15.01.2013

Gemeinsam gegen Schnee und Eis

Winterdienst: Eine Frage guter Zusammenarbeit der Kommunen

Gemeinsam gegen Schnee und Eis

Winterdienst: Eine Frage guter Zusammenarbeit der Kommunen

Effektiver Winterdienst erfordert hohen Einsatz: Gemeinden und Landkreise sollten zusammenarbeiten. | © Christian Schwier - Fotolia
Effektiver Winterdienst erfordert hohen Einsatz: Gemeinden und Landkreise sollten zusammenarbeiten. | © Christian Schwier - Fotolia

Die Frage wer eine öffentliche Straße wann, wie oft und in welchem Umfang von Schnee und Eis befreien muss, wird aufgrund ihrer in den Wintermonaten alltäglichen Relevanz gerade dann immer ein aktuelles Thema sein. Besondere Brisanz bekommt das Thema, wenn Schnee und Eisglätte den Verkehr behindern und die Benutzung der Straße zu einer gefährlichen Herausforderung oder gar unmöglich werden lassen.

Ein besonderes Problem tut sich dort auf, wo der Schnee zwar geräumt wird, aber zum Teil riesige Schneeberge am Straßenrand entstehen, die neue Gefahren für die Verkehrsteilnehmer darstellen können. An dieser Stelle muss der Schnee verladen und aus den Ortschaften abtransportiert werden. Doch auch hier stellt sich die Frage, wer dafür verantwortlich ist, wann ein Abtransport nötig ist und wer mit welcher Technik sinnvollerweise zur Problemlösung beitragen kann.

Umfang der Winterdienstpflichten

Eine Pflicht zur Durchführung des Winterdienstes ist in den meisten Landesstraßengesetzen sehr zurückhaltend formuliert oder zum Teil gar nicht enthalten. In diesen Fällen hat der Landesgesetzgeber dem Träger der Straßenbaulast lediglich aufgegeben, dass dieser nach besten Kräften die öffentlichen Straßen von Schnee räumen und bei Schnee- und Eisglätte streuen soll.


Zur Beschreibung der Pflichten der Kommunen im Rahmen des Winterdienstes innerhalb geschlossener Ortschaften kann eine Grundsatzentscheidung des BGH mit Urteil vom 5. Juli 1990 herangezogen werden. Danach sind „öffentliche Straßen innerhalb geschlossener Ortslagen lediglich an verkehrswichtigen und gefährlichen Stellen bei Schnee- und Eisglätte zu streuen“. Die Kriterien „verkehrswichtig“ und „gefährlich“ müssen dabei zusammen vorliegen.

Gefährlich ist eine Straßenstelle, an denen Kraftfahrer erfahrungsgemäß bremsen, ausweichen oder sonst ihre Fahrtrichtung oder Geschwindigkeit ändern. Dazu dürften insbesondere enge Kurven, Straßeneinengungen, starke Gefällestrecken oder unübersichtliche Kreuzungen gehören. Als verkehrswichtig sind innerorts verkehrsreiche Durchgangsstraßen sowie die viel befahrenen innerörtlichen Hauptverkehrsstraßen anzusehen.

Außerhalb geschlossener Ortslagen bestehen Winterdienstpflichten hingegen nur an „besonders gefährlichen und verkehrswichtigen Stellen“. Eine „besonders“ gefährliche Stelle liegt vor, wenn ein Kraftfahrer spezielle Glatteisverhältnisse trotz erhöhter Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann.

Winterdienstpflicht im Rahmen der Zumutbarkeit

Nach zahlreich vorliegender Rechtsprechung gilt die Winterdienstpflicht für die Kommunen lediglich „nach Maßgabe ihrer Leistungsfähigkeit“. Das heißt eine Kommune ist nur im Rahmen ihrer tatsächlichen und finanziellen Leistungsfähigkeit sowie im Rahmen des Zumutbaren zur Durchführung des Winterdienstes verpflichtet.

Entscheidend für die Leistungsfähigkeit ist, welche organisatorischen Vorkehrungen und Maßnahmen von einer Kommune einer bestimmten Struktur bei Abwägung der Interessen aller potenziell Betroffenen billigerweise verlangt werden müssten. Die Leistungsfähigkeit hängt ebenfalls von der Finanzkraft der Gemeinde ab. Dass die Finanzkraft im Rahmen der Zumutbarkeit ebenfalls von der Judikatur anerkannt wird, ist vor dem Hintergrund der allgemein schlechten und abnehmenden Finanzkraft der Kommunen genauso erforderlich und sachlogisch wie gleichsam bemerkenswert. Allerdings ist dieses Kriterium eng auszulegen. Es kann nicht dazu führen, dass sich eine Kommune ihren Reinigungspflichten entzieht, indem sie geltend macht, kein Geld für die Erledigung der Aufgabe zu haben.

Reinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis

Reinigungs- und Winterdienstpflichten und ihre Grenzen ergeben sich zum größten Teil aus der Entwicklung der Rechtsprechung. Da sich hier besonders der pflichtenlimitierende Aspekt der Zumutbarkeit stärker abzeichnet, ergeben sich Winterdienstpflichten lediglich in engen Grenzen.

In der kommunalen Praxis wird der Winterdienst häufig in einem weit größeren Umfang wahrgenommen, als dies nach der Rechtsprechung zwingend erforderlich wäre. Die Gründe hierfür liegen klar auf der Hand: Ein leistungsfähiges Verkehrsnetz ist einerseits eine Frage der Daseinsvorsorge, andererseits aber auch der Wirtschaftsförderung und damit letztlich auch eine existenzielle Standortfrage für Kommunen. Bürgermeister und Landräte sind sich dessen bewusst, dass sowohl kleine und mittlere aber auch große Unternehmen in ihrem Gebiet von sicheren Zuliefererwegen aber auch Absatz- und Vertriebswegen abhängig sind. Kein Kommunalpolitiker wird es sich leisten können, einen Gewerbebetrieb unter Verweis auf die engen Grenzen der Winterdienstpflichten, die ihm die Rechtsprechung aufzeigt, stunden- oder gar tagelang von Lieferwegen abzuschneiden, da sie auf Grund von Glättebildung oder Schneeverwehungen nicht oder nur eingeschränkt befahrbar sind.

Auch die Frage der Zuständigkeiten muss unter den praktischen Erfordernissen und tatsächlichen Möglichkeiten betrachtet werden. Gerade in Gebirgslagen können sich bei langanhaltendem und starkem Schneefall und nur schwachen Tauphasen durch das Räumen der Fahrbahn große Schneemassen an den Fahrbahnrändern ansammeln. Hier besteht in der Praxis häufig die Frage, wer für die Beseitigung der Schneemassen an Fahrbahnrändern verantwortlich ist.

Die Unterhaltungspflichtigen für die Kreis- sowie die Staats- und Bundesstraßen, die die Fahrbahnen in der Regel auch innerorts vom Schnee räumen, haben meist nicht die technischen und personellen Kapazitäten verfügbar, um in allen betroffenen Gemeinden die sich am Fahrbahnrand auftürmenden Schneeberge aus den Ortschaften abzutransportieren, bzw. an geeignete Orte zu verladen. Dazu ist zum einen entsprechende Technik und Personal erforderlich, zum anderen werden die entsprechenden Flächen zum Verladen der Schneemassen benötigt. Da Technik und Personal der Unterhaltungspflichtigen gerade in der Winterdienstzeit regelmäßig auf Kreis-, Staats- und Bundesstraßen innerorts und außerorts gebunden ist und diese in der Regel auch keine geeigneten Flächen innerhalb oder nahe der Ortschaft besitzen, wäre es sinnvoll, wenn sich die Gemeinden und die für die Kreis-, Staats- und Bundesstraßen zuständigen Behörden (je nach Landesrecht die Landkreise oder die Länder) im gemeinsamen Interesse und partnerschaftlicher Abstimmung die Aufgaben des Räumens und Abtransportierens von Schneemassen sachgerecht teilen. Diese Aufgabenteilung findet häufig in der Praxis bereits in bewährter Weise statt.

Ein weiteres Argument für die Aufgabenteilung ist, dass die Schneemassen nicht lediglich von den geräumten Straßen entstehen, sondern der Schnee auch beim Räumen von Fußwegen oder entsprechenden Seitenstreifen auf der Fahrbahn anfällt, deren Räum- und Streupflicht den Gemeinden, sofern sie diese nicht auf die Grundstückseigentümer übertragen haben, obliegt.

Zudem führen die Landkreis- oder Landeseinrichtungen den Winterdienst auch innerorts nicht zuletzt aus politischen und wirtschaftlichen Gründen in einem weitgehenderen Umfang durch, als die Rechtsprechung es von ihnen verlangt. Dies dürfte im wesentlichen Interesse der Bürgermeister liegen. Diese hätten nichts davon, wenn die Landkreise ihre aus der Verkehrssicherungspflicht resultierenden Räum- und Streupflichten lediglich im Mindestmaß, das heißt nur in engen Kurven, bei starkem Gefälle, unübersichtlichen Kreuzungen oder unvorhersehbarem Glatteis wahrnehmen würden. Schließlich sind die Bürger und Unternehmen eines Landkreise immer auch Einwohner und Unternehmer einer Gemeinde.

Als Fazit bleibt also festzuhalten, dass die ohne Zweifel ressourcenintensive Aufgabe des Winterdienstes in bewährter Weise zwischen den Aufgabenträgern Gemeinde und Landkreis abgestimmt erfolgen sollte.

 

Veronika Lowke

Referentin Sächsischer Landkreistag, Dresden
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