15.03.2014

Frauen in der Kommunalpolitik

Zahlen und Fakten zur Frage: Wie repräsentativ ist unsere Demokratie?

Frauen in der Kommunalpolitik

Zahlen und Fakten zur Frage: Wie repräsentativ ist unsere Demokratie?

Frauen in Kommunalparlamenten: Das halbvolle Glas füllt sich nach und nach. | © Matthias Buehner - Fotolia
Frauen in Kommunalparlamenten: Das halbvolle Glas füllt sich nach und nach. | © Matthias Buehner - Fotolia

Die anstehenden Kommunalwahlen in 10 Bundesländern im Jahr 2014 sind ein guter Zeitpunkt, um den aktuellen Frauenanteil in den kommunalen Gremien zu reflektieren und zudem einen Blick auf die jüngste Historie zu werfen.

Begonnen werden soll jedoch mit der Zielmarge, an der sich der Anteil der Frauen in den Bundes-, Landes- und auch kommunalen Gremien orientieren sollte.

Diese wird definiert durch den im Grundgesetz manifestierten Grundsatz einer repräsentativen Demokratie, woraus sich ergibt, dass angesichts des in der Bundesrepublik vorhandenen Frauenanteils in der Bevölkerung von 51% sich dieser auch in den Parlamenten widerspiegeln müsste. Denn eine repräsentative Demokratie setzt voraus, dass in den demokratisch gewählten Parlamenten nach Möglichkeit die Gewählten ein repräsentatives Abbild der Bevölkerung darstellen sollten.


Von diesem Ziel sind wir, trotz vielfältiger Bemühungen in den letzten Jahrzehnten den Frauenanteil betreffend, zwar noch immer weit entfernt, aber man sollte hier weniger auf das halbvolle Glas schauen, sondern vielmehr sehen, wie sehr es sich in den vergangenen Jahren mehr und mehr gefüllt hat.

Ein kurzer Blick zurück

Daher zunächst ein kurzer Blick auf die Entwicklungen der letzten drei Jahrzehnte.

Von 1983 bis zur letzten Bundestagswahl im vergangenen Jahr ist der Frauenanteil im Bundestag beispielsweise von 9,8 % auf 36,3 % angestiegen. Von den insgesamt 631 Abgeordneten sind mithin mittlerweile 229 Frauen.

Legt man die von Bundestagswahl zu Bundestagswahl erfolgte Steigerungsrate von jeweils 4-5 % zu Grunde und erstellt man auf dieser Basis eine Prognose, kann man davon ausgehen, dass wir bei gleich bleibender Entwicklung im Jahr 2028 bei dem angestrebten Anteil von 51 % weiblicher Abgeordneter liegen werden.

In den Länderparlamenten stellen sich die Steigerungsraten des Frauenanteils zum Teil noch deutlich positiver dar, wenngleich festgehalten werden muss, dass es große Unterschiede zwischen den einzelnen Bundesländern gibt.

Der Frauenanteil beträgt beispielsweise im Landtag von Bremen seit der Wahl im Jahr 2011 41 %, gefolgt von Rheinland-Pfalz mit 39,6 % und dem Saarland mit 39,2 %. Die Schlusslichter im Vergleich der weiblichen Landtagsabgeordneten bilden Hessen mit 26,3 % und Baden-Württemberg mit 19,6 %.

Es ist sicherlich kein Zufall, dass gerade in Rheinland-Pfalz und dem Saarland nicht nur viele Frauen im Landtag sitzen, sondern dort auch Frauen als Ministerpräsidentinnen regieren.

Frauenanteil in den kommunalen Gremien

Weniger deutlich als auf Bundes- und Landesebene ist die Steigerung des Frauenanteils in den kommunalen Gremien ausgefallen. Der bundesweite Durchschnitt des Frauenanteils seit den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2009 liegt bei lediglich 26 % und hat damit immer noch deutlich den Zielwert von 51 % verfehlt. Die Bundesländer Hessen (23,3 %), Niedersachsen (22,6 %) und Brandenburg (22,5 %) nehmen bei der Gegenüberstellung der Bundesländer in Bezug auf den Frauenanteil Vorreiterrollen ein. Anders sieht es in Rheinland-Pfalz (16 %), Bayern (18,4 %) und Sachsen (19,3 %) aus.

In Baden-Württemberg liegt der Frauenanteil seit den letzten Kommunalwahlen im Jahr 2009 bei 22 %. Im Jahr 1989 lag er noch bei 13,2 %. Die Steigerungsrate, die sich hier innerhalb von 20 Jahren vollzogen hat, führt mithin zu einer anderen Prognose als für den Bundestag berechnet. Bei gleich bleibender Steigerungsrate müssten hier weitere 60 Jahre vergehen, bis im Jahre 2069 in den kommunalen Parlamenten Baden-Württembergs der Frauenanteil von 51 % erreicht wäre.

Ein ähnliches Bild zeichnet sich ab, wenn man die Zusammensetzung der Kreisparlamente betrachtet. Auch hier sind die Frauen deutlich unterrepräsentiert. Die vordersten Plätze im bundesweiten Vergleich nehmen hier die Bundesländer Hessen (31,8 %), NRW (29 %) und Niedersachsen (26,8 %) ein. Auf den hinteren Plätzen stehen Baden-Württemberg (16 %), Sachsen (16 %) und Sachsen-Anhalt (18,5 %).

In Baden-Württemberg lag der Frauenanteil in den Kreisparlamenten im Jahr 2004 bei 15,4 %, im Jahr 2009 bei 16 %. Hier konnte mithin innerhalb von fünf Jahren lediglich ein Anstieg von 0,6 % verzeichnet werden.

Die auf Baden-Württemberg bezogenen statistischen Zahlen waren der ausschlaggebende Grund für die Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen Ludwigsburg, um sich verstärkt mit dem Thema „Frauen in der Kommunalpolitik“ zu befassen und nach Ursachen und Lösungsstrategien zu suchen.

Ursachen und Lösungsstrategien

Antworten auf die Frage, warum sich immer noch vergleichsweise wenig Frauen in den kommunalen Wahlämtern befinden, gibt es viele. Im Folgenden sollen nur einige davon benannt werden.

Manche der Ursachen liegen auf der Hand. So besteht beispielsweise für Mütter die Problematik, die Arbeit, die Erfordernisse von Kinderbetreuung und das kommunale Ehrenamt unter einen Hut bekommen zu müssen.

Hier gibt es dankenswerterweise bereits innovative Kommunen, die Modelle entwickelt haben, um den Frauenanteil in ihren Gremien zu fördern. So wurden beispielsweise die Sitzungszeiten von den späten Abendstunden wegverlegt, Kinderbetreuung während der Gemeinderatssitzung angeboten oder es werden die Kosten für eine erforderliche Kinderbetreuung während der Sitzungszeiten übernommen. In Sachen Kinderbetreuung ist man mithin bereits sensibilisiert und vorangekommen.

Anders sieht es beim Wahlverhalten der Wählerinnen und Wähler aus. Hierin liegt eine weitere eindeutige Ursache für den geringen Frauenanteil. Die Wählerinnen und Wähler entscheiden sich erwiesenermaßen eher dafür, den Männern ihre Stimme zu geben als den Frauen. Dies belegt unter anderem das Wahlverhalten im Jahr 2009. In den Gemeinde- und Stadträten betrug der Anteil der Frauen, die sich zur Wahl stellten, 28,7 %, der Anteil der gewählten Frauen jedoch lediglich 22 %. Beim Vergleich der Kreistagswahl fällt dieser Vergleich noch deutlicher aus. Im Jahr 2009 kandidierten hier 26,8 % Frauen, unter den gewählten Personen befinden sich aber nur 16 % Frauen. Somit zeigt sich, dass das klassische, traditionelle Rollenbild in der Gesellschaft nach wie vor verankert ist. Eine weitere Ursache für den geringen Frauenanteil stellt möglicherweise die geringe Anzahl von weiblichen Vorbildern dar.

Aus diesem Grund hat die Hochschule für öffentliche Verwaltung Ludwigsburg im Jahr 2013 den Wettbewerb „Vorbilder – Frauen in der Kommunalpolitik“ ins Leben gerufen, bei dem haupt- und nebenamtlich engagierte Kommunalpolitikerinnen von einer hochrangig besetzten Jury ausgewählt und in einer öffentlichkeitswirksamen Veranstaltung geehrt werden. Mit diesem Wettbewerb sollen Frauen als potentielle Vorbilder sichtbar gemacht werden, um damit anderen Frauen Vorbild zu geben und diese zu ermutigen, in kommunalen Gremien mitzumischen oder aber als Bürgermeisterin Karriere zu machen.

Von Seiten der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen wird zudem der Bedarf gesehen, die Frauen auf ihr Amt in einem Parlament vorzubereiten und zu begleiten. Aus diesem Grund ist es wichtig, den Frauen spezielle Weiterbildungsangebote zu offerieren, die ihnen die Arbeit in den Gremien erleichtert oder erst ermöglicht. So sind Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen oftmals zu still und zu bescheiden in ihrem Tun. Sie präsentieren ihr erfolgreiches Handeln weniger öffentlichkeitswirksam als Männer, die es verstehen, sich bei den von ihnen besetzten Themen pressewirksam zu positionieren. Frauen nutzen die Methode der öffentlichen Werbung zu wenig. Das führt im Umkehrschluss wieder dazu, dass sie weniger häufig gewählt werden.

Unterschiedliche Sichtweisen – bessere Entscheidungen

Wir benötigen unstreitig mehr Frauen in den kommunalen Gremien, denn hier werden die Entscheidungen getroffen, die das tägliche Leben bestimmen. Diese Entscheidungen betreffen alle Bürger – Männer, Frauen, Familien. Eine gute Mischung der Geschlechter fördert den Erfolg der kommunalen Gremienarbeit durch unterschiedliche Sichtweisen.

In wenigen Wochen werden wir eine Antwort auf die Frage erhalten, in welchem Umfang bei den Kommunalwahlen 2014 ein Anstieg des Frauenanteils erfolgen wird.

Seien wir gespannt darauf.

 

Dr. Claudia Stöckle

Rektorin der Hochschule für öffentliche Verwaltung und Finanzen, Ludwigsburg
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