Jenseits der Einspeisevergütung
Erlösoptimierung durch alternative Stromvermarktungsstrategien
Jenseits der Einspeisevergütung
Erlösoptimierung durch alternative Stromvermarktungsstrategien
Die Entscheidung für eine Investition in Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien ist wie jede Investitionsentscheidung von Rentabilitätsüberlegungen getragen. Diese Überlegungen sind immer stärker auf Alternativen zur Einspeisevergütung angewiesen. Das EEG 2012 bietet eine ganze Reihe solcher Alternativen, von denen einige im Folgenden skizziert werden sollen.
Bisheriges Modell: Einspeisevergütung
Bis 2012 war im Markt der Erneuerbaren Energien ein Erlösmodell vorherrschend, das ausschließlich auf die gesetzliche Vergütung der eingespeisten Strommengen nach § 16 EEG setzt. Die Vermarktung des eingespeisten Stromes am Strommarkt übernimmt der Netzbetreiber, der auch die Einspeisevergütung an den Anlagenbetreiber zu zahlen hat. Die Differenz zwischen dem erzielten Preis und der gesetzlichen Einspeisevergütung wird durch die EEG-Umlage von den Endverbrauchern erhoben. Die Höhe der Einspeisevergütung ergibt sich aus den §§ 23 bis 33 EEG und ist gemäß § 21 Abs. 2 EEG für die Dauer von 20 Jahren seit Inbetriebnahme der Anlage fix.
Jüngere Überlegungen um eine mittelbare rückwirkende Absenkung durch einen Energie-Soli stoßen nicht zuletzt auf verfassungsrechtliche Bedenken und sollen offenbar nicht weiter verfolgt werden. Damit ist diese Form der Vergütung für Bestandsanlagen nach wie vor attraktiv. Die Absenkung der Einspeisevergütung in den letzten Jahren hat aber dazu geführt, dass die erzielbaren Renditen soweit gesunken sind, dass bei Neuinvestitionen ein Nachdenken über alternative Vermarktungsstrategien notwendig wird.
Marktprämienmodell
Seit dem 01. 01. 2012 haben Anlagenbetreiber die Möglichkeit, in die optionale Marktprämie gem. §§ 33 a ff. EEG zu wechseln. Dieser Wechsel kann jederzeit wieder rückgängig gemacht werden. In diesem System der Direktvermarktung verkauft der Anlagenbetreiber den erzeugten Strom selbst oder durch einen von ihm beauftragten Stromhändler am Markt und erhält dafür den Marktpreis. Zusätzlich erhält er vom Netzbetreiber eine Marktprämie, die monatlich aus der Differenz zwischen der gesetzlichen Einspeisevergütung für die konkrete Anlage und dem energieträgerspezifischen Referenzmarktwert berechnet wird. Der Referenzmarktwert entspricht dabei dem Monatsmittelwert der Stundenkontrakte an der Strombörse EPEX Spot, der um eine für jeden Energieträger fixe Managementprämie gekürzt wird. Letztere soll die spezifischen Kosten (z.B. für den Zugang zu den Stromhandelsmärkten) und die Risiken der Direktvermarktung (resultierend vor allem aus der Differenz zwischen prognostizierter und tatsächlich eingespeister Strommenge) ausgleichen.
In der Theorie erhält der Anlagenbetreiber dadurch Einnahmen in Höhe der Einspeisevergütung, die sich nur anders zusammensetzen aus Erlösen am Strommarkt und der Marktprämie. Praktisch kann der Anlagenbetreiber von diesem Modell aber in mindestens zweifacher Hinsicht profitieren: Sofern die Qualität seiner Erzeugungsprognosen so gut ist, dass er keine Ausgleichsenergie für tatsächliche Abweichungen bezahlen muss, kann er die für den Ausgleich solcher Risiken gedachte Managementprämie behalten. Außerdem kann er seine Einnahmen dadurch steigern, dass er den erzeugten Strom zu den Zeiten einspeist, zu denen die Strompreise am Spot-Markt oder in anderen Märkten höher sind als der Monatsmittelwert. Die Differenz zwischen Monatsmittelwert und tatsächlich erzieltem Kaufpreis wird nicht auf die Marktprämie angerechnet und verbleibt ebenfalls beim Anlagenbetreiber. Dem steht freilich das Risiko gegenüber, dass ein Verkauf des eingespeisten Stromes nur zu Preisen unter dem Monatsmittelwert gelingt. Dieses Risiko ist aber beispielsweise durch die Steuerung der Anlage zumindest bei Anlagen mit Erzeugungsflexibilität beherrschbar.
Flexibilitätsprämie
Die Flexibilitätsprämie kann für Biogasanlagen ein zusätzlicher Anreiz für den Wechsel in die Direktvermarktung sein, wenn die maximale Leistungsfähigkeit der Anlage nicht durchgehend ausgeschöpft wird, die Jahresarbeit also signifikant unter der bei voller Ausnutzung der installierten Leistung maximal möglichen Jahresarbeit bleibt. Die sich dadurch rechnerisch ergebende und flexibel nutzbare zusätzliche Leistung der Anlage muss der Netzbetreiber nach § 33i EEG mit 130 € je kW und Jahr vergüten. Voraussetzung ist, dass die Anlage technisch für eine flexible Fahrweise geeignet ist. Durch die flexible Fahrweise lassen sich zusätzlich Erlöse der Direktvermarktung über dem Monatsmittelwert erzielen. Schließlich ist sogar eine Vermarktung von Regelenergie denkbar, durch die weitere Erlöse erzielt werden können.
Regelenergiemarkt
Das Stromnetz ist nur dann stabil, wenn in jedem Zeitpunkt gleich viel Strom entnommen und eingespeist wird. Um dies zu gewährleisten, wird der Strom anhand möglichst genauer Prognosen eingekauft und verkauft, und zwar sowohl langfristig („Over the Counter“ und im Terminmarkt) als auch am Vortag und bis zu 45 Minuten vor Lieferung (EPEX SPOT-Markt). Dennoch sind sowohl auf Erzeuger- als auch auf Verbraucherseite gewisse Abweichungen vom prognostizierten Verhalten unvermeidlich, wenn beispielsweise Wolken die Sonne verdecken, der Wind nicht wie erwartet weht oder große Verbraucher, z.B. Maschinen, unvermittelt an- oder abschalten müssen. Solche Schwankungen im Stromnetz müssen durch Regelenergie ausgeglichen werden, die im Bedarfsfall innerhalb von 30 Sekunden (Primärreserve), fünf Minuten (Sekundärreserve) oder 15 Minuten (Minutenreserve) außerplanmäßig zur Verfügung stehen muss.
Regelenergie kann sowohl positiv, also als zusätzliche Erzeugungskapazität, als auch negativ, also durch Drosselung oder Abschaltung von Stromerzeugungsanlagen oder Zuschaltung von Verbrauchsanlagen erbracht werden. Als Lieferanten von Regelenergie kommen sowohl flexible Gaskraftwerke und Pumpspeicherwerke als auch mit Biogas oder Biomasse betriebene Blockheizkraftwerke oder Notstromaggregate in Betracht.
Die Anbieter von Regelenergie erhalten vom Netzbetreiber allein für ihre Bereitschaft, Regelenergie zur Verfügung zu stellen, eine leistungsabhängige Vergütung. Zusätzlich wird die tatsächlich abgerufene Regelenergie mit Arbeitspreisen vergütet, die z. T. mehrfach über den üblichen Preisen liegen. Die Bereitstellung von Regelenergie kann sich also für den Anlagenbetreiber sehr gut rechnen.
Die Teilnahme am Regelenergiemarkt ist allerdings nur möglich, wenn der Erzeuger zur Bereitstellung von mindestens 5 MW Leistung in der Lage ist und weitere anspruchsvolle technische Voraussetzungen erfüllt. Die entsprechende Präqualifikation haben derzeit nur 43 Anbieter durchlaufen. Zu diesen Anbietern gehören neben den großen Kraftwerken und Verbrauchern inzwischen auch Betreiber von virtuellen Kraftwerken. In solchen virtuellen Kraftwerken werden eine Vielzahl kleinerer, dezentraler regelbarer Anlagen gebündelt, die in Summe und ausgestattet mit einer entsprechenden Steuerungs-Infrastruktur die Anforderungen an die Präqualifikation für den Regelenergiemarkt erfüllen und insbesondere die Poolgröße von 5 MW und mehr erreichen.
Fazit
Das EEG 2012 enthält bereits jetzt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, Strom aus erneuerbaren Energien anders als im Wege der herkömmlichen Einspeisevergütung zu vermarkten. Diese Möglichkeiten führen nicht nur dazu, dass sich die Erzeugungsanlagen besser als bisher in das bestehende Marktumfeld einfügen, sondern können bei richtiger Handhabung auch zu höheren Erlösen für die Anlagenbetreiber führen.