06.02.2023

Tax Compliance für die öffentliche Hand

Schnittstellen zwischen Verwaltungs- und Steuerrecht

Tax Compliance für die öffentliche Hand

Schnittstellen zwischen Verwaltungs- und Steuerrecht

Ein Beitrag aus »Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Verwaltungsblätter für Baden-Württemberg« | © emmi - Fotolia / RBV

Tax Compliance spielt, spätestens seit der Einführung des § 2 b UStG, auch für die öffentliche Hand eine immer größere Rolle. Denn es gilt, die steuerrechtliche Haftung für die Verantwortlichen beherrschbar zu machen. Die nachfolgende Abhandlung setzt sich daher mit den Fragen nach den rechtlichen Anforderungen eines Tax-Compliance-Management-Systems in der Landesverwaltung Baden-Württemberg auseinander.

Am Beispiel der Innenverwaltung des Landes Baden-Württemberg wird dargestellt, wie ein Tax-Compliance-Management-System in einer großen Verwaltungsstruktur mit ca. 40 000 Beamten und Tarifbeschäftigten[1] aufgebaut werden kann. Den insoweit zu berücksichtigenden Schnittstellen zwischen Verwaltungs- und Steuerrecht wird dabei besonderes Gewicht beigemessen.

I. Sinn und Zweck von Tax Compliance

Tax Compliance ist längst nicht mehr nur ein Thema für Unternehmen der Privatwirtschaft, sondern vielmehr auch für die öffentliche Hand in ihrer Eigenschaft als Steuerschuldnerin. Betroffen sind neben Bund, Ländern, Landkreisen und Kommunen u. a. Gemeindeverbände und Zweckverbände, Hochschulen, öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften, Innungen, Handwerkskammern, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts sowie sonstige Gebilde, denen aufgrund des öffentlichen Rechts eigene Rechtsfähigkeit zukommt.[2]


Unter Tax Compliance wird die Gesamtheit aller Maßnahmen verstanden, die erforderlich sind, um ein rechtmäßiges Verhalten von Organisationseinheiten, ihren Organen sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Hinblick auf die spezifischen Ge- und Verbote sowie Pflichten des Steuerrechts zu gewährleisten.[3] Steht die öffentliche Hand durch ihre Betätigung in Konkurrenz zu privatwirtschaftlichen Unternehmen, muss sie sich grundsätzlich der Ertrags- und Umsatzbesteuerung unterwerfen.

Für die öffentliche Verwaltung gilt die Verpflichtung zur Einhaltung der Steuergesetze, die ohnehin alle Steuerpflichtigen trifft, umso mehr als sie durch das Rechtsstaatsprinzip in Art. 20 Abs. 3 GG an Gesetz und Recht gebunden ist. [4] Sie hat insoweit eine besondere Vorbildfunktion bei der Einhaltung steuerlicher Pflichten. Zudem gilt es, straf- und ordnungswidrigkeitenrechtliche Sanktionen und Reputationsschäden zu vermeiden. Die Gründe, die aktuell bei der öffentlichen Hand zum verstärkten Aufbau von Tax-Compliance-Maßnahmen führen, sind vielfältig.

Zum einen betätigt sich die öffentliche Hand in umfangreichem Maße am wirtschaftlichen Verkehr[5], zum anderen steigt die Zahl der steuerrelevanten Vorgänge insbesondere in der Umsatzsteuer mit den Neuregelungen in § 2 b UStG erheblich an, bspw. Im Bereich der Parkraumbewirtschaftung, in der Personalgestellung oder im Rahmen des Grundstücks- und Wohnungswesens.

Werden die Prozesse einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung im Hinblick auf die Umsatzsteuerpflicht untersucht, werden dabei zumeist auch ertragsteuerlich relevante Sachverhalte mit in den Blick genommen, um so möglichst ganzheitlich ein den Steuergesetzen konformes Verwaltungshandeln sicherstellen zu können. Tax-Compliance-Maßnahmen sollen mehr Rechtssicherheit schaffen. Sie sollen dabei helfen, Fehler zu minimieren und damit sowohl Steuerstraftaten, wie die vorsätzliche Steuerhinterziehung gemäß § 370 AO, als auch Ordnungswidrigkeiten, wie die leichtfertige Steuerverkürzung gemäß § 378 AO, zu verhindern. Denn ein internes Kontrollsystem kann nach den Regelungen der Finanzverwaltung im Anwendungserlass zu § 153 AO zumindest ein Indiz darstellen, das gegen das Vorliegen eines Vorsatzes oder Leichtfertigkeit spricht.[6]

Die Behördenleitungen können sich durch ein funktionierendes Tax-Compliance-Management-System vom Vorwurf des Organisationsverschuldens exkulpieren und damit dem Vorwurf einer Ordnungswidrigkeit gemäß § 130 OWiG entgehen. Eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 130 Abs. 1 Satz 1 OWiG begeht, wer als Inhaber eines Unternehmens bzw. eines Betriebs vorsätzlich oder fahrlässig die Aufsichtsmaßnahmen unterlässt, die erforderlich sind, um Pflichtverletzungen seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu vermeiden.

Unternehmen i. S. d. § 130 Abs. 1 OWiG ist, wie Abs. 2 der Vorschrift klarstellt, auch das öffentliche Unternehmen, d. h. unabhängig von der Organisationsform diejenigen Bereiche, in denen die öffentliche Hand am Wirtschaftsleben teilnimmt.[7] § 130 OWiG gilt damit ebenso für Behördenleitungen als gesetzliche Vertreter in Steuerangelegenheiten gemäß § 34 AO. Die Aufsichtspflicht kann im Rahmen der Geschäftsverteilung auf einen Tax Compliance Officer bzw. Beauftragten für Steuerangelegenheiten übertragen werden. Allerdings verbleibt, wie sich aus § 130 Abs. 1 Satz 2 OWiG ergibt, stets eine Überwachungspflicht bei der Behördenleitung, d. h. die Pflicht zur Bestellung, sorgfältigen Auswahl und Überwachung.[8]

Neben der Vermeidung von Haftung sprechen weitere Gründe für Tax-Compliance-Maßnahmen. So ist ein Tax-Compliance-Management-System aus haushalterischer Sicht ein wirksames Steuerungsinstrument, da es dazu beiträgt, nicht nur Steuernachzahlungen zu vermeiden, sondern auch Gestaltungsmöglichkeiten zu wählen, die eine Steuerpflicht der öffentlichen Hand vermeiden und damit zu einem wirtschaftlichen Verwaltungshandeln beizutragen.[9] Überdies trägt es zur Transparenz wirtschaftlicher Vorgänge innerhalb der jeweiligen Verwaltungsorganisation bei.

II. Tax Compliance als Aufgabenstellung aus dem Umsatzsteuerrecht

Rechtlicher Hintergrund für diese neue Aufgabe sind vor allem die ab dem 01.01.2023 zwingend geltenden Neuregelungen des § 2 b UStG. Dieser weitet die unionale Vorgabe des Art. 13 MwStSystRL der Umsatzsteuerpflicht auf Bereiche der öffentlichen Hand aus, die nach alter Rechtslage als nicht steuerbar galten.[10] Die Umsatzsteuerpflicht entsteht künftig überall dort, wo die öffentliche Hand im Wettbewerb steht. Anders als nach bisheriger Rechtslage ist ein Vorliegen eines Betriebs gewerblicher Art i. S. d. § 4 KStG kein Anknüpfungspunkt für die Umsatzsteuerpflicht mehr. Diese entsteht jetzt nicht nur bei einer wirtschaftlichen Tätigkeit unterhalb der Grenze eines Betriebs gewerblicher Art,[11] sondern – abgesehen von Ausnahmetatbeständen – auch bei einer Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt, wenn es hierbei zu größeren Wettbewerbsverzerrungen kommt.[12]

Die Vorgaben aus dem Umsatzsteuerrecht machen es erforderlich, sämtliche behördlichen Prozesse, die zu einer Steuerpflicht führen können, zu erfassen und deren steuerrechtliche Behandlung sicherzustellen. Deshalb sind davon auch Gebühren- und Entgelttatbestände erfasst. Dies erfolgt in der Regel mittels eines Einnahmenscreenings. Zudem ist es zweckmäßig, sämtliche Verträge in einer Vertragsdatenbank aufzunehmen und ebenfalls auf die für die Besteuerung relevanten Inhalte zu untersuchen.

Einerseits kann damit die Erfüllung der umsatz- steuerlichen Pflichten gewährleistet und andererseits können Gestaltungsspielräume genutzt werden, da ein Handeln auf der Grundlage öffentlich-rechtlicher Sonderregelungen, z. B. auf der Grundlage eines Gesetzes oder Verwaltungsakts zur Verneinung einer Steuerpflicht führt. Beispielhaft lässt sich dafür § 1 a Abs. 3 und Abs. 4 UStG anführen, der die Möglichkeit eröffnet, einen Warenerwerb in einem Gemeinschaftsstaat mit einem höheren Mehrwertsteuersatz dem günstigeren inländischen Steuersatz zu unterwerfen. Hier zeigt sich bereits auf materiellrechtlicher Ebene eine erste zentrale Schnittstelle zwischen Verwaltungs- und Steuerrecht.

Insoweit gilt: Das Steuerrecht folgt dem Verwaltungsrecht, denn das Verwaltungsrecht, wenn nicht gar die Verfassung, definiert, ob eine hoheitliche Tätigkeit vorliegt oder nicht.

Die enge Verknüpfung zwischen Verwaltungs- und Steuerrecht in der Umsatzsteuer wird an einer weiteren Schnittstelle, nämlich dem speziellen Besteuerungsverfahren deutlich.

Gemäß § 18 Abs. 4 f UStG obliegt die Abgabe der Umsatzsteuererklärung nicht „dem Unternehmer“ wie es § 18 Abs. 1 Satz 1 UStG vorsieht, sondern den jeweiligen Organisationseinheiten der Gebietskörperschaft, des Bundes oder des Landes.[13] Es handelt sich um eine Optionsregelung für den Bund und jedes Land, da es für diese großen Gebietskörperschaften, die umsatzsteuerlich ein Unternehmen darstellen, faktisch kaum möglich wäre, eine einzige Umsatzsteuererklärung abzugeben.

Nach der Gesetzesbegründung sind Organisationseinheiten in den Gebietskörperschaften Bund und Ländern „jeweils einzeln die Verwaltungen der Verfassungsorgane des Bundes und der Länder, die oberste Behörde und die Behörden der nachgeordneten Bereiche bzw. die Bundes- und Landesbeauftragten (z. B. Bundesbeauftragte für Datenschutz), die mit eigener Selbständigkeit außerhalb eines Ressorts ausgestattet sind sowie vergleichbare Einrichtungen des Bundes oder der Länder“.[14] Genannt werden in der Gesetzesbegründung auch Unterorganisationseinheiten, d. h. innerhalb einer Behörde gebildete Einheiten bzw. Organisationseinheiten in Form von mehreren zusammengeschlossene Behörden oder Organisationseinheiten.

Damit folgt der Gesetzgeber mit der Begrifflichkeit der „Organisationseinheit“ den Verwaltungs- und Behördenstrukturen in den Gebietskörperschaften. Unter einer Behörde wird im Allgemeinen eine Verwaltungsstelle verstanden, welche durch organisationsrechtliche Sätze gebildet, mit sächlichen und personellen Mitteln ausgestattet, vom Wechsel der Amtsinhaber unabhängig und aufgrund einschlägiger Zuständigkeitsregelung berufen ist, nach außen hin eigenständig durch Entscheidung, insbesondere durch Verwaltungsakt, zu entscheiden.[15] Zu berücksichtigen ist, dass für Kommunen die Regelung des § 18 Abs. 4 f UStG keine Anwendung findet, sodass diese eine Umsatzsteuererklärung für die gesamte unternehmerische Betätigung der Kommune abgeben müssen.

III. Rechtliche Anforderungen an ein Tax-Compliance-Management-System

Die genauen rechtlichen Anforderungen an ein wirksames Tax-Compliance-Management-System befinden sich derzeit erst in der Entwicklung. Dies gilt für die Privatwirtschaft, aber ebenso für die öffentliche Hand. So gibt es derzeit noch keine Vorgaben seitens der Finanzverwaltung, die Mindestinhalte für ein solches System definieren. Für die Privatwirtschaft bildet der IDW Praxishinweis 1/2016 zur Ausgestaltung und Prüfung eines Tax-Compliance-Management-Systems gemäß IDW PS 980 den Maßstab für die Wirtschaftsprüfung.[16]

Allerdings ist in der Literatur umstritten, ob und inwieweit einem nach den Standards des IDW testierten Tax-Compliance-Management-System eine strafrechtlich enthaftende Wirkung zukommt.[17] Ein Testat hat jedoch zumindest eine indizielle Wirkung dahingehend, dass die Unternehmensleitung im geprüften Zeitraum ihren Aufsichts- und Organisationspflichten nachgekommen ist.[18]

Auch die öffentliche Hand orientiert sich an den Vorgaben des IDW Praxishinweises 1/2016, wie ein aktueller Prüfungsbericht des Rechnungshofs Thüringen zur Einhaltung steuerrechtlicher Anforderungen bei Kommunen insbesondere unter Berücksichtigung des § 2 b UstG herausgearbeitet hat.[19] Zudem hat der Deutsche Städtetag im Jahr 2017 einen Leitfaden für Tax Compliance in Kommunen entworfen, der Vorschläge für die Grundstruktur eines Tax-Compliance-Management-Systems unterbreitet.[20]

Im Februar 2022 hat das Bayerische Staatsministerium der Finanzen ein Pilotprojekt zur Einbeziehung von modernen Compliance-Systemen der Unternehmen in die steuerliche Betriebsprüfung gestartet, um mit den gewonnenen Erkenntnissen Steuerprüfungen zukünftig effizienter und schneller zu machen.[21] An dem bayerischen Pilotprojekt zeigt sich die in Deutschland vermehrt geforderte horizontale Eigenkontrolle durch den zuverlässigen Steuerpflichtigen folgend dem österreichischen Modell der begleitenden Betriebsprüfung.[22] Ähnliche Bestrebungen gibt es auch in der EU hinsichtlich der Einführung eines zertifizierten Steuerpflichtigen im Umsatzsteuerrecht.[23]

Für privat-rechtliche Unternehmen, an denen die öffentliche Hand mehrheitlich beteiligt ist, haben der Bund, die Länder und große Städte inzwischen weitreichende Corporate-Governance-Kodizes aufgestellt, um neben der Einhaltung geltenden Rechts auch die Einhaltung internationaler und nationaler anerkannter Standards guter und verantwortungsvoller Unternehmensführung sicherzustellen.[24] Es ist davon auszugehen, dass Verhaltenskodizes im Bereich Tax Compliance flächendeckend folgen und die Entwicklung umfänglicher Tax-Compliance-Management-Systeme für die öffentliche Hand nach sich ziehen werden.

IV. Rechtliche Gestaltung des Tax-Compliance-Managements in der Innenverwaltung des Landes Baden-Württemberg

Das Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen des Landes Baden-Württemberg stellt derzeit ein umfängliches Tax-Compliance-Management-System für das gesamte Ressort sowie die nachgeordneten Behörden auf. Umfasst sind die Bereiche Polizei, Verfassungsschutz, Feuerwehr, Katastrophenschutz, Verwaltungsmodernisierung, Landesverfassung, Wahlen, Kommunal- und Sparkassenwesen sowie die Digitalisierung.[25]

Die Maßnahmen erstrecken sich auf sämtliche Steuer- und Abgabearten. Die Stabsstelle Tax-Compliance und Steuer untersteht direkt der Ressortleitung und hat eine von den Fachabteilungen unabhängige Stellung.

Im Rahmen einer Forschungskooperation erfolgt eine wissenschaftliche Begleitung der Stabsstelle durch die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg. Durch die Zentrale umsatzsteuerliche Unterstützungsstelle (ZUU) des Finanzministeriums und der Oberfinanzdirektion Karlsruhe erfolgt zudem für alle Landesministerien und deren nachgeordnete Bereiche eine Unterstützung mit Schwerpunkt auf die Umsetzung der Anforderungen durch den § 2 b UStG.

Im Folgenden wird die geplante Ausgestaltung des Tax Compliance Managements für die Innenverwaltung des Landes Baden-Württemberg beschrieben:

Zentrale Grundlage für das Tax-Compliance-Managements ist ein internes Kontrollsystem, das sich an den sieben Grundelementen des IDW Praxishinweises 1/2016 zu PS 980 orientiert.[26] Im Fokus stehen dabei neben der Tax-Compliance-Kultur und den Tax-Compliance-Zielen die Tax-Compliance-Organisation, die Tax-Compliance-Risiken, ein Tax-Compliance-Programm mit Maßnahmen, die Risiken entgegenwirken, sowie die Tax-Compliance-Überwachung und Verbesserung mit Festlegung grundlegender Zuständigkeiten für die Überwachung, begleitet von einem Überwachungsplan und einer geeigneten Dokumentation.

Für die Aufstellung des Tax-Compliance-Management-Systems wurden zunächst die steuerlich relevanten Sachverhalte erfasst. Umgesetzt wurde diese Datenerhebung durch ein umfassendes Einnahmescreening mit Erhebung der Betriebsabläufe sowie eine Erhebung weiterer relevanter Steuer- und Abgabeverpflichtungen in allen Organisationseinheiten des Ressorts und durch den Aufbau einer Vertragsdatenbank. In einer weiteren Phase erfolgt eine Risikoanalyse und -bewertung der relevanten steuerlichen Prozesse anhand von Risikomatrizes in den jeweiligen organisatorischen Einheiten. Bei der Tax-Compliance-Organisation geht es darum, für jede Organisationseinheit der Innenverwaltung eine verantwortliche Stelle in Form eines Beauftragten für Steuersachen bzw. Tax Compliance Officer festzulegen.

Zudem wird eine Berichtsstruktur aufgebaut, die sich zuerst an die Behördenleitung und von dort an die übergeordnete Behörde sowie an die Stabsstelle des Ministeriums richtet. Flankierend erfolgen umfängliche Schulungsmaßnahmen durch die ZUU sowie durch die Stabsstelle Tax Compliance und Steuer selbst. Ressortübergreifend wird darüber hinaus unter Federführung der ZUU an einem digitalem Steuerhandbuch für besonders relevante Fragestellungen gearbeitet, auf das sämtliche Behörden in Baden-Württemberg Zugriff haben.

V. Fazit

Auch wenn die öffentliche Hand als Steuerpflichtiger und über ihre besondere Gesetzesbindung in Art. 20 Abs. 3 GG zur Einhaltung der Steuergesetze verpflichtet ist, bietet ein funktionierendes Tax-Compliance-Management für sie einen deutlichen Mehrwert an Rechtssicherheit, Transparenz und Gestaltungsmöglichkeiten.

Dieses „Mehr“ an Rechtsstaatlichkeit fordert jedoch qualifizierte Personalressourcen und vor allem eine kontinuierliche Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in sämtlichen Einrichtungen der öffentlichen Hand. Doch auch hier gilt der inzwischen häufig zitierte Ausspruch des US-Staatsanwalts Paul McNulty „If you think compliance is expensive: try non-compliance.“

 

Entnommen aus den Verwaltungsblättern Baden-Württemberg, 11/2022, S. 441.

[1] https://im.baden-wuerttemberg.de/de/ministerium/aufgaben-und-organisation/organigramm/ (Abruf: 29.06.2022).

[2] Ismer, in: Reiß/Kraeusel/Langer UStG, § 2 b Rn. 31.

[3] Holzner, Tax Compliance in Kommunen: Birgt das Unterlassen von Tax-Compliance-Maßnahmen der „öffentlichen Hand“ – insbesondere für Kommunen – konkrete Risiken?, in: Dürrschmidt/Majer, Jahrbuch des Instituts für Angewandte Forschung 2021, S. 57; Meissner/Leibold/Gieseler/Holzner, Tax Compliance im Spiegel der Steuerarten – Unternehmerische Risiken im Verfahrensrecht, den Ertragsteuern und der Umsatzsteuer, in: Dürrschmidt/Majer, Jahrbuch des Instituts für Angewandte Forschung 2020, S. 27, Streck/Binnewies, DStR 2009, 229.

[4] Holzner (Fn. 3), S. 57.

[5] Bundeskartellamt – Der Staat als Unternehmer – (Re)Kommunalisierung im wettbewerbsrechtlichen Kontext, https://www.bundeskartellamt.de/SharedDocs/Publikation/DE/Diskussions_Hintergrundpapier/Bundeskartellamt%20-%20Der%20Staat%20als%20Unternehmer.pdf?__blob=publicationFile&v=2; abgerufen am 25.06.2022; Beteiligungsbericht 2021 des Landes Baden-Württemberg, https://fm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-fm/intern/Dateien_Downloads/Beteiligungen/Beteiligungsbericht_des_Landes_2021_web.pdf, abgerufen am 25.06.2022; Destatis, Öffentliche Finanzen auf einen Blick, 2017, S. 24, https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentliche-Finanzen/Publikationen/Querschnitt/finanzen-auf-einen-blick-0140012179004.pdf?__blob=publicationFile, abgerufen am 25.06.2022; Destatis, Öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen 2019, https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Oeffentliche-Finanzen/Fonds-Einrichtungen-Unternehmen/fonds-einrichtungen-unternehmen.html, abgerufen am 25.06.2022.

[6] AEAO zu § 153, Nr. 2.6 Satz 6, BMF-Schreiben v. 23.05.2016 – IV A 3 – S 0324/15/10001, IV A 4 – S 0324/14/10001, BStBl. I 2016, 490; vgl. auch BGH, Urt. v. 9.05.2017 – 1 StR 265/16, wistra 2017, 390 ff.

[7] Rogall in Karlsruher Kommentar zum OWiG, 5. Aufl., 2018, Rn. 30; Engelhart, in: Esser/Rübenstahl/Saliger/Tsambikakis, Wirtschaftsstrafrecht, § 130 OWiG Rn. 22.

[8] Engelhart (Fn. 7), § 130 OWiG Rn. 27.

[9] Vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 Bundeshaushaltsordnung sowie § 7 Abs. 1 Satz 1 Landeshaushaltsordnung Baden-Württemberg; Leibold/Meissner, StB 2022, 176.

[10] § 2 b UStG wurde durch Art. 12 Nr. 3 des Steueränderungsgesetzes 2015 mit Wirkung zum 01.01.2016 in das UStG eingefügt. Er ersetzt § 2 Abs. 3 UStG (alt), der gleichzeitig aufgehoben wurde. § 2 b UStG wird von einer Übergangsregelung begleitet, die zunächst vorsah, die Altregelung bis zum 01.01.2021 fortzuführen (§ 27 Abs. 22, Satz 3–5 UStG), im Rahmen des Corona-SteuerhilfeG vom 19.06.2020 (BGBl. I 2020, S. 1385) jedoch bis zum 01.01.2023 verlängert wurde (§ 27 Abs. 22 a UStG).

[11] Jahresumsatz von mehr als 35 000 €: R 4.1 Abs. 5 Satz 1 KStR.

[12] Meissner, § 2 b UStG – Herausforderung und Chance, in Dürrschmidt/Majer, Jahrbuch des Instituts für Angewandte Forschung 2021, 65 ff.

[13] Leibold/Meissner, StB 2022, 212 ff.

[14] BT-Drs. 19/22850, S. 122, (123) „zu Nummer 5“.

[15] V. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, 22. Aufl. 2021, 2. Behördenbegriff Rn. 682.

[16] IDW Praxishinweis 1/2016: Ausgestaltung und Prüfung eines Tax-Compliance-Management-Systems gemäß IDW PS 980 (Stand: 31.05.2017). Meissner/Leibold/Gieseler/Holzner, Tax Compliance im Spiegel der Steuerarten – Unternehmerische Risiken im Verfahrensrecht, den Ertragsteuern und der Umsatzsteuer (Fn. 3).

[17] Fleischer, NZG 2014, 321, (325); Rieder/Jerg, CCZ 2010, 201, (205).

[18] Handel, DStR 2017, 1945, (1948); Gelhausen/Wermelt, CCZ 2010, 209.

[19] https://www.thueringer-rechnungshof.de/files/17CB5F19CAF/II – PB – PB (final) – TCMS.pdf (abgerufen am 21.06.2022).

[20] https://www.muenchen-transparent.de/dokumente/4734183/datei (abgerufen am 21.06.2022).

[21] https://www.stmfh.bayern.de/internet/stmf/aktuelles/pressemitteilungen/24673/ (abgerufen am 21.06.2022).

[22] Meissner/Leibold/Gieseler/Holzner, Tax Compliance im Spiegel der Steuerarten – Unternehmerische Risiken im Verfahrensrecht, den Ertragsteuern und der Umsatzsteuer (Fn. 3), S. 63; Macho/Oertel, ISR 2019, 232.

[23] Vgl. hierzu ausführlich Meissner/Leibold/Gieseler/Holzner, Tax Compliance im Spiegel der Steuerarten – Unternehmerische Risiken im Verfahrensrecht, den Ertragsteuern und der Umsatzsteuer (Fn. 3), S. 73 ff.

[24] Grundsätze guter Unternehmens- und aktiver Beteiligungsführung im Bereich des Bundes: https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Themen/Bundesvermoegen/Privatisierungs_und_Beteiligungspolitik/Beteiligungspolitik/grundsaetze-guter-unternehmens-und-aktiver-beteiligungsfuehrung.html (abgerufen am 21.06.2022); Public Corporate Governance Kodex des Landes Baden-Württemberg: https://fm.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/m-fm/intern/Dateien_Downloads/Beteiligungen/Public_Corporate_Governance_Kodex_BW2018.pdf (abgerufen am 21.06.2022); Public Corporate Governance Kodex der Stadt Stuttgart: https://www.stuttgart.de/rathaus/finanzen/public-corporate-governance.php.

[25] Vgl. Leibold/Meissner, StB 2022, 176.

[26] Vgl. Meissner/Leibold/Gieseler/Holzner, Tax Compliance im Spiegel der Steuerarten – Unternehmerische Risiken im Verfahrensrecht, den Ertragsteuern und der Umsatzsteuer (Fn. 3), S. 63.

 

Claudia Gassner

Regierungsdirektorin, Leiterin Stabsstelle Tax Compliance und Steuer, Ministerium des Inneren, für Digitalisierung und Kommunen Baden-Württemberg
 

Prof. Dr. Tanja Leibold

Professorin für Besitz- und Verkehrssteuern, Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, Co-Leiterin des Kompetenzzentrums Tax Compliance
 

Prof. Dr. Gabi Meissner

Professorin für Besitz- und Verkehrssteuern, Hochschule für öffentliche Verwaltung u. Finanzen Ludwigsburg, Co-Leiterin Kompetenzzentrum Tax Compliance
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