15.01.2013

Leistungsanreiz durch Baupauschale

Krankenhausfinanzierungsrecht NRW: Vorbild für andere Länder?

Leistungsanreiz durch Baupauschale

Krankenhausfinanzierungsrecht NRW: Vorbild für andere Länder?

Patient Krankenhaus: Mit der Baupauschale Leistungsanreize schaffen – werden andere Bundesländer folgen? | © beermedia - Fotolia
Patient Krankenhaus: Mit der Baupauschale Leistungsanreize schaffen – werden andere Bundesländer folgen? | © beermedia - Fotolia

Die Aufnahme eines Krankenhauses in den Krankenhausbedarfsplan eines Landes ist grundlegende Vorbedingung für seine öffentliche Förderung. Für die Bewilligung von Investitionsmitteln durch das Land ist darüber hinaus die Aufnahme in ein Investitionsprogramm erforderlich (§ 8 Abs. 2 Satz 1 KHG). Die nähere Ausgestaltung der Förderverfahren, Detailregelungen zu Art und Umfang der Förderung, Einzelheiten der Fördertatbestände, Sicherung der Zweckbindung der Fördermittel, Bewilligungs- und Verwendungsnachweisverfahren etc. obliegen nach § 11 Satz 1 KHG dem Landesrecht. Schon nach den bundesrechtlichen Vorgaben kann aber bei Investitionen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KHG (Errichtung von Krankenhäusern einschließlich der Erstausstattung mit den für den Krankenhausbetrieb notwendigen Anlagegütern) ein Anspruch auf öffentliche Förderung frühestens mit der Aufnahme einer Maßnahme in das Investitionsprogramm eines Landes entstehen. Ein Rechtsanspruch auf Aufnahme einer bestimmten Investitionsmaßnahme in ein Investitionsprogramm besteht ausdrücklich nicht (§ 8 Abs. 2 Satz 1 KHG).

Pauschalierung der Landesförderung in Nordrhein-Westfalen

Mit der Novellierung des Landesrechts in 2007 hat Nordrhein-Westfalen die Krankenhausinvestitionsförderung neu geregelt. Demnach wird die Errichtung von Krankenhäusern (Neubau, Umbau, Erweiterungsbau) einschließlich der Erstausstattung mit den für den Krankenhausbetrieb notwendigen Anlagegütern sowie die Wiederbeschaffung von Anlagegütern mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von mehr als 15 Jahren (Baupauschale) und die Wiederbeschaffung von Anlagegütern mit einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von mehr als drei Jahren bis zu 15 Jahren (kurzfristige Anlagegüter) durch jährliche Pauschalbeträge, mit denen das Krankenhaus im Rahmen der Zweckbindung der Fördermittel wirtschaften kann, gefördert. Zugleich wurde das zuständige Ministerium ermächtigt, durch Rechtsverordnung die Bemessungsgrundlagen, die Zahlungsmodalitäten, die Höhe der Pauschalbeträge sowie für einen Übergangszeitraum die Reihenfolge der Berechtigten zu bestimmen. Dies ist durch Erlass einer Verordnung über die pauschale Krankenhausförderung (PauschKHFVO) geschehen.

Damit hat das Land einen grundlegenden Systemwechsel vollzogen: Das Leistungsgeschehen eines Krankenhauses wird zur unmittelbaren Grundlage der Pauschalenbemessung, Krankenhäuser mit einem hohen Behandlungskontingent erhalten höhere, solche mit weniger Leistungen entsprechend niedrigere Pauschalsätze. Dem negativen Anreiz zur Beibehaltung von Bettenkapazitäten, die nicht mehr benötigt werden, soll durch diese geänderte pauschale Förderung begegnet und leistungsbezogene Anreize sollen gefördert werden. Der Anspruch der Höhe nach richtet sich in Anknüpfung an das leistungsorientierte und pauschalierende Vergütungssystem im Entgeltrecht (DRG-System) nach Zahl und Schwere der behandelten Krankenhausfälle, die zwei Jahre vor dem Jahr der Förderung liegen, konkretisiert durch Berechnungsverfahren, die die PauschKHFVO ausweist.


Auf der Basis des jeweiligen Haushaltsansatzes pro Jahr findet eine Verteilung der Mittel auf die voll- und teilstationären Behandlungstage, Zusatzentgelte, die Ausbildungsplätze sowie Bewertungsrelationen statt. Daraus werden feststehende Sätze ermittelt, die durch die Bewertungsrelationen geteilt zu einer Fallpauschale umgerechnet werden. Dabei wurden die Krankenhäuser ab 2008 schrittweise in das Investitionsprogramm aufgenommen. Die Aufnahme erfolgte nach einer durch eine Förderkennziffer bestimmten Rangfolge. Sie errechnet sich aus den bilanzierten und testierten Sonderposten und Verbindlichkeiten für Investitionen, dividiert durch den künftigen Anspruch auf Pauschale. Mit der niedrigsten Förderkennziffer beginnend wurden entsprechend der Förderkennziffer in jedem Jahr so viele Krankenhäuser neu in die Förderung durch die Baupauschale aufgenommen, bis der Haushaltsansatz für die pauschale Förderung zur Errichtung von Krankenhäusern ausgeschöpft ist. Erstmalig im Jahr 2012 waren alle Krankenhäuser anspruchsberechtigt, die einen Antrag gestellt hatten.

Der konkrete Rechtsstreit

Das klagende Krankenhaus hatte für 2008 und 2009 eine Baupauschale nach dem neuen nordrhein-westfälischen Landeskrankenhausrecht beantragt. Von der beklagten Behörde wurde die Gewährung der Baupauschale abgelehnt, weil das Krankenhaus – nach Maßgabe der dargestellten Übergangsbestimmung – auf Grundlage der behördlich ermittelten Förderkennziffern (vor allem unter Berücksichtigung der bisherigen Landesförderung) keinen gesetzlichen Anspruch hatte. Gegen das neue Landesrecht wurde vorgebracht, es verstieße gegen höherrangiges Recht. So seien die im Landesrecht genannten Investitionsprogramme angesichts der ausnahmslosen Pauschalförderung jedenfalls keine Investitionsprogramme im Sinne des Bundesrechts und sie verstießen auch sonst gegen die bundesrechtlichen Vorgaben des KHG. Insbesondere sei die Ausgestaltung des Landesrechts weder mit Art. 80 Abs. 1 GG noch mit den Art.3 Abs. 1, 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG vereinbar.

Die Entscheidung des BVerwG

Die rechtlichen Vorhaltungen lassen sich nach Maßgabe der Urteilsgründe nicht länger aufrechterhalten. Das BVerwG (Urteil vom 30.08.2012 – 3 C 17.11 –) legt dazu im Einzelnen dar, dass die Länder im Rahmen des § 11 KHG zum Erlass von das Landesinvestitionsprogramm ausführenden Bestimmungen befugt sind. Den Ländern bleibe dabei grundsätzlich ein weiter Spielraum für eigenständige Regelungen, der insbesondere die Freiheit zur Wahl der Fördermethode beinhalte. Dem jeweiligen Landesgesetzgeber sei es durch Bundesrecht jedenfalls nicht verwehrt, die Investitionskosten aller Plankrankenhäuser zur Wiederbeschaffung ihrer langfristig nutzbaren Anlagegüter durch jährliche (Bau-)Pauschalen – anstatt wie bisher durch ausgewählte konkrete Einzelbewilligungen – zu fördern. Einer solchen Pauschalierung sei auch nicht die Eignung zur Zielerreichung abzusprechen. Dies könne nur dann angenommen werden, wenn jegliche Investitionskosten vollständig aus öffentlichen Mitteln gedeckt werden müssten. Dem BVerwG zufolge verpflichte das KHG aber nur dazu, Krankenhausträger in die Lage zu versetzen, eine vollständige Deckung ihrer notwendigen Investitionskosten herbeizuführen. Dazu biete die Möglichkeit, mit Pauschalbeträgen zu wirtschaften, eine prinzipiell taugliche Grundlage. Einschränkend weist das Gericht aber darauf hin, dass eine die Leistungsfähigkeit von Krankenhäusern schädigende Unterfinanzierung notwendiger Investitionen untersagt und eine im Einzelfall gleichwohl eintretende Gefährdung ggfls. mithilfe von Sonderbeträgen abgefangen werden muss.

Über das dergestalt bundesrechtskonforme Landesrecht hinaus könne dem Bundesrecht kein unmittelbarer Förderanspruch entnommen werden, da das KHG sich an die Gesetzgeber der Länder wende und keinen unmittelbar vollzugsfähigen Gehalt zugunsten eines einzelnen Krankenhausträgers aufweise und damit auch keine einklagbaren Förderungsansprüche begründe. Das BVerwG verneint des Weiteren eine Verletzung der Grundrechte, weil aus den Art. 14 und 12 GG keine unmittelbaren Leistungsansprüche des Krankenhauses abgeleitet werden könnten.

Zudem habe der Landesgesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der zu erlassenden Rechtsverordnung im KHGG NRW hinreichend bezeichnet, indem er die Parameter und die für die Verteilungsregelungen maßgeblichen Ziele bestimmt habe. Das Gericht bezieht sich in diesem Zusammenhang auf den Wortlaut der Ermächtigungsnorm selbst, vor allem aber auf den Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, sowie die Entstehungsgeschichte der Norm. Schließlich sei auch im Hinblick auf die Übergangsbestimmungen der Landesverordnung ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG nicht gegeben, weil die Erwägung des Landes, in einer Übergangszeit vorrangig die Krankenhäuser zu fördern, deren Förderung (nach altem Recht) schon länger zurückliege, sachlich nicht zu beanstanden sei. Bei der Umstellung einer bedarfsabhängigen Einzelförderung auf ein System jährlicher (Bau-)Pauschalen ist es dem BVerwG zufolge aus Gründen der Gleichbehandlung gerechtfertigt, die Krankenhäuser nach dem Grad ihrer Leistungsfähigkeit und der Dringlichkeit ihres Investitionsbedarfs sukzessive in die neue Förderung aufzunehmen. Namentlich letzterer Aspekt gebiete es geradezu, Krankenhausträger umso eher in das neue Fördersystem einzubeziehen, je weniger wirksam die in der Vergangenheit gewährte Förderung noch sei.

Fazit

Nachdem sich in den Vorinstanzen schon entsprechende Tendenzen angedeutet hatten (vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 5.02.2010 – 13 K 8815/08 –, ZMGR 2010, 159, 161 f.; OVG Münster, Urteil vom 10.02.2011 – 13 A 648/10 –), schafft die nunmehrige Zurückweisung der Revision weitgehende Rechtssicherheit. Es bleibt abzuwarten, ob auch andere Länder dem nordrhein-westfälischen Weg folgen und ihre Krankenhausförderung vollständig pauschalieren.

 

Dr. Frank Stollmann

Leitender Ministerialrat
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