26.03.2018

Schulhomepage muss Urheberrechte beachten

Zur Haftung bei Verletzungen

Schulhomepage muss Urheberrechte beachten

Zur Haftung bei Verletzungen

Hat das Gericht Sheerans Urheberrechte verletzt? | © blende11.photo - stock.adobe.com
Hat das Gericht Sheerans Urheberrechte verletzt? | © blende11.photo - stock.adobe.com

Die Unterhaltung einer Schule verursacht Kosten. Diese Kosten verteilen sich hauptsächlich auf den Personalaufwand und den Schulaufwand. Diesbezüglich wirken Staat und kommunale Gebietskörperschaften zusammen, was wechselseitige Zuständigkeiten für den »Betrieb Schule« bedingt. Die Frage, wem (Staat versus Kommune) rechtswidrige Handlungen einer für »die Schule« tätigen Lehrkraft zuzurechnen sind mit der Folge einer Haftung für dieses Verhalten, beschäftigte das Oberlandesgericht Frankfurt a.M. in seiner Entscheidung vom 09.05.2017 – Az. 11 U 153/16. Das lehrreiche Urteil verdeutlicht die allgemein gültigen Abgrenzungskriterien sehr anschaulich am Beispiel von Urheberrechtsverletzungen beim Betrieb einer schuleigenen Homepage.

Sachverhalt und Verfahrensgang

Die Klägerin ist Inhaberin der ausschließlichen Verwertungsrechte an einem Cartoon von C, der auf der Homepage der S-Schule in den Jahren 2014 und 2015 im Rahmen einer dort vorgehaltenen E-Card-Versendemöglichkeit öffentlich zugänglich gemacht wurde. Träger dieser Schule ist der Landkreis L. Ein an der Schule tätiger Lehrer, der im Dienst des beklagten Landes steht, war für die Gestaltung der Homepage verantwortlich. Die Klägerin hat das beklagte Land wegen dieser öffentlichen Zugänglichmachung auf Unterlassung, Auskunft und Schadensersatz aus Amtspflichtverletzung in Höhe von 1 200 Euro in Anspruch genommen. Im Streit stand zunächst, ob das beklagte Land als Anstellungskörperschaft der – insoweit unstreitig – »als Zustandsstörer« handelnden Lehrkraft gemäß §§ 2, 19a, 97, 99 UrhG verpflichtet ist, die öffentliche Zugänglichmachung des streitgegenständlichen Cartoons zu unterlassen, wenn dies wie vorliegend auf der schulischen Homepage geschieht. Zudem wollte der Kläger hieraus einen weitergehenden Unterlassungsanspruch herleiten, der die Unterlassungsverpflichtung auf alle Internetveröffentlichungen der dem beklagten Land zuzurechnenden Behörden erstreckt.

Zurechnung des Verhaltens der Lehrkraft

  • § 99 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) enthält eine eigenständige urheberrechtliche Zurechnungsnorm für fremdes Verhalten, welche unabhängig von der Frage einer Amtspflichtverletzung und einer daraus gegebenenfalls folgenden Schadensersatzverpflichtung zu prüfen ist. Hiernach bestehen die Ansprüche auf Unterlassung und Schadensersatz aus § 97 UrhG auch gegenüber dem Inhaber eines Unternehmens, sofern in diesem Unternehmen von einem Arbeitnehmer eine Urheberrechtsverletzung begangen wurde. Sinn der Vorschrift ist es, dem Unternehmer die Möglichkeit der Exkulpation (wie in § 831 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) abzuschneiden, wenn Urheberrechtsverletzungen aus seinem Betrieb heraus vorgenommen werden. Der Unternehmer soll sich nicht hinter seinem Arbeitnehmer «verstecken» können. Der Begriff des »Unternehmens« im Sinne von § 99 UrhG ist dabei weit zu fassen und findet gemäß höchstrichterlicher Rechtsprechung entsprechend auf juristische Personen des öffentlichen Rechts – wie hier – Anwendung.

Vorliegend musste die streitgegenständliche öffentliche Zugänglichmachung daher »innerhalb des Unternehmens des beklagten Landes« im Sinne von § 99 UrhG erfolgt sein. Dieses Merkmal setzt zum einen voraus, dass das beklagte Land Einfluss auf die Verletzungshandlung nehmen kann; der Bereich, in den das fragliche Verhalten fällt, muss jedenfalls im gewissen Umfang durch das beklagte Land beherrscht werden. Dies war vorliegend der Fall, denn unstreitig stand dem beklagten Land die Dienstaufsicht über »seine« Lehrerinnen und Lehrer an öffentlichen Schulen zu. Zum anderen erfordert die Zurechnung eine enge Verbindung der Rechtsverletzung zum Tätigkeitsbereich des Verletzers; diese Frage stand vorliegend im Streit. Hierfür war zu prüfen, ob die inhaltliche Ausgestaltung einer Schulhomepage dem Bereich des vom beklagten Land wahrzunehmenden staatlichen Bildungsauftrags unterfällt oder aber der dem Schulträger (Kommune) obliegenden räumlichen und sächlichen Organisation und Aufrechterhaltung einer Schule:


Abgrenzung der Verantwortlichkeiten im Schulrecht

Die Kosten für die Unterhaltung einer Schule setzen sich hauptsächlich aus dem Personalaufwand und dem Schulaufwand zusammen. Bei den staatlichen Schulen trägt der Staat den gesamten Personalaufwand. Den Schulaufwand trägt in aller Regel eine kommunale Körperschaft als sogenannter »Aufwandsträger«. Der Staat kommt nur in wenigen Fällen unmittelbar auch für den Schulaufwand auf; zu denken ist etwa an Gymnasien mit Heim. Eine kommunale Körperschaft als Aufwandsträger erhält dabei den Schulaufwand teilweise vom Staat ersetzt. Soweit es die Zusammenarbeit der Schulträger sowie des beklagten Landes bei der Errichtung, Organisation, Aufhebung und Unterhaltung der öffentlichen Schulen anbelangt, gilt es somit als Leitlinie, dass die inhaltliche, pädagogische Ausrichtung einer Schule das beklagte Land zu verantworten hat, während der Schulträger die sachliche Ausstattung der jeweiligen Schulgebäude und Schulanlagen sowie deren Organisation gewährleistet.

Abgrenzung im konkreten Einzelfall »Schulhomepage«

Ein schulischer Internetauftritt dient der Realisierung unterschiedlicher Zwecke. Neben reinen Informationen über die Existenz, Örtlichkeit und Erreichbarkeit der Schule unterstützt und erleichtert er ganz wesentlich den Informationsaustausch der am Schulleben Beteiligten. Als eine Art »virtuelle Visitenkarte« beeinflusst eine Schulhomepage zudem Schulentscheidungen künftiger Schüler. Eine schulische Homepage vermittelt gegenüber Dritten und der jeweiligen Schulgemeinde das »Gesicht« der Schule. Dieses wird ganz maßgeblich durch die inhaltliche Ausrichtung, vorhandene Schwerpunkte sowie besondere Angebote der Schule geprägt. Über die Homepage soll primär das »pädagogische Gesicht« der Schule nach außen getragen werden, d.h. ihre insoweit bestehenden Besonderheiten und Charakteristika. Soweit die Homepage darüber hinaus eine sogenannte E-Card-Versendemöglichkeit anbietet, kommt es auf den pädagogischen Bezug dieses konkreten Angebots im Hinblick auf die allein ausschlaggebende Gesamtbewertung eines schulischen Internetauftritts nicht an.

Die gebotene Gesamtbetrachtung der äußeren, sachlichen und inhaltlichen Eigenschaften eines schulischen Internetauftritts spricht somit für eine klare Zuordnung des schulischen Internetauftritts zum Aufgabenbereich des beklagten Landes: Insoweit indiziert der Umstand, dass das inhaltliche Konzept des schulischen Internetauftritts von einem der Dienstaufsicht des beklagten Landes unterstehenden Lehrer betreut wurde, bereits einen Bezug dieser Tätigkeit zum beklagten Lan

Umfang des Unterlassungsanspruchs

Das beklagte Land kann nur insoweit auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, als der hier streitgegenständliche Erstverstoß in Form der öffentlichen Zugänglichmachung des konkreten Cartoons auf einer schulischen Homepage die Vermutung der Wiederholung begründet. Der in einem schulischen Umfeld erfolgte Urheberrechtsverstoß begründet allein die Vermutung der Wiederholung für gleichgelagerte, ebenfalls in einem schulischen Umfeld erfolgende Verstöße, nicht dagegen für Verstöße in allen Behörden des beklagten Landes.

 

Dr. Udo Dirnaichner

Ministerialrat, Bayerisches Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst
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