16.05.2022

Keine Befreiung vom schulischen Präsenzunterricht

OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.11.2020 – 2 B 11333/20

Keine Befreiung vom schulischen Präsenzunterricht

OVG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 20.11.2020 – 2 B 11333/20

Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV
Ein Beitrag aus »Die Gemeindeverwaltung Rheinland-Pfalz« | © Mike Fouque - stock.adobe.com / RBV

Ein Schüler eines Gymnasiums in Kaiserslautern hat keinen Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht und Erteilung von Fernunterricht wegen der Corona-Pandemie. Das hat das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz (OVG) in einem Eilrechtsschutzverfahren entschieden und bestätigte damit die entsprechende Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße (VG).

 Zum Sachverhalt

Der Antragsteller, der ein Gymnasium in Kaiserslautern besucht, beantragte Mitte September 2020 die Befreiung vom Präsenzunterricht und die Erteilung von Fernunterricht mit der Begründung, er leide an Asthma bronchiale und gehöre daher zu einer Risikogruppe für die Erkrankung COVID-19. Außerdem sei sein 73-jähriger Vater ebenfalls erhöht gefährdet. Nach Ablehnung seines Antrags durch das Land Rheinland- Pfalz suchte der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz beim VG Neustadt an der Weinstraße nach. Das VG lehnte seinen Eilantrag ab. Seine hiergegen eingelegte Beschwerde wies das OVG zurück.

Kein Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht

Dem Antragsteller steht kein Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht und Erteilung von Fernunterricht zu. An dem im Schulgesetz verankerten Grundsatz des Präsenzunterrichts habe das Land Rheinland-Pfalz bei der Bekämpfung der Corona-Pandemie auch nach der Zwölften Corona-Bekämpfungsverordnung vom 30.10.2020 festgehalten.


Diese Grundentscheidung steht zumindest derzeit mit der verfassungsrechtlichen Pflicht des Staats zum Schutz des Lebens und der körperlichen Unversehrtheit in Einklang. Die Verfassung gebiete keinen vollkommenen Schutz vor jeglichen Gesundheitsgefahren, zumal im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie ein gewisses Infektionsrisiko mit dem Corona-Virus derzeit für die Gesamtbevölkerung zum allgemeinen Lebensrisiko gehöre. Eine Befreiung vom Präsenzunterricht komme nach dem Schulgesetz nur im Einzelfall für Schüler in Betracht, die aus gesundheitlichen Gründen nicht schulbesuchsfähig seien.

Ein Recht auf Befreiung besteht danach grundsätzlich nur dann, wenn die Teilnahme am Präsenzunterricht trotz der getroffenen Hygienemaßnahmen unzumutbar ist, wenn also die getroffenen Hygienemaßnahmen nicht (mehr) geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung bzw. eines schweren Krankheitsverlaufs im Einzelfall auf ein zumutbares Maß zu reduzieren. Wie das VG bereits zutreffend ausgeführt habe, seien die vom Antragsteller vorgelegten Atteste ungeeignet, diese Voraussetzungen für eine Befreiung glaubhaft zu machen. Die ärztliche Diagnose „Asthmabronchiale“ und die Angabe im Attest, zu einer Risikogruppe zu gehören, reichten hierfür nicht aus.

Nicht jede Zugehörigkeit zu einer nicht näher spezifizierten sog. Risikogruppe zieht automatisch – unabhängig von der Anwendung des „Hygieneplans-Corona für die Schulen in Rheinland-Pfalz“ in der Praxis – einen Anspruch auf Befreiung vom Präsenzunterricht nach sich. Außerdem gehe der Antragsteller nicht auf die vom Land vorgelegte Stellungnahme der Landesärztekammer vom 21.09.2020 ein, wonach es aus ärztlicher Sicht nur sehr wenige Diagnosen gebe, die die Befreiung vom Präsenzunterricht in der Schule rechtfertigten, was explizit auch für die Diagnose „Asthma“ gelte. Bzgl. der vom Antragsteller geltend gemachten erhöhten Vulnerabilität seines 73-jährigen Vaters sei ergänzend darauf hinzuweisen, dass es nicht im Verantwortungsbereich des Antragsgegners liege, dem Antragsteller und seinem Vater ein absolut risikofreies Zusammenleben im gemeinsamen Haushalt zu ermöglichen. Es sei den einzelnen Familienmitgliedern zumutbar, selbst verstärkte Hygienemaßnahmen zu ergreifen, wenn sie dies für notwendig erachteten. Einen Anspruch auf „Vollisolation des Familienverbundes“ hätten sie nicht.

 

Entnommen aus Gemeindeverwaltung RP, Heft 16/2021.

 

Burkhard Müller

Geschäftsführender Direktor, Landkreistag Rheinland-Pfalz
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