15.12.2013

Elektromobilität in Deutschland

Kommunen können wichtige Anreize setzen

Elektromobilität in Deutschland

Kommunen können wichtige Anreize setzen

Die Zukunft der Elektromobilität – Kommunen haben großes Gestaltungspotential. | © Petair - Fotolia
Die Zukunft der Elektromobilität – Kommunen haben großes Gestaltungspotential. | © Petair - Fotolia

Bei der Entwicklung der Elektromobilität kommt den Kommunen entscheidende Bedeutung zu. Nach den Plänen der Bundesregierung übernehmen die Kommunen beim Aufbau der öffentlichen und öffentlich zugänglichen Ladeinfrastruktur eine wichtige Rolle. Außerdem können Kommunen im Rahmen ihres eigenen Wirkungskreises wichtige Anreize zur Entwicklung der Elektromobilität setzen. Dieser Beitrag gibt einen Überblick über die kommunalen Handlungsmöglichkeiten. Hierzu sollen die wesentlichen Handlungsfelder – Ladeinfrastruktur und Straßenverkehr – beleuchtet werden.

Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge

Die Kommunen haben umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten, um auf die Errichtung und den Betrieb von Ladeinfrastruktur einzuwirken. Beispielsweise haben Kommunen die Möglichkeit, diese Leistungen förmlich auszuschreiben. So hat das Land Berlin im vergangenen Jahr als erste „Kommune“ die Errichtung und den Betrieb von Ladeinfrastruktur in ihrem Stadtgebiet ausgeschrieben (ABl.-EU 2012/S 206– 339170). Berlin hat sich dabei dafür entschieden, das Vergabeverfahren in Form eines wettbewerblichen Dialoges durchzuführen. Hiervon hat man sich eine größere Flexibilität und Technologieoffenheit versprochen. Diese Verfah­rensart ermöglicht es der Vergabestelle, gemeinsam mit den Bietern in Verhandlungen ein sinnvolles Konzept für die ausgeschriebene Leistung zu entwickeln. Allerdings ist dieses Vergabeverfahren, wohl auch infolge der doch umfangreichen Verhandlungen, bis heute nicht abgeschlossen. Gleichwohl sollte das Projekt Schule machen, da es den Kommunen einen strukturierten und dem Wettbewerb einen transparenten und fairen Aufbau der Ladeinfrastruktur ermöglicht.

Eine weitere Gestaltungsmöglichkeit der Kommunen ergibt sich aus ihrer Funktion als Genehmigungsbehörde. Zwar ist die Errichtung von Ladeinfrastruktur – auch im öffentlichen Verkehrsraum – bauordnungsrechtlich verfahrensfrei. Die Errichtung und der Betrieb einer Ladeinfrastruktur stellt sich jedoch als über den Gemeingebrauch der Straße hinausgehende Sondernutzung dar. Es bedarf daher grundsätzlich einer straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis, die, im Rahmen der Verwaltungsverfahrensgesetze, mit Nebenbestimmungen versehen werden kann. Allerdings ist zu beachten, dass sich die Nebenbestimmungen vor allem auf solche Vorgaben beschränken müssen, aufgrund derer die Sondernutzungserlaubnis auch hätte versagt werden können. Selbst gut gemeinte Vorgaben, beispielsweise zum ausschließlichen Vertrieb so genannten „Ökostroms“, sind deshalb, streng genommen, nicht zulässig.


Kommunale Satzungshoheit

Die Gemeinden haben ferner umfangreiche Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen ihrer kommunalen Satzungshoheit. Durch Satzung können örtliche Bauvorschriften erlassen und hierdurch die äußere Gestaltung baulicher Anlagen (z. B. Farbe, Ausmaße etc.) näher bestimmt werden. Außerdem kann die Gemeinde im Rahmen von Sondernutzungssatzungen Einfluss auf die Ladeinfrastruktur nehmen. Darin können beispielsweise Erleichterungen für die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Ladeinfrastruktur oder zur Gebührenreduzierung vorgesehen werden. Ferner hat die Gemeinde die Möglichkeit, im Rahmen einer Stellplatzsatzung weitere Anreize zur Entwicklung „elektrifizierter Parkplätze“ zu setzen. Dies kann etwa dadurch erfolgen, dass die Gemeinde in diesem Fall eine Abweichung vom üblichen Stellplatzschlüssel vorsieht. Sie könnte aber auch konkret vorgeben, dass eine bestimmte Anzahl an Parkplätzen zwingend mit entsprechenden Vorrichtungen für Ladeinfrastruktur zu versehen ist.

Bauleitplanung

Schließlich kann die Gemeinde den Ausbau der Ladeinfrastruktur dadurch steuern, dass sie diesen zum Gegenstand ihrer Bauleitplanung macht. Zwar finden sich heute im Festsetzungskatalog des Baugesetzbuches (noch) keine expliziten Festsetzungstatbestände hierzu. Es erscheint jedoch vertretbar, Ladeinfrastruktur bereits heute als „untergeordnete Nebenanlagen und Einrichtungen“ in Bebauungsplänen festzusetzen. Im Übrigen bietet sich stets das Instrument der städtebaulichen Verträge an. Auch hierdurch können bindende Vereinbarungen für private Investoren aufgegeben werden um sicherzustellen, dass bei der Ausweisung neuer Baugebiete die Entwicklung der Elektromobilität angemessene Berücksichtigung findet.

Elektromobilität im Straßenverkehr

Neben der erforderlichen Infrastruktur für Elektrofahrzeuge stellen Maßgaben zum Straßenverkehr die zweiten wesentlichen Handlungsmöglichkeiten der Gemeinde dar. Dabei geht es, anders als im Falle der Infrastruktur, vor allem um die Schaffung rechtlicher Rahmenbedingungen, die von den Kommunen dann für Anreize zur Entwicklung der Elektromobilität genutzt werden können. Um Anreize für die Nutzung von Elektrofahrzeugen zu setzen, kommen Privilegierungen beim Parken ebenso wie im fließenden Verkehr in Betracht. Durch die Ausweisung von Sonderparkflächen und Vergünstigungen bei den Parkgebühren können Elektrofahrzeuge gegenüber herkömmlichen Verbrennungsfahrzeugen bevorzugt werden. Nach den Vorstellungen der Bundesregierung kommt als Privilegierung im fließenden Verkehr die Mitnutzung von Busspuren, Ausnahmen bei Einfahrverboten oder die Schaffung sogenannter „Null-Emissionen-Zonen“ in Betracht.

Privilegierung von Elektrofahrzeugen umstritten

Allerdings sind diese gut gemeinten Privilegierungen nicht unumstritten. Grundsätzlich sind nämlich alle Verkehrsteilnehmer im Rahmen des Gemeingebrauchs bei der Nutzung der öffentlichen Straßenflächen gleich zu behandeln. Diese grundsätzliche „Privilegienfeindlichkeit des Straßenverkehrs“ wurde bislang nur in wenigen Ausnahmefällen durchbrochen (beispielsweise Behinderten- und Anwohnerparkplätze). Allerdings zeigen die sogenannten „Umweltzonen“ und die Rechtsprechung hierzu auch, dass Beschränkungen des Gemeingebrauchs zu Lasten einzelner Nutzergruppen unter dem Gesichtspunkt des Umwelt- und Naturschutzes sehr wohl gerechtfertigt sein können.

Die wesentliche Grundvoraussetzung zur Privilegierung von Elektrofahrzeugen im Straßenverkehr ist eine einheitliche Kennzeichnung der privilegierten Fahrzeuge. Ohne eine solche Kennzeichnung lassen sich Privilegierungen in der Praxis, etwa die Überwachung der Sonderparkflächen durch Ordnungsbeamte, nicht handhaben. Mit der einheitlichen Kennzeichnung geht ein weiteres Problem einher: die Definition der privilegierten Fahrzeuge. Im Bereich der Elektrofahr­zeuge gibt es eine große Vielfalt an technischen Konzepten. Sie reichen über diverse Hybrid-Elektro-Stufen zum reinen batterie-elektrischen Antrieb und dem Brennstoffzellenantrieb. Die unterschiedlichen Privilegierungen wiederum knüpfen an unterschiedliche Antriebe und die damit einhergehenden Nachteile an, die ausgeglichen werden sollen. So rechtfertigt sich die Vorhaltung von Sonderparkflächen für Ladeinfrastrukturen über die längeren Beladungszeiten. Es versteht sich von selbst, dass ein Brennstoffzellenfahrzeug oder ein nicht extern aufladbares Hybrid-Fahrzeug von dieser Privilegierung ausgenommen sein sollte. Demgegenüber verursacht ein Brennstoffzellenfahrzeug im Unterschied zu extern aufladbaren Elektrofahrzeugen stets keine lokalen Emissionen. Deshalb sollen Brennstoffzellenfahrzeuge in „Null-Emissionen-Zonen“ einfahren können, extern aufladbare Elektrofahrzeuge hingegen nicht.

Kennzeichnung der Elektrofahrzeuge schwierig

Was die rechtlichen Grundlagen zur Kennzeichnung der Elektrofahrzeuge angeht, kommen zwei Regelungsregime in Betracht: Die umweltrechtliche Kennzeichnung auf der Grundlage einer bestehenden oder neuen Verordnung zum BlmSchG und eine verkehrsrechtliche Kennzeichnung durch Ergänzung der Fahrzeug-Zulassungs-Verordnung. Sowohl in ihrem Energiekonzept als auch im Regierungsprogramm Elektromobilität hat die Bundesregierung den Erlass einer Kennzeichnungsverordnung, damals wohl verstanden als 40. Verordnung zum BlmSchG, angekündigt. Einen entsprechenden Entwurf hierzu bleibt die Bundesregierung jedoch bis heute schuldig. Erst jüngst wurden deshalb zwei Bundesratsinitiativen gestartet, die beide Kennzeichnungsvarianten zum Gegenstand haben. Am 25. September 2013 hat das Land Baden-Württemberg eine Entschließung des Bundesrates zur Schaffung von Privilegien für Fahrzeuge mit besonders geringem CO² und Schadstoffausstoß sowie zur Kennzeichnung dieser Fahrzeuge mittels Plaketten eingebracht (BR-Drs. 710/13). Diese Bundesratsinitiative zielt auf eine Änderung der bereits bestehenden 35. Verordnung zum BlmSchG („Umwelt-Plaketten“) ab. Nahezu zeitgleich, nämlich am 03. September 2013, hat die Freie und Hansestadt Hamburg nach Art. 80 Abs. 3 GG einen Verordnungsvorschlag zur Änderung der Fahrzeugzulassungsverordnung mit dem Ziel der Einführung eines „blauen Kennzeichens“ für Elektrofahrzeuge eingebracht (BR-Drs. 672/13). Es bleibt spannend, welche der Initiativen sich letztlich durchsetzen wird. Entscheidend ist aber, dass es, gleich auf welche Weise, zeitnah zu einer rechtsverbindlichen Kennzeichnung der Elektrofahrzeuge kommt.

Schließlich hat die Stadt Hamburg einen weiteren Gesetzesantrag in den Bundesrat eingebracht (BR-Drs. 671/13). Mit diesem Antrag verfolgt sie das Ziel, eine echte Privilegierung von Elektrofahrzeugen beim Parken zu ermöglichen. Bislang fehlt es sowohl zur Ausweisung und Kennzeichnung von Sonderparkflächen für Elektrofahrzeuge als auch für Vergünstigungen bei den Parkgebühren an rechtssicheren Privilegierungstatbeständen im StVG. Der Gesetzesentwurf der Freien und Hansestadt Hamburg sieht vor, dass in § 6 Abs. 1 Nr. 14 StVG ein neuer Buchstabe b) eingefügt wird, der eine Ermächtigung zum Erlass von Park- und Halteregelungen zugunsten von Elektrofahrzeugen schafft. Außerdem soll in § 6a StVG ein neuer Absatz 7 eingefügt werden. Dieser soll eine Ermächtigung zur Schaffung von Stellflächen an Ladestationen schaffen und außerdem die Landesregierungen ermächtigen, in ihren Gebührenordnungen auf der Grundlage von § 6a Abs. 6 Satz 2 StVG Befreiungen bzw. Vergünstigungen für Elektrofahrzeuge vorzunehmen. Mit diesem Gesetzesantrag, der hoffentlich bald erfolgreich sein wird, werden endlich die erforderlichen rechtlichen Rahmenbedingungen geschaffen, um Elektrofahrzeuge im Straßenverkehr zu privilegieren. Auf dieser Grundlage kann ein wichtiger Beitrag zur Entwicklung dieser umweltfreundlichen Antriebstechnologie geleistet werden. Derartige Regelungen werden bereits seit längerer Zeit eingefordert, unter anderem von der jährlich tagenden Verkehrsministerkonferenz.

Fazit

Bereits dieser kurze Überblick zeigt, dass den Kommunen schon heute ein bunter Strauß an Handlungs- und Gestaltungsmöglichkeiten zur Ladeinfrastruktur zur Verfügung steht. Mit Umsetzung der aktuellen Bundesratsinitiativen der Länder Hamburg und Baden-Württemberg wird dies auch bald für den Straßenverkehr der Fall sein. Damit umweltfreundliche Antriebstechnologien eine größere Verbreitung erfahren, bedarf es dann lediglich noch mutiger Entscheider in den einzelnen Gemeinden. Sicher sind nicht nur die Gemeinden alleine verantwortlich für die Entwicklung der Elektromobilität. Sie leisten aber zweifelsohne einen wichtigen Beitrag hierfür. Daneben, und dies kommt oft zu kurz, bieten diese skizzierten Maßnahmen vor allem auch große Vorteile für die Gemeinde selbst. Neben den damit einhergehenden „Öko-Effekten“, bspw. die Reduzierung lokaler Emissionen, kann ein umweltfreundliches Wohnumfeld ein entscheidender Standortfaktor im Wettbewerb mit anderen Gemeinden sein. Dies gilt insbesondere für kleinere Gemeinden in Ballungszentren. Mit innovativen Bauprojekten können dort attraktive Quartiere für moderne Familien und Unternehmen entstehen. Die Elektromobilität ist dabei nur ein Mosaikstein, kann aber der entscheidende sein.

 

Christian Alexander Mayer

Rechtsanwalt, Noerr LLP, München,
Lehrbeauftragter für Umweltrecht & Regulierung (Universität Stuttgart)
n/a