15.09.2015

Bahnflächen weiterentwickeln

Städtebauförderung: Arbeitshilfe Bahnflächenkonversion

Bahnflächen weiterentwickeln

Städtebauförderung: Arbeitshilfe Bahnflächenkonversion

Räume für den Heimatverein im ehemaligen Bahngebäude. | © Andreas_Mueller-Am_Gern_10-Farch
Räume für den Heimatverein im ehemaligen Bahngebäude. | © Andreas_Mueller-Am_Gern_10-Farch

Ein Bahnhofsumfeld mit ungeordnetem Bus-, Pkw- und Fahrradverkehr, leere Bahnhofsgebäude oder nicht mehr befahrene Gleisstrecken sind für die Kommunen eine besondere Herausforderung. Mit Hilfe der Städtebauförderung können die Gemeinden die Bahnareale neu gestalten. Ein grundlegendes Ziel ist dabei, für die unterschiedlichen Aufgaben individuelle Lösungsansätze und die richtigen Strategien zu finden. Die Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat hierzu eine Arbeitshilfe veröffentlicht.

Themenfelder der Bahnflächenkonversion

Bei einer erwünschten Ausrichtung der Siedlungsentwicklung auf den öffentlichen Nahverkehr sind Bahnhöfe meist der zentrale Verkehrsverknüpfungspunkt, an dem die unterschiedlichen Mobilitätsformen zusammentreffen. Das Bahnhofsumfeld muss für die erforderlichen Flächen des Bus-, Auto- und Fahrradverkehrs angepasst und städtebaulich neugestaltet werden. Bahnareale dienen zudem meist als Bindeglied in die Ortskerne und Innenstädte und bieten sich durch die zentrale Lage mit den zur Verfügung stehenden freien Flächen für eine attraktive Nachverdichtung mit Geschäften, Dienstleistungsbetrieben, Arbeitsplätzen und Wohnungen an.

Im Hochgeschwindigkeitsnetz der Schnellzüge werden die zentralen Orte gut verbunden und die Bahnhöfe repräsentativ gestaltet. Aber vor allem das noch vorhandene Schienennetz und die vielfach prägende Bahnhofsarchitektur in den kleineren Gemeinden haben großes Entwicklungspotenzial für den ländlichen Raum. Oberste Priorität haben in den Nutzungsüberlegungen auch hier die Sanierung und der Funktionserhalt der Empfangsgebäude. Einige in Bayern durchgeführte Maßnahmen zeigen beispielhaft auf, wie diese historischen Bauten in Ergänzung mit privaten Nutzungen weiter betrieben werden können und dabei die Funktion als Bahnhofsgebäude nicht verlieren.


Oft gibt es jedoch nicht mehr diese Möglichkeit, weil die Bahnlinien aufgegeben oder die Bahnhöfe und Lagergebäude nicht mehr gebraucht werden. Die Bahnhofsgebäude sind vielfach Zeugnisse herausragender Baukunst und Eingangstore in die Städte und Dörfer. Dadurch können sich hierfür völlig neue Nutzungen ergeben, sodass die wertvolle Bausubstanz erhalten werden kann. Die Beispiele reichen vom Fahrradparkhaus, Ärztehaus oder Kulturzentrum bis hin zum Proberaum für den örtlichen Musikverein.

Auch für eine Stadtentwicklung mit neuen zentralen Grünflächen sind die für den Bahnbetrieb nicht mehr benötigten Brachflächen gut geeignet. Durch die aufgelösten Gleisanlagen bieten sich Flächen für größere Parkanlagen oder neue Wegeverbindungen durch den Rückbau von Bahndämmen.

Planungsstrategien und Konzepte

Der Erfolg einer Bahnflächenkonversion hängt neben tragfähigen städtebaulichen Konzepten im Wesentlichen von der Umsetzungsstrategie und den eingesetzten Steuerungsinstrumenten ab. Die bisherigen Erfahrungen zeigen, dass in der Regel bereits sehr früh die Weichen dafür gestellt werden, ob die Maßnahme erfolgreich durchgeführt werden kann. Die Städtebauförderung unterstützt die Kommunen daher bereits in der Startphase dabei, mit einer städtebaulichen und wirtschaftlichen Analyse fundierte Grundlagen für die notwendigen kommunalen Entscheidungen zu schaffen. Entscheidend ist insbesondere, wie die Steuerung der Konversionsmaßnahme erfolgen soll, ob die Liegenschaft ganz oder teilweise von der Kommune selbst erworben und entwickelt wird oder ob die Entwicklung privaten Investoren überlassen wird und städtebauliche Vereinbarungen mit dem Eigentümer bzw. mit Investoren getroffen werden sollen. Die Flächenmanagement- und Finanzierungsinstrumente der Städtebauförderung haben sich in Bayern bei allen Konversionsmaßnahmen, sei es bei Militär-, Gewerbe- oder Bahnbrachen, bewährt und werden den Gemeinden auch bei künftigen Aufgaben eine wichtige Hilfestellung bieten.

Rechts- und Verfahrensinstrumente für die Durchführung

Um brach liegende Bahnflächen wieder nutzbar zu machen oder andere Maßnahmen zu steuern und durchzusetzen, stehen der Gemeinde insbesondere die Verfahrensinstrumente des besonderen Städtebaurechts zur Verfügung. Unter Ordnungs-, Entwicklungs- und Verwertungsgesichtspunkten spielt der richtige Flächenzuschnitt eine entscheidende Rolle. Neben den Flächen der ehemaligen Bahngrundstücke sollten auch angrenzende Flächen mit einbezogen werden.

Die Entscheidung, welches Verfahren gewählt wird, ergibt sich aus den Ergebnissen der vorbereitenden Maßnahmen, insbesondere den städtebaulichen Planungen; sie liegt im pflichtgemäßen Ermessen der Gemeinde. In den vorbereitenden Planungen werden im Sinne einer Machbarkeitsprüfung alle notwendigen fachlichen und wirtschaftlichen Grundlagen ermittelt. Aufgrund dieser Erkenntnisse erfolgt die Abwägung, welche städtebaulichen Instrumente und Verfahren erfolgversprechend sind. Die Gemeinde entscheidet dann, ob eine städtebauliche Sanierungsmaßnahme, eine städtebauliche Entwicklungsmaßnahme oder eine Stadtumbaumaßnahme bzw. eine Kombination aus diesen Instrumenten möglich und sinnvoll ist. Die Intensität der Eingriffe und Wirkungen ist bei den zur Verfügung stehenden Verfahrensinstrumenten unterschiedlich. Die Instrumente sind daher entsprechend den Erfordernissen und Zielsetzungen des Erneuerungsgebietes nach dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu wählen. Die Gemeinde hat bei der Wahl des Verfahrens zunächst die konkrete städtebauliche Situation im Maßnahmengebiet in Betracht zu ziehen. Darüber hinaus sind aber auch die angestrebten Ziele der Erneuerung, voraussichtliche Einzelmaßnahmen und deren Durchführbarkeit sowie die erwarteten Auswirkungen auf die Entwicklung der Bodenpreise zu berücksichtigen. Ausgehend von den Problemstellungen vor Ort ist unter den möglichen Instrumenten zunächst dasjenige zu wählen, das einen angemessenen Eingriff erlaubt.

Fördermöglichkeiten

Im Vordergrund steht die Weiternutzung der Bahnhöfe und Haltepunkte, verbunden mit einer barrierefreien Erneuerung, die sowohl die Verkehrsstation als auch das Umfeld umfasst und bei der die Fahrgäste die Zuständigkeitsgrenzen zwischen Bahnunternehmen und Kommunen nicht spüren.

Neuordnungsmaßnahmen aufgrund der Aufgabe von Bahnflächen und im Umfeld von Bahnarealen können Fördergegenstand der Städtebauförderung sein, soweit sie nach dem Sanierungs-, Entwicklungs- oder Stadtumbaurecht des Baugesetzbuchs vorbereitet und durchgeführt werden.

Eine ergänzende Förderung nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (BayGVFG) kann für Verbesserungen im Bereich des ÖPNV möglich sein. Abhängig von der Maßnahme können Fördermittel nach dem Finanzausgleichsgesetz (FAG) und dem Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr in Bayern (BayÖPNVG) hinzukommen.

Fazit

Für die vielschichtigen und übergreifenden Aufgabenstellungen rund um das Themenfeld Bahnflächenkonversion können die positiven Erfahrungen mit der Städtebauförderung als Leitprogramm genutzt und ausgebaut werden. Wesentliche Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung sind dabei das gemeinsame Handeln und Zusammenspiel aller beteiligten Akteure sowie eine effektive Fördermittelbündelung.

Mit der neuen Arbeitshilfe „Städtebauförderung in Bayern – Bahnflächenkonversion” wird den Kommunen eine fundierte fachliche Grundlage zu den erprobten Rechts- und Verfahrensinstrumenten sowie eine umfangreiche Beispielsammlung zu möglichen Strategien geliefert. Die bereits durchgeführten Maßnahmen im Rahmen der Städtebauförderung können für die Kommunen ein Anreiz zum Erfahrungsaustausch sein und als Vorbild für die anstehenden Aufgaben auf Bahnarealen dienen.

Auf der folgenden Internetseite kann das Dokument direkt im PDF-Format heruntergeladen werden. Ebenso können kostenlos Papier-Exemplare bestellt werden:
www.stmi.bayern.de/buw/staedtebaufoerderung/veroeffentlichungen/

 

Thomas Mühlender

Oberste Baubehörde im Bayerischen Staatsministerium des Innern,
für Bau und Verkehr, Sachgebiet Städtebauförderung, München
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