08.10.2018

Die Bayerische Grenzpolizei …

ein Novum im Bayerischen Polizeirecht?

Die Bayerische Grenzpolizei …

ein Novum im Bayerischen Polizeirecht?

Die Einführung der Bayerischen Grenzpolizei ist keine Neu-, sondern eine Wiedereinführung. | © Gooseman - Fotolia
Die Einführung der Bayerischen Grenzpolizei ist keine Neu-, sondern eine Wiedereinführung. | © Gooseman - Fotolia

I. Das Gesetz zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei vom 24.7.2018

Am 1.8.2018 ist das „Gesetz zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei“ vom 24.7.2018 (GVBl S. 607) in Kraft getreten. Das politische Projekt zur Einführung einer eigenen Bayerischen Grenzpolizei war in der öffentlichen Diskussion umstritten und von einigen Missverständnissen begleitet. Erstens wurde gefragt, wozu es überhaupt einer eigenen Bayerischen Grenzpolizei bedarf, ist doch die Grenzsicherung Aufgabe des Bundes, genauer der Bundespolizei (vgl. § 2 des Bundespolizeigesetzes (BPolG)). Zweitens zeigt ein Blick in das bislang geltende Bayerische Polizeiorganisationsgesetz (POG), dass es dort nach Art. 4 Abs. 3 bereits eine Regelung für die Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben durch die Landespolizei gab – was sollte das Gesetz vom 24.7.2018 also Neues bringen? Schließlich rief die Einführung einer eigenen Grenzpolizei bei denjenigen Beobachtern des bayerischen Polizeirechts Verwunderung hervor, die sich noch an die bis ins Jahr 1998 geltende Rechtslage erinnerten, die in Art. 5 POG a.F. eine eigenständige Grenzpolizei vorgesehen hatte. In der politischen Diskussion war schnell von „Symbolpolitik“ die Rede; bisweilen war selbst die These von der Verfassungswidrigkeit der Wiedereinführung einer eigenen Bayerischen Grenzpolizei zu vernehmen: Dafür habe der Freistaat Bayern gar keine Gesetzgebungskompetenz (vgl. dazu die Protokolle der ersten und zweiten Lesung im Landtag Nr. 132, 137 vom 15.5. und 11.7.2018). Die nachfolgenden Überlegungen wollen Klarheit in diese Diskussion bringen und vor allem die rechtliche Stellung der Bayerischen Grenzpolizei nach Maßgabe des Gesetzes vom 24.7.2018 analysieren. Dazu wird zunächst ein kurzer Blick auf die jüngere bayerische Polizeirechtsgeschichte gerichtet (II.). Sodann wird die Neuregelung in organisatorischer Hinsicht vorgestellt (III.). In weiteren Abschnitten wird auf die Aufgaben (IV.) und die Befugnisse (V.) der Bayerischen Grenzpolizei eingegangen.

II. Eine eigene Bayerische Grenzpolizei – kein Novum in der Geschichte des bayerischen Polizeirechts

Eine Bayerische Landesgrenzpolizei hatte es bereits von 1919 bis 1934 in Gestalt der Bayerischen Grenzpolizeikommissariate gegeben. Deren Wiedererrichtung erfolgte mit der VA Nr. 72 über die Bildung einer Bayerischen Landesgrenzpolizei im März 1946. Im Polizeiorganisationsgesetz von 1952 war die Grenzpolizei als eigenständige Organisationseinheit der Bayerischen Polizei vorgesehen. Ihr oblag als Aufgabe die Überwachung und der polizeiliche Schutz der Landesgrenzen. Im Hinblick darauf, dass die Sicherung der Bundesgrenzen hauptsächlich Aufgabe des früheren Bundesgrenzschutzes (und heute der Bundespolizei) war (und ist), und angesichts des zunehmenden Wegfalls von Grenzkontrollen infolge der Entwicklung des europäischen Rechts wurde die Grenzpolizei als eigenständige Organisationseinheit neben der Landespolizei im Jahr 1998 durch Aufhebung des früheren Art. 5 POG abgeschafft. Damit war die Bayerische Grenzpolizei zwar ihrer selbständigen organisatorischen Stellung neben der Landespolizei beraubt; sie verschwand jedoch keineswegs aus dem Polizeiorganisationsgesetz. Vielmehr trat an die Stelle des früheren Art. 5 POG der Art. 4 Abs. 3 POG, der bestimmte, dass für die Wahrnehmung der grenzpolizeilichen Aufgaben der Landespolizei ein Präsidium oder das Bayerische Landeskriminalamt zur „Führungsstelle Grenze“ bestimmt werden kann. Art. 4 Abs. 3 POG kannte also weiterhin grenzpolizeiliche Aufgaben, deren Wahrnehmung allerdings der Landespolizei oblag. Innerhalb der Landespolizei erfuhr der Grenzschutz nach Maßgabe des Art. 4 Abs. 3 POG a.F. allerdings insofern eine gewisse Verselbständigung, als eine Führungsstelle für grenzpolizeiliche Aufgaben bestimmt werden konnte.

Dieser Art. 4 Abs. 3 POG a.F. ist nunmehr durch das Gesetz zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei vom 24.7.2018 aufgehoben worden. An dessen Stelle ist (wieder) Art. 5 POG getreten, der bereits bis 1998 Regelungsort der Bayerischen Grenzpolizei als selbständiger Einheit neben der Bayerischen Landespolizei gewesen war. Im Unterschied zur früheren Regelung des Art. 5 POG wird die „neue“ Bayerische Grenzpolizei allerdings nicht als verselbständigte polizeiliche Einheit neben der Landespolizei und der Bereitschaftspolizei konzipiert, sondern als „Teil der Landespolizei“ (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 POG g.F.). Es ist also in der politischen Diskussion zumindest verkürzt, wenn davon die Rede ist, dass es in Bayern nunmehr eine eigene Bayerische Grenzpolizei gebe. Richtig daran ist, dass es innerhalb der Landespolizei eine eigene organisatorische Einheit für die Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben und für den grenzpolizeilichen Fahndungsdienst im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) gibt (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 POG). Es handelt sich dabei jedoch nicht mehr – wie nach dem früheren Art. 5 POG – um eine selbständige Organisationseinheit der Polizei außerhalb der Landespolizei. Dies ist insofern von Bedeutung, als die Grenzpolizei als Teil der Landespolizei nicht auf die Erledigung ihrer grenzpolizeilichen Aufgaben beschränkt ist, sondern grundsätzlich alle polizeilichen Aufgaben im Freistaat Bayern erfüllen kann. Dies ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 POG, wonach die Landespolizei (und damit auch die Grenzpolizei als deren Teil) „im gesamten Staatsgebiet für alle der Polizei obliegenden Aufgaben eingesetzt“ wird. Und es bedeutet umgekehrt, dass auch andere Stellen der Landespolizei im Einzelfall grenzpolizeiliche Aufgaben im Sinn des Art. 5 Abs. 1 Satz 2, Absatz 2 POG wahrnehmen können. Dies wird in Art. 5 Abs. 1 Satz 3 POG ausdrücklich klargestellt. Die Bayerische Grenzpolizei ist als Teil der Landespolizei zwar schwerpunktmäßig und nach Maßgabe der organisatorischen Vorgaben des Art. 5 Abs. 3 POG (vgl. dazu sogleich III.) mit der Wahrnehmung der grenzpolizeilichen Aufgaben sowie der Aufgabe des grenzpolizeilichen Fahndungsdienstes beauftragt (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 POG). Es handelt sich dabei jedoch nicht um eine ausschließliche Zuweisung der grenzpolizeilichen Aufgaben an die Grenzpolizei. Dies wäre – so die Gesetzesbegründung der Staatsregierung (LT-Drs. 17/21859, S. 6) – „gerade aus polizeipraktischen Erwägungen praxisfremd und kontraproduktiv, da auch die übrigen Dienststellen der Landespolizei im Zweifel umfassend handlungsfähig sein müssen“. Hieraus ergibt sich, dass ein der Bayerischen Grenzpolizei zugewiesener Polizeivollzugsbeamter immer auch der Landespolizei zugewiesen ist und daher auch polizeiliche Maßnahmen außerhalb des grenzpolizeilichen Aufgabenbereichs treffen kann, und umgekehrt, dass ein nicht der Bayerischen Grenzpolizei zugewiesener Polizeibeamter im Einzelfall auch Aufgaben grenzpolizeilicher Art erfüllen kann. Die Vollzugsbeamten der Bayerischen Grenzpolizei sind als Vollzugsbeamte der Landespolizei sowohl Polizei im uneingeschränkt-institutionellen Sinne des Art. 1 POG als auch im eingeschränkt-institutionellen Sinne des Art. 1 PAG (zu dieser organisationsrechtlichen Unterscheidung s. Gallwas/Lindner/Wolff, Bayerisches Polizei- und Sicherheitsrecht, 4. Aufl. 2015, Rn. 131 f., Richard Boorberg Verlag). Dieses Regelungskonzept der organisatorischen Zuordnung der Grenzpolizei zur Landespolizei erscheint plausibel: Es dient einerseits angesichts nicht trennscharfer Abgrenzung polizeilicher Aufgabenerfüllung effektiver Gefahrenabwehr im Einzelfall und es ermöglicht andererseits die Bündelung grenzpolizeilicher Kenntnisse und Erfahrungen in speziellen organisatorischen Einheiten. Insofern ist der Vorwurf einer Symbolpolitik unberechtigt. Ein echtes Novum ist die Bayerische Grenzpolizei aber auch nicht.


III. Die organisatorische Gliederung der Bayerischen Grenzpolizei

Die organisatorische Gliederung der Bayerischen Grenzpolizei als Teil der Landespolizei ist in Art. 5 Abs. 3 POG geregelt. Sie gliedert sich nach Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 POG zunächst in die „Direktion der Bayerischen Grenzpolizei“. Diese Direktion, die ihren Sitz in Passau hat, hat die Funktion der „Führungsstelle Grenze“. Sie ist an ein Präsidium (vgl. Art. 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 POG) angegliedert (es handelt sich um das Polizeipräsidium Niederbayern). Bemerkenswert daran ist, dass der Gesetzgeber für den Bereich der Grenzpolizei die nach langer Diskussion abgeschaffte polizeiorganisatorische Kategorie der „Direktion“ wieder einführt. Die Direktionen waren nach früherem Polizeiorganisationsrecht die dem Polizeipräsidium nachgeordneten Einheiten der Polizei und wurden aus Deregulierungsgründen zum Jahr 2009 abgeschafft. Nunmehr wird die Direktion für den Bereich der Grenzpolizei wieder zum Leben erweckt. Der Direktion „Führungsstelle Grenze“ nachgeordnet sind Grenzpolizeiinspektionen und Grenzpolizeistationen (Art. 5 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und 3 POG). Zudem können nach Art. 5 Abs. 3 Satz 2 POG bei Dienststellen der Landespolizei Grenzpolizeigruppen eingerichtet werden. Auch dies ist eine Konsequenz dessen, dass die Grenzpolizei Teil der Landespolizei ist und keine eigenständige Organisationseinheit bildet. Zudem können nach Art. 5 Abs. 3 Satz 3 POG für Fragen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit durch das Staatsministerium des Innern und für Integration Koordinatoren bestellt und Gemeinsame Zentren eingerichtet werden. Die einzelnen Dienststellen werden nach Art. 5 Abs. 4 i.V.m. Art. 4 Abs. 3 POG g.F. durch Rechtsverordnung des Staatsministeriums des Innern und für Integration errichtet.

IV. Aufgaben der Bayerischen Grenzpolizei

Der Aufgabenbereich der Bayerischen Grenzpolizei ist in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 POG normiert. Sie wird „insbesondere für grenzpolizeiliche Aufgaben und die Aufgaben des grenzpolizeilichen Fahndungsdienstes im Sinne des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG eingesetzt“. Nach Art. 5 Abs. 1 Satz 3 POG bleibt die Zuständigkeit der übrigen Dienststellen der Landespolizei zur Wahrnehmung der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 POG genannten Aufgaben der Grenzpolizei unberührt (siehe bereits oben II.). Auffällig ist, dass Art. 5 Abs. 1 Satz 2 POG die Aufgaben der Bayerischen Grenzpolizei nicht abschließend zu regeln scheint, worauf das Wort „insbesondere“ in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 POG hindeutet. Aber auch dies ist nur eine Konsequenz dessen, dass die Grenzpolizei Teil der Landespolizei ist und als Landespolizei nach Art. 4 Abs. 1 POG für alle der Polizei obliegenden Aufgaben zuständig ist. Letztlich wird man zwischen drei Aufgabenbereichen unterscheiden müssen:

Grenzpolizeiliche Aufgaben

Art. 5 Abs. 1 Satz 2 POG nennt zunächst die „grenzpolizeilichen Aufgaben“. Welche dies sind, ist in Art. 5 Abs. 2 POG geregelt, der insoweit Art. 4 Abs. 3 POG a.F. übernimmt. Zu den grenzpolizeilichen Aufgaben gehören die polizeiliche Überwachung der Grenzen, die polizeiliche Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs sowie im Grenzgebiet bis zu einer Tiefe von 30 km die Beseitigung von Störungen und die Abwehr von Gefahren, die die Sicherheit der Grenzen beeinträchtigen. Allerdings findet sich diese Aufgabenbeschreibung nahezu wortgleich in § 2 BPolG für die Aufgabe der Grenzsicherung durch die Bundespolizei. Man mag daher auf den ersten Blick der Auffassung sein, dass angesichts des § 2 BPolG für einen eigenständigen Aufgabenbereich der Grenzsicherung durch die Bayerische Grenzpolizei kein Raum sei. Dies ist auch in der politischen Diskussion mitunter vorgetragen worden. Dabei wird jedoch verkannt, dass nach § 2 Abs. 1 Halbsatz 1 BPolG der Bundespolizei zwar der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz) obliegt, wobei der Grenzschutz die in § 2 Abs. 2 BPolG genannten Bereiche umfasst, dass jedoch Halbsatz 2 des § 2 Abs. 1 BPolG es zulässt, dass auch die Länder in die Aufgaben des Grenzschutzes einbezogen werden. Es heißt dort: „Soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt“. Der Gesetzgeber des BPolG geht also zwar davon aus, dass der Grenzschutz (und damit auch der Schutz der Außengrenzen des Freistaates Bayern) Aufgabe der Bundespolizei ist. Die Aufgabenzuweisung an die Bundespolizei ist jedoch keineswegs ausschließlich, sondern der Öffnung zugänglich. Durch ein entsprechendes Abkommen zwischen dem Bund (in Gestalt des Bundesministers des Innern) und dem Freistaat Bayern (in Gestalt der Staatsregierung oder des Staatsministers des Innern und für Integration) kann die Aufgabe des Schutzes der Außengrenzen Bayerns auch durch Bedienstete der Landespolizei (und jetzt eben der Bayerischen Grenzpolizei als Teil der Landespolizei) erfüllt werden. Eine solche Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Freistaat Bayern nach § 2 Abs. 1 Halbsatz 2 BPolG existiert seit Juli 2018. Nach einer Pressemitteilung des Staatsministeriums des Innern und für Integration vom 15.7.2018 (www.bayern.de/verstaerkte-zusammenarbeit-zwischen-bundespolizei-und-bayerischer-polizei; Abruf am 31.8.2018) haben das Bundesinnenministerium und das bayerische Innenministerium auf der Basis bereits bestehender Abkommen und Vereinbarungen eine „ergänzende Vereinbarung“ geschlossen, „welche die Durchführung der Grenzkontrollen durch die Bayerische Grenzpolizei und die Zusammenarbeit im Grenzraum regelt“. Wichtig dabei ist, dass die Beamten der Bayerischen Grenzpolizei nicht von sich aus und in alleiniger Zuständigkeit die Aufgabe des Grenzschutzes erfüllen, sondern nur „auf Anforderung oder mit Zustimmung der Bundespolizei“. Die Befugnisse richten sich dabei nach dem Bayerischen Polizeiaufgabengesetz (s. auch unten V.).

Grenzpolizeilicher Fahndungsdienst nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG

Neben der Erfüllung der grenzpolizeilichen Aufgaben nach Art. 5 Abs. 2 POG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 BPolG und der genannten Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Freistaat Bayern erfüllt die Bayerische Grenzpolizei „Aufgaben des grenzpolizeilichen Fahndungsdienstes im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG“. Dies ist der Bereich der sog. „Schleierfahndung“. Im Hinblick auf deren materiell-rechtliche Zulässigkeit ändert sich durch die Einführung der Bayerischen Grenzpolizei nichts (dazu, insbesondere zur Verfassungskonformität der Schleierfahndung, Gallwas/Lindner/Wolff, a.a.O., Rn. 647, 684a und 690). Bemerkenswert ist jedoch eine begriffliche Unschärfe in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 POG: Dort ist von der „Aufgabe des grenzpolizeilichen Fahndungsdienstes im Sinn des Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG“ die Rede. Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG regelt indes keine Aufgabe, sondern gibt der Polizei eine Befugnis zur Erfüllung ihrer Aufgaben, die ihrerseits in Art. 2 PAG geregelt sind.

Sonstige Aufgaben der Landespolizei

Schließlich – und dies soll wohl durch das Wort „insbesondere“ in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 POG klargestellt werden – hat die Grenzpolizei auch die übrigen polizeilichen Aufgaben der Landespolizei zu erfüllen (Art. 4 Abs. 1 POG), soweit dies im Einzelfall erforderlich ist. Dies ist eine Konsequenz daraus, dass die Grenzpolizei nicht – wie bis ins Jahr 1998 – organisatorisch eigenständiger Bereich der Polizei, sondern Teil der Bayerischen Landespolizei ist.

V. Befugnisse der Bayerischen Grenzpolizei

Welche Befugnisse die Bayerische Grenzpolizei zur Erfüllung ihrer grenzpolizeilichen und sonstigen Aufgaben (soeben IV.) hat, ergibt sich weder aus dem Gesetz zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei vom 24.7.2018 noch aus dem Polizeiorganisationsgesetz, sondern aus dem Polizeiaufgabengesetz (PAG). Zur Erfüllung ihrer Aufgaben hat sie alle diejenigen Befugnisse, die dort aufgeführt sind (Art. 11 ff. PAG). Dazu gehört insbesondere auch die Befugnis zur Identitätsfeststellung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG („Schleierfahndung“). Weitere Befugnisse für Aufgaben der Grenzkontrolle und Sicherung von Anlagen sind in Art. 29 PAG geregelt. Auch diese erfahren durch das Gesetz zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei keine Modifikationen.

VI. Würdigung

Die Einführung der Bayerischen Grenzpolizei ist keine Neu-, sondern eine Wiedereinführung. Im Unterschied zur früheren (bis 1998 geltenden) Rechtslage handelt es sich aber nicht um einen eigenen Polizeiverband außerhalb der Landespolizei, sondern um einen Teil der Landespolizei. Durch eine organisatorische Bündelung innerhalb der Landespolizei nach Maßgabe des Art. 5 Abs. 3 POG n.F. dürfte die Erfüllung grenzpolizeilicher Aufgaben (in Kooperation mit der Bundespolizei) und die Wahrnehmung der Befugnis der Schleierfahndung weiter ausgeführt und verbessert werden. Insofern handelt es sich nicht lediglich um eine symbolpolitische Maßnahme. Nähere Aufschlüsse über Tätigkeit und „Erfolgszahlen“ der Grenzpolizei wird eine – sicher anstehende – Evaluation nach einer angemessenen Zeit der Praxiserfahrung geben. Verfassungsrechtliche Zweifel am Gesetz zur Errichtung der Bayerischen Grenzpolizei sind unberechtigt: Das Gesetz wird den Anforderungen des Art. 77 BV gerecht, verstößt nicht gegen Bundesrecht (wegen § 2 Abs. 1 Halbsatz 2 Bundespolizeigesetz) und ist von der Gesetzgebungskompetenz des Freistaates Bayern umfasst. Zwar gehört der Grenzschutz nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG zur ausschließlichen Bundeskompetenz. In § 2 Abs. 1 Halbsatz 2 BPolG hat der Bundesgesetzgeber die Länder jedoch ausdrücklich ermächtigt, im Einvernehmen mit dem Bund grenzpolizeilich tätig zu werden (s. oben IV.). Insofern und im Rahmen des § 2 Abs. 1 BPolG steht dem Freistaat Bayern die Gesetzgebungskompetenz für die Errichtung einer Bayerischen Grenzpolizei zu (Art. 71 GG). Soweit es nicht um den Grenzschutz im engeren Sinne, sondern um die Schleierfahndung (Art. 13 Abs. 1 Nr. 5 PAG) geht, ist Art. 73 Abs. 1 Nr. 5 GG gar nicht berührt. Die Gesetzgebungskompetenz des Freistaates Bayern ergibt sich insoweit – wie für das allgemeine Polizeirecht im Übrigen – aus Art. 30, 70 Abs. 1 GG.

 

Prof. Dr. Josef Franz Lindner

Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Medizinrecht und Rechtsphilosophie, Universität Augsburg; Geschäftsführender Direktor des Instituts für Bio-, Gesundheits- und Medizinrecht (IBGM)

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