20.01.2020

Klimaschutzziele nur mit den Städten und Gemeinden erreichbar

Masterplan Klimaschutz des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

Klimaschutzziele nur mit den Städten und Gemeinden erreichbar

Masterplan Klimaschutz des Deutschen Städte- und Gemeindebundes

Klimaschutzziele nur mit den Städten und Gemeinden erreichbar
Die Erreichung der Klimaschutzziele kann nur mit den Kommunen und der Bürgerschaft gelingen. | © Thomas Reimer - stock.adobe.com

Deutschland wird seine Klimaschutzziele für 2020 nicht erreichen. Für die Zukunft legt der Deutsche Städte- und Gemeindebund einen Masterplan Klimaschutz vor.

Die Herausforderungen und Gefahren des Klimawandels sind immer deutlicher zu spüren. Deutschland wird sein Ziel, bis zum Jahr 2020 40 Prozent der Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 zu reduzieren, nicht erreichen. Das Thema Klimaschutz und die vorsorgende Anpassung an die Folgen des Klimawandels gewinnen vor diesem Hintergrund immer mehr an Bedeutung. Extremwetter wie Starkregen und längere Hitze- und Dürreperioden stellen insbesondere Städte und Gemeinden aber auch ihre Bürgerschaft vor immense Herausforderungen. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund hat einen Masterplan Klimaschutz vorgelegt, der u.a. folgende Bausteine beinhaltet.

Global abgestimmte Maßnahmen im Klimaschutz notwendig

Die Bundesregierung hat sich zum Pariser Klimaschutzabkommen bekannt. Danach soll ein Anstieg der Temperatur auf deutlich unter 2 Grad, möglichst auf 1,5 Grad begrenzt werden. Im Koalitionsvertrag hat sich die Bundesregierung ebenfalls verpflichtet, die Einhaltung der Klimaschutzziele gesetzlich zu verankern und hat nunmehr das sogenannte Klimapaket auf den Weg gebracht. Dieses Paket ist ein wichtiger Schritt zur Erreichung der gesteckten Klimaschutzziele und sieht unter anderem das Bundes-Klimaschutzgesetz mit verbindlichen Vorgaben für die zuständigen Ressorts und einen CO2-Preis über einen Emissionshandel ab dem Jahr 2021 vor. Ziel ist es, die Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent bis zum Jahr 2030 im Vergleich zu 1990 zu senken. Bis zum Jahr 2050 soll Deutschland klimaneutral werden. Wesentliche Teile des sogenannten Klimapakets wurden am 15. November 2019 vom Bundestag beschlossen. Nunmehr steht die Zustimmung des Bundesrates an.


Gleichwohl gilt: Deutschland allein wird die Herausforderungen des Klimaschutzes nicht allein schultern können. Deutschland hat einen Anteil am Ausstoß der weltweiten CO2-Emissionen von „nur“ 2,23 Prozent (China: 28,21 Prozent; USA: 15,99 Prozent). Die in Deutschland geplanten Maßnahmen müssen daher in der EU und international abgestimmt werden, um den gewünschten Effekt erreichen zu können. Nationale Alleingänge werden langfristig nicht zum Ziel führen.

Schlüsselrolle der Kommunen im Klimaschutz stärken

Städten und Gemeinden nehmen beim Klimaschutz und bei der Anpassung an den Klimawandel eine Schlüsselrolle ein. Sie stehen im ständigen Dialog mit ihren Bürgerinnen und Bürgern. Über ihre Bauleitplanung steuern sie den Ausbau erneuerbarer Energien, zum Beispiel der Windenergie oder der Photovoltaik. Hinzu kommen die energetische Sanierung des kommunalen Gebäudebestandes sowie die Anpassung der kommunalen Infrastruktur an den Klimawandel. Insekten- und Artenschutz aber auch der Erhalt der Wälder aufgrund von Schädlingsbefall und längere Dürreperioden stehen auf der kommunalen Agenda.

Die geplanten Maßnahmen des Bundes und der Länder müssen die großen Potentiale der Kommunen beim Klimaschutz besser heben und auch stärker finanziell unterstützen. Hierzu ist auch die langfristige Fortführung und Finanzierung der Nationalen Klimaschutzinitiative (NKI) einschließlich der BMU-Kommunalrichtlinie, die Klimaschutzaktivitäten vor Ort unterstützt, erforderlich. Über die NKI wurden allein in den vergangenen zehn Jahren weit über 12 000 Projekte in mehr als 3.450 Kommunen finanziell unterstützt.

Soziale Gerechtigkeit schafft Akzeptanz

Die Besteuerung von Treibhausgasen hat eine soziale Dimension. Trotz einer positiven Lenkungswirkung von Abgaben dürfen diese nicht zu einer einseitigen Belastung führen, sondern müssen ausgewogen sein. Dies gilt für Pendler, die mangels Alternativen täglich auf die Pkw-Nutzung angewiesen sind. Die im Klimapaket der Bundesregierung vorgesehene Senkung des Strompreises zur Entlastung von Bürgern, Kommunen und Wirtschaft und die Anhebung der Pendlerpauschale sind vor diesem Hintergrund grundsätzlich zu begrüßen.

Eine erfolgreiche Klimaschutzpolitik beinhaltet auch den Dialog zwischen allen gesellschaftlichen Akteuren und die soziale Verträglichkeit und Akzeptanz. Der Kohleausstieg ist nicht nur eine energiepolitische Herausforderung. Im Hinblick auf die vom Kohleausstieg betroffenen Regionen ist vielmehr auch die Schaffung von wirtschaftlichen Perspektiven für die dort lebenden und arbeitenden Menschen unbedingt notwendig. Ökologie und Ökonomie müssen in Einklang gebracht werden.

Maßnahmen zur Anpassung an die Folgen des Klimawandels fördern

Extremwetterereignisse wie Starkregen, Stürme oder längere Dürre- und Hitzeperioden werden zum Normalfall. Damit tritt neben dem Klimaschutz die Vorsorge gegen Klimaschäden in Kommunen immer mehr in den Vordergrund. Eine klimagerechte Stadtentwicklung, die Vorsorge für die Folgen des Klimawandels trifft, ist mehr in den Fokus zu rücken. Beispiele für vorsorgendes kommunales Handeln sind die Erstellung von Notfallplänen oder von integrierten kommunalen Hochwasserkonzepten ebenso wie die Stärkung der Eigenvorsorge der Bürger, etwa im Hinblick auf ein hochwasserangepasstes Bauen. Dazu gehört aber auch die Schaffung von mehr Grünflächen insbesondere in Innenstädten und Ortskernen. Die Kommunen müssen als maßgebliche Akteure einer erfolgreichen Klimaanpassung daher von Bund und Ländern stärker finanziell unterstützt werden.

Atempause bei Energiestandards

Mit Blick auf die in Deutschland ohnehin hohen Energiestandards bei Neubauten ist eine Atempause notwendig. Dem Gebäudebestand, insbesondere den energetisch in einem schlechten Zustand befindlichen Gebäuden der 50-er bis 70-er Jahre, kommt eine viel größere Bedeutung zu. Hier kann durch eine gezielte und auch steuerliche Förderung, etwa beim Austausch alter Heizungen in Privatwohnungen, viel Potenzial zur Energieeinsparung gehoben werden. Die Kommunen sind mit ihren ca. 186.000 Gebäuden und ca. 1,6 Millionen kommunalen Wohnungen auch hier wesentliche Akteure. Zielgerichtete Investitionsprogramme von Bund, Ländern und Kommunen in die energetische Gebäudesanierung sind auf hohem Niveau erforderlich. Notwendig ist insbesondere eine Aufstockung des Gebäudesanierungsprogramms auf mindestens fünf Milliarden Euro.

Chancen der Digitalisierung und Innovationen nutzen

Klimaschutz braucht dringend mehr Innovationen. Die Digitalisierung birgt besondere Chancen für den Klimaschutz. Sie hat in den vergangenen fünf Jahren den bedeutendsten Beitrag zum Umweltschutz geleistet. Für 2025 wird prognostiziert, dass durch die fortschreitende Digitalisierung zusätzlich 50 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente eingespart werden können. Das entspricht einer Einsparung von 5 Prozent im Vergleich zum Ausstoß im Jahr 2014.

Die Digitalisierung treibt auch Innovationen voran. Intelligente Haustechnik kann den Wärmeverbrauch senken. Zudem können intelligente Verkehrssysteme den Verkehrsfluss optimieren und überflüssige Wege vermeiden helfen. Sektorenkopplung wird durch die digitale Vernetzung von Wärme- und Stromversorgung erleichtert, so dass klimafreundliche Energieträger wie Wind und Sonne leichter integriert werden können.

Umfassende Verkehrswende sowie schnellere Planungen erforderlich

Zur Erreichung der Klimaschutzziele ist vorrangig eine grundlegende Verkehrs- und Mobilitätswende notwendig. Diese erfordert einen umfassenden Ausbau des Schienenverkehrs und des ÖPNV, des Radverkehrs in den Kommunen und eine bessere Anbindung ländlicher Räume. Ebenso müssen Planungsverfahren beschleunigt und Gerichtsverfahren und Instanzenwege verkürzt werden. Die gegenwärtig umfassenden Verbandsklagerechte behindern die Umsetzung der Energiewende. Sie müssen zurückgefahren werden.

Notwendig ist ebenfalls ein abgestimmtes Finanzierungsmodell für den ÖPNV, um diesen für die Zukunft flächendeckend so auszuweiten, dass die Verkehrswende gelingt. Ziel muss ein Mehr an Akzeptanz bei der Bürgerschaft für ein verbrauchs-, ausstoß- und nutzungsorientiertes Abgabensystem sein.

Klimaschutz und Klimaanpassung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe denken

Die Erreichung der Klimaschutzziele kann nur mit den Kommunen und der Bürgerschaft gelingen. Klimaschutz muss daher als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Die Staatengemeinschaft, die Europäische Union, Bund, Länder und Kommunen aber auch die Wirtschaft und die Zivilgesellschaft in Deutschland müssen zusammenwirken und ihre Anstrengungen im Klimaschutz erhöhen.

Der Masterplan Klimaschutz des DStGB findet sich unter https://www.dstgb.de

Deliana Bungard

Deliana Bungard

Referatsleiterin im Deutschen Städte- und Gemeindebund, Bonn
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