15.05.2013

Energieeinkauf leicht gemacht – EFET!

Standardisierte Verträge reduzieren Aufwand erheblich

Energieeinkauf leicht gemacht – EFET!

Standardisierte Verträge reduzieren Aufwand erheblich

Energieeinkauf: Der EFET-Vertrag ermöglicht einen schnellen, transparenten und kostengünstigen Abschluss. | © alexmillos - Fotolia
Energieeinkauf: Der EFET-Vertrag ermöglicht einen schnellen, transparenten und kostengünstigen Abschluss. | © alexmillos - Fotolia

Der heutige Energieeinkauf und -handel lebt von standardisierten Verträgen, die den Prüfungs-, Verhandlungs- und Kostenaufwand auf ein erträgliches Maß reduzieren. Nicht nur die großen Konzerne und reinen Handelsunternehmen nutzen Standardverträge, sondern auch kleinere Energieversorger ersetzen – aufgrund der mit ihnen verbundenen hohen Akzeptanz am Markt – nach und nach ihre individuellen Energielieferverträge durch standardisierte Handelsverträge.

Das mittlerweile am weitesten verbreitete Vertragswerk im Großhandel mit Strom und Gas sind die von der European Federation of Energy Traders (EFET) – einem Zusammenschluss von über 100 Energiehandelsunternehmen aus 27 europäischen Staaten – herausgegebenen Standardverträge – kurz: EFET-Verträge (abrufbar gewöhnlich unter: http://www.efet.org, Link: Standardisation > Legal – EFET Standard Contracts and Documentation > Electricity & Electricity Annexes / Gas & Gas Annexes).

Die EFET-Verträge sind in ihrer aktuellen Fassung für Strom (Version 2.1(a) vom 21. 09. 2007) bzw. Gas (Version 2.0(a) vom 11. 05. 2007) so konzipiert, dass sie für eine mindestens europaweite Anwendung geeignet sind und zugleich die vertragliche Beziehung zwischen den Handelspartnern inhaltlich ausgewogen und fair regeln. Damit stellen die Verträge einen neutralen Vorschlag dar, der die Handelspartner davon entbindet, die Besonderheiten eines individuell konzipierten Vertrages vollumfänglich zu prüfen. Insofern bietet sich der Abschluss eines EFET-Vertrages nicht nur bei längerfristigen Handelsbeziehungen an, sondern kann bereits als ausreichende, sichere und schnell abzuschließende Vertragsgrundlage dienen, wenn (zunächst) nur eine Lieferung angestrebt ist.


Gleichwohl scheuen sich gerade (kleinere) Energieversorgungsunternehmen davor, einen EFET-Vertrag abzuschließen; sie halten ihn für zeitaufwendig, mühsam und risikobehaftet – allerdings zu Unrecht!

Umfang und Vertragssprache

Auf den ersten Blick lässt der EFET-Vertrag wegen seines Umfanges von über 50 Seiten – und in englischer Sprache gefasst – eine langwierige und schwierige Vertragsprüfung und -verhandlung vermuten. Doch tatsächlich beschränkt sich der Verhandlungsspielraum nur noch auf die wenigen Seiten des „Election Sheet“, d. h. auf die Anpassungsvereinbarung. Zudem existiert inzwischen sowohl für den EFET-Vertrag für Strom als auch für den EFET-Vertrag für Gas eine nicht-offizielle Übersetzung (abrufbar gewöhnlich unter: http://www.efet.org, Link: Standardisation > Legal – EFET Standard Contracts and Documentation > Translations). Diese werden auch immer häufiger von deutschsprachigen Handelspartnern verwendet.

Mehrstufiger Aufbau

Oftmals ungewohnt ist zudem der verschachtelte Aufbau der EFET-Verträge. Dabei ähneln sie letztlich den (individuellen) Rahmenverträgen für Strom oder Gas, die typischerweise von den größeren Konzernen vorgelegt werden. Diese bestehen regelmäßig aus dem Rahmenvertrag, in dem die allgemeinen Regelungen für die Lieferung und Abnahme von Energie geregelt sind, sowie der Einzelvereinbarung mit den wesentlichen Konditionen (z. B. Menge, Lieferzeitpunkt, Preis) der einzelnen Transaktion. Beim EFET-Vertrag ist lediglich eine weitere Stufe, die sog. Anpassungsvereinbarung, zwischengeschaltet. Auch die EFET-Verträge sind als Rahmenvertrag konzipiert; sie setzen sich aus den folgenden Elementen zusammen:

  • Der Rahmenvertrag, auch „General Agreement“ genannt, ist der standardisierte, nicht abänderbare Hauptvertragsteil, in dem die wesentlichen, dauerhaft geltenden Bedingungen der Handelsbeziehung geregelt werden, wie z. B. der Vertragsgegenstand, die Leistungspflichten, die Kündigungsrechte usw. Hier sind also die Rechte und Pflichten der Vertragspartner vollumfänglich und ausgewogen enthalten.
  • In der dazugehörenden Anpassungsvereinbarung, dem „Election Sheet“, können die Parteien ihre individuellen Änderungen bzw. Ergänzungen zum Vertragstext des Hauptteils vornehmen und auf diese Weise ihre individuellen Bedürfnisse und wirtschaftlichen Gegebenheiten zur Vertragsgrundlage machen. Hier können die Vertragspartner also den (vorformulierten) Vertragstext des General Agreements so ändern bzw. ergänzen, dass er die Bedürfnisse der individuellen Handelsbeziehung, ausgehend von einem ausgewogenen Standarddokument, passgenau abbildet.
  • Der eigentliche Abschluss erfolgt dann für die jeweiligen Einzeltransaktionen durch Einzelverträge, die mit der sog. „Confirmation“ bestätigt werden können. Da sämtliche konfliktträchtigen Abreden zwischen den Handelspartnern bereits vorab verbindlich im General Agreement und Election Sheet geregelt worden sind, beschränken sich die Einzelverträge nur noch auf die wesentlichen Elemente der Transaktion, d. h. auf das zu liefernde Produkt, die Liefermenge, den Preis und den Lieferzeitpunkt. Hier werden also nur noch die Eckdaten der Transaktionen bestätigt, ohne dass eine weitere juristische Prüfung und/oder Verhandlung erfolgt.
  • Hinzu kommen – je nach Bedarf – noch weitere Anhänge, z. B. der Allowances Appendix für den Handel mit Emissionsberechtigungen oder besondere Bestimmungen für bestimmte Handelspunkte, die sog. Hub-spezifischen Anhänge (z. B. für den Handel am niederländischen TTF, am österreichischen VTP oder im Gaspool-Marktgebiet).

Inhaltliche Besonderheiten

Die EFET-Verträge für Strom und Gas weisen inhaltliche Unterschiede auf. Die Abweichungen beruhen vor allem auf den Unterschieden der Produkte Strom und Gas und beziehen sich vorrangig auf die Lieferung, die Messung und den Transport. Die übrigen Unterschiede (z. B. zum Umfang der Haftungsbeschränkung, zum Kündigungsrecht bei langanhaltender höherer Gewalt, zur Abtretung) resultieren aus den praktischen Erfahrungen der Marktteilnehmer aus der Verwendung des – zeitlich früher erschienenen und genutzten – EFET-Vertrages für Strom.

Außerdem – und hierauf sollten gerade deutsche Unternehmen achten – ist in den EFET-Verträgen das anwendbare Recht abweichend geregelt. Während der EFET-Vertrag für Strom die Handelsbeziehung standardmäßig der deutschen Rechtsordnung (wenn auch im Election Sheet abänderbar) unterstellt, sieht der EFET-Vertrag für Gas die deutsche Rechtsordnung nur als Option vor und erklärt standardmäßig das englische Recht als für die Handelsbeziehung maßgeblich. Da dies aber im Election Sheet abänderbar ist, sollten dies deutsche Energieversorger auch regelmäßig (zwingend) tun.

Die Vorteile gegenüber individuellen Vertragskonstruktionen

Soll die bereits auf Basis eines EFET-Vertrages bestehende Lieferbeziehung ausgebaut werden, können weitere Lieferungen unproblematisch in die bereits bestehende Vertragsbeziehung integriert werden – es genügt der Abschluss eines Einzelvertrages.

Einen weiteren Vorteil bietet der EFET-Vertrag: Er folgt dem „Single-Agreement-Konzept“, d. h. alle Elemente des Vertragswerkes bilden eine Einheit, so dass eine einheitliche Auslegung ermöglicht wird. Bei etwaigen Widersprüchen zwischen Rahmen- und Einzelvertrag gehen aber die Regelungen in den Einzelverträgen vor. (Positive) Folge des „Single-Agreement-Konzept“ ist zudem, dass im Falle der Kündigung die gesamte Vertragsbeziehung aufgelöst und die Berechnung eines Beendigungsbetrages ermöglicht wird.

Schließlich sieht der EFET-Vertrag noch weitere Schutzmechanismen vor: Er enthält Regelungen zur Absicherung der Forderungen aus Einzelverträgen. Diese erlauben es den Parteien nicht nur, am Anfang der Handelsbeziehung Sicherheiten von der anderen Partei zu fordern, sondern auch im weiteren Verlauf, wenn – zuvor festgelegte – Parameter darauf hindeuten, dass der Ausfall eines Handelspartners zu befürchten steht.

Fazit

Damit überwiegen insgesamt die Vorteile der standardisierten EFET-Verträge gegenüber individuellen Vertragskonstruktionen. Der EFET-Vertrag ermöglicht einen schnellen, unkomplizierten und kostengünstigen Abschluss von Handels-, aber auch reinen (Einzel-) Liefergeschäften. Zugleich kann er ein gutes Mittel zur Vereinheitlichung und Vereinfachung des Vertragsmanagements sein.

 

Dr. Ines Zenke

Rechtsanwältin, Fachanwältin für Verwaltungsrecht, Partner Becker Büttner Held, Berlin
 

Dr. Claudia Fischer

Rechtsanwältin Becker Büttner Held, Berlin
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