15.07.2012

Open Data für die Bürgergesellschaft

Regierungshandeln transparent: Daten-Portal in Baden-Württemberg

Open Data für die Bürgergesellschaft

Regierungshandeln transparent: Daten-Portal in Baden-Württemberg

Transparenz schafft Vertrauen: Ein Daten-Portal öffnet den Weg in die Bürgergesellschaft. | © kamichou - Fotolia
Transparenz schafft Vertrauen: Ein Daten-Portal öffnet den Weg in die Bürgergesellschaft. | © kamichou - Fotolia

Transparenz, Beteiligung, Innovation und Zusammenarbeit als Ausprägungen offenen Regierungs- und Verwaltungshandelns im Sinne von Open Government bilden einen Schwerpunkt des Koalitionsvertrags der baden-württembergischen Landesregierung für die 15. Legislaturperiode. Unter der Überschrift „Transparenz des Regierungshandelns im Netz“ setzt er den politischen Rahmen für den freien Zugang zu den Daten, Dokumenten und Informationen des Landes. Dort heißt es: „Wir werden gesetzliche Regelungen treffen, damit Bürgerinnen und Bürger unter Beachtung des Datenschutzes grundsätzlich freien Zugang zu den bei den öffentlichen Verwaltungen vorhandenen Informationen haben. Wir werden unser Regierungshandeln daran orientieren, die zugrundeliegenden Daten und Dokumente weitestmöglich öffentlich zugänglich zu machen. Hier orientieren wir uns am Grundsatz Open Data.“

Prototyp eines Open Data Portals Baden-Württemberg entwickelt

Das Land hat davon ausgehend innerhalb kurzer Zeit den Prototyp eines Open Data Portals Baden-Württemberg entwickelt. Er ist seit der CeBIT 2012 über das Internet erreichbar und erfuhr viel positive, aber auch konstruktiv-kritische Resonanz. Der Prototyp zeigt viele Merkmale, die ein Open Data Portal Baden-Württemberg künftig tragen könnte. Er ist ein konkretes Anschauungsobjekt und wird in der Diskussion mit den Herausgebern und Nutzern staatlicher und kommunaler Daten helfen, naheliegende Fragen zu beantworten, beispielsweise: Welche Ziele soll das Portal erfüllen? Welche Zielgruppen sollen bedient werden? Wo liegen Nachfrageschwerpunkte? Wie soll das Angebot aussehen? Welche Funktionen muss das Portal bieten? Wie ist das Portal in den Kontext anderer Open Data Portale und Fachportale im föderalen System einzupassen?

Bereits die Frage nach den Zielen verspricht eine interessante Diskussion. Sollen nur die Potentiale für Existenzgründung und Wertschöpfung in den Fokus rücken? Oder sollen ganz im Sinne von Transparenz und Teilhabe darüber hinaus heute schon im Netz bereitgestellte Daten, Dokumente und Informationen der öffentlichen Hand im Vorgriff auf ein modernes Informationsfreiheitsgesetz erschlossen werden? Der Prototyp zeigt den erweiterten Ansatz.


Damit verbunden ist die Frage, welche Zielgruppen angesprochen werden. Es spricht mehr für als gegen eine Orientierung an einem eher breiten Nutzerspektrum, also von den an frei verwertbaren Daten in offenen Formaten primär interessierten Softwareentwicklern über Journalisten, Organisationen und Verbände, die es gewohnt sind, mit auch komplexeren Daten umzugehen, bis hin zu interessierten Bürgerinnen und Bürger.

Bedürfnis nach verlässlichen Informationsquellen

Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern zeigen, dass viele in einer sich rasch ändernden Welt und bei immer neuen Inhalten im Internet eine verlässliche Informationsquelle suchen. Im Blick darauf stellt der Prototyp nicht nur Daten bereit, sondern erschließt im Internet bereits angebotene Dienste und Anwendungen der öffentlichen Hand, die staatliche oder kommunale Daten nutzen. Er entspricht damit nicht mehr ausschließlich den Merkmalen eines puristischen Open Data Portals. Aber das muss ja nicht bedeuten, dass der Prototyp diese Merkmale nicht auch hat. So dürfte Baden-Württemberg zu den ersten Ländern gehören, die Haushaltsplandaten in einem offenen Format frei zugänglich und verwertbar bereitstellen. Der Prototyp ist damit zugleich ein gelungener Einstieg in das Thema „Offener Haushalt“.

Wer über Open (Government) Data spricht, muss auch den Bogen zur Informationsfreiheit schlagen. Eine zentrale Botschaft von Open Government lautet: Der Staat hat nichts zu verbergen. Damit ist nicht der freie Zugang zu rechtlich geschützten Daten gemeint. In vielen Bereichen aber sprechen keine grundsätzlichen Gründe dagegen, freien Zugang zu Daten zu schaffen, über die die Verwaltungen ohnehin verfügen. Das umfasst erstens Studien, Gutachten, Sitzungsvorlagen und -protokolle, rechtliche Regelungen und ihre Entstehung, Gerichtsurteile und vieles mehr. Zweitens die großen Datentöpfe, die meistens ins Spiel kommen, wenn über Open Data diskutiert wird: Verkehrsdaten, Geodaten, statistische Daten, Umweltdaten, Wetterdaten, Daten im Bereich Verbraucherschutz usw.

Solide Basis für Online-Formen der Bürgerbeteiligung

Wer den Weg eingeschlagen hat, freien Zugang zu seinen Daten zu schaffen, ist auch in der Lage, Online-Formen der Bürgerbeteiligung eine solide Basis zu geben. Information ist der „Treibstoff“ von Beteiligung. Nur von gut informierten Beteiligten kann man qualifizierte Beiträge erwarten. Zu einer guten Information gehört, dass sie richtig, aktuell, übersichtlich und verständlich ist. Die Beteiligung muss auf verständlichen Erläuterungen und auf transparenten Zahlen, Daten und Fakten, die während des gesamten Verfahrens fortgeschrieben werden, beruhen. Eines ist bei der Beteiligung aber auch klar: Objekt und Ziele der Beteiligung müssen deutlich und Positionen sichtbar sein. Die Beteiligten müssen wissen, was sie durch ihre Beiträge bewirken können und was nicht, was mit den Beteiligungsergebnissen geschieht und wo die Grenzen der Beteiligung gezogen sind.

Informationen, Dokumente und Daten über den gesamten „Lebenszyklus“ etwa eines großen Infrastrukturprojekts – von der ersten Idee bis zum Abriss einschließlich aller Phasen informeller und gesetzlich vorgeschriebener Bürgerbeteiligungen – elektronisch im Internet abzubilden, wirkt zunächst aus Verwaltungssicht visionär. Ich halte es aber für notwendig, sich längerfristig auch darüber Gedanken zu machen und konkrete Schritte zu gehen. Unter dem Dach von www.service-bw.de, dem Service-Portal des Landes, wäre auch Platz für die dafür noch erforderlichen Komponenten.

Ressort- und ebenenübergreifende Arbeitsgruppe

Aber nun gilt es zunächst, den Prototypen zu einem vollwertigen Open Data Portal des Landes Baden-Württemberg weiterzuentwickeln. In diesen Tagen hat eine ressort- und ebenenübergreifende Arbeitsgruppe mit der konzeptionellen Arbeit dafür begonnen. Ob und inwieweit wir dieses Konzept dann auch umsetzen können, hängt in erster Linie von der Ressourcensituation ab und wird sich in den bekanntlich schwierigen Haushaltsberatungen entscheiden.

Hinweis der Redaktion: Ministerialdirektor Dr. Herbert O. Zinell ist aktuell von der Konferenz der Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder als Ländervertreter in den Nationalen Cyber-Sicherheitsrat berufen worden und repräsentiert neben Staatssekretär Werner Koch (Hessen) die Länder in dem Rat. Hauptaufgabe ist es, die übergreifenden Politikansätze für Cybersicherheit zu koordinieren, etwa bei der Absicherung öffentlicher Kommunikations- und Informationsinfrastrukturen gegen Hacker- oder Spionageattacken.

Dr. Herbert O. Zinell

Dr. Herbert O. Zinell

Senator E.h. Dr. Herbert O. Zinell, Ministerialdirektor a.D. und Oberbürgermeister a.D
n/a