06.02.2023

Bekanntmachung öffentlich-rechtlicher Satzungen im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW

Wo Satzungen von Fremdveröffentlichern bekannt zu machen sind

Bekanntmachung öffentlich-rechtlicher Satzungen im Gesetz- und Verordnungsblatt NRW

Wo Satzungen von Fremdveröffentlichern bekannt zu machen sind

Ein Beitrag aus »Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter« | © emmi - Fotolia / RBV
Ein Beitrag aus »Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter« | © emmi - Fotolia / RBV

Für Juristen, aber auch für Laien dürfte es nicht die erste Wahl sein, auf der Suche nach einer öffentlich-rechtlichen Satzung in das Gesetz- und Verordnungsblatt oder gar in das Bundesgesetzblatt zu schauen, weil der Satzungsgeber zunächst nicht mit dem Land oder Bund in Verbindung gebracht wird. Es mag dann umso mehr erstaunen, dass im Gesetz- und Verordnungsblatt durchaus Bekanntmachungen von Satzungen der mittelbaren Staatsverwaltung gefunden werden können. Das sollte jedoch die Ausnahme bleiben, weil das Verkündungsmedium grundsätzlich für Akte der Legislative und der unmittelbaren Landesverwaltung reserviert ist. Der Beitrag zeigt an ausgewählten Beispielen des Landesrechts, dass die Antwort auf die Frage, wie und wo Satzungen bekannt zu machen sind, eine nicht zu unterschätzende Komplexität aufweist.

A. Einleitung

Im Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land NRW werden Gesetze, die in die Gesetzgebungskompetenz des Landes fallen, und Rechtsverordnungen verkündet, vgl. Art. 71 Abs. 1 und 2 LVerf. NRW. Im Ministerialblatt werden hingegen unter anderem Runderlasse der Ministerien sowie Satzungen veröffentlicht.

So sieht bspw. § 23 Abs. 3 Heilberufsgesetz NRW vor, dass die von der Aufsichtsbehörde genehmigten Satzungen auf Kosten der Kammer im Ministerialblatt für das Land NRW bekannt gegeben werden. Allerdings erheben bisweilen sog. Fremdveröffentlicher[1] den Anspruch, ihre Satzungen bzw. Änderungen ihrer Satzungen im Gesetz- und Verordnungsblatt zu publizieren.


Aus Sicht der Herausgeberin des Verkündungsblattes sind Fremdveröffentlicher alle juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die nicht der Legislative und nicht der unmittelbaren Landesverwaltung zuzurechnen sind. Das Gesetz- und Verordnungsblatt enthält gelegentlich entsprechende Bekanntmachungen.

Abgesehen davon, dass allein diese Tatsache Irritationen hervorrufen kann, scheint auch die Bekanntmachungspraxis der Fremdveröffentlicher nicht immer im Einklang mit den Rechtsgrundlagen zu stehen. Bspw. haben sich die beiden Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe in ihrer jeweiligen Hauptsatzung (§ 14 Abs. 1 Hauptsatzung Rheinland[2] seit Februar 2019, § 10 Hauptsatzung Westfalen-Lippe[3] seit Februar 2017) für eine Bereitstellung im Internet zuzüglich eines Hinweises im Ministerialblatt entschieden.

Gleichwohl wurde, jedenfalls für den Landschaftsverband Rheinland, praktisch hin und wieder eine Bekanntmachung im Gesetz- und Verordnungsblatt vorgenommen.[4] Es stellt sich zum einen die Frage, ob die sog. Fremdveröffentlicher generell berechtigt sind, über die Bekanntmachungsmedien zu disponieren, und zum anderen die Frage, welche Auswirkungen es auf die Wirksamkeit der Satzungen hat, wenn die Fundstelle der Bekanntmachung der Festlegung in der Hauptsatzung widerspricht.

I. Begriff und Rechtsnatur der Satzung

Unter einer öffentlich-rechtlichen Satzung versteht man mit den Worten des Bundesverfassungsgerichts gemeinhin Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat eingeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden.[5]

Als relevante juristische Personen des öffentlichen Rechts, seien es Körperschaften, Anstalten oder Stiftungen, sind z. B. die Städte, Gemeinden und Landkreise (kommunale Selbstverwaltung), Universitäten und Fakultäten (akademische Selbstverwaltung), die Industrie- und Handelskammern, Rechtsanwaltskammern und die Ärztekammern (Wirtschafts- und berufsständische Selbstverwaltung), Sozialversicherungsträger und Rundfunkanstalten zu nennen.[6] Satzungen, die naturgemäß eigene Angelegenheiten der juristischen Person regeln,[7] werden weder vom staatlichen Gesetzgeber noch von der Exekutive im engeren Sinne erlassen, sondern von rechtlich selbstständigen Organisationen, deren demokratisch gewählte Organe sie beschließen.[8]

Da sie also kein förmliches (parlamentarisches) Gesetzgebungsverfahren durchlaufen, sind sie keine formellen Gesetze, wegen ihrer regelmäßig entfaltenden Außenwirkung insbesondere gegenüber denjenigen, die der juristischen Person angehören, die sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten oder die in ihren Selbstverwaltungsaufgaben eingegliedert und ihnen untergeordnet sind, [9] sind sie jedoch Gesetze im materiellen Sinne.[10]

Während Rechtsverordnungen den parlamentarischen Gesetzgeber in denjenigen Bereichen unterstützen und entlasten sollen, für die er seine Normsetzungsbefugnis an die Exekutive abgegeben bzw. delegiert hat, führen Satzungen unter anderem dazu, dass die verselbstständigten Verwaltungseinheiten zur wirksamen Aufgabenerfüllung imRahmen ihrer verliehenen Autonomie befähigt werden.[11]

( … )

B. Schlussbetrachtung

Die förmliche Veröffentlichung von Normen dient den Normadressaten dazu, Rechtsvorschriften zu finden und kennenzulernen. Doch es geht dabei nicht nur darum, Informationen zu teilen, sondern auch darum, eine Zuordnung zum jeweiligen Normgeber, dem Rechtsträger, zu ermöglichen. Zum Zweck jedes Verkündungsblattes gehört es also, bereits durch die Art der Veröffentlichung herauszustellen, wer für wen tätig geworden ist. Das Gesetz- und Verordnungsblatt NRW ist grundsätzlich für Akte der Legislative und der unmittelbaren Landesverwaltung reserviert.

Soweit der Gesetzgeber das Gesetz- und Verordnungsblatt nicht ausnahmsweise für die mittelbare Landesverwaltung öffnet, ist daran festzuhalten, damit sich dem Normadressaten allein durch den ersten Blick in das Verkündungsblatt und ohne juristische Vorbildung der Rechtsurheber der Regelung erschließt und damit das Gesetz- und Verordnungsblatt nicht zu einem allgemeinen Verkündungsmedium herabgestuft wird. Denn dadurch, dass es in der Landesverfassung festgeschrieben ist, kommt ihm ein besonderer Stellenwert zu. Demnach sollten grundsätzlich nur Rechtsnormen, die dem Land als erlassendem Rechtsträger zugerechnet werden können, in das Gesetz- und Verordnungsblatt NRW aufgenommen werden.

Dieser Aspekt ist relevant, wenn eine Entscheidung dazu abverlangt wird, ob es Fremdveröffentlichern gestattet werden soll, Satzungen im Gesetz- und Verordnungsblatt bekannt zu machen.

 

Den vollständigen Beitrag lesen Sie in den Nordrheinwestfälischen Verwaltungsblättern, 11/2022, S. 445.

[1] Beispiele für Fremdveröffentlicher sind: Deutsche Hochschule der Polizei; Gemeindeprüfungsanstalt NRW; Sparkassenakademie NRW; Unfallkasse; WDR; Landschaftsverbände Rheinland und Westfalen-Lippe; Wohnungsbauförderungsanstalt – Anstalt der NRW.BANK.

[2] Hauptsatzung des Landschaftsverbandes Rheinland v. 07.09.2005, zuletzt geändert durch Satzung v. 03.09.2021. Neufassung vom 17.12.2021 (MBl. NRW. 2022, S. 4).

[3] Hauptsatzung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe v. 12.01.1995 (GV. NRW. S. 72), zuletzt geändert durch Satzung v. 07.10.2021.

[4] Vgl. zuletzt GV.NRW. 2021 S. 1109. Dies dürfte auf einem Irrtum beruhen.

[5] Wörtlich BVerfG, Urt. v. 14.07.1959, NJW 1959, 1533. Satzungen sind entweder öffentlich-rechtlich oder privatrechtlich, vgl. Störr/Schröder, Allgemeines Verwaltungsrecht, 2021, § 4 Rn. 99. Zum Begriff der Satzung siehe ausführlich Axer, Normsetzung der Exekutive in der Sozialversicherung, 2000, S. 188 ff.

[6] Maurer/Waldhoff, Allgemeines Verwaltungsrecht, 20. Aufl. 2020, § 4 Rn. 24; Erbguth/Guckelberger, Allgemeines Verwaltungsrecht, 10. Aufl. 2019, § 26 Rn. 1; näher Ossenbühl, § 105 Satzung, in: Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd. 5, S. 353, 356 ff. Rn. 6 ff.

[7] Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht mit Verwaltungsprozessrecht, 18. Aufl. 2020, § 13 Rn. 845.

[8] Maurer/Waldhoff (Fn. 6), § 4 Rn. 24, 26.

[9] Vgl. Geis, § 25 Der Erlass von Satzungen, in: Kluth/Krings, Gesetzgebung, 2014, S. 643, 647 Rn. 17 m. w. N.

[10] Erbguth/Guckelberger (Fn. 6), § 26 Rn. 1.

[11] Ossenbühl (Fn. 6), S. 353, 372 f. Rn. 38 f.; vgl. auch Uhle, § 24 Die Rechtsverordnung, in: Kluth/Krings, Gesetzgebung, 2014, S. 587, 590 f. Rn. 4. Zu den weiteren Funktionen der Satzungen siehe Ellerbrok, Die öffentlich- rechtliche Satzung, 2020, S. 92 ff.

 

Dr. Lukas Hentzschel

Rechtsreferendar im Landgerichtsbezirk Köln
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