15.02.2011

Gute Führung für Unternehmen des Bundes


Seit Mitte 2010 gilt auch hier der Public Corporate Governance Kodex


Gute Führung für Unternehmen des Bundes


Seit Mitte 2010 gilt auch hier der Public Corporate Governance Kodex


PCGK-Bund: Verhaltenskodex nicht nur für börsennotierte Unternehmen. | © pedro ferreira - Fotolia
PCGK-Bund: Verhaltenskodex nicht nur für börsennotierte Unternehmen. | © pedro ferreira - Fotolia

Bereits seit Mitte des Jahres 2010 gilt der „Public Corporate Governance Kodex des Bundes“ (PCGK-Bund). Damit sollen eine gute Unternehmensführung, Effizienz und Transparenz für staatliche Unternehmen erreicht werden. Da der Jahresabschluss zum 31.12.2010 der erste nach Inkraftsetzung des PCGK-Bund ist, ist die darin vorgesehene Entsprechenserklärung von besonderer Aktualität.

Hintergrund


Kennzeichen guter Corporate Governance sind eine funk­tionsfähige Leitung, die Wahrung der Interessen der verschiedenen Stakeholder, die zielgerichtete Zusammenarbeit des Leitungs- und des Überwachungsorgans, Transparenz in der Unternehmenskommunikation, ein angemessener Umgang mit Risiken und die Ausrichtung der Entscheidungen der Leitung auf eine langfristige Wertschöpfung.

Der von der Regierungskommission vorgelegte „Deutsche Corporate Governance Kodex“ richtet sich an Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter Gesellschaften. Diese müssen gemäß § 161 Aktiengesetz (AktG) jährlich erklären, ob den Verhaltensempfehlungen des „Deutschen Corporate Governance Kodex“ entsprochen wurde bzw. Abweichungen erklären („comply or explain“). Zwar sollen auch andere Unternehmen den Kodex beachten („Ausstrahlungswirkung“), für nicht börsennotierte Unternehmen, an denen der Bund beteiligt ist, sah die Bundesregierung jedoch eine Regelungslücke. Diese soll der vom Bundesministerium der Finanzen erarbeitete und am 01.07.2009 von der Bundesregierung verabschiedete „Public Corporate Governance Kodex des Bundes“ (PCGK-Bund) schließen. In dessen Anwendungsbereich fallen alle Unternehmen, an denen die Bundesrepublik Deutschland beteiligt ist (PCGK-Bund unter 1.1). Dabei ist der Begriff des Unternehmens entsprechend dem Zweck und der Zielsetzung des PCGK-Bund weit zu verstehen. Neben den Kapitalgesellschaften fallen hierunter auch andere juristische Personen des Privatrechts und des öffentlichen Rechts, deren Gegenstand ein gewerblicher oder sonstiger wirtschaftlicher Betrieb ist oder die einen solchen überwiegend umfassen. Unter Beteiligung ist jede kapitalmäßige, mitgliedschaftliche oder ähnliche Beteiligung des Bundes zu verstehen, die eine Dauerbeziehung zu dem Unternehmen begründen soll.


Aus dem Wortlaut des PCGK folgt, dass auch die Vermögensverwaltung unter die „sonstigen wirtschaftlichen Betriebe“ fällt. Zu denken ist hierbei insbesondere an Unternehmen mit großen land- und forstwirtschaftlichen Besitzungen sowie wesentlichen Industriebeteiligungen. Ausdrücklich richtet sich der PCGK-Bund nämlich auch an Konzerne, die von einem Unternehmen, an dem der Bund mehrheitlich beteiligt ist, geführt werden.

Der PCGK-Bund richtet sich an Unternehmen, bei denen der Bund eine Mehrheitsbeteiligung hat. Bei einer Minderheitsbeteiligung wird die Beachtung des PCGK-Bund lediglich „empfohlen“.

Entsprechenserklärung


Leitungs- und Überwachungsorgane einer wirtschaftlichen Einheit, die unter den PCGK-Bund fallen, haben jährlich zu erklären, dass dessen Empfehlungen entsprochen wurde oder werden bzw. Abweichungen sind nachvollziehbar zu begründen.

Diese Erklärung ist auf der Internetseite oder im elektronischen Bundesanzeiger dauerhaft öffentlich zugänglich zu machen und als Teil des Corporate Governance Berichts zu veröffentlichen (PCGK-Bund unter 1.4).

Zusammenwirken von Geschäftsleitung und Überwachungsorgan


Gute Führung ist von guter Information abhängig. So ist die ausreichende Informationsversorgung des Überwachungs­organs gemeinsame Aufgabe von Geschäftsleitung und Überwachungsorgan (PCGK-Bund unter 3. 1. 3). Inhalt und Turnus der Berichtspflichten sollten sich an § 90 AktG orientieren. Die Ausgestaltung sollte im Rahmen einer Geschäftsordnung näher festgelegt werden.

Entscheidungsnotwendige Unterlagen, insbesondere der Jahresabschluss, ggfs. die Jahresrechnung und evtl. Prüfungsbericht sollen den Mitgliedern des Überwachungsorgans rechtzeitig vor der beschließenden Sitzung zugeleitet werden.

Leitungsorgan


Das Leitungsorgan trägt die originäre Verantwortung für die Leitung und ist dabei an den Zweck und den Gegenstand der wirtschaftlichen Einheit gebunden. Auf deren Grundlage entwickelt das Leitungsorgan die strategische Ausrichtung, stimmt diese mit dem Überwachungsorgan ab und sorgt für deren Umsetzung (PCGK-Bund unter 4. 1. 1). Außerdem hat das Leitungsorgan für die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen und internen Richtlinien zu sorgen
(Compliance), vgl. PCGK-Bund unter 4. 1. 2. Auch für ein angemessenes Risikomanagement und Risikocontrolling hat das Leitungsorgan zu sorgen (PCGK-Bund unter 4. 1. 3).

Das Leitungsorgan soll aus mindestens zwei Personen bestehen (PCGK-Bund unter 4. 2. 1). Eine vom Überwachungsorgan zu genehmigende Geschäftsordnung sollte Geschäftsverteilung und die Zusammenarbeit in der Geschäftsleitung regeln. Diese kann auch eine Sprecherin bzw. einen Sprecher der Geschäftsleitung bestimmen (PCGK-Bund unter 4. 2. 2).

Der PCGK-Bund weist auf die Angemessenheit der Vergütung (PCGK-Bund unter 4. 3. 1) sowie die Verpflichtung der Mitglieder auf den Satzungszweck hin (PCGK-Bund unter 4. 4. 2). Daraus folgt ein Verbot der Annahme von Vergünstigungen von Dritten (PCGK-Bund unter 4. 4. 2) sowie die Pflicht zur Mitteilung von Interessenkonflikten (PCGK-Bund unter 4. 4. 3). Nebentätigkeiten sollen Mitglieder der Geschäftsleitung nur mit Zustimmung des Überwachungs­organs ausüben (PCGK-Bund unter 4. 4. 4).

Überwachungsorgan


Dem Überwachungsorgan ist die Aufgabe zugeordnet, die Geschäftsleitung bei der Führung regelmäßig zu beraten und zu überwachen. Gegenstand der Überwachung ist die Ordnungsmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und die Wirtschaftlichkeit der Geschäftsleitungsentscheidungen, insbesondere aber auch die Satzungsmäßigkeit (PCGK-Bund unter 5. 1. 1). Das Überwachungsorgan ist in Entscheidungen von grundlegender Bedeutung einzubinden.

Die Mitglieder des Überwachungsorgangs sollen zunächst nicht länger als drei Jahre bestellt werden. Eine Wiederbestellung vor Ablauf eines Jahres vor dem Ende der Amtsperiode bei gleichzeitiger Aufhebung der laufenden Bestellung soll nur aus zwingenden Gründen erfolgen (PCGK-Bund unter 5. 1. 2). Sofern nicht die Satzung eine Geschäftsordnung vorsieht, soll sich das Überwachungsorgan eine solche geben (PCGK-Bund unter 5. 1. 3). Aufgabe des Vorsitzenden des Überwachungsorgans ist die Koordination der Arbeit, Geschäftsleitung und die Wahrnehmung der Belange des Organs nach außen zugeordnet (PCGK-Bund unter 5. 1. 4). Ein Alleinentscheidungsrecht sollen jedoch weder der Vorsitzende noch einzelne Mitglieder haben (PCGK-Bund unter 5. 1. 4).

Regelmäßige Kontakte und Information


Der Vorsitzende des Überwachungsorgans soll mit der Geschäftsleitung regelmäßig Kontakt halten und mit ihr die Strategie, Geschäftsentwicklung und das Risikomanagement des Unternehmens beraten. Darüber hinaus definiert der PCGK-Bund einen unverzüglichen Informationsanspruch des Vorsitzenden des Überwachungsorgans über wichtige Ereignisse, die für die Beurteilung der Lage und Entwicklung sowie für die Leitung des Unternehmens von wesentlicher Bedeutung sind. Hierüber soll der Vorsitzende die übrigen Mitglieder des Überwachungsorgans unterrichten und erforderlichenfalls eine außerordentliche Sitzung einberufen (PCGK-Bund unter 5. 1. 5).

Der PCGK-Bund empfiehlt – in Abhängigkeit von den Verhältnissen im Einzelfall – die Einrichtung von fachlich qualifizierten Ausschüssen, in denen bestimmte Sachthemen behandelt werden (PCGK-Bund unter 5. 1. 6). Dabei soll ein Prüfungsausschuss (Audit Committee) eingerichtet werden, der sich mit Fragen der Rechnungslegung und des Risikomanagements, der erforderlichen Unabhängigkeit des Abschlussprüfers, der Erteilung des Prüfungsauftrags und der Bestimmung von Prüfungsschwerpunkten unter Honorarvereinbarung befasst (PCGK-Bund unter 5. 1. 7). Die Entscheidungskompetenz soll jedoch dem Plenum des Überwachungsorgans vorbehalten bleiben (PCGK-Bund unter 5. 1. 8).

Die Mitglieder des Überwachungsorgans sollen über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen Erfahrungen verfügen und hinreichend unabhängig sowie angesichts ihrer beruflichen Beanspruchung in der Lage sein, die Aufgaben eines Mitglieds des Überwachungsorgans wahrzunehmen; dabei soll auch auf eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen hingewirkt werden (PCGK-Bund unter 5. 2. 1). Außerdem soll eine angemessene Altersgrenze festgelegt werden (PCGK-Bund unter 5. 2. 2).

Zusammenfassung und Ausblick


Der Public Corporate Governance Kodex des Bundes richtet sich vor allem an Unternehmen mit Mehrheitsbeteiligungen des Bundes. Er ist jedoch auch auf Unternehmen mit vergleichbarer wirtschaftlicher Aktivität, z. B. Stiftungen oder Körperschaften des öffentlichen Rechts anwendbar. Der PCGK-Bund enthält Empfehlungen für das Verhalten von Mitgliedern des Leitungs- bzw. Überwachungsorgans.

Der Erfolg bei diesem Verhaltenskodex bestimmt sich – wie bei allen vergleichbaren Regelungen – jedoch nach seiner Verbreitung und vor allem, ob die Regelungen auch mit Überzeugung angewendet werden. Wichtig ist dies bei Unternehmen mit einer Mehrheitsbeteiligung der öffent­lichen Hand besonders deshalb, weil dort die „unsichtbare Hand“ des Kapitalmarkts als Ordnungsmacht ausscheidet.

Hinweis der Redaktion: Zum selben Thema siehe auch: Prof. Dr. Jan Schürnbrand in PUBLICUS 2010.1.

 

Prof. Dr. Claus Koss

Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Hochschule Regensburg
n/a