15.07.2012

Kapitalertragssteuer!

Kapitaleinkünfte aus kommunalen Betrieben

Kapitalertragssteuer!

Kapitaleinkünfte aus kommunalen Betrieben

Haben Sie Steuern entrichtet oder das Geld für zulässige Rücklagenbildung und Mittelreservierung verwendet? | © Gina Sanders - Fotolia
Haben Sie Steuern entrichtet oder das Geld für zulässige Rücklagenbildung und Mittelreservierung verwendet? | © Gina Sanders - Fotolia

Betriebe gewerblicher Art (BgA) ohne eigene Rechtspersönlichkeit sind die unselbständigen oder nur bedingt selbständigen wirtschaftlichen und steuerpflichtigen Einrichtungen juristischer Personen des öffentlichen Rechts. Steuerschuldnerin bleibt jedoch die Trägerkörperschaft (z. B. Kommune), auch hinsichtlich der Kapitalertragsteuer auf nicht den Rücklagen zugeführte Gewinne sowie verdeckte Gewinnausschüttungen von Regie- und Eigenbetrieben.

Steuerliche Gleichstellung von BgA mit Kapitalgesellschaften

Ausschüttungsfiktion des § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG:

Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen gehören nach § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG u. a. der nicht den Rücklagen zugeführte Gewinn und verdeckte Gewinnausschüttungen eines nicht von der Körperschaftsteuer befreiten BgA (§ 4 KStG) ohne eigene Rechtspersönlichkeit, der den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich ermittelt oder Umsätze, ausgenommen die nach § 4 Nr. 8 bis 10 UStG steuerfreien Umsätze, von mehr als 350.000 Euro im Kalenderjahr oder einen Gewinn von mehr als 30.000 Euro im Wirtschaftsjahr hat. Entsprechendes gilt für die Auflösung der Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA. Diese Vorschrift fingiert eine Ausschüttung, denn aufgrund der fehlenden rechtlichen Selbständigkeit des BgA kann eine tatsächliche Gewinnausschüttung an die Trägerkörperschaft nicht erfolgen (BT-Drs. 14/2683, 114 f.). Zum Gewinn rechnen ausnahmsweise nicht die Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG verwendet werden.


Von Einkünften aus Kapitalvermögen i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG wird die Steuer in Höhe von 15 % durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (§ 43 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 c, § 43 a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG). Diese hat abgeltende Wirkung und ist nicht anrechenbar. Dadurch wird im Ergebnis dieselbe Steuerbelastung hergestellt, wie sie bei Ausschüttungen einer Kapitalgesellschaft an eine juristische Person des öffentlichen Rechts nach der in § 44 a Abs. 8 EStG vorgesehenen Entlastung anfällt. Gläubigerin der Kapitalerträge und damit Schuldnerin der Kapitalertragsteuer ist gemäß § 44 Abs. 6 Satz 1 EStG die Trägerkörperschaft. Die Steuer wird nach § 44 Abs. 6 Satz 4 i. V. m. Abs. 1 Satz 3 EStG vom BgA für Rechnung der Trägerkörperschaft einbehalten. Sie entsteht im Zeitpunkt der Bilanzerstellung (=Bilanzfeststellung), spätestens jedoch acht Monate nach Ablauf des Wirtschaftsjahres. Im Falle der Auflösung der Rücklagen zu Zwecken außerhalb des BgA entsteht die Kapitalertragsteuer am Tag nach der Beschlussfassung über die Verwendung (§ 44 Abs. 6 Satz 2 EStG).

Gewinnbegriff:

Unter „Gewinn“ i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG ist grundsätzlich der handelsrechtliche Jahresüberschuss (§ 275 HGB) zu verstehen. Sofern – wie bei vielen städtischen Regiebetrieben – nur eine Steuerbilanz aufgestellt wird, muss auf den Unterschiedsbetrag nach § 4 Abs. 1 EStG abgestellt werden. Eine Korrektur um die nicht abziehbaren Aufwendungen (§ 4 Abs. 5 EStG, § 10 KStG) bzw. um die bei der Einkommensermittlung außer Ansatz bleibenden Beträge (insbesondere § 8 b KStG) findet nicht statt. Beträge für den Ausgleich von Fehlbeträgen (Verlusten) aus früheren Wirtschaftsjahren können vom Gewinn gekürzt werden (BMF vom 11.09.2002, BStBl I 2002, 935, Rz. 22). Verdeckte Gewinnausschüttungen des BgA an die Trägerkörperschaft führen stets zu Kapitaleinkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG.

Zulässige Rücklagenbildung und Mittelreservierung:

Einkünfte aus Kapitalvermögen liegen nicht vor, als der Gewinn zulässigerweise den Rücklagen zugeführt wird, damit der BgA seine Zwecke nachhaltig erfüllen kann. Die Mittel müssen für bestimmte Vorhaben (z. B. Investitionen ins Anlagevermögen) angesammelt werden, für deren Durchführung bereits konkrete Zeitvorstellungen bestehen. Die Durchführung des Vorhabens ist (bspw. durch Wirtschaftspläne) glaubhaft zu machen. In der Bilanz äußert sich die Rücklagenbildung als Zuführung zu den Gewinnrücklagen, als Gewinnvortrag oder unter einer anderen Position des Eigenkapitals.

Die Kapitalertragsteuer lässt sich ebenso durch eine sog. Mittelreservierung vermeiden, indem die Gewinne im laufenden Wirtschaftsjahr reinvestiert oder zur Tilgung von betrieblichen Verbindlichkeiten verwendet werden. Die (darlehensweise) Überlassung liquider Mittel des BgA an die Trägerkörperschaft gilt keinesfalls als begünstigte Rücklagenbildung oder Mittelreservierung.

Unzulässige Rücklagenbildung und Rücklagenverwendung:

Erkennt die Finanzverwaltung die jeweilige Rücklagenbildung nicht an, sind die beim BgA verbliebenen Gewinne – nach einer fingierten Ausschüttung – als Einlage der ­Trägerkörperschaft oder (sofern eine Rückzahlungsver­pflichtung besteht) als Darlehen an den BgA zu werten. Die angenommene Ausschüttung stellt einen kapitalertragsteuerpflichtigen Sachverhalt dar.

Werden die in der Vergangenheit gebildeten Rücklagen nicht für Zwecke des BgA, sondern für außerhalb des BgA liegende, insbesondere hoheitliche Zwecke der Kommune aufgelöst, folgt aus § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG wiederum eine Besteuerung.

Einlagenrückgewähr:

Auf Leistungen des BgA, die in der Rückgewähr von Einlagen bestehen, findet § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG keine Anwendung (§ 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b Satz 5 i. V. m. Nr. 1 Satz 3 EStG). Jene Bezüge zählen bei der Gemeinde nicht zu den Einnahmen, soweit sie aus Ausschüttungen stammen, für die Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto i. S. d. § 27 KStG als verwendet gelten. Dabei kommt es erst zu einer Minderung des steuerlichen Einlagekontos, falls die Leistungen (d. h. die nicht den Rücklagen zugeführten Gewinne und verdeckten Gewinnausschüttungen) die sog. Neurücklagen übersteigen.

Unterschiedliche Behandlung bei Regiebetrieben und Eigenbetrieben

Der BFH hat sich zuletzt im Urteil vom 16.11.2011 (I R 108/09, BFH/NV 2012, 643) mit Einkünften aus Kapitalvermögen aus einem als Eigenbetrieb geführten BgA auseinandergesetzt. Der Senat hat hierbei eine Abgrenzung zwischen Regiebetrieben und Eigenbetrieben (für einen ausführlichen Vergleich kommunaler Rechtsformen vgl. Kronawitter, Jahresabschluss und Lagebericht kommunaler Unternehmen, Boorberg 2011) in Bezug auf die Entstehung der Kapitalertragsteuer vorgenommen: „Während bei Regiebetrieben Einnahmen und Ausgaben unmittelbar in den allgemeinen Haushalt der Trägerkörperschaft fließen und von dort bestritten werden, kann die Trägerkörperschaft auf die im Eigenbetrieb erzielten Gewinne nicht unmittelbar zugreifen […]. Denn es handelt sich um eine organisatorisch und haushaltsmäßig verselbständigte Einrichtung, die finanzwirtschaftlich Sondervermögen der Trägerkörperschaft ist. Erst wenn das hierfür zuständige Gremium […] beschließt, den Gewinn ganz oder teilweise in den allgemeinen Haushalt der Trägerkörperschaft zu überführen, kann die Trägerkörperschaft hierüber verfügen. Hieraus folgt, dass in Eigenbetrieben erzielte Gewinne, deren Überführung in den allgemeinen Haushalt noch nicht beschlossen wurde und die auch nicht ohne einen entsprechenden Beschluss tatsächlich an die Trägerkörperschaft zur allgemeinen Verwendung geleistet wurden (vGA), noch nicht zu Einkünften i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 10 Buchst. b EStG 2002 führen, sondern als den Rücklagen zugeführt gelten.“ Die Annahme, dass der Gewinn des BgA und die Einkünfte aus Kapitalvermögen bei der Trägerkörperschaft gleichzeitig erzielt werden, gilt demnach zwar für Regiebetriebe, nicht jedoch für einen nach den Eigenbetriebsgesetzen der Länder geführten BgA (Abgrenzung zum BFH-Urteil vom 11.07.2007, BStBl II 2007, 841).

Anmerkung der Redaktion: Im neu erschienenen Buch „Die Körperschaftsteuer der Gemeinden und ihrer Betriebe gewerblicher Art„, Boorberg Verlag 2012, erörtert der Autor zu jedem Paragraphen des KStG die Probleme und Fragestellungen aus Sicht der Kommunen und ihrer Betriebe
(s. dazu Literaturspiegel).

 

Martin Kronawitter

Dipl.-Bw. (FH) / Dipl.-Vw. / Dipl.-Hdl., Untergriesbach
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