10.09.2013

Hochwasserschutzbeschleunigungsgesetz

Hochwasserschutzmaßnahmen schneller realisieren!

Hochwasserschutzbeschleunigungsgesetz

Hochwasserschutzmaßnahmen schneller realisieren!

Bis zum nächsten \"Jahrhunderhochwasser\" müssen keine 100 Jahre vergehen. | © M. Klawitter - Fotolia
Bis zum nächsten \"Jahrhunderhochwasser\" müssen keine 100 Jahre vergehen. | © M. Klawitter - Fotolia

Wie wichtig vorbeugende Hochwasserschutzmaßnahmen sind, hat das Hochwasserereignis vom Mai/Juni 2013 deutlich gezeigt. Der Beitrag erläutert die Inhalte der gemeinsamen Gesetzesinitiative der Freistaaten Sachsen und Bayern zum Entwurf eines Hoch­wasser­schutz­be­schleuni­gungs­ge­setzes (HWSBG). Als Fazit wird festgestellt, dass die Herausforderungen der tendenziell steigenden Hochwasserabflüsse und zunehmende Häufigkeiten nur bewältigt werden können, wenn das vorhandene Rechtsinstrumentarium nicht nur optimiert, sondern auch konsequent vollzogen wird.

Rekordmarken und enorme Schäden

Das Hochwasserereignis vom Mai/Juni 2013 führte zu enormen Schäden. Baden-Württemberg, Bayern, Brandenburg, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen waren von der Hochwasserkatastrophe betroffen. Katastrophenalarm wurde vor allem in Bayern, Sachsen und Sachsen-Anhalt ausgerufen. So wurde beispielsweise in Bayern südlich der Donau an zahlreichen Stellen Hochwassermarken, welche statistisch einmal in 100 Jahren auftreten (sog. HQ 100), übertroffen. Neue Rekordmarken wurden gesetzt. In Passau wurde am 3. 6. 2013 ein neuer Rekordpegelstand von 12,90 m mit einem geschätzten Abfluss von ca. 10.100 m³/s erreicht. Diese Rekordmarke hat den Wasserstand aus dem Jahr 1501 übertroffen. In der Folge kam es zu schweren Überschwemmungen und vereinzelt zu Deichbrüchen.

Die Schäden an Wohnhäusern, Gebäuden, Gewerbe- und Industriebetrieben sowie öffentlichen Infrastrukturen und in der Land- und Forstwirtschaft sind gravierend. Nach ersten Schätzungen hat das Hochwasser in Bayern Schäden in Höhe von insgesamt rund 1,3 Milliarden Euro verursacht. An staatlichen Hochwasserschutzeinrichtungen, wie Dämme, Deiche oder Messstationen, sind bayernweit Schäden von rund 111 Millionen entstanden (Bayerische Staatsregierung, Pressemitteilung vom 07. 08. 2013).


Hochwasserschutzeinrichtungen haben sich bewährt

Trotz der großen Schäden ist festzustellen, dass sich die Investitionen der vergangenen Jahre in den Hochwasserschutz in Bayern ausgezahlt haben. Neu gebaute Hochwasserschutzanlagen haben auch dem außerordentlichen Hochwasser standgehalten. Moderne technische Schutzsysteme aus Deichen, Mauern und mobilen Elementen bieten soliden Schutz. Beispielsweise trat in München die Isar nicht über das Ufer, weil durch ein geschicktes Hochwasserrückhaltemanagement am Sylvensteinspeicher die Abflussspitze in München deutlich gemindert werden konnte. Überschwemmungsgebiete und Polder zeigten als Rückhalträume ihre fundamentale Bedeutung für einen vorsorgenden Hochwasserschutz.

Zu Schäden und Katastrophen kam es in dem Bereich alter Schutzanlagen, die noch nicht dem aktuellen Stand der Technik entsprachen. Ebenso hat der im Hinblick auf den Klimawandel eingeführte sogenannte „Klimafaktor“, wonach bei der Bemessung neuer Hochwasserschutzeinrichtungen ein 15 % Zuschlag anzusetzen ist, sich als richtig und zukunftsweisend bestätigt (Art. 44 Abs. 2 BayWG).

Rechtliche Instrumente vorhanden – zügige Durchsetzung präventiver Hochwasserschutzmaßnahmen entscheidend

Das Wasserrecht verfügt insbesondere mit der Festsetzung von Überschwemmungsgebieten (§ 76 WHG), der vorläufigen Sicherung solcher Flächen (§ 76 Abs. 3 WHG und Art. 47 BayWG) und dem Hochwasserrisikomanagement mit Gefahrenkarten, Risikokarten und Risikomanagementplänen (§§ 73 bis 75 WHG, Art. 45 BayWG) grundsätzlich über geeignete und ausreichende Instrumente, um einen wirksamen Schutz vor den Hochwassergefahren zu bewirken. Allerdings ist in der Praxis festzustellen, dass die Realisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen insbesondere sehr viel Zeit in Anspruch nimmt. Die Gründe hierfür sind vielfältig, angefangen von aufwendigen Verwaltungsverfahren, unterschiedlichen Interessenslagen bei Betroffenen und Nutznießern bis hin zu finanziellen und personellen Kapazitäten. Für die zügigere Realisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen liegen mit dem Entwurf eines Hochwasserschutzbeschleunigungsgesetzes nunmehr Änderungsvorschläge auf dem Tisch, die eine wesentliche Verbesserung bewirken und deshalb näher beleuchtet werden sollen.

Entwurf Hochwasserschutzbeschleunigungsgesetz (HWSBG)

Der gemeinsame Gesetzesantrag der Freistaaten Sachsen und Bayern für ein Gesetz zur Beschleunigung von Hochwasserschutzmaßnahmen (Hochwasserschutzbeschleunigungsgesetz – HWSBG) zielt darauf ab, den Bau und die Planung von Maßnahmen des öffentlichen Hochwasserschutzes weiter zu beschleunigen. Der Gesetzentwurf ist unter der Bundesrats-Drucksache 568/13 vom 2. Juli 2013 veröffentlicht. Im Wesentlichen werden sechs Änderungsvorschläge unterbreitet, die sich sowohl auf die Verwaltungsgerichtsordnung als auch auf das Wasserhaushaltsgesetz beziehen. Rechtsschutzmöglichkeiten für öffentliche Hochwasserschutzmaßnahmen sollen gestrafft und zu Gunsten des Hochwasserschutzes im WHG verfahrensrechtliche Modifikationen vorgenommen werden. Der Gesetzentwurf enthält im Einzelnen folgende Änderungen:

Erstinstanzliche Zuständigkeit des VGH bzw. OVG bei überörtlichen Hochwasserschutzmaßnahmen

Eine erstinstanzliche Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs bzw. des Oberverwaltungsgerichts soll für Streitigkeiten, die Planfeststellungsverfahren für Maßnahmen des öffentlichen Hochwasserschutzes von überörtlicher Bedeutung betreffen, begründet werden. Hierzu wird vorgeschlagen in den Katalog von § 48 Abs. 1 Satz 1 VwGO eine neue Nr. 10 aufzunehmen (vgl. Art. 1 Nr. 2 HWSBG-Entwurf). Dadurch wird die Prüfung in der Hauptsache bei überörtlichen Maßnahmen des öffentlichen Hochwasserschutzes auf eine gerichtliche Tatsacheninstanz reduziert. Zudem würde gem. § 152 Abs. 1 VwGO die Beschwerdemöglichkeit nach § 146 VwGO entfallen. Die Begründung des Gesetzesvorschlags verweist auf die grundlegende Funktion und Wirkungsweise öffentlicher Hochwasserschutzmaßnahmen von überörtlicher Bedeutung, die eine erstinstanzliche Zuständigkeit beim VGH bzw. OVG im Hinblick auf den Schutz von Leib, Leben und bedeutenden Sachwerten rechtfertigen (vgl. BR-Drs. 568/13, S. 3.).

Mit der Eingrenzung auf Maßnahmen des öffentlichen Hochwasserschutzes von überörtlicher Bedeutung wird sichergestellt, dass nicht jede Hochwasserschutzmaßnahme der erstinstanzlichen Zuständigkeit des VGH bzw. OVG unterfällt, sondern nur solche mit besonderer Funktion und herausgehobener Wichtigkeit. Die Definition der überörtlichen Bedeutung ist ausweislich der Begründung zum Gesetzesvorschlag dem Begriff des § 38 BauGB angelehnt, sodass die hierzu ergangene Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bei der Auslegung entsprechend herangezogen werden kann. Eine überörtliche Hochwasserschutzmaßnahme ist stets gegeben, wenn z. B. Damm- und Deichbauten sowie Rückhaltebecken sich auf das Gebiet mindestens zweier Gemeinden erstrecken oder Hochwasserschutzvorhaben, die nur in einer Gemeinde errichtet werden, sich jedoch auf mindestens zwei Gemeinden, sei es positiv wie negativ, auswirken können. Die Gesetzesbegründung erweitert die beispielhaft aufgeführten Anwendungsfälle entsprechend für Großgemeinden mit Blick auf wenigstens zwei betroffene Gemeindeteile. Hierbei handelt es sich um Gemeinden mit einer großen flächenhaften Ausdehnung, bei denen eine „überörtliche Wirkung“ von Hochwasserschutzmaßnahmen bereits auf der Ebene der Gemeindeteile besteht.

Die besondere Zuständigkeit gilt nicht für Maßnahmen des Hochwasserschutzes, die allein aus privatnützigen Zwecken vorgenommen werden. Nur Maßnahmen des öffentlichen Hochwasserschutzes werden erfasst. Unter Maßnahmen des öffentlichen Hochwasserschutzes werden alle gewässerverändernden Maßnahmen mit positiven Auswirkungen des Ablaufs der Hochwasserwelle verstanden, die zum Wohl der Allgemeinheit bezweckt sind. Beispielhaft führt die Gesetzesbegründung hierzu Deich- und Dammbauten, gesteuerte Flutpolder, Notentlastungsräume, Hochwasserrückhaltebecken, Talsperren oder Maßnahmen zur Steigerung der natürlichen Retention durch Aufweitung von Flussräumen. Die Gesetzesbegründung betont ausdrücklich, dass nicht nur bauliche Maßnahmen erfasst werden sollen, sondern auch insbesondere die Aufweitung von Flussräumen (vgl. Begründung zu Artikel 1, BR-Drs. 568/13, S. 3.).

Gesetzliche Anordnung der sofortigen Vollziehung für öffentliche Hochwasserschutzmaßnahmen

Die Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss oder eine Plangenehmigung für eine Maßnahme des öffentlichen Hochwasserschutzes soll zukünftig keine aufschiebende Wirkung entfalten. Hierzu soll neben weiteren modifizierenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen in § 70 WHG ein neuer Absatz 2 eingefügt werden, der unter Nr. 3 die sofortige Vollziehung für öffentliche Hochwasserschutzmaßnahmen gesetzlich anordnet (vgl. Art. 2 Nr. 2 Buchstabe a HWSBG-Entwurf). Mit einer solchen Regelung würde für Planfeststellungsbeschlüsse und Plangenehmigungen die aufschiebende Wirkung von Anfechtungsklagen gegen Vorhaben des öffentlichen Hochwasserschutzes kraft Gesetzes entfallen (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO). Bislang ist die sofortige Vollziehung durch die Planfeststellungs- bzw. Plangenehmigungsbehörde anzuordnen und umfassend zu begründen. Für den Verwaltungsvollzug würde diese Änderung eine deutliche Erleichterung darstellen, die in Anbetracht der dem Allgemeinwohl dienenden und schützenden Funktion von Hochwasserschutzmaßnahmen ohne weiteres gerechtfertigt werden kann.

Monatsfrist für Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung

Gleichzeitig mit der gesetzlichen Anordnung der sofortigen Vollziehung soll eine Monatsfrist für einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO eingeführt werden (vgl. Art. 2 Nr. 2 Buchstabe a HWSBG-Entwurf unter § 70 Abs. 2 Nr. 3 Sätze 2 bis 5 WHG neu). Ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO wäre somit innerhalb eines Monats ab Zustellung des Bescheids bzw. ab Kenntnis neuer Tatsachen bei Gericht zu stellen und zu begründen. Darauf ist in der Rechtsbehelfsbelehrung hinzuweisen. Diese Vorgaben für den einstweiligen Rechtsschutz sind nicht neu, sondern bestehen bereits in Bezug auf Bundeswasserstraßen (vgl. § 14e Abs. 2 Sätze 2 bis 4, Abs. 4 WaStrG), Bundesfernstraßen (§ 17 e Abs. 2 Sätze 2 bis 4, Abs. 4 FStrG), Eisenbahnbetriebsanlagen (§ 18 e Abs. 2 Sätze 2 bis 4, Abs. 4 AEG), Hochspannungsfreileitungen und Gasversorgungsleitungen (§ 43 e Abs. 1 Sätze 2 bis 4, Abs. 2 EnWG). Die vorgeschlagenen Regelungen orientieren sich an dem Regelungsmodell des Gesetzes zur Beschleunigung von Planungsverfahren für Infrastrukturvorhaben vom 9. Dezember 2006 (BGBl S. 2833). Maßnahmen des vorbeugenden Hochwasserschutzes sind von der Bedeutung für den Schutz von Leib, Leben, Infrastruktureinrichtungen und Sachwerten mit den vorgenannten Infrastruktureinrichtungen mindestens gleichwertig, so dass die Beschränkungen des einstweiligen Rechtsschutzes in der Sache angemessen sind. Zudem kann angeführt werden, dass der Realisierung vorgenenannten Infrastruktureinrichtungen die verwaltungsprozessualen Beschleunigungsmöglichkeiten zu Gute kommen, aber beim Schutz gegen Hochwassergefahren solcher Infrastruktureinrichtungen bislang nicht die gleichen verwaltungsprozessualen Regeln gelten.

Eine Straffung der verwaltungsprozessualen Möglichkeiten ist erforderlich, um schneller Klarheit über die Rechtmäßigkeit der Genehmigungsentscheidung für eine Hochwasserschutzmaßnahme zu erhalten. Hierbei gilt es zu bedenken, dass die Genehmigungsentscheidung regelmäßig am Ende eines aufwendigen Verwaltungsverfahrens unter Einbeziehung der Öffentlichkeit und Betroffener steht und nach den gesetzlichen Vorgaben auf einer ausgewogenen Abwägungsentscheidung beruht. Eine Beschleunigung bei der Realisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen kann dadurch erreicht werden, dass nach Durchführung der erforderlichen Verwaltungsverfahren die unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben getroffenen Genehmigungsentscheidungen für Hochwasserschutzprojekte möglichst zügig gerichtlich überprüft werden. Dies wird durch die verwaltungsprozessualen Änderungen des HWSBG erreicht, weil Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutz zeitnah binnen einiger Monate eine Aussage über die Realisierungsmöglichkeit eines Hochwasserschutzvorhabens erwarten lassen. Zudem bleibt eine Überprüfung im Rahmen des Hauptsacheverfahrens unberührt.

Neben den verwaltungsprozessualen Änderungen enthält der Entwurf des HWSBG mehrere Änderungen im Wasserhaushaltsgesetz, die insbesondere auf verfahrensrechtliche Modifikationen abzielen. Vorbild für die verfahrensrechtlichen Änderungen sind insbesondere § 109 Niedersächsisches Wassergesetz vom 19. 2. 2010 (Nds. GVBl S. 64) und § 83 Sächsisches Wassergesetz in der Neufassung vom 12. 07. 2013 (Sächsisches GVBl S. 503).

Erweiterung des sog. Küstenschutzprivilegs

Für Deich- und Dammbauten, die den Hochwasserabfluss beeinflussen, sowie für Gewässerausbaumaßnahmen, die der Verbesserung des Hochwasserschutzes dienen, soll das sog. Küstenschutzprivileg des § 68 Abs. 2 Satz 2 WHG entsprechend gelten. Dies soll durch einen weiteren Satz in § 68 Abs. 2 WHG festgelegt werden (Art. 2 Nr. 1 HWSBG-Entwurf). Für Bauten des Küstenschutzes, für die nach dem UVPG keine Verpflichtung zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht, können die Länder die Pflicht für eine Gestattung oder Anzeige selbst festlegen (§ 68 Abs. 2 Satz 2 WHG). Dieses Privileg für Bauten des Küstenschutzes soll auf Maßnahmen des öffentlichen Hochwasserschutzes erweitert werden. Diese Änderung in Form einer weiteren Länderoptionsklausel ist im Bundesrecht erforderlich, weil § 68 WHG eine abschließende nicht mehr ergänzungsbedürftige Regelung für die präventive Kontrolle und Zulassung von Gewässerausbauten oder der ihnen gleichgestellten Deich- und Dammbauten einschließlich der Bauten des Küstenschutzes darstellt (Drost, Das neue Wasserrecht, Loseblatt, Stand Januar 2013, WHG, § 68, Rdnr. 7). Folglich besteht für die Länder keine Regelungskompetenz mehr (Art. 72 Abs. 1 GG), soweit nicht der Bund eine weitere Öffnung, wie dies im HWSBG vorgeschlagen wird, vornimmt. Es handelt sich nur um eine weitere Länderoptionsklausel, die entsprechende landesrechtliche Regelungen erst ermöglicht. Für die gewünschte Beschleunigung und Verfahrenserleichterung von nicht-uvp-pflichtigen Hochwasserschutzmaßnahmen, bedarf es entsprechenden landesrechtlichen Regelungen.

Straffe Fristvorgaben

Die Beteiligung Träger öffentlicher Belange und die Veranlassung der Auslegung des Plans durch die Gemeinden sollen noch zügiger erfolgen. Hierzu sind straffe Fristvorgaben als modifizierende Verfahrensbestimmungen in einem neuen Absatz 2 des § 70 WHG vorgesehen (vgl. Art. 2 Nr. 2 Buchstabe a HWSBG-Entwurf). Binnen zwei Wochen anstatt einem Monat soll nach Zugang vollständiger Antragsunterlagen die Behörden, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird, zur Stellungnahme aufgefordert werden und gleichzeitig soll veranlasst werden, dass der Plan in den Gemeinden, in denen sich das Vorhaben auswirkt, ausgelegt wird (§ 73 Abs. 2 VwVfG). Die zu setzende Frist zur Abgabe einer Stellungnahme nach § 73 Absatz 3a Satz 1 VwVfG wird von drei auf zwei Monate verkürzt. Die stringenteren Fristvorgaben bringen die hohe Priorität der Vorgänge zum Ausdruck und sind ein weiterer Schritt zur Verfahrensbeschleunigung. Durch die Fristvorgaben werden bestehende Mitwirkungsmöglichkeiten, insbes. eine frühzeitige Beteiligung, Information und Einbindung der Öffentlichkeit, die für die Akzeptanz von Hochwasserschutzprojekten wesentlich ist, nicht geschmälert.

„Verfahrensfreiheiten“ ermöglichen

Für Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung sowie die Wiederherstellung von Deich- und Dammbauten auf der vorhandenen Trasse auf dem aktuellen Technikniveau wird die wasserrechtliche Verfahrensfreiheit klargestellt (vgl. neuer § 70 Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe c und Nr. 2 WHG in Art. 2 Nr. 2 Buchstabe a HWSBG-Entwurf). Der Verzicht auf ein Planfeststellungsverfahren wird für Planänderungen von unwesentlicher Bedeutung verbindlich vorgegeben. Für öffentliche Hochwasserschutzmaßnahmen wird § 76 Abs. 2 VwVfG (bzw. die entsprechende landesrechtliche Vorschrift) durch die beabsichtigte Modifizierung im Wasserhaushaltsgesetz verdrängt.

Eine Planfeststellung oder eine Plangenehmigung soll zudem nicht erforderlich sein, soweit es sich um die Wiederherstellung von Deich- und Dammbauten auf der vorhandenen Trasse in einen den allgemein anerkannten Regeln der Technik entsprechenden Zustand handelt. Der Gesetzentwurf präzisiert den Fall der vorhandenen Trasse dahingehend, dass auch ein solcher vorliegt, wenn aufgrund technischer Bestimmungen die Aufstandsfläche oder Kubatur des Deiches oder Dammes größer wird, soweit die Linienführung als solche nicht geändert wird. Konkret wird auf die Notwendigkeit von Deichverteidigungswegen oder die Anpassung des Freibord im Gesetzesvorschlag Bezug genommen. Bei diesen Vorschlägen handelt es sich primär um Klarstellungen, die bestehende Rechtsunsicherheiten im Verwaltungsvollzug beseitigen würden. Genehmigungserfordernisse nach anderen Rechtsvorschriften, wie z. B. aufgrund des Naturschutzrechts, bleiben unberührt (vgl. Begründung zu Nr. 2, BR-Drs. 568/13, S. 4).

Fazit: konsequenter Vollzug entscheidend

Als Fazit kann festgestellt werden, dass die im Entwurf des HWSBG enthaltenen Änderungen zur Stärkung des vorbeugenden Hochwasserschutzes und einer beschleunigten Realisierung erforderlich sind. Mit Spannung darf das Gesetzgebungsverfahren erwartet werden. Selbstverständlich beleuchtet das HWSBG nur den Teilaspekt einer schnelleren Realisierung von Hochwasserschutzmaßnahmen. Daneben könnte auch das bestehende Rechtsinstrumentarium des Hochwasserschutzes verbessert werden. Schlagwortartig seien hier nur ein weitreichender Schutz von Entlastungflächen, Stärkung des Belangs Hochwasserschutz gegenüber anderen Belangen, restriktiverer Umgang mit Ausnahmemöglichkeiten von Überschwemmungsgebieten oder Zeitvorgaben für Unterschutzstellungen von geeigneten Flächen zu nennen. Bei allen Optimierungen und Verbesserungen am rechtlichen Instrumentarium des Hochwasserschutzes ist der konsequente Vollzug die Messlatte für einen wirksamen Hochwasserschutz. Insofern ist es zu begrüßen, dass beispielsweise Bayern sein Hochwasserschutzbauprogramm verdoppelt hat. Der Finanzrahmen des neuen Aktionsprogramms 2020 plus beträgt insgesamt 3,4 Milliarden Euro. Zudem wurde das Personal im Wasserbau mit 150 Stellen
bis 2022 aufgestockt (vgl. Bayerische Staatskanzlei, Pressemitteilung vom 17. 06. 2013), um die erforderlichen Voraussetzungen für eine wirksame Umsetzung von Hochwasserschutzmaßnahmen zu gewährleisten. Die Herausforderungen der tendenziell steigenden Hochwasserabflüsse und zunehmende Häufigkeiten können nur bewältigt werden, wenn das vorhandene Rechtsinstrumentarium optimiert und konsequent vollzogen wird.

Hinweis der Redaktion: Der Beitrag gibt die private Auffassung des Verfassers wieder.

 

Marcus Ell

LL.M. (Lüneburg), Regierungsdirektor, stellvertretender Referatsleiter Wasserrecht, Bodenschutzund Altlastenrecht im Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Gesundheit, München
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