15.08.2015

Energieaudits ab 2015

„Unternehmen” der öffentlichen Hand sind in der Pflicht

Energieaudits ab 2015

„Unternehmen” der öffentlichen Hand sind in der Pflicht

Seit 22. April 2015 sind große Unternehmen zur regelmäßigen Durchführung von Energieaudits verpflichtet. | © Coloures-pic - Fotolia
Seit 22. April 2015 sind große Unternehmen zur regelmäßigen Durchführung von Energieaudits verpflichtet. | © Coloures-pic - Fotolia

Am 22. April 2015 sind die Änderungen des Energiedienstleistungsgesetzes (EDL-G) in Kraft getreten, mit denen die Energieeffizienzrichtlinie 2012/27/EU in deutsches Recht umgesetzt wurde. Seither sind große Unternehmen zur regelmäßigen Durchführung von Energieaudits verpflichtet. Die Regelungen erfassen in besonderem Maße die öffentliche Hand, für die einige Besonderheiten gelten.

Alle vier Jahre

Nach §§ 8 ff i.V.m. 1 Nr. 4 EDL-G müssen alle Unternehmen, die kein Kleinstunternehmen bzw. kein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) i.S.d. Empfehlung der Kommission 2003/361/EG sind, erstmals bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit erstellen lassen und anschließend alle vier Jahre wiederholen. Ein Energieaudit ist ein systematisches Verfahren zur Erlangung von Informationen über das Energieverbrauchsprofil, zur Ermittlung und Quantifizierung der Möglichkeiten für wirtschaftliche Energieeinsparungen und zur Erfassung der Ergebnisse in einem Bericht. Die erfassten Unternehmen sind von der Pflicht zur Durchführung eines Energieaudits befreit, wenn sie bis zum Stichtag entweder ein zertifiziertes Energiemanagementsystem oder ein Umweltmanagementsystem eingeführt haben.

Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) wird künftig als Aufsichtsbehörde Stichprobenkontrollen zur Durchführung der Energieaudits durchführen. Ein nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig durchgeführtes Energieaudit kann mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 € geahndet werden. Das BAFA hat am 13. 05. 2015 ein „Merkblatt für Energieaudits” veröffentlicht, das für die Unternehmen die Gesetzesanwendung erleichtern soll.


Erfasste Unternehmen

Die Auditierungspflicht gilt nur für große Unternehmen i.S.d. Kommissionsempfehlung (Nicht-KMU). Als Unternehmen gilt danach jede Einheit, unabhängig von ihrer Rechtsform, die eine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt. Der aus den beiden Merkmalen „Einheit” und „wirtschaftliche Tätigkeit” bestehende Unternehmensbegriff ist nach allgemeiner Ansicht in jeder Hinsicht weit zu verstehen. Insbesondere für die öffentliche Hand ergeben sich in diesem Zusammenhang einige Besonderheiten.

Einheit …

In seinem Merkblatt geht das BAFA von einem durchaus engeren Verständnis des Unternehmensbegriffs aus, indem es auf „jede rechtlich selbständige” Einheit abstellt, „die aus handels- und/oder steuerrechtlichen Gründen Bücher führt und bilanziert”. Bei kommunalen Unternehmen sei „jede organisatorisch selbständige Einheit” verpflichtet, auf eine eigene Rechtspersönlichkeit komme es nicht an; diese Sichtweise kommt vor allem der Kommunalwirtschaft entgegen, auch wenn m.E. die (europa-)rechtliche Grundlage dafür fehlt.

Wesentliche der öffentlichen Hand zur Verfügung stehende Organisationsformen erfüllen die genannten Voraussetzungen, namentlich Eigenbetriebe, Anstalten des öffentlichen Rechts, Zweckverbände und Gesellschaften des privaten Rechts. Nach ausdrücklicher Lesart des BAFA sind dagegen Regiebetriebemangels hinreichender Selbständigkeit nicht erfasst.

… und wirtschaftliche Tätigkeit

Entscheidend ist, dass eine Einheit einer wirtschaftlichen Tätigkeit nachgeht. Wirtschaftlich ist jede Tätigkeit, die darin besteht, Güter oder Dienstleistungen auf einem bestimmten Markt anzubieten. Eine Gewinnerzielungsabsicht ist nicht erforderlich. Eine lediglich vorübergehende oder gelegentliche Teilnahme am Wirtschaftsleben genügt nach Ansicht des BAFA nicht.

Anerkannt ist, dass die Ausübung von Hoheitsgewalt keine wirtschaftliche Tätigkeit darstellt. Für den öffentlichen Sektor ist somit die Abgrenzung zwischen wirtschaftlicher und hoheitlicher Tätigkeit entscheidend. Maßgeblich ist der Kernbereich der wahrgenommenen Aufgabe. Das BAFA zieht zur Abgrenzung die Grundsätze des § 4 Körperschaftsteuergesetz (KStG) heran. Dies ist gut vertretbar, weil diese für die wirtschaftliche Betätigung der öffentlichen Hand zentrale Steuernorm wirtschaftlich tätige „Betriebe gewerblicher Art” von „Hoheitsbetrieben” unterscheidet. Hilfreich für die Praxis: Angesichts der Bedeutung dieser Vorschrift finden sich in der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung umfangreiche Darstellungen zu den relevanten Abgrenzungsfragen. Das BAFA hat in sein Merkblatt eine exemplarische Liste hoheitlicher Tätigkeiten i.S.v. § 4 KStG aufgenommen, dort werden u. a. genannt: Abfallbeseitigung, Abwasserbeseitigung, Ämter (soweit staatliche Aufgaben erfüllt werden), Feuerwehr, Friedhofsverwaltung, Klärwerke, Polizei, Schulen, Straßenbeleuchtung, Straßenreinigung.

Für sog. gemischt-wirtschaftliche Aktivitäten, d. h. die Ausübung von sowohl wirtschaftlichen als auch hoheitlichen Tätigkeiten durch eine Einrichtung, z. B. Wasserversorgung und Abwasserentsorgung, ergibt sich aus § 4 Abs. 5 KStG, dass die Tätigkeiten getrennt zu behandeln sind; können sie nicht eindeutig voneinander abgegrenzt werden, kommt es darauf an, welche Tätigkeit überwiegt. Das BAFA-Merkblatt geht einen etwas anderen Weg, indem es von vornherein auf diejenige Tätigkeit abstellt, die überwiegend wahrgenommen wird. Nur dann, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit überwiege, soll sich die Pflicht zur Durchführung eines Energieaudits auf diese Tätigkeit erstrecken, nicht jedoch auf die hoheitlichen Aufgaben der Einrichtung. Voraussetzung sei zudem, dass die Bereiche „klar und organisatorisch” getrennt seien und der Energieverbrauch der wirtschaftlichen Tätigkeit „erfassbar und zuordenbar” sei.

Hinweis: Für kommunale Unternehmen kommt es nicht auf die in einigen Gemeindeordnungen vorgenommene Unterscheidung zwischen wirtschaftlicher und nichtwirtschaftlicher Tätigkeit an (vgl. z. B. § 107 GO NRW, § 136 NKomVG, § 102 GO BW). Kommunale Unternehmen in den Bereichen Kultur (z. B. Museen, Theater, Stadthallen), Sport und Erholung (z. B. Bäder, Zoos), Gesundheit und Soziales (z. B. Krankenhäuser, Senioren- und Behindertenheime), Tourismusförderung sowie Messe- und Ausstellungswesen sind zwar in diesem Sinn nichtwirtschaftlich tätig, typischerweise liegen aber keinehoheitliche Tätigkeiten i.S.v. § 4 KStG vor. Dienen solche Unternehmen gemeinnützigen Zwecken, ändert sich die Beurteilung nicht.

KMU-Definition

Nachdem feststeht, dass eine Tätigkeit der öffentlichen Hand durch ein Unternehmen ausgeübt wird, ist zu klären, ob es sich bei dem Unternehmen um kein KMU i.S.d. Kommissionsempfehlung handelt.

Nicht zu den KMU gehören Unternehmen, die mindestens 250 Personen beschäftigen oder die, sofern sie weniger als 250 Personen beschäftigen, mindestens 50 Mio. EUR Jahresumsatz erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf mindestens 43 Mio. EUR beläuft.

Beachte: Nicht-KMU sind aber auch Unternehmen, wenn 25 % oder mehr ihres Kapitals oder ihrer Stimmrechte direkt oder indirekt von einer oder mehreren öffentlichen Stelle/n kontrolliert werden. Ausnahme: Dies gilt nicht, wenn an einem Unternehmen eine Gebietskörperschaft mit einem Jahreshaushalt von weniger als EUR 10 Mio. und weniger als 5.000 Einwohnern, eine Universität oder ein Forschungszentrum ohne Gewinnzweck oder ein institutioneller Investor (z. B. ein regionaler Entwicklungsfonds) beteiligt ist. Somit ist festzuhalten, dass eine Vielzahl von Unternehmen mit Beteiligung der öffentlichen Hand – unabhängig von ihrer Größe – als Nicht-KMU gelten.

Fazit

Unternehmen der öffentlichen Hand müssen besonders genau prüfen, ob sie von der Verpflichtung zur Durchführung eines Energieaudits betroffen sind. Sind sie (überwiegend) wirtschaftlich und nicht hoheitlich tätig und liegt kein Sonderfall (z. B. Beteiligung einer Kleinst-Kommune) vor, trifft sie die gesetzliche Verpflichtung, erstmals bis zum 5. Dezember 2015 ein Energieaudit durchzuführen.

 

Dr. Carsten E. Beisheim

Rechtsanwalt, Partner, Gesellschaftsrecht
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