13.03.2017

Ein facettenreiches Thema

Intrinsische und extrinsische Motivation im öffentlichen Sektor

Ein facettenreiches Thema

Intrinsische und extrinsische Motivation im öffentlichen Sektor

Extrinsische und intrinsische Motivation sind durchaus kombinierbar und voneinander abhängig | © Trueffelpix - Fotolia
Extrinsische und intrinsische Motivation sind durchaus kombinierbar und voneinander abhängig | © Trueffelpix - Fotolia

Wie lässt sich die Leistung von Mitarbeitern in öffentlichen Unternehmen aufrechterhalten oder gar steigern? Diese Frage treibt in Zeiten von knappen Kassen, Fachkräftemangel und gesellschaftlichen Herausforderungen viele Entscheidungsträger des öffentlichen Sektors, etwa Geschäftsführer, Personalverantwortliche, Betriebs- und Aufsichtsräte, um. Wissenschaftler sind sich weitestgehend darüber einig, dass die Arbeitsmotivation eines Individuums erheblichen Einfluss auf dessen Leistung hat.

Wie wir in der Ausgabe 10.2014 berichteten, existieren grundsätzlich zwei Pole der Arbeitsmotivation: intrinsische und extrinsische Motivation. Während letztere durch äußere Anreize wie Geld, Anerkennung oder die Vermeidung von Bestrafung erzeugt wird und der mittelbaren Bedürfnisbefriedigung dient, liegt die intrinsische Motivation in der Tätigkeit selbst und dient folglich der unmittelbaren Bedürfnisbefriedigung. Intrinsische Motivation ist unter den Bedingungen des öffentlichen Sektors für die öffentliche Aufgabenerfüllung unabdingbar, da weder umfangreiche Mittel zur extrinsischen Motivation vorhanden sind, noch komplexe Herausforderungen ohne das innere Bekenntnis zur Aufgabe zu meistern sind. Laut den Motivationsforschern Marylène Gagné und Edward L. Deci liegt eine wichtige Einflussgröße in Richtung intrinsischer Motivation darin, dass sich ein Mitarbeiter mit den Aufgaben seiner Organisation identifiziert. Die in der Organisation gelebten Werte stimmen in diesem Fall mit den persönlichen Wertvorstellungen der Mitarbeiter überein und erhöhen so deren Interesse an der erfolgreichen Ausübung der Tätigkeit. Darüber hinaus müssen intrinsisch motivierte Mitarbeiter laut der Selbstbestimmungstheorie nach Edward L. Deci und Richard D. Ryan das Gefühl haben, selbstbestimmt, also ohne Kontrolle von außen, agieren zu können. Nach der Flow-Theorie von Mihaly Csikszentmihalyi entsteht intrinsische Motivation immer dann, wenn der Mensch Freude und Interesse an der Tätigkeit selbst verspürt. Dies ist nur möglich, wenn die Mitarbeiter sich weder über- noch unterfordert fühlen. Eine weitere Quelle intrinsischer Motivation sind nach Denise M. Rousseau die sogenannten psychologischen Verträge, die die Mitarbeiter über den eigentlichen Arbeitsvertrag hinaus implizit eingehen. Basierend auf übereinstimmenden Normen und Werten fühlen sie sich demnach zur Aufgabenerfüllung verpflichtet, wenn sie das Gefühl haben, dass ihr Arbeitgeber seinerseits seine Verpflichtungen ihnen gegenüber erfüllt.

Inzwischen weiß man, dass alle drei Arten der intrinsischen Motivation, also das selbstbestimmte Handeln, der Flow-Effekt basierend auf Freude und Interesse und die wahrgenommene Fairness, in einer engen Wechselwirkung zur extrinsischen Motivation stehen (siehe für einen guten Überblick das Buch von Bruno S. Frey und Margit Osterloh, 2002, Managing Motivation – Wie Sie die neue Motivationsforschung für Ihr Unternehmen nutzen können, 2. Aufl., Wiesbaden: Gabler). So kann einerseits der richtige Einsatz extrinsischer Motivation die intrinsische Motivation verstärken; man spricht vom sogenannten »Verstärkungseffekt«. Andererseits kann extrinsische Motivation auch bereits vorhandene intrinsische Motivation verdrängen, wenn sie den Fokus der Mitarbeiter weg von dem ursprünglichen Interesse an der Tätigkeit und hin zur Erlangung äußerer Anreize lenkt; es tritt der sogenannte »Verdrängungseffekt« ein.


Im öffentlichen Sektor spielt intrinsische Motivation eine besonders große Rolle, da sich die Mitarbeiter hier in besonderem Maße mit den gemeinwohlorientierten Werten ihrer Organisation identifizieren können. Deshalb ist hier auch besonders wichtig, eine Verdrängung durch extrinsische Motivation zu vermeiden. Unter Motivationsforschern wird diese gemeinwohlorientierte Motivation auch als »Public Service Motivation« bezeichnet.

Vor diesem Hintergrund beantwortet der vorliegende Beitrag in den nächsten drei Abschnitten die folgenden Fragen:

  • Was genau steckt hinter dem facettenreichen Begriff der »Public Service Motivation«?
  • Warum und wie kann »Public Service Motivation« durch externe Anreize verdrängt werden?
  • Worauf sollte demnach beim Personalmanagement im öffentlichen Sektor geachtet werden?

Der facettenreiche Begriff der Public Service Motivation

»Public Service Motivation« bezeichnet die uneigennützige Ausrichtung individuellen Handelns an gemeinwohlorientierten Zielen. Sie tritt originär im öffentlichen Sektor auf, ist allerdings nicht auf diesen beschränkt. Wissenschaftler definieren Public Service Motivation auf sehr unterschiedliche Art und Weise, etwa als eine altruistische Form der Motivation, als prosoziale Motivation oder als Bedürfnis, anderen zu helfen und deren Wohlergehen zu steigern. Public Service Motivation entsteht primär aus innerer Überzeugung und nicht durch äußeren Druck oder externe Anreize und ist demzufolge vor allem intrinsischer Natur. Gleichwohl kann Public Service Motivation auch in Einklang mit Elementen der mittelbaren, also extrinsischen, Bedürfnisbefriedigung entstehen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn das Bedürfnis dem Gemeinwohl zu dienen, aus eigennützigen Motiven entsteht. So kann Public Service Motivation für einen Mitarbeiter des öffentlichen Sektors als Mittel zum Zweck dienen, wenn er sich durch seine gemeinwohlorientierte Tätigkeit externe Anreize, wie soziale Anerkennung und Prestige erhofft. Aus diesem Grund bezeichnen manche Wissenschaftler, wie Adrian Ritz, das Konzept der Public Service Motivation zusammengenommen als ein »Fuzzy Set« – also eine unscharfe, nicht eindeutig abgrenzbare Menge an verschiedenen Motivationsformen.

Der Verdrängungseffekt im öffentlichen Sektor

Frühe Motivationsforschung ging davon aus, dass intrinsische und extrinsische Motivation unabhängig voneinander und demzufolge einfach additiv verknüpfbar sind. Wäre dies der Fall, könnten wir Personalverantwortlichen im öffentlichen Sektor empfehlen, einerseits die intrinsische, gemeinwohlorientierte Motivation der Mitarbeiter zu stärken und zur gleichen Zeit extrinsische Anreize durch Belohnung oder Anerkennung zu setzen. Wie die Motivationsforscher Bruno S. Frey und Margit Osterloh in ihren Arbeiten zeigen, kann extrinsische Motivation unter bestimmten Bedingungen jedoch intrinsische Motivation verdrängen. Ob sich dieser Verdrängungseffekt insgesamt negativ auf die Gesamtmotivation der Mitarbeiter auswirkt, hängt zunächst von der Stärke des Effekts ab. Durch externe Anreize, wie Bonuszahlungen oder soziale Anerkennung, steigt in der Regel zunächst die Motivation des Mitarbeiters. Wird jedoch seine originäre intrinsische Motivation dadurch in solch einem Maße verdrängt, dass diese durch einen gewährten externen Anreiz nicht überkompensiert werden kann, fällt der Nettoeffekt negativ aus: Die Gesamtmotivation sinkt.

Dies ist vor allem im öffentlichen Sektor gefährlich. Denn extrinsische Motivation alleine reicht nicht aus, um komplexe Probleme und Aufgaben innovativ bewältigen zu können. Eine passgenaue Steuerung durch extrinsische Anreize insbesondere bei vielschichtigen und diffusen Aufgaben wie sie im öffentlichen Sektor häufig zu finden sind, erscheint kaum möglich. Nichtsdestotrotz sollte das öffentliche Personalmanagement nicht gänzlich auf externe Anreize verzichten. Es ist durchaus möglich, dass extrinsische Anreize eine wichtige Voraussetzung dafür sind, dass intrinsische Motivation überhaupt entsteht beziehungsweise geweckt wird. Doch wie kann Personalmanagement eine intrinsische, auf das Gemeinwohl ausgerichtete Public Service Motivation bei den Mitarbeitern stärken und nicht verdrängen?

Möglichkeiten für das Personalmanagement im öffentlichen Sektor

Zunächst einmal ist es wichtig, schon bei der Personalauswahl darauf zu achten, dass zukünftige Mitarbeiter bereits ein hohes Maß an Gemeinwohlorientierung mit sich bringen. Entsprechende Assessmentcenter können neben fachlichen Qualifikationen die Motivlage der Bewerber abfragen. Klare, transparente Bekenntnisse öffentlicher Organisationen zu ihrer jeweiligen Gemeinwohlausrichtung geben Bewerbern darüber hinaus eine Orientierung und ermöglichen so eine effektive Selbstauswahl im Vorhinein.

Zudem ist es wichtig, externe Anreizsysteme, wie Bonuszahlungen oder Auszeichnungen, mit Bedacht einzusetzen. Haben Mitarbeiter das Gefühl, nur noch für einzelne Teilleistungen belohnt zu werden, birgt es die Gefahr, dass sich deren Leistungsbeitrag nur noch auf gerade diese Tätigkeiten beschränkt. Dies könnte dazu führen, dass ein Individuum nach wie vor eine hohe Public Service Motivation in sich trägt, also unverändert dem Gemeinwohl dienenden Aufgaben nachkommen möchte, sich die Motivlage allerdings insofern verschoben hat, als dass nicht mehr die innere Überzeugung im Vordergrund steht, sondern die Belohnung durch den Vorgesetzten. Führungskräfte sollten daher Belohnungen nur mit Bedacht und nicht als alleinigen Motivator einsetzen. Auch in Feedback-Gesprächen ist es wichtig, dass sie nicht unbeabsichtigt Fehlanreize setzen, indem sie einseitige Anerkennungen aussprechen. Vielmehr sollten sie die Identifikation der Mitarbeiter mit den gemeinwohlorientierten Werten der Organisation stärken, indem sie wichtige Handlungsfelder aufzeigen und Prioritäten setzen.

Ferner ist für die intrinsische Arbeitsmotivation förderlich, wenn die Mitarbeiter eine Ausgeglichenheit zwischen wahrgenommenen Anforderungen und Fähigkeiten verspüren, selbstbestimmt an herausfordernden Zielen arbeiten können und ein Klima gegenseitigen Vertrauens und gegenseitiger Fairness geschaffen wird.

Fazit

Wie der Beitrag zeigt, stellt die Motivation der Mitarbeiter im öffentlichen Sektor ein facettenreiches Thema dar. Möchten wir ein effektives Personalmanagement für Mitarbeiter in öffentlichen Unternehmen gewährleisten, ist es daher besonders wichtig, die dargestellten Aspekte im Beteiligungsmanagement von Bund, Ländern und Kommunen zu berücksichtigen. Diese und andere Fragen stehen im Mittelpunkt der 5. Speyerer Tagung zu Public Corporate Governance mit dem Thema »Anreizsysteme, Personalmanagement und Vergütung in den Unternehmen der Kommunen, des Bundes und der Länder«. Die Tagung wird vom 3. bis 4. April 2017 unter Leitung von Prof.  Dr.  Michèle Morner und Prof.  Dr.  Ulf Papenfuß an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer stattfinden.

Zu den Referenten zählen unter anderem Dr.  Stefan Schulte (Vorstandsvorsitzender Fraport AG) und Christian  Ude
(Oberbürgermeister München a.D.). Darüber hinaus wird bMDg Dr.  Michael  Offer
(Unterabteilungsleiter im Finanzministerium des Bundes) einen Vortrag zu den aktuellen Fragen zur Vergütung und Zielvereinbarungen in Unternehmen mit Bundesbeteiligung halten. Thomas  Bollheimer wird zusammen mit Prof.  Dr.  Michèle  Morner von den Ergebnissen eines Forschungskooperationsprojekts zur Vergütung und Motivation von Mitarbeitern der Stadtwerke berichten.

Weitere Informationen zur Tagung und die Möglichkeit zur Anmeldung sind über die Webseite der Universität Speyer (www.uni-speyer.de) und über das Tagungssekretariat (Tel.: 06232/654-226/-269/-175; Fax: 06232/654-488; E-Mail: tagungssekretariat@uni-speyer.de).

 

Dipl.-Hdl. Bettina Klimke-Stripf

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften, Speyer
 

Univ.-Prof. Dr. Michèle Morner

Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften, Speyer Wissenschaftliches Institut für Unternehmensführung und Corporate Governance (wifucg), Berlin
 

Dipl.-Kffr. Martyna Swiatczak

Wissenschaftliche Beraterin und freie Dozentin, Deutsche Universität für Verwaltungswissenschaften, Speyer
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