Ausgezeichnet: Kommune bewegt Welt!
Neuer Wettbewerb für gemeinsame Projekte mit Migranten-Organisationen
Ausgezeichnet: Kommune bewegt Welt!
Neuer Wettbewerb für gemeinsame Projekte mit Migranten-Organisationen
Von fair-engagierten Schulen in Saarbrücken bis zur fachlichen Beratung für ein Gesundheitszentrum in Äthiopien: In Deutschland lebende Migranten engagieren sich entwicklungspolitisch auf vielfältige Weise. Sie unterstützen ihre Familien in der Heimat finanziell, initiieren Projekte oder teilen ihr fachliches Know-how. Mit ihrem interkulturellen Wissen, ihren Sprachkenntnissen und Kontakten sind Migranten und Migrantenorganisationen darüber hinaus ideale Mittler zwischen ihren Herkunftsländern und Deutschland. In der Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden kommt dies besonders zum Tragen.
Bühne frei für gemeinschaftliches Engagement
Kooperationen von Kommunen und migrantischen Organisationen sind nicht neu. Neu ist aber, dass die Stärken der Zusammenarbeit und Vernetzung mehr und mehr ins Blickfeld der Öffentlichkeit rücken. So würdigt das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, BMZ, das Potenzial und die Expertise der Migrantenorganisationen als Partner der Kommunalen Entwicklungspolitik und fördert ausgewählte Projekte im Rahmen internationaler Kooperationen.
Der bundesweite Wettbewerb „Kommune bewegt Welt – Der Preis für herausragende kommunale Beispiele zu Migration und Entwicklung” hat 2014 erstmalig erfolgreiche Beispiele der Kooperation im September 2014 in Ulm ausgezeichnet. Thomas Silberhorn, Parlamentarischer Staatssekretär im BMZ, überreichte drei Haupt- sowie drei Sonderpreise (siehe hierzu auch S. 35). „Wir wollen mit diesem Wettbewerb Zeichen setzen”, sagte Thomas Silberhorn in seiner Laudatio: „Ein Zeichen dafür, welch großen Beitrag Migrantinnen und Migranten für Entwicklung leisten. Und dafür, dass wir dieses Engagement noch stärker nutzen wollen.”
Der diesjährige Wettbewerb war ein Debüt sowohl für die „Engagement Global gGmbH – Service für Entwicklungsinitiativen” und die Servicestelle „Kommunen in der Einen Welt”, die den Wettbewerb durchführte, als auch für die 56 Kommunen und zahlreichen Migrantenorganisationen, die sich in entwicklungspolitischen Initiativen zusammengeschlossen und für die Teilnahme beworben hatten. Auf der Bühne standen ausgezeichnete Initiativen, die als Beispiele guter Praxis zeigen, welches Potenzial in den partnerschaftlichen Kooperationen auf kommunaler Ebene liegt.
Entwicklungspolitische Projekte mit einem gewissen Extra
Im Jahr 2008 schlossen sich in der saarländischen Hauptstadt engagierte Menschen zur „Fairtrade Initiative Saarbrücken” (FIS) zusammen. Als lokale Plattform des Fairen Handels kooperiert die Initiative inzwischen mit der Stadtverwaltung sowie dem Regionalverband Saarbrücken. Im Wettbewerb „Kommune bewegt Welt” belegte das gemeinsame Engagement den dritten Platz. Den symbolischen Scheck über 10.000 Euro nahmen Thomas Brück, Dezernent für Umwelt, Migration und Recht, und die FIS-Vorsitzende Fleurance Laroppe gemeinsam entgegen. „In unserer Initiative sind viele Nationen vertreten. Hier stehen die Experten”, sagte die aus Frankreich stammende Saarbrückerin: „Kenia, Ecuador, Burkina Faso – unser Netzwerk ist international und stark.” Saarbrücken wurde bereits dreimal mit dem 2. Platz im Wettbewerb Hauptstadt des fairen Handels 2013 ausgezeichnet.
Bei der Wahl der Preisträger versuchte die neunköpfige Jury ein bestimmtes Merkmal zu identifizieren, das die Kooperation in besonderer Weise auszeichnet. Für Ludwigsburg und den Verein „Afrika hilft Afrika” gab die außergewöhnliche Unterstützung der afrikanischen Migranten für die Dreieckspartnerschaft der Stadt den Ausschlag für den mit 15.000 Euro dotierten zweiten Platz. Ludwigsburg und seine französische Partnerstadt Montbéliard gründeten 2006 eine Projektpartnerschaft mit Kongoussi in Burkina Faso, um sich vor allem gegen Armut und Analphabetismus einzusetzen. Das Büro für Integration und Migration der Stadt Ludwigsburg initiierte 2008 gemeinsam mit dem Team „Städtepartnerschaften und Internationale Beziehungen” den inzwischen jährlich stattfindenden Afrikatag, den der Verein „Afrika hilft Afrika” unterstützt.
Regionale und thematische Vielfalt in der Einen Welt
Aus den Bewerbungen ging die Stadt Köln als erste Preisträgerin hervor. Johanna Pulheim, Referentin für Kommunale Entwicklungszusammenarbeit, nahm symbolisch den Preis von 25.000 Euro entgegen. Das Geld wird unter den zehn Vereinen, die sich gemeinsam mit der Stadtverwaltung beworben hatten, aufgeteilt. „Köln hat die Kriterien des Wettbewerbs von allen am umfassendsten erfüllt”, erklärte Thomas Silberhorn bei der Preisverleihung. Die regionale Bandbreite von Ländern in Asien, Lateinamerika und Afrika wie auch das thematische Spektrum, angefangen bei Bildung und Fairem Handel bis hin zum Katastrophenschutz, überzeugte die Jury.
Seit Mai 2011 unterstützt die Stadtverwaltung mit der Gründung des Netzwerks „Eine-Welt Stadt Köln” die Arbeit ihrer engagierten Bürgerinnen und Bürger. Johanna Pulheim steht eineinhalb Tage in der Woche als Ansprechpartnerin für das Netzwerk zur Verfügung und erklärt: „Bevor das Netzwerk 2011 gegründet wurde, recherchierte die Stadt, welche Organisationen, auch migrantische Organisationen, es in Köln schon gab, die sich mit den Themen der Millenniumsentwicklungsziele beschäftigten.” Die Stadt geht bis heute aktiv auf Organisationen und Initiativen zu und lädt sie ein, sich dem Netzwerk anzuschließen.
Johanna Pulheim betont, dass Migranten nicht nur in Migrantenorganisationen Teil des Netzwerkes sind. Oft engagieren sie sich einfach gemeinsam mit Menschen ohne Migrationshintergrund in Vereinen und Initiativen für die Eine Welt. Sie erklärte weiter: „Es geht also genau gesagt nicht um eine Zusammenarbeit zwischen Migrantenorganisationen und Netzwerk, sondern die Menschen mit Migrationshintergrund bilden zusammen mit anderen das Netzwerk. Sie SIND TEIL des Netzwerks, und ohne sie wäre das Netzwerk Eine-Welt Stadt Köln sehr viel ärmer.”
Da aus den Teilnehmerkommunen insgesamt 243 Einzelprojekte eingereicht wurden, entschied sich die Jury, zusätzlich drei Sonderpreise zu vergeben. Diese gingen an den Landkreis Elbe-Elster für das Projekt „WELT in Elbe-Elster”, die Stadt Ehingen für das Projekt „WEKI Eritrea” und an die Stadt Jena für das Projekt „MigraNetz Thüringen” und waren mit je 2.500 Euro Preisgeld dotiert.
Neben der hohen Anzahl von Einzelprojekten ist positiv hervorzuheben, dass Bewerbungen aus dem ganzen Bundesgebiet und aus Kommunen unterschiedlichster Größe eingingen. Dabei wurde deutlich, dass die kommunale Entwicklungszusammenarbeit eng mit dem Thema Integration verknüpft ist.
Höhere Sichtbarkeit
Bei aller thematischen und regionalen Vielfalt fielen bei der Vorstellung der Preisträger sowie beim vorabendlichen Erfahrungsaustausch einige Stichworte, die allen Projekten gemeinsam waren und sicherlich für viele andere Kooperationen auf kommunaler Ebene gelten. So sind sich die Ansprechpartner der Kommunen wie auch der migrantischen Organisationen einig, dass ihre gemeinsamen Projekte viele Vorteile haben. Mit geringen Verwaltungskosten und großem persönlichen Einsatz wird viel bewegt. Gemeinsame Projekte ziehen weiteres gemeinschaftliches Engagement nach sich. Die Mitgestaltungsmöglichkeiten von Migrantinnen und Migranten sind im Laufe der Jahre gestiegen. Doch noch zu oft – so kritische Stimmen – wird ihr Beitrag auf folkloristische und exotische Elemente reduziert.
Alle Akteure wünschen sich eine größere Wirksamkeit und mehr Sichtbarkeit ihrer Zusammenarbeit. Dafür erweist sich der Wettbewerb als ein geeignetes Instrument. Er trägt dazu bei, die Themen Migration und Entwicklung auf die Agenda der Kommunalverwaltungen zu setzen und die Sichtbarkeit der Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Zivilgesellschaft zu erhöhen: Kommunen und migrantische Organisationen haben sowohl den Willen als auch das Bedürfnis, voneinander zu lernen und sich zu vernetzen.