Phosphorrückgewinnung von Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen
Neuregelung der Klärschlammverordnung
Phosphorrückgewinnung von Klärschlamm aus kommunalen Kläranlagen
Neuregelung der Klärschlammverordnung

Am 03.10.2017 ist die novellierte Klärschlammverordnung (AbfKlärV) in Kraft getreten.1BGBl. 2017 I, S. 3465 ff. Das Ziel der Novelle war es, die Pflicht zur Phosphorrückgewinnung aus den Klärschlämmen kommunaler Abwasserbehandlungsanlagen rechtlich zu verankern.2BT-Drs. 18/12496, S. 2. Mit Wirkung vom 03.10.2017 bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 2 AbfKlärV, dass bei der Klärschlammverwertung eine Rückgewinnung von Phosphor anzustreben ist. Klärschlammerzeuger, die im Kalenderjahr 2023 eine Abwasserbehandlungsanlage betrieben, hatten der zuständigen Behörde zunächst bis spätestens 31.12.2023 einen Bericht über die geplanten und eingeleiteten Maßnahmen zur Sicherstellung der ab 01.01.2029 durchzuführenden Phosphorrückgewinnung vorzulegen (§ 4 i. V. m. § 3 a Abs. 1 Satz 1 AbfKlärV (2023)). Konkrete Pflichten der Klärschlammerzeuger und Betreiber von Klärschlamm(mit)verbrennungsanlagen zur Phosphorrückgewinnung treten dann am 01.01.2029 bzw. am 01.01.2032 in Kraft.3BGBl. 2017 I, S. 3465 ff. Bis 2032 möchte der Verordnungsgeber stufenweise die Rückgewinnung des Phosphors aus Klärschlamm verstärken. Deutschland verfügt nicht über natürliche Phosphorvorkommen und ist abseits der Rückgewinnung von Phosphor auf Importe aus den endlichen Phosphorvorkommen der Welt angewiesen.4BT-Drs. 18/12495, S. 1 ff.
Der vorliegende Beitrag soll die bei der Klärschlammbewirtschaftung anzuwendenden Vorschriften darstellen und Möglichkeiten der interkommunalen Zusammenarbeit aufzeigen, um die sich hieraus ergebenden Pflichten zu erfüllen. Hierzu wird zunächst die aktuelle Praxis der Klärschlammbewirtschaftung umrissen (I.). Sodann wird herausgearbeitet, dass bei kommunalen Kläranlagen regelmäßig die Gemeinden für die Klärschlammbewirtschaftung verantwortlich sind (II.). Es schließt sich die Darstellung der maßgeblichen Normen der AbfKlärV in ihrer aktuellen und ab 2029 geltenden Fassung mit den Pflichten zur Phosphorrückgewinnung an (III.). Hiervon ausgehend werden die Folgen der Novelle für die Praxis und die Möglichkeiten zur Erfüllung der Pflichten in interkommunaler Zusammenarbeit aufgezeigt (IV.) Der Beitrag schließt mit einem Fazit (V.).
Aktuelle Praxis der Klärschlammbewirtschaftung
- Ausgangslage
Klärschlamm bleibt auf den verschiedenen Stufen der Behandlung von Abwasser in Kläranlagen zurück.5Umweltbundesamt, Klärschlammentsorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Oktober 2018, S. 7 f. Seiner stofflichen Zusammensetzung nach ist Klärschlamm ein Vielstoffgemisch, das neben Pflanzennährstoffen wie Phosphor auch für die Umwelt schädliche Substanzen (z. B. Arzneimittelrückstände, Schwermetalle etc.) enthält.6Umweltbundesamt, Klärschlammentsorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Oktober 2018, S. 18 ff. Damit findet sich die Klärschlammbewirtschaftung im Konfliktfeld wieder, einerseits den Phosphor als Pflanzennährstoff zu nutzen und andererseits durch die im Klärschlamm enthaltenen Schadstoffe keine Umweltschäden herbeizuführen.7BT-Drs. 18/12496, S. 1. Während Klärschlamm lange Zeit üblicherweise in der Landwirtschaft als Dünger auf Böden ausgebracht wurde,8Überblick zum Düngerecht Umweltbundesamt, Klärschlammentsorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Oktober 2018, S. 14 ff. hat mittlerweile ein Umdenken hin zur thermischen Verwertung stattgefunden.9Walz/Wendel/Zedda, Abschlussbericht zum Projekt „Schadstoff-Screening in Klärschlamm“, 07.05.2014, S. 1 ff. 2021 wurden in der Bundesrepublik Deutschland ca. 79 % des anfallenden Klärschlamms der Verbrennung zugeführt, d. h. thermisch verwertet,102015 waren es noch 53,2 % des Klärschlamms, die der thermischen Verwertung zugeführt wurden DESTATIS, Entsorgungswege des Klärschlamms nach Bundesländern 2010, 2015 bis 2021, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/Wasserwirtschaft/Tabellen/liste-klaerschlammverwertungsart.html; 2001 wurden nur 22,8 % des Klärschlamms thermisch verwertet: Goldau, Daten zur Anlagentechnik und zu den Standorten der thermischen Klärschlammentsorgung in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl. 2004, S. 4. während lediglich noch 13 % des Klärschlamms in der Landwirtschaft auf Böden ausgebracht wurden.11DESTATIS, Entsorgungswege des Klärschlamms nach Bundesländern 2010, 2015 bis 2021, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/Wasserwirtschaft/Tabellen/liste-klaerschlammverwertungsart.html#633398. Die thermische Verwertung findet in der Praxis in Monoverbrennungsanlagen, d. h. Anlagen, in denen ausschließlich Klärschlamm verbrannt wird, oder Mitverbrennungsanlagen, d. h. Anlagen wie Zementwerken oder Müllheizkraftwerken, statt.12Bayerisches Landesamt für Umwelt, Klärschlammentsorgung in Bayern – Planungshilfe für Kommunen, April 2019, S. 27 ff. Durch die thermische Verwertung wird der Phosphor dem Wirtschaftskreislauf entzogen, sofern keine Phosphorrückgewinnung stattfindet.
- Perspektiven der Phosphorrückgewinnung
Um den Phosphor zu nutzen, ohne Umweltschäden durch den Klärschlamm herbeizuführen, muss dieser dem Klärschlamm oder der Klärschlammasche entzogen werden. Hierzu sind verschiedene Verfahren in der Erprobung. Ein technischer Standard hat sich noch nicht etabliert.13Vgl. dazu Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall, Ressourcenschonung durch Phosphorrückgewinnung, 3. Bericht an die UMK, Januar 2022, S. 1 ff. Es gibt drei mögliche Ansatzpunkte, um den Phosphor rückzugewinnen: Am frühesten setzen die Verfahren an, in denen die Phosphorrückgewinnung bereits im funktionalen Zusammenhang mit der Abwasserbeseitigung erfolgt.14Vgl. die Pressemitteilung der Deutschen Phosphorplattform vom 19.02.2019 https://www.deutsche-phosphor-plattform.de/pressemitteilungirrungen-der-klaerschlammverordnung/. Nach anderen Verfahren wird der Phosphor dem entwässerten Klärschlamm entzogen.15Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm und Klärschlammasche – Eigenschaften verschiedener Verfahren, S. 1 ff. Spätestens kann die Phosphorrückgewinnung nach dem Verbrennen des Klärschlamms aus der Klärschlammasche erfolgen.16Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm und Klärschlammasche – Eigenschaften verschiedener Verfahren, S. 1 ff.
Zuständigkeit für die Klärschlammbewirtschaftung
Die Zuständigkeit für die Bewirtschaftung des anfallenden Klärschlamms richtet sich nach dem jeweils auf den Klärschlamm anwendbaren Rechtsregime. Entsprechend seiner Entstehung im Abwasserbehandlungsprozess unterfällt Klärschlamm zunächst dem Rechtsregime des Wasserrechts (1.). Ist der Abwasserbehandlungsprozess abgeschlossen, bestimmt sich die Zuständigkeit nach dem Recht der Kreislaufwirtschaft (2.).
- Wasserrechtlicher Ausgangspunkt
Im Ausgangspunkt ist auf den Klärschlamm das Wasserhaushaltsgesetz (WHG)17Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) v. 31.07.2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Art. 5 Gesetz zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 03.07.2023 (BGBl. I Nr. 176). anzuwenden. Dies folgt aus § 54 Abs. 2 Satz 1 WHG, der die Entwässerung des Klärschlamms unter das Rechtsregime des WHG stellt. Alle Maßnahmen, die funktional der Abwasserbeseitigung nach § 54 Abs. 2 WHG zuzuordnen sind, unterfallen den Normen des WHG.18Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2020, BeckRS 2020, 20751 Rn. 16; Beschl. v. 07.02.2017, BeckRS 2017, 105037 Rn. 11; Urt. v. 23.06.2022, BeckRS 2022, 31413 Rn. 11. Folglich ist, solange ein solcher Zusammenhang besteht, die Zuständigkeitsordnung des WHG maßgeblich. Nach § 56 Satz 1 WHG trifft die Abwasserbeseitigungspflicht grundsätzlich die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die nach Landesrecht hierzu verpflichtet sind, sog. Abwasserbeseitigungspflichtige. Das baden-württembergische Landesrecht bestimmt als Pflichtige grundsätzlich die Gemeinden, vgl. § 46 WG19Wassergesetz für Baden-Württemberg (WG) v. 03.12.2013 (GBl. S. 389), zuletzt geändert durch Art. 9 Gesetz zum Erlass eines Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes und zur Verankerung des Klimabelangs in weiteren Rechtsvorschriften vom 07.02.2023 (GBl. S. 26)..20Vgl. auch die Übersicht zur Zuständigkeit für die Abwasserbeseitigung bei Ganske, in: Landmann/Rohmer, UmweltR, 101. EL Juni 2023, WHG § 56 Rn. 12. Diese können ihre Aufgabe selbst wahrnehmen oder sie im Wege der kommunalen Zusammenarbeit auf eine andere Körperschaft, z. B. Zweckverbände nach dem GKZ BW21Gesetz über kommunale Zusammenarbeit (GKZ) in der Fassung vom 16.09.1974 (GBl. S. 408, ber. 1975 S. 460, 1976 S. 408), zuletzt geändert durch Art. 6 Gesetz zur Änderung kommunalwahlrechtlicher und anderer Vorschriften vom 04.04.2023 (GBl. S. 137)., übertragen.22Vgl. LT-Drs. BW 16/5122 S. 1 ff. In diesem Zeitpunkt ist der Abwasserbeseitigungspflichtige für den Umgang mit dem Klärschlamm zuständig. In der Praxis werden rund 90 % der kommunalen (in Abgrenzung zur industriellen) Abwasserableitung und -behandlung durch die öffentliche Hand erbracht.23Bdew, Abwasserdaten Deutschland, 4. Aufl. 2019, S. 7, https://www.bdew.de/media/documents/Ansicht_bdew_broschuere_abwasserdaten.pdf; vgl. auch Umweltbundesamt, Wasserwirtschaft in Deutschland, Oktober 2017, S. 49 f.
- Regime des Kreislaufwirtschaftsrechts
a) Ende des wasserrechtlichen Rechtsregimes Solange das Wasserhaushaltsgesetz anwendbar ist, d. h. Stoffe in Gewässer oder Abwasseranlagen eingeleitet oder eingebracht werden, findet gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG24Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG) v. 24.02.2012 (BGBl. I S. 212), zuletzt geändert durch Art. 5 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen und Verordnungen an die neue Behördenbezeichnung des Bundesamtes für Güterverkehr vom 02.03.2023 (BGBl. I Nr. 56). das Kreislaufwirtschaftsgesetz keine Anwendung.25Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2020, BeckRS 2020, 20751 Rn. 16; Beschl. v. 07.02.2017, BeckRS 2017, 105037 Rn. 11; Urt. v. 23.06.2022, BeckRS 2022, 31413 Rn. 11. Sobald die Abwasserbehandlung abgeschlossen ist, enthält das WHG keine Normen zur weiteren Bewirtschaftung des Klärschlamms. Aus dem systematischen Zusammenhang von § 2 Abs. 2 Nr. 9 KrWG und § 54 Abs. 2 Satz 1 WHG sowie aus Unionsrecht folgt,26Vgl. EuGH, Urt. v. 14.10.2020, NVwZ 2020, 1737 Rn. 32. dass sich die weitere Bewirtschaftung ab diesem Zeitpunkt nach dem KrWG richtet.27Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2020, BeckRS 2020, 20751 Rn. 16; Beschl. v. 07.02.2017, BeckRS 2017, 105037 Rn. 11; Urt. v. 23.06.2022, BeckRS 2022, 31413 Rn. 11.
b) Kreislaufwirtschaftliche Zuständigkeitsordnung Als Abfall unterfällt Klärschlamm ab diesem Zeitpunkt der kreislaufwirtschaftlichen Zuständigkeitsordnung. aa) Klärschlamm als Abfall nach § 2 Abs. 1 KrWG Bei Klärschlamm handelt es sich nach dem übereinstimmend in § 3 Abs. 1 des KrWG und Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie (RL 2008/98/EG) definierten Abfallbegriff um einen Stoff, dessen sich der Besitzer entledigen will. Der Entledigungswillen wird nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 KrWG vermutet, da Klärschlamm bei der Behandlung eines anderen Stoffes (Abwasser) anfällt, ohne dass das Handeln hierauf gerichtet ist.28BVerwG, Urt. v. 23.06.2022, BeckRS 2022, 31413 Rn. 26. Dies deckt sich mit der abfallrechtlichen Einordnung von Klärschlamm durch den EuGH.29EuGH, Urt. v. 14.10.2020, NVwZ 2020, 1737 Rn. 51 ff. Damit findet das KrWG auf die Klärschlammbewirtschaftung Anwendung.
bb) Zuständigkeit für die Klärschlammbewirtschaftung
Die Zuständigkeit zur Klärschlammbewirtschaftung im Anwendungsbereich des KrWG richtet sich im Grundsatz nach § 7 Abs. 2 Satz 1 KrWG, wonach der Klärschlammerzeuger bzw. -besitzer entsprechend dem Verursacherprinzip zur Klärschlammbewirtschaftung zuständig ist. Dem entspricht es, dass § 3 Abs. 1 AbfKlärV die Zuständigkeit für die Klärschlammverwertung dem Klärschlammerzeuger zuweist. Klärschlammerzeuger ist nach § 2 Abs. 11 AbfKlärV der Betreiber einer Abwasserbehandlungsanlage. Entsprechend dem oben Gesagten trifft die Pflicht damit regelmäßig die die Abwasseranlage betreibenden Kommunen.
Für die der Verwertung nach der Abfallhierarchie nachgelagerte Beseitigung des Klärschlamms ist dieser grundsätzlich als Abfall aus anderen Herkunftsbereichen (als privaten Haushaltungen nach § 17 Abs. 1 Satz 1 KrWG) dem landesrechtlich bestimmten öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger zu überlassen, § 17 Abs. 1 Satz 2 KrWG. Die Überlassungspflicht entfällt, soweit der Klärschlammerzeuger oder -besitzer diesen in eigenen Anlagen beseitigt. Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger, die nach der Überlassung des Klärschlamms der Pflichtenkatalog des § 20 KrWG trifft, sind nach § 6 Abs. 1 Satz 1 LKreiWiG BW30Gesetz des Landes Baden-Württemberg zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Gewährleistung der umweltverträglichen Abfallbewirtschaftung (Landes-Kreislaufwirtschaftsgesetz – LKreiWiG) v. 17.12.2020 (GBl. S. 1233), zuletzt geändert durch Art. 10 Gesetz zum Erlass eines Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes und zur Verankerung des Klimabelangs in weiteren Rechtsvorschriften vom 07.02.2023 (GBl. S. 26) die Stadt- und Landkreise.
Die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger können gemäß § 20 Abs. 3 Satz 2 KrWG Klärschlamm von der Überlassungspflicht ausschließen, sodass es auch hinsichtlich der Entsorgung bei der Verantwortlichkeit des Klärschlammerzeugers oder -besitzers bleibt.31Vgl. zur Pflichtenverteilung nach erfolgtem Ausschluss Schoch, in: Jarass/Petersen, 2. Aufl. 2022, KrWG § 20 Rn. 133. Voraussetzung hierfür ist, dass der eigentlich zuständige Entsorgungsträger den Klärschlamm nach Art, Menge oder Beschaffenheit nicht mit den in Haushaltungen an fallenden Abfällen entsorgen kann. Alternativ ist ein Ausschluss möglich, wenn die Sicherheit der umweltverträglichen Beseitigung im Einklang mit den Abfallwirtschaftsplänen der Länder durch einen anderen öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger oder Dritten gewährleistet ist.32BW Abfallwirtschaftsplan, Teilplan Siedlungsabfälle, 28.07.2015, S. 70, 105; Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Klärschlammentsorgung in Sachsen-Anhalt – Aktueller Stand 2022 und Prognose, 2022, S. 18. Dem Ausschluss muss nach § 20 Abs. 3 Satz 1, 2 KrWG i. V. m. § 23 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 5 Nr. 1 LKreiWiG BW das zuständige Regierungspräsidium zustimmen. Regelmäßig erfolgt der Ausschluss durch die Abfallbewirtschaftungssatzung des Entsorgungsträgers.33Zu den denkbaren Handlungsformen Schoch, in: Jarass/Petersen, 2. Aufl. 2022, § 20 KrWG Rn. 112 f. In Baden- Württemberg haben einige öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger von der Möglichkeit des Ausschlusses hinsichtlich der Klärschlammbeseitigung Gebrauch gemacht.34Vgl. bspw. § 4 Abs. 2 Nr. 4 c) Satzung der Entsorgungsbetriebe Stadt Konstanz über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (Abfallwirtschaftssatzung-AbfWS) in der Fassung vom 16.12.2021 in Kraft ab 01.01.2022; Satzung des Landkreises Konstanz über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (Abfallwirtschaftssatzung) vom 16.12.2013; § 4 Abs. 2 Nr. 8 Satzung des Schwarzwald-Baar-Kreises über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (Abfallwirtschaftssatzung) in der Fassung ab 01.01.2023. Umgekehrt ermöglicht es § 6 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Satz 2 LKreiWiG BW (kreisangehörigen) Gemeinden, auf deren Antrag einen Vertrag mit dem Landkreis als Entsorgungsträger über die Beauftragung der verwaltungsmäßigen und technischen Erledigung der Klärschlammentsorgung durch die Gemeinde zu schließen. Das Auftragsverhältnis lässt die Verantwortlichkeit des Landkreises für die Entsorgung des Klärschlamms unberührt, § 6 Abs. 2 Satz 3 LKreiWiG BW.
[…]
Fazit
Die Untersuchung hat ergeben, dass die Bewirtschaftung von Klärschlamm aus kommunalem Abwasser hauptsächlich den Städten und Gemeinden obliegt. Diese haben den Klärschlamm als Klärschlammerzeuger nach den Vorgaben der AbfKlärV zu verwerten, die ab 2029 weitreichende Pflichten zur Phosphorrückgewinnung vorsieht. Aus kommunaler Sicht gibt es hierbei zwei wichtige Weichenstellungen: Einerseits ist zu fragen, ob die Abwasseranlage die Grenzwerte von 100 000 bzw. 50 000 Einwohnerwerten erreicht und der Anlagenbetreiber so der Pflicht zur Phosphorrückgewinnung unterfällt (§ 3 Abs. 1, 3 AbfKlärV (2029)); selbstverständlich steht es auch Gemeinden mit kleineren Anlagen frei, die Phosphorrückgewinnung „aus freien Stücken“ zu betreiben. Zum anderen muss die Gemeinde sich fragen, ob sie selbst für die Phosphorrückgewinnung verantwortlich sein oder sich ihrer abfallrechtlichen Pflichten entledigen möchte, indem sie den Klärschlamm einer thermischen Vorbehandlung zuführt. Im Fall der thermischen Vorbehandlung trifft die Pflicht zur Phosphorrückgewinnung – hier ungeachtet der Einwohnerwerte – den Klärschlammverbrennungsanlagenbetreiber, der im Anschluss an die Phosphorrückgewinnung den Phosphor durch Veräußerung wirtschaftlich verwerten kann.
Den vollständigen Beitrag lesen Sie in Verwaltungsblätter Baden-Württemberg 7/2024, S. 275.
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- 1BGBl. 2017 I, S. 3465 ff.
- 2BT-Drs. 18/12496, S. 2.
- 3BGBl. 2017 I, S. 3465 ff.
- 4BT-Drs. 18/12495, S. 1 ff.
- 5Umweltbundesamt, Klärschlammentsorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Oktober 2018, S. 7 f.
- 6Umweltbundesamt, Klärschlammentsorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Oktober 2018, S. 18 ff.
- 7BT-Drs. 18/12496, S. 1.
- 8Überblick zum Düngerecht Umweltbundesamt, Klärschlammentsorgung in der Bundesrepublik Deutschland, Oktober 2018, S. 14 ff.
- 9Walz/Wendel/Zedda, Abschlussbericht zum Projekt „Schadstoff-Screening in Klärschlamm“, 07.05.2014, S. 1 ff.
- 102015 waren es noch 53,2 % des Klärschlamms, die der thermischen Verwertung zugeführt wurden DESTATIS, Entsorgungswege des Klärschlamms nach Bundesländern 2010, 2015 bis 2021, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/Wasserwirtschaft/Tabellen/liste-klaerschlammverwertungsart.html; 2001 wurden nur 22,8 % des Klärschlamms thermisch verwertet: Goldau, Daten zur Anlagentechnik und zu den Standorten der thermischen Klärschlammentsorgung in der Bundesrepublik Deutschland, 3. Aufl. 2004, S. 4.
- 11DESTATIS, Entsorgungswege des Klärschlamms nach Bundesländern 2010, 2015 bis 2021, https://www.destatis.de/DE/Themen/Gesellschaft-Umwelt/Umwelt/Wasserwirtschaft/Tabellen/liste-klaerschlammverwertungsart.html#633398.
- 12Bayerisches Landesamt für Umwelt, Klärschlammentsorgung in Bayern – Planungshilfe für Kommunen, April 2019, S. 27 ff.
- 13Vgl. dazu Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall, Ressourcenschonung durch Phosphorrückgewinnung, 3. Bericht an die UMK, Januar 2022, S. 1 ff.
- 14Vgl. die Pressemitteilung der Deutschen Phosphorplattform vom 19.02.2019 https://www.deutsche-phosphor-plattform.de/pressemitteilungirrungen-der-klaerschlammverordnung/.
- 15Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm und Klärschlammasche – Eigenschaften verschiedener Verfahren, S. 1 ff.
- 16Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Rückgewinnung von Phosphor aus Klärschlamm und Klärschlammasche – Eigenschaften verschiedener Verfahren, S. 1 ff.
- 17Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts (Wasserhaushaltsgesetz – WHG) v. 31.07.2009 (BGBl. I S. 2585), zuletzt geändert durch Art. 5 Gesetz zur Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren und zur Änderung weiterer Vorschriften vom 03.07.2023 (BGBl. I Nr. 176).
- 18Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2020, BeckRS 2020, 20751 Rn. 16; Beschl. v. 07.02.2017, BeckRS 2017, 105037 Rn. 11; Urt. v. 23.06.2022, BeckRS 2022, 31413 Rn. 11.
- 19Wassergesetz für Baden-Württemberg (WG) v. 03.12.2013 (GBl. S. 389), zuletzt geändert durch Art. 9 Gesetz zum Erlass eines Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes und zur Verankerung des Klimabelangs in weiteren Rechtsvorschriften vom 07.02.2023 (GBl. S. 26).
- 20Vgl. auch die Übersicht zur Zuständigkeit für die Abwasserbeseitigung bei Ganske, in: Landmann/Rohmer, UmweltR, 101. EL Juni 2023, WHG § 56 Rn. 12.
- 21Gesetz über kommunale Zusammenarbeit (GKZ) in der Fassung vom 16.09.1974 (GBl. S. 408, ber. 1975 S. 460, 1976 S. 408), zuletzt geändert durch Art. 6 Gesetz zur Änderung kommunalwahlrechtlicher und anderer Vorschriften vom 04.04.2023 (GBl. S. 137).
- 22Vgl. LT-Drs. BW 16/5122 S. 1 ff.
- 23Bdew, Abwasserdaten Deutschland, 4. Aufl. 2019, S. 7, https://www.bdew.de/media/documents/Ansicht_bdew_broschuere_abwasserdaten.pdf; vgl. auch Umweltbundesamt, Wasserwirtschaft in Deutschland, Oktober 2017, S. 49 f.
- 24Gesetz zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Bewirtschaftung von Abfällen (Kreislaufwirtschaftsgesetz – KrWG) v. 24.02.2012 (BGBl. I S. 212), zuletzt geändert durch Art. 5 Gesetz zur Anpassung von Gesetzen und Verordnungen an die neue Behördenbezeichnung des Bundesamtes für Güterverkehr vom 02.03.2023 (BGBl. I Nr. 56).
- 25Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2020, BeckRS 2020, 20751 Rn. 16; Beschl. v. 07.02.2017, BeckRS 2017, 105037 Rn. 11; Urt. v. 23.06.2022, BeckRS 2022, 31413 Rn. 11.
- 26Vgl. EuGH, Urt. v. 14.10.2020, NVwZ 2020, 1737 Rn. 32.
- 27Vgl. BVerwG, Urt. v. 08.07.2020, BeckRS 2020, 20751 Rn. 16; Beschl. v. 07.02.2017, BeckRS 2017, 105037 Rn. 11; Urt. v. 23.06.2022, BeckRS 2022, 31413 Rn. 11.
- 28BVerwG, Urt. v. 23.06.2022, BeckRS 2022, 31413 Rn. 26.
- 29EuGH, Urt. v. 14.10.2020, NVwZ 2020, 1737 Rn. 51 ff.
- 30Gesetz des Landes Baden-Württemberg zur Förderung der Kreislaufwirtschaft und Gewährleistung der umweltverträglichen Abfallbewirtschaftung (Landes-Kreislaufwirtschaftsgesetz – LKreiWiG) v. 17.12.2020 (GBl. S. 1233), zuletzt geändert durch Art. 10 Gesetz zum Erlass eines Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetzes und zur Verankerung des Klimabelangs in weiteren Rechtsvorschriften vom 07.02.2023 (GBl. S. 26)
- 31Vgl. zur Pflichtenverteilung nach erfolgtem Ausschluss Schoch, in: Jarass/Petersen, 2. Aufl. 2022, KrWG § 20 Rn. 133.
- 32BW Abfallwirtschaftsplan, Teilplan Siedlungsabfälle, 28.07.2015, S. 70, 105; Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt, Klärschlammentsorgung in Sachsen-Anhalt – Aktueller Stand 2022 und Prognose, 2022, S. 18.
- 33Zu den denkbaren Handlungsformen Schoch, in: Jarass/Petersen, 2. Aufl. 2022, § 20 KrWG Rn. 112 f.
- 34Vgl. bspw. § 4 Abs. 2 Nr. 4 c) Satzung der Entsorgungsbetriebe Stadt Konstanz über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (Abfallwirtschaftssatzung-AbfWS) in der Fassung vom 16.12.2021 in Kraft ab 01.01.2022; Satzung des Landkreises Konstanz über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (Abfallwirtschaftssatzung) vom 16.12.2013; § 4 Abs. 2 Nr. 8 Satzung des Schwarzwald-Baar-Kreises über die Vermeidung, Verwertung und Beseitigung von Abfällen (Abfallwirtschaftssatzung) in der Fassung ab 01.01.2023.