15.01.2013

Mit Zahlen steuern

Praxisbericht zum Einsatz von Kennzahlen bei der Haushaltssteuerung

Mit Zahlen steuern

Praxisbericht zum Einsatz von Kennzahlen bei der Haushaltssteuerung

Einsparungen und Mehrerträge mit der Haushaltssteuerung über Kennzahlen. | © ExQuisine - Fotolia
Einsparungen und Mehrerträge mit der Haushaltssteuerung über Kennzahlen. | © ExQuisine - Fotolia

Die knapp 28.000 Einwohner zählende Stadt Mechernich im Kreis Euskirchen hat seit 1998 Kennzahlen als Steuerungsinstrument eingeführt. Die Einführung erfolgte stufenweise, zunächst verwaltungsintern, dann auch unter Einbeziehung der Politik. Die Erfahrungen sind durchwegs positiv, auch wenn der Weg zu einem umfassenden Kennzahlensystem nicht immer leicht war.
1997 war die Stadt erstmalig verpflichtet, eine grundlegende Haushaltskonsolidierung durchzuführen. Damals gab es ein großes Konsolidierungspotenzial, in Politik und Verwaltung herrschte breiter Konsens. Die Sparansätze waren deutlich erkennbar und relativ leicht durchsetzbar, da spürbare und einschneidende Maßnahmen weitgehend vermieden werden konnten.
Schon damals war klar, dass es aufgrund der finanziellen Situation, geprägt durch Ertragsschwäche und Abhängigkeit von Schlüsselzuweisungen, wohl nicht bei der einen Konsolidierungsrunde bleiben würde und auch die Spielräume zunehmend enger würden, um künftig allgemein akzeptable Sparvorschläge vorlegen zu können.

Leistungen, Steuerungsinformationen und Kennzahlen seit 1998 im Haushaltsplan

So entschied sich die Stadt 1998, Leistungen, Steuerungsinformationen und Kennzahlen im Haushaltsplan darzustellen. Man versprach sich dadurch eine Plausibilisierung und Verdeutlichung möglicher Einsparpotenziale.

Dabei spielten Vergleichsergebnisse mit anderen Kommunen oder Durchschnittswerten zunächst eine untergeordnete Rolle. Vergleichszahlen wurden im Haushaltsplan nur sporadisch dargestellt. Damals hat Mechernich jedoch bereits an vereinzelten Vergleichskreisen, z.B. der KGSt und Bertelsmann, teilgenommen. Dies war Basis für ein weiteres Konsolidierungskonzept 2005. Allerdings fiel dann die Entscheidung, die vorhandenen Vergleichsergebnisse nur kämmereiintern zu nutzen, um vorab Konsolidierungspotenziale zu erschließen. Im endgültigen Konzept, das der Gesamtverwaltung und letztlich dem Rat vorgelegt wurde, fanden die Vergleichszahlen jedoch keine Berücksichtigung.
Die Folge waren teilweise emotionale Diskussionen in Verwaltung und Stadtrat über die einzelnen Sparvorschläge. Verschiedene Maßnahmen wurden letztlich auch abgelehnt, ein verpflichtendes Haushaltssicherungskonzept konnte aber gerade noch vermieden werden.
Als dann fünf Jahre später 2010 die nächste freiwillige Haushaltskonsolidierung anstand, wurden die Vergleichsergebnisse von vornherein in das Konzept eingebunden und auch dem Rat für seine Beratung und Entscheidung vorgelegt.
Dabei bildeten in Mechernich die Zahlen des IKVS (Inter-kommunales Kennzahlen-Vergleichs-System) eine wesentliche Grundlage für die Ermittlung der Vergleichszahlen vom Gesamthaushalt bis hin zu Einzelprodukten. Durch die anonymisierten Werte anderer Kommunen konnten so die eigenen Kennzahlen besser interpretiert und die abstrakten Zahlen in einen sinnvollen Zusammenhang gebracht werden. Zum Beispiel wurden die Kosten der politischen Steuerung, insbesondere die Fraktionszuwendung ebenfalls kritisch hinterfragt und einem Vergleich unterzogen. Es wurde deutlich, dass in Mechernich diese Kosten vergleichsweise hoch waren und entsprechende Einsparungen realisiert werden könnten. Insgesamt konnten hier jährlich über 15.000 Euro eingespart werden.


Inhaltliche Bereicherung durch treffende Kennzahlen und Vergleichswerte

Durch die Verwendung treffender Kennzahlen und Vergleichswerte konnte das Konsolidierungskonzept 2010 inhaltlich-qualitativ derart angereichert werden, dass es trotz enger gewordener Spielräume erfolgreich war: Die vorgeschlagenen Einsparungen und Mehrerträge waren transparent und nachvollziehbar, durch die Vergleichswerte konnte zudem eine hohe Akzeptanz erreicht werden. Dies war wiederum Grundlage für eine insbesondere im politischen Umfeld außerordentlich sachliche Diskussionsbasis.
Das Ergebnis war beeindruckend: Das Konzept wurde mit breiter Mehrheit auch über Fraktionsgrenzen hinweg beschlossen. Lediglich zwei der 40 von der Stadtverwaltung vorgeschlagenen Maßnahmen wurden im Rat abgelehnt. Darüber hinaus konnte aber im Zuge des Konsolidierungskonzepts 2010 auch noch etwas strategisch wesentlich Bedeutsameres erreicht werden: Der positive Effekt der Steuerung mit Kenn- und Vergleichszahlen setzte sich in den Köpfen der Stadtverantwortlichen fest: So war es die Politik selbst, die im Folgenden die vermehrte Darstellung von Kennzahlen und Vergleichsergebnissen in Haushaltsplan und Jahresrechnung forderte. Damit war der Einstieg in politische Zieldefinitionen geschafft.
Zum Haushaltsplan 2011 wurden sodann Schlüsselkennzahlen des Gesamthaushalts (z.B. das Ergebnis der laufenden Verwaltungstätigkeit) mit Vergleichswerten dargestellt. Zudem tauchten alle Produktbereiche dort mit Vergleichs-zahlen auf.

Selbstverständlicher Bestandteil der Planberatungen

Schon im Haushalt 2012 waren Kennzahlen, Leistungs- und Steuerungsinformationen fester und selbstverständlicher Bestandteil der Planberatungen. Zur weiteren Objektivierung wurde das NKF-Kennzahlenset (18 Kennzahlen, geclustert nach der haushaltswirtschaftlichen Gesamtsituation, der Vermögenslage, der Finanzlage, der Ertragslage und der Aufwandssituation) mit Vergleichswerten aus dem IKVS angereichert und im Haushalt dargestellt.
Parallel dazu überlegte die Stadtverwaltung, wie sie die Haushaltssteuerung über Kennzahlen weiter verbessern könnte. Geplant ist die Darstellung von entsprechenden Kennzahlensets für jeden Produktbereich und für alle besonders steuerungsrelevanten Produkte. Dies allein zeigt, welch andere Qualität durch die effiziente Verwendung von Kenn- und Vergleichszahlen in die Haushaltsplanung und -beratung Einzug gehalten hat.

Bedenken zerstreut

Freilich mussten auf dem Weg der Implementierung der Kennzahlen auch Hindernisse aus dem Weg geräumt und Bedenken zerstreut werden. Die Aussagekraft der einzelnen Kennzahlen musste durch kurze textliche Erläuterung und eine Festlegung der Zielrichtung der einzelnen Kennzahl untermauert werden.
Durch die Darstellung von Kennzahlensystemen wurden die einzelnen Zahlen in einen erkennbaren Gesamtzusammenhang gestellt, die jährlichen Werte analysiert und mit einer Tendenz über fünf bzw. zehn Jahre gewertet. So gelang sowohl der interkommunale Vergleich als auch der Vergleich innerhalb der Stadt über die Zeit hinweg.
Um die Übersicht über die Zahlenwerke nicht zu verlieren, hat die Stadt versucht, diese mit einfachen grafischen Darstellungen, wie Ampel- und Pfeilsymbolen, zu unterlegen.

Fazit

Die Entwicklung bei der Implementierung und Verfeinerung eines Kennzahlensystems in der Stadt Mechernich hat gezeigt, dass ein wesentlicher Erfolgsfaktor die Erkenntnis aller Beteiligten bezüglich der Sinnhaftigkeit ihrer Verwendung ist. Dies ist sicher nicht von heute auf morgen zu erreichen, es bedarf einer stetigen und konsequenten Strategie sowie einer genauen Betrachtung, welche Kenn-zahlen zweckgerichtet und zielführend eingesetzt werden sollen.
Unerlässlich ist dabei, dass die Kennzahlen sowohl in einen räumlichen als auch zeitlichen Zusammenhang gebracht werden müssen. Neben der Erstellung von Zeitreihen innerhalb der Verwaltungseinheit sind deshalb Vergleichszahlen mit anderen Kommunen entscheidend für den Erfolg für Verwaltungssteuerung und Zieldefinition.

 

Dr. Tobias Wagner

Leiter Consulting im Geschäftsfeld Public Sector der DATEV eG, Nürnberg
 

Stefan Mannz

Teamleiter Kämmerei und Finanzen der Stadt Mechernich, Mechernich
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