15.02.2013

Konzessionen für Strom- und Gasversorger

OLG Düsseldorf zu Kooperationsmodellen im Energiebereich

Konzessionen für Strom- und Gasversorger

OLG Düsseldorf zu Kooperationsmodellen im Energiebereich

Das OLG Düsseldorf nimmt Kooperationsmodelle im Energiebereich unter die Lupe. | © Gina Sanders - Fotolia
Das OLG Düsseldorf nimmt Kooperationsmodelle im Energiebereich unter die Lupe. | © Gina Sanders - Fotolia

Eine Vielzahl von Wegenutzungsverträgen für die Strom- und Gasversorgung in Deutschland läuft in den nächsten Jahren aus. Wegenutzungsverträge sind Verträge, mit denen Gemeinden ihre öffentlichen Verkehrswege Energieversorgungsunternehmen (EVU) für die Verlegung und den Betrieb von Strom- und Gasleitungen zur Verfügung stellen. Im Gegenzug zahlen die EVU Konzessionsabgaben an die Gemeinden. Bei der Neuvergabe stehen die Kommunen häufig vor der Frage, ob sie erneut eine Konzession ausschreiben oder sich selbst – allein oder mit einem privaten Partner – im Bereich der Energieversorgung engagieren wollen. Für den Fall, dass sich Kommunen entscheiden, einen privaten Partner zu suchen, hat das OLG Düsseldorf nun in einem aktuellen Beschluss den rechtlichen Rahmen gesteckt (09.01.2013, Verg 26/12).

Der aktuelle Fall

Acht Kommunen beabsichtigen eine Rekommunalisierung der Strom- und Gasnetze in ihren Gebieten. Sie wollen künftig diese Netze gemeinsam betreiben. Die Konzessionen im Sinne von § 46 EnWG für die Nutzung der jeweiligen Netze laufen in den nächsten Jahren aus und sollen im Rahmen des vorgeschriebenen Verfahrens nach § 46 EnWG vergeben werden. Dabei soll sich eine von den acht Kommunen gemeinsam errichtete Netzgesellschaft an der Konzessionsvergabe beteiligen, um die Wegenutzungsrechte zu erhalten. Da das Verfahren nach § 46 EnWG diskriminierungsfrei durchgeführt werden müsse, gäbe es keine Vorfestlegungen der Kommunen im Hinblick auf die spätere Konzessionsvergabe.

Die gemeinsame Gesellschaft will im Wege einer Minderheitsbeteiligung (49 %) einen so genannten „strategischen Partner“ aufnehmen, der beim Betrieb der Versorgungsnetze Führungsaufgaben kaufmännischer und technischer Art übernehmen soll. Für die Auswahl des strategischen Partners hat die gemeinsame Gesellschaft ein Verhandlungsverfahren nach der Sektorenverordnung eingeleitet. Als Zuschlagskriterien (mit zahlreichen Unterkriterien und Gewichtungen) wurden in den Vergabeunterlagen die Sicherheit der Netzübernahmen, die Rendite des Gesamtprojekts und die Ausgestaltung der vertraglichen Regelungen genannt.


In seinem aktuellen Beschluss setzt sich das OLG Düsseldorf nun mit der Ausschreibungspflicht eines Kooperationsmodells, der gewählten Konzeption und den Zuschlagskriterien intensiv auseinander.

Ausschreibungspflicht von Kooperationsmodellen

Das OLG Düsseldorf macht deutlich, dass Ausschreibungsgegenstand ein Dienstleistungsauftrag sei, weil der aufzunehmende strategische Partner Betriebsführungsaufgaben, wie die Gewährleistung der kaufmännischen und technischen Betriebsführung der Netze und die Entwicklung eines Netzkonzepts erfüllen solle und die Pflicht zur Dienstleistung nicht völlig untergeordneter Art sei. Interessant ist, dass das OLG Düsseldorf auch ein Pachtmodell, bei dem der strategische Partner nicht mit der Erbringung von Dienstleistungen beauftragt, sondern das Netz anpachten würde und die Betriebsführungsleistungen im eigenen Namen erbrächte, als vergaberechtsrelevant beurteilt wird, weil das Pachtelement im Ergebnis ein Mittel zur Beschaffung der Dienstleistung sei.

Ausschreibungskonzeption

Das Zusammenspiel der energierechtlichen Konzessionsvergabe und der vergaberelevanten Suche nach einem Kooperationspartner für die Energieversorgung ist rechtlich komplex. Bei der Auswahl des strategischen Partners hat das wirtschaftlichste Angebot im Fokus zu stehen, während bei der Vergabe von Wegenutzungsverträgen die energiepolitischen Ziele des § 1 EnWG zu berücksichtigen sind.

Das OLG Düsseldorf kommt zu dem Ergebnis, dass die Durchführung von zwei unabhängigen Verfahren für die Suche nach einem Kooperationspartner einerseits und zur Vergabe der Konzession andererseits vergaberechtlich nicht zu beanstanden sei. Eine so genannte „Inhouse-Vergabe“ der Konzession im Anschluss an das Auswahlverfahren für den Kooperationspartner käme allerdings nicht in Betracht. Diese sei bei Wegenutzungsverträgen durch § 46 Abs. 4 EnWG generell ausgeschlossen.

Wahl der Zuschlagskriterien und der Leistungsbeschreibung

Eine Besonderheit in der vorliegenden Fallkonstellation besteht darin, dass der Gewinner des vorgeschalteten Vergabeverfahrens noch keine Sicherheit hat, dass die Konzessionen der gemeinsamen Netzgesellschaft erteilt werden und er Betriebsführungsleistungen erbringen kann. Hierin sieht das OLG Düsseldorf keine unzulässige Ausschreibung von Bedarfspositionen, weil die Dienstleistungen in jedem Fall erbracht werden müssen und die gemeinsame Gesellschaft die Konzessionen erhalte. Sofern es nicht dazu komme, seien die geschlossenen Kooperationsverträge rückgängig zu machen.

Während die Vergabekammer Münster (Beschluss vom 08.06.2012, VK 6/12) noch eine wettbewerbswidrige Verfahrensführung gesehen hatte, weil durch die Ausschreibung des Kooperationsmodells die späteren Konzessionsvergaben gewissermaßen „vorprogrammiert“ seien, kommt das OLG Düsseldorf zu einem anderen Ergebnis.

Zur Begründung führt es an, dass über die Konzessionsvergaben allein die acht Kommunen zu entscheiden hätten, während das Kooperationsmodell von der gemeinsamen Netzgesellschaft ausgeschrieben worden sei. Es lägen keine feststellbaren Fakten der Vermutung zugrunde, dass die spätere Konzessionsvergabe nicht mehr unvoreingenommen und diskriminierungsfrei geführt werden könne. Die Entscheidung stellt klar, dass eine mögliche Voreingenommenheit des Konzessions-Auftraggebers und eine etwaige, nicht diskriminierungsfreie Auswahl des Konzessionsnehmers im (späteren) Verfahren der Konzessionsausschreibung vor den Zivilgerichten geltend zu machen seien, weil vorbeugender Rechtsschutz in einem vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nicht gewährt werden könne.

Die gewählten Zuschlagskriterien erkennt das OLG an. Es hebt hervor, dass diese mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängen. Die im Rahmen von Konzessionsvergaben zu berücksichtigenden Bestimmungen des § 1 EnWG könnten nicht auf das vorliegende Auswahlverfahren des Kooperationspartners übertragen werden. Bei der Suche nach einem Kooperationspartner könnten wirtschaftliche Ziele ohne Weiteres berücksichtigt werden.

Praktische Bedeutung der Entscheidung

Die Entscheidung des OLG Düsseldorf schafft Klarheit im Hinblick auf die Zulässigkeit der Trennung von Konzessionsvergabe einerseits und Auswahl eines Kooperationspartners andererseits. Es lässt sich sehr deutlich entnehmen, dass die Auswahl des Kooperationspartners in aller Regel dem Vergaberecht unterliegen wird, da dieser Kooperationspartner selten ein bloßer Financier sein wird, sondern in aller Regel strategisches Know-how einbringen soll. Sowohl für als auch gegen eine Trennung der Verfahren lassen sich weiterhin tatsächliche und rechtliche Argumente anführen. Der nicht fernliegende Verdacht, dass eine Kommune ein großes Interesse haben wird, eine Konzession einer Netzgesellschaft zu geben, an der sie beteiligt ist, mag dazu führen, dass Konzessionsvergaben im Hinblick auf ihre vorurteilsfreie und diskriminierungsfreie Führung überprüft werden. Sowohl die Trennung als auch die Zusammenfassung der Verfahren bieten derzeit noch Streitpotential, wie auch eine aktuelle Entscheidung des Bundeskartellamtes (Beschl. v. 30.11.2012, B8-101/11) zeigt. Bedeutsam ist auch der Hinweis, den das OLG im Rahmen eines obiter dictum gibt. Auch bei einer Nachprüfung einer dem GWB nicht unterliegenden (reinen) Konzessionsvergabe nach § 46 EnWG ergäbe sich – im Sinne einer unselbständigen Nebenpflicht – eine Verpflichtung der Bieter, den Auftraggeber auf Rechtsverstöße im Vergabeverfahren hinzuweisen. Dies hatte das OLG Schleswig (Urt. v. 22.11.2012, 16 U (Kart) 22/12) in einem kartellrechtlichen Verfahren anders beurteilt.

 

Ulf-Dieter Pape

Rechtsanwalt, Dipl.-Verww., Partner Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover
 

Anna Burmeister

Rechtsanwältin, Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Hannover
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