29.08.2019

Qualifikationsmodelle der Sicherheitswirtschaft

Ein Überblick

Qualifikationsmodelle der Sicherheitswirtschaft

Ein Überblick

Qualifikationsmodelle der Sicherheitswirtschaft im Überblick. | ©  Marcel Kuhlmey
Qualifikationsmodelle der Sicherheitswirtschaft im Überblick. | © Marcel Kuhlmey

Nach Angaben des Bundesverbandes der Sicherheitswirtschaft wurden im Jahr 2017 circa 257.193 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Wach- und Sicherheitsdiensten sowie Detekteien beschäftigt. Im Vergleich betrug die Zahl der Beschäftigten der Polizeien der Länder und des Bundes im Vergleichszeitraum 301.990.  Das Umsatzvolumen der privaten Sicherheitsdienstleister lag bei über 8,4 Milliarden Euro in Deutschland. Die Zahl der Beschäftigten, aber auch die stetig steigenden Anforderungen zeigen das Erfordernis nach mehr und steigender Qualifikation auf.

Qualifikationserfordernis

Private Sicherheit bedeutet nicht nur den Einsatz operativer Einsatzkräfte vor Ort, sondern ist viel umfangreicher. Die Wahrnehmbarkeit beschränkt sich jedoch leider oftmals auf den Einsatz von Sicherheitskräften. Das Qualifikationserfordernis ergibt sich aus der zunehmenden Komplexität der Sicherheit im privaten Sektor. Der Staat konzentriert sich auf die hoheitlichen Sicherheitsaufgaben (Kernaufgaben), so dass an deren Stelle der Sicherheitsdienstleister tritt. Er muss daher über vergleichbare fachliche Fähigkeiten und Kompetenzen verfügen wie die Polizei. Die Komplexität und Weiterentwicklung ist jedoch nur ein Feld. Die Schutz- und Sicherheitstechnik entwickelt sich stetig weiter und rückt immer mehr in den Fokus. Kompetente Beratung und fachlich richtiger Einsatz werden stark nachgefragt. Das Sicherheitsbedürfnis der Menschen, deren Risikowahrnehmung, die Globalisierung sowie der demographische Wandel stellen die private Sicherheit vor weitere Herausforderungen. Diesen Herausforderungen kann nur durch langfristige, qualitativ hochwertige und nachhaltige Qualifikation der Beschäftigten entsprochen werden. Die Sicherheitswirtschaft sieht je nach Einsatzfeld eine adressatengerechte Aus-, Weiter- und Fortbildung vor.

Unterrichtungsverfahren

Seit dem Jahr 2003 sieht der Gesetzgeber für Beschäftigte, die fremdes Eigentum oder Leben schützen, als Mindestanforderungen die 40-stündige Unterrichtung vor. Das Unterrichtungsverfahren nach § 34 a GewO stellt eine Berufszugangsregelung dar und ist keine Grundausbildung. Ziel des Unterrichtungsverfahrens ist die Vermittlung von Grundkenntnisse und die Verdeutlichung der rechtlichen Dimension ihrer Tätigkeit im Bewachungsgewerbe.


Sachkundeprüfung

Derjenige, der ein Sicherheitsunternehmen gründen wollte, benötigte bis zur Novellierung des § 34a GewO lediglich eine 80-stündige Unterrichtung. Neben anderen, weiteren Voraussetzungen, die er erfüllen muss, fordert der Gesetzgeber nunmehr die erfolgreiche Ablegung einer Sachkundeprüfung.

Bestimmte Tätigkeitsbereiche, die im besonderen Fokus der Öffentlichkeit stehen, sehen ebenfalls als Erfordernis einen Sachkundenachweis der Industrie- und Handelskammer nach § 34 a GewO vor. Dies sind:

  • Kontrollgänge im öffentlichen Verkehrsraum oder in Hausrechtsbereichen mit tatsächlich öffentlichem Verkehr,
  • Schutz vor Ladendieben,
  • Bewachungen im Einlassbereich von gastgewerblichen Diskotheken,
  • Bewachungen von Aufnahmeeinrichtungen nach § 44 des Asylgesetzes oder anderen Immobilien und Einrichtungen, die der auch vorübergehenden amtlichen Unterbringung von Asylsuchenden oder Flüchtlingen dienen, in leitender Funktion sowie
  • Bewachungen von zugangsgeschützten Großveranstaltungen in leitender Funktion.

Der Sachkundeprüfung gleichgestellt sind einige Ausbildungen, wie zum Beispiel der mittlere Polizeivollzugsdienst, die Ausbildung zum Feldjäger der Bundeswehr oder zum Justizvollzugsdienst.

Servicekraft und Fachkraft für Schutz- und Sicherheit

Als Reaktion auf die zunehmende Komplexität des Berufes und die damit gestiegenen Anforderungen, wurde erstmals im Jahr 2002 die Ausbildung zur „Fachkraft für Schutz und Sicherheit“ als dreijähriger Ausbildungsberuf nach dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) eingeführt. Damit sollte ein konsistentes Berufsbild für die gesamte Sicherheitsbranche erreicht werden. Aufgrund zunehmend besorgniserregender Durchfallquoten bei den Abschlussprüfungen erfolgte eine Anpassung und die Einführung eines weiteren, zweijährigen Ausbildungsberufes: der Servicekraft für Schutz- und Sicherheit. Damit besteht die Möglichkeit nach erfolgreicher zweijähriger Ausbildung zur Servicekraft, die Ausbildung um ein weiteres Jahr zu verlängern, um dann den Abschluss zur Fachkraft abzulegen.

Geprüfte Schutz- und Sicherheitskraft

Die Sicherheitswirtschaft ist von Beschäftigten geprägt, die bereits in anderen Ausbildungsberufen gearbeitet haben und als Quereinsteiger in dieses Tätigkeitsfeld gelangen. Mit der Fortbildungsprüfung soll diese Zielgruppe angesprochen werden. Es wird damit eine Lücke zwischen der Fachkraft und dem Meister für Schutz und Sicherheit geschlossen. Ab dem 01.01.2006 entstand ein Vakuum, da das Bundesministerium für Bildung die Regelung zur Werkschutzfachkraft zum 31.12.2005 aufgehoben hatte. Berufs- und lebenserfahrene Beschäftigte, die älter als 24 Jahre sind, eine Ausbildung in einem anerkannten Beruf abgelegt haben und mindestens über zwei Jahre Berufspraxis in der Sicherheitswirtschaft verfügen, können nach 200 – 240 Unterrichtsstunden die Prüfung ablegen.

Meister für Schutz und Sicherheit

Seit 1989 bestand die berufliche Ausbildung zum Werkschutzmeister, welcher im Jahr 2003 durch den Meister für Schutz und Sicherheit abgelöst wurde. Voraussetzung ist ein abgeschlossener Ausbildungsberuf sowie mehrjährige Berufserfahrung. Die Vorbereitung der Meisterprüfung umfasst circa 800 bis 900 Ausbildungsstunden. Neben den grundlegenden Qualifikationen werden in Vorbereitungskursen handlungsspezifische sowie pädagogische Grundlagen vermittelt. Der Meister für Schutz und Sicherheit soll in der Lage sein, Sicherheitsanalysen durchzuführen und Sicherheitskonzepte zu erstellen.

Bachelorstudiengang Sicherheitsmanagement

Der erste Studiengang Sicherheitsmanagement wurde an der Fachhochschule für Verwaltung und Dienstleistung in Kiel-Altenholz im Jahr 1999 angeboten. Der Abschluss als Sicherheitsfachwirt konnte nach einer 18-monatigen Kontaktstudienzeit abgelegt werden. Im Jahr 2005 folgte dann die damalige Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege Berlin mit einem Bachelorstudiengang. Kurze Zeit später bot auch die Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Bremen ein derartiges Studium an. Zwischenzeitlich gibt es ein breitgefächertes Spektrum an Angeboten, welches sich hinsichtlich der fachlichen Ausrichtung (Safety oder Security) unterscheidet.

Ein weiterer Bachelorstudiengang Sicherheitsmanagement wurde von 2007 bis 2013 an der ehemaligen Hochschule der Polizei Hamburg durchgeführt. Dieser wurde in Kooperation mit der Polizei Hamburg zur privaten Hochschule für Management und Sicherheit Northern Business School Hamburg 2014 verlagert, im selben Jahr begannen die ersten Studiengänge in Vollzeit und berufsbegleitend.

Masterstudiengang Sicherheitsmanagement

Die höchste Qualifikationsstufe stellt das Masterstudium dar. Je nach Hochschulrecht eines Landes und Ausrichtung, schließt das Studium nach einer Berufspraxis oder unmittelbar an das Erststudium an. In einigen Bundesländern kann der Masterabschluss auch ohne Abitur mit einem Meisterabschluss erreicht werden. Das Masterstudium soll zur Übernahme komplexer Aufgaben und Führungsaufgaben mit Sicherheitsbezug qualifizieren.

Ausblick

Das heutige Qualifikationsmodell der Sicherheitswirtschaft wird den zunehmend komplexeren Tätigkeiten und Aufgaben gerecht. Die sich stetig weiterentwickelnden Inhalte zeigen, dass die Verantwortlichkeiten ihrer Aufgabe bewusst sind und sich um Aktualität bemühen. Keineswegs stehen die Inhalte und vermittelten Kompetenzen den behördlichen Qualifikationsmodellen nach.

 

Prof. Marcel Kuhlmey

Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), Berlin
 

Heike Nagora

Polizeioberrätin und Polizeibeamtin des höheren Polizeivollzugsdienstes der Berliner Polizei. Ausbildungsleiterin an der Polizeiakademie Berlin für den mittleren, gehobenen und höheren Polizeivollzugsdienst. Dozentin an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin.
n/a