereichen Bürgerservice, Ordnung, Bildung, Kultur, Gesundheit, Verbraucherschutz, Soziales, Jugend, Schule, Umwelt und Planung sowie Wirtschaft, Energie und Verkehr.


Den Aufbau von Geoinformationen und Geodiensten als Querschnittsaufgabe – auch als Geodatenmanagement bezeichnet – setzen 260 der 300 (~87 %) teilnehmenden Kreise und kreisfreien Städte weitgehend in Eigenregie um. Ca. 11 % der rund 11.290 kreisangehörigen Gemeinden führen Geodatenmanagement in Eigenregie durch oder haben diese Aufgabe auf andere Institutionen übertragen. Zuständigkeiten und Verantwortungen für das Geodatenmanagement liegen häufig in technischen Organisationsbereichen. Eigene Stabsstellen sind in der Regel nicht eingerichtet worden.

Um die technischen Herausforderungen im regionalen GDI-Verbund zu lösen, haben sich mittlerweile Regionalinitiativen und Kooperationen auf Kreisebene als geeignete Kommunikationsplattformen bewährt. Rund 44 % der teilnehmenden Kommunen engagieren sich daher in Kooperationen auf regionaler und/oder auf Ebene der Kreise. Zudem sind auch stärkere technische und organisatorische Verzahnungen der Kommunal- und Landesaktivitäten sowie weitere Projekte zur flächendeckenden, regional einheitlichen Bereitstellung von Geoinformationen wünschenswert.

Mehrwerte bisher nur ansatzweise ermittelt

Erfahrungsgemäß sind Synergien im Zusammenhang mit Geoinformationen schwer zu ermitteln. Angesichts dessen haben nur ca. 170 der 1018 teilnehmenden Kommunen quantitative Angaben gemacht. Die externen jährlichen Nutzer- und Zugriffszahlen können für große kreisfreie Städte mit bis zu 8-10 Millionen, für Kreise mit bis zu 2 Millionen angegeben werden. Die Zahl der internen Nutzer im Verhältnis zur Anzahl der Beschäftigten variiert zwischen 5-75 %. Die Intensität der Nutzung ist abhängig von dem Umfang der digital aufbereiteten Geofachdaten, deren Bereitstellung sowie von Investitionen in das Fach-Know-how und offenbart noch erhebliche Ausbaupotenziale. Die „Umsetzungsgeschwindigkeit“ wird allerdings in Abhängigkeit finanzieller und vor allem personeller Kapazitäten beurteilt.

Laut Studie sind erhebliche Unterschiede in der Einbindung der Kommunen in die Länder-GDI festzustellen. Bedeutung und Nutzen von Geoinformationen würden von der Politik sowie von Teilen der Verwaltung oftmals noch unterschätzt. Zur weiteren Umsetzung des föderalen Informationsmanagements sollten die kommunalen GDI verstärkt mit wichtigen eGovernment-Projekten verknüpft werden.

Fazit der GDI-Studie

Die Studie belegt, dass mittlerweile in vielen Bundesländern verschiedene Formen kommunaler Geodateninfrastrukturen bestehen. Die Ergebnisse der Studie, die Handlungsempfehlungen sowie die beispielhaft erläuterten regionalen Aktivitäten belegen die permanente Weiterentwicklung der kommunalen GDI. Allerdings beinhaltet die Durchdringung der Geodatentechnologie in der Kommunalverwaltung noch erhebliches Ausbaupotenzial. Empfohlen wird, gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden und den Geschäftsstellen der Länder GDIen jeweils einen Umsetzungsplan mit Maßnahmen zu erarbeiten.

Die Studie dient der kommunalen Interessenvertretung auf Bundesebene und bietet kommunalen Praktikern und Entscheidungsträgern die Möglichkeit, ihre kommunalen GDI-Aktivitäten im Vergleich zu anderen Verwaltungen besser beurteilen und die formulierten Handlungsempfehlungen umsetzen zu können:

  • Vernetzung und Standardisierung ausbauen
  • Öffentlichkeitsarbeit verstärken
  • Wirtschaftlichkeitsaspekte aufbereiten
  • Erforderliche Ressourcen bereitstellen
  • Interkommunale Zusammenarbeit ausbauen.

Zudem eröffnet sich auch die Chance für die GDI-Ländergeschäftsstellen, die kommunale Ebene verstärkt in den Aufbau der föderalen GDI mit einzubeziehen.

Weitere Lösungsansätze

Der IT-Planungsrat hat mittlerweile den Stellenwert der GDI-DE als eine wesentliche Komponente der föderalen IT- und eGovernment-Infrastrukturen erkannt. Das Lenkungsgremium GDI-DE ist daher beauftragt worden, ein entsprechendes Konzept zur weiteren Vernetzung zu erarbeiten, in das auch die Kommunen verstärkt einbezogen werden sollen.

 

Beteiligung an der GDI-Umfrage
Abb. 2: Beteiligung an der GDI-Umfrage (KOKO GDI-DE 2013).

Von zunehmender Wichtigkeit ist die praktische Einbindung von Geoinformationen in andere Verwaltungsprozesse. Die Kommunale Gemeinschaftsstelle für Verwaltungsmanagement (KGSt) beispielsweise beabsichtigt mit dem Vorhaben „Föderales Informationsmanagement“ u. a. auch entsprechende Projekte auf Geoinformationen aufzusetzen und die Prozesse in das Nationale Prozessregister aufnehmen zu lassen. Wichtige neue Impulse enthält zudem das neue eGovernment-Gesetz des Bundes: Verankert ist u. a. die Verpflichtung, alle neu aufzubauenden oder zu überarbeitenden elektronischen Register zu georeferenzieren sowie Statistikdaten in geografischen Gitterzellen aufzubereiten. Die Folge davon sind erhebliche Aufgabenerweiterungen auch im kommunalen Geodatenmanagement.

Die Öffentlichkeitsarbeit ist zukünftig verstärkt auf Geoinformationen als Bausteine in kommunalen eGovernment-Prozessen sowie die Prozessbibliotheken und 115 auszurichten. Das Thema Geoinformation sollte zudem stärker und regelmäßiger in den eGovernment-Printmedien beworben werden.

Die diesjährige 2.Nationale INSPIRE-Konferenz in Essen ist schwerpunktmäßig auf Kommunalaspekte ausgerichtet worden. Anhand verschiedener Vorträge und einer Podiumsdiskussion mit kommunalen Vertretern werden diverse Aspekte aus dem Blickwinkel und den Interessen der Kommunen beleuchtet. Die Entwicklung geht also weiter.

 

Bernd Düsterdiek

Referatsleiter Deutscher Städte- und Gemeindebund
 

Dr. Stefan Ostrau

Fachlicher Sprecher KoKo GDI-DE Kreis Lippe, Detmold
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